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Urlaubsabgeltung auch für Beamte?
14.07.2010. Anfang 2009 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Frage, ob Urlaub verfällt, den Arbeitnehmer wegen einer langjährigen Krankheit nicht nehmen können.
Der EuGH war der Auffassung, dass das Recht der europäischen Gemeinschaft aus Gesundheitsschutzgründen jedem Arbeitnehmer einen zwingenden, unverfallbaren Anspruch auf (Mindest-)Urlaub gewährt, der sich regelmäßig nur mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses in einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub umwandeln kann. Seither verändert sich die Rechtsprechung zu Urlaubsansprüchen und Urlaubsabgeltungsansprüchen deutlich.
Das Bundesarbeitsgericht änderte seine bisherige ständige Rechtsprechung gemäß den Vorgaben des EuGH, die Instanzgerichte begannen, die Konsequenzen aus der EuGH-Entscheidung zu ziehen.
Der EuGH stützt seine Entscheidung auf eine Richtlinie, die auch Beamte als "Arbeitnehmer" ansieht. Daher liegt die Überlegung nahe, dass es nun auch im Beamtenrecht einen (europarechtlichen) Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Dienstende nach langjähriger Krankheit gibt. Doch die Verwaltungsgerichte sind hier - vorsichtig formuliert - äußerst zurückhaltend. Ein aktueller Fall des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz zeigt die derzeit (noch) herrschende Auffassung in der Rechtsprechung zum Beamtenrecht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.03.2010, 2 A 11321/09.OVG.
- Urlaubsabgeltung für Arbeitnehmer und Beamte vor und nach Schultz-Hoff
- Der Fall: Zwei Jahre erkrankter Polizeibeamter möchte Urlaubsabgeltung
- OVG Rheinland-Pfalz: Beamte erhalten keine Urlaubsabgeltung - Alles bleibt beim Alten, aber ...
Urlaubsabgeltung für Arbeitnehmer und Beamte vor und nach Schultz-Hoff
Das Urteil des Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache Schultz-Hoff (Urteil vom 20.01.2009, C-350/06) hat die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zur Abgeltung des Arbeitnehmern zustehenden Urlaubsanspruchs grundlegend geändert. Bis zu diesem EuGH-Urteil war das Bundesarbeitsgericht jahrzehntelang davon ausgegangen, dass nicht genommener Urlaub spätestens zum 31. März des Folgejahres verfällt.
Dies hatte in Fällen, in denen Arbeitnehmer einige Jahre lang fortwährend arbeitsunfähig erkrankt waren, zur Folge, dass der krankheitsbedingt nicht genommene Urlaub verfiel. Wurde das Arbeitsverhältnis dann infolge der Krankheit beendet, gab es konsequenterweise auch keine Urlaubsabgeltung.
Seit dem Schultz-Hoff-Urteil steht für Arbeitnehmer fest: Ist eine Erkrankung Ursache dafür, dass der gesetzliche Urlaub nicht genommen werden kann, verfällt der Urlaubsanspruch nicht, so dass der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Urlaubsabgeltung auch für lange Jahre zurückliegende Zeiträume hat.
Ob das allerdings auch für Beamte gilt, ist umstritten, da die Schultz-Hoff-Entscheidung einen Arbeitnehmer betraf.
Für eine Anwendung des Schultz-Hoff-Urteils auf Beamte spricht, dass die dafür maßgebliche Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Richtlinie 2003/88/EG) nicht nur für Arbeitnehmer gilt, sondern auch für Beamte. Das ergibt sich aus der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12.06.1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (Richtlinie 89/391/EWG).
Allerdings schreibt die Richtlinie 2003/88/EG ausdrücklich nur fest, dass die Mitgliedsstaaten einen Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub gewährleisten müssen, und zwar so, dass der Urlaub im Allgemeinen nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf (Art. 7), es sei denn, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird. Demzufolge besagt lediglich eine Interpretation dieser Richtlinie durch den EuGH, dass der wegen Krankheit nicht genommene Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten werden muss. Ausdrücklich ist eine solche rechtliche Regel in der Richtlinie nicht enthalten.
Die für seine Richtlinieninterpretation vorgebrachten Argumente des EuGH bewerten einige Verwaltungsgerichte in Deutschland so, dass sie für Beamte angeblich nicht übertragbar sein sollen.
Mit diesen Fragen setzt sich auch eine aktuelle Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz auseinander (Urteil vom 30.03.2010, 2 A 11321/09.OVG).
Der Fall: Zwei Jahre erkrankter Polizeibeamter möchte Urlaubsabgeltung
Der Kläger war als Beamter im Polizeidienst für das Land Rheinland-Pfalz tätig. Seit Anfang Juli 2007 war er ununterbrochen dienstunfähig erkrankt und trat deswegen zum 01.08.2008 in den vorzeitigen Ruhestand.
Das Landesbeamtenrecht Rheinland-Pfalz sieht, ebenso wie die beamtenrechtlichen Vorschriften der anderen Bundesländer, keine Abgeltung von krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub nicht vor.
Für den wegen seiner Dienstunfähigkeit nicht genommenen Urlaub im Jahr 2007 und 2008, insgesamt 62 Tage, verlangte der Polizeibeamte vom Land eine finanzielle Abgeltung unter Berufung auf die Rechtssprechung des EuGH. Insgesamt verlangte er 9.980,17 EUR. Als das Polizeipräsidium Koblenz nicht zahlte, zog der Beamte vor das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz - und unterlag. Das VG meinte nämlich, die Argumentation des EuGH im Schultz-Hoff Urteil könne man auf die Situation von Beamten nicht übertragen. Immerhin ließ das VG die Berufung zum OVG zu (Urteil vom 21.07.2009, 6 K 1253/08.KO).
OVG Rheinland-Pfalz: Beamte erhalten keine Urlaubsabgeltung - Alles bleibt beim Alten, aber ...
Die Berufung nutzte dem Polizeibeamten nichts, d.h. vor dem OVG unterlag er ebenfalls. Auch das OVG war der Ansicht, die Situation eines Beamten unterscheide sich so erheblich von der Situation von Arbeitnehmern, dass das Schultz-Hoff-Urteil des EuGH auf Beamte nicht anzuwenden sei. Letztlich widerspricht die Abgeltung nicht genommenen Urlaubs - so das OVG – dem deutschen Beamtenrecht.
Anders als bei Arbeitnehmern, erhalten Beamte ihre Bezüge nämlich nicht als Gegenleistung für die geleistete Arbeit, sondern sie werden vom Staat „alimentiert“. Aufgrund des Alimentationsprinzips kann man nach Ansicht des OVG der Urlaubsgewährung keine finanzielle Aspekte beimessen, aus denen dann in einem weiteren Schritt die Verpflichtung des Dienstherrn zur Abgeltung nicht gewährten Urlaubs abgeleitet werden könnte.
Denn können Beamte krankheitsbedingt ihren Urlaub nicht nehmen, wird die Nichtgewährung des Urlaubs im Nachhinein dadurch ausgeglichen, dass sie im Vorruhestand weiterhin eine unverminderte Besoldung erhalten. Das ist bei Arbeitnehmern anders, da sie nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses keine Leistungen ihres ehemaligen Arbeitgebers mehr erhalten. Beamte können daher, wenn sie sich krankheitsbedingt im Vorruhestand befinden, über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen, die einen wirksamen Schutz der Gesundheit sicherstellt, so jedenfalls das OVG.
Auch im übrigen erleiden Beamte im Unterschied zu Arbeitnehmern infolge längerer krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit keine finanziellen Einbußen. Sie erhalten nicht nur für sechs Wochen ihre bisherige Vergütung, sondern auch über den Sechswochenzeitraum hinaus ihre Besoldung in voller Höhe. Der Dienstherr kann auch nicht krankheitsbedingt kündigen, sondern den Beamten allenfalls in den (Vor-)Ruhestand versetzen. In diesem Fall ist er aber zur Fortzahlung der Bezüge verpflichtet, so das OVG weiter.
Fazit: Die These, das deutsche Beamtenrecht weiche zugunsten der Beamten von europäischen Regelungen zum Gesundheitsschutz ab, lässt sich hören, ist aber nicht zwingend. Zwar ist die Situation von Beamten im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit besser als die von Arbeitnehmern auf Basis der Mindestvorgaben des Europarechts. Dies hat aber nichts mit Regelungen zum Gesundheitsschutz zu tun, der insbesondere durch die Gewährleistung eines Mindesturlaubs erreicht werden soll. Die Urlaubsregelungen im deutschen Beamtenrecht weichen jedoch als solche nicht zugunsten der Beamten von den für Arbeitnehmer geltenden europarechtlichen Vorgaben ab.
Unmittelbar aus beamtenrechtlichen Grundsätzen lässt sich ebenfalls nicht herleiten, dass das Schultz-Hoff-Urteil für Beamte nicht gelten soll, da die Richtlinie gerade nicht zwischen Arbeitnehmern und Beamten unterscheidet.
Schließlich begründet der EuGH die Pflicht des Arbeitgebers zur Urlaubsabgeltung nach vorausgegangener längerer Krankheit weder mit dem nur für Arbeitnehmer geltenden Prinzip, dass die Vergütung als Gegenleistung für die Arbeit geleistet wird und dem Urlaub deswegen ein irgendwie gearteter finanzieller Aspekt zukommt. Im Gegenteil: Der EuGH betont die Erholungsfunktion des Urlaubs und stützt seine Entscheidung nicht auf finanziellen Einbußen lange erkrankter Arbeitnehmer.
Zwar gibt das Urteil des OVG die derzeit herrschende Rechtsprechung wieder, doch stellen sich einige Gerichte dem entgegen. So hat kürzlich das Verwaltungsgericht (VG) Berlin der Abgeltungsklage einer Polizeibeamtin stattgegeben (Urteil vom 10.06.2010, 5 K 175.09). Letztlich wird die Streitfrage einer Urlaubsabgeltung für lange erkrankte Beamte wohl erst auf der Grundlage einer Vorlage an den EuGH von diesem entschieden werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.03.2010, 2 A 11321/09.OVG
- Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 10.06.2010, 5 K 175.09
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub und Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/180 Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit auch für Beamte
- Arbeitsrecht aktuell: 10/200 Urlaubsabgeltung für langzeitig erkrankte Beamte?
Hinweis: In der Zwischenzeit, d. h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ebenfalls in diesem Fall entschieden. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 28. März 2018
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