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Diskriminierung durch starre Altersgrenze für Habilitation
28.08.2009. Universitäten legen vielfach, für befristet vergebene Promotions- oder Habilitationsstellen ein bestimmtes Höchstalter fest.
Darin könnte seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) jedoch eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit gesetzeswidrige Benachteiligung wegen des Alters liegen, wie ein Fall der beim Landesarbeitsgericht Köln (LAG) anhängig war, zeigt: LAG Köln, Urteil vom 12.02.2009, 7 Sa 1132/08.
- Altersgrenzen für bestimmte Berufsgruppen: durch legitimes Ziel gerechtfertigt oder rechtswidrige Altersdiskriminierung?
- Der Fall: Altersgrenze 40 bei Nachwuchswissenschaftlern an der Uni Bonn
- LAG Köln: Starre Altersgrenze als Einstellungskriterium ist diskriminierend
Altersgrenzen für bestimmte Berufsgruppen: durch legitimes Ziel gerechtfertigt oder rechtswidrige Altersdiskriminierung?
Das AGG schützt Arbeitnehmer vor Diskriminierungen im Erwerbsleben. Gesetzlich verboten ist unter anderem eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters. Wer daher als Arbeitgeber einen Stellenbewerber wegen seines zu jungen oder zu hohen Alters ablehnt, verübt eine unzulässige Altersdiskriminierung und verhält sich damit gesetzeswidrig.
Da das Alter von Arbeitnehmern traditionell in vielen gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen und auch in Sozialplänen eine Rolle bei der Unterscheidung Gewährung (bzw. Nichtgewährung) von Vergünstigungen spielt, verbietet das AGG nicht ausnahmslos jede Besser- bzw. Schlechterstellung wegen des Alters, sondern lässt die altersbedingte Differenzierung unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise zu (§ 10 AGG). So sind Benachteiligungen wegen des Alters zulässig, wenn sie „objektiv und angemessen durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt“ sind (§ 10 Satz 1 AGG). Zudem verlangt das Gesetz, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels „angemessen und erforderlich“ sind (§ 10 Satz 2 AGG).
Zu den gesetzlich gestatteten altersbedingten Besser- bzw. Schlechterstellungen von Arbeitnehmern gehört gemäß § 10 Satz 2 Nr.3 AGG auch die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung. Ein solches Einstellungshöchstalter kann wegen besonderer Ausbildungsanforderungen, die ein bestimmter Arbeitsplatz stellt, sachlich gerechtfertigt sein oder auch deshalb, weil der Arbeitnehmer ansonsten keine angemessen lange Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand zurücklegen würde.
Problematisch ist die von Universitäten vielfach geübte Praxis, für befristet vergebene Promotions- oder Habilitationsstellen ein bestimmtes Höchstalter festzulegen. Möglicherweise liegt hier eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit gesetzeswidrige Benachteiligung wegen des Alters vor. Mit dieser Frage hat sich das LAG Köln in einem Urteil vom 12.02.2009, 7 Sa 1132/08 auseinandergesetzt.
Der Fall: Altersgrenze 40 bei Nachwuchswissenschaftlern an der Uni Bonn
Ein am 25.01.1968 geborener und bereits promovierter Nachwuchswissenschaftler (Forstwirtschaft) war seit dem 01.06.2005 bei der Universität Bonn tätig. Die Stelle war als Qualifikationsstelle zum Zwecke der Habilitation ausgewiesen und zunächst bis zum 31.05.2007 befristet. Über diesen Zeitpunkt hinaus vereinbarten die Universität und der Wissenschaftler eine Verlängerung der Befristung bis zum 30.06.2008.
Zu einer vom Arbeitnehmer verlangten weiteren Vertragsverlängerung war die Universität allerdings nicht mehr bereit. Sie hatte nämlich mit einem Beschluss ihres Rektorats vom 21.11.2005 allgemein festgelegt, dass Beschäftigungsverhältnisse mit Nachwuchswissenschaftlern auf Qualifikationsstellen nur zulässig sind, wenn sie vor dem vollendeten 40. Lebensjahr, ausnahmsweise spätestens ein halbes Jahr danach enden würden.
Im vorliegenden Fall vollendete der Arbeitnehmer das 40. Lebensjahr am 25.01.2008. Daher war die Universität nur dazu bereit, das Arbeitsverhältnis entsprechend dem Rektoratsbeschluss um höchstens ein halbes Jahr nach dem 40. Geburtstag zu verlängern. Die letztmalig bewillige Verlängerung endete daher mit Ablauf des 30.06.2008.
Diese Ablehnung einer weiteren Vertragsverlängerung beruhte, wie zwischen den Parteien unstreitig war, nicht auf den Vorgaben des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Hier nämlich werden nur Beschäftigungshöchstgrenzen festgelegt, nicht aber starre Altersgrenzen. Die Beschäftigungshöchstgrenzen hatte der Arbeitnehmer hier aber noch nicht erreicht.
Der Wissenschaftler meinte, die Verweigerung einer weiteren Vertragsverlängerung aufgrund seines vorgerückten Alters stelle eine verbotene Altersdiskriminierung dar und erhob daher vor dem Arbeitsgericht Bonn Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der zuletzt vereinbarten Befristung (Befristungskontrollklage). Vor dem Arbeitsgericht Bonn obsiegte er, d.h. das Arbeitsgericht gab seiner Klage statt (Urteil vom 01.09.2008, 1 Ca 1281/08). Dagegen legte die Universität Berufung zum LAG Köln ein.
LAG Köln: Starre Altersgrenze als Einstellungskriterium ist diskriminierend
Das LAG Köln bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts, da es die Verweigerungshaltung der Universität ebenfalls als verbotene Altersdiskriminierung bewertete. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen ließ es die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu.
Es war offensichtlich und daher unstreitig, dass der Wissenschaftler durch die Verweigerung einer weiteren Fortsetzung des Vertragsverhältnisses schlechter als ein jüngerer Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage behandelt wurde, so dass er altersbedingte Benachteiligung erfahren hatte. Streitig war daher zwischen den Parteien vor Gericht allein die Frage, ob sich die Universität für ihre Vertragspraxis auf die gesetzlichen Rechtfertigungsgründe des § 10 AGG berufen konnte.
Die Universität machte drei Ziele geltend, die aus ihrer Sicht als „legitim“ im Sinne von § 10 AGG anzusehen sind, nämlich
- das Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst langen Zeit selbstständiger Forschung durch habilitierte Professoren bzw. Wissenschaftler,
- das Interesse der Forschung und Lehre am laufenden „Zustrom junger Wissenschaftler“ und
- das objektive Interesse der Nachwuchswissenschaftler an einer möglichst in jungen Jahren erfolgenden Weichenstellung für oder gegen eine Hochschullaufbahn.
Diese drei Ziele erfüllten nach Ansicht des LAG nicht die Voraussetzungen eines „legitimen“ Ziels im Sinne von § 10 AGG.
Das von der Universität genannte Ziel einer möglichst langen Hochschullaufbahn und/oder einer möglichst langen Zeit selbständiger Forschung und Lehre nach Abschluss der Habilitation wir nach Ansicht des LAG durch die hier streitige Altershöchstgrenze für Habilitationsstellen nicht erreicht. Um diesem Ziel näherzukommen, müsste man nämlich Altershöchstgrenzen für die erstmalige Berufung zum Professor festlegen, und zwar in Absprache mit anderen Hochschulen. Die Altershöchstgrenze für Habilitationsstellen ist daher nicht zwecktauglich bzw. nicht dazu geeignet, das von der Universität genannte Ziel zu verwirklichen.
Die Fluktuation junger Wissenschaftler bzw. deren beständiger „Zustrom“ ist zwar an sich ebenfalls ein denkbares „legitimes“ Ziel im Sinne von § 10 AGG, wird aber durch die von der Universität praktizierte Altersgrenze nach Ansicht des LAG ebenfalls nicht erreicht. Umgekehrt: Die starre Altersgrenze verhindert gerade den Zustrom von Nachwuchswissenschaftlern.
Und auch der dritte Grund für die Höchstgrenze, d.h. die Verhinderung berufsbiografischer Fehlentscheidungen durch zu langes und wenig aussichtsreiches Verbleiben im wissenschaftlichen Mittelbau der Universität, überzeugte das LAG Köln nicht. Das Gericht konnte nämlich nicht nachvollziehen, dass Nachwuchskräfte ab einem genau bestimmten bzw. schematisch auf 40 Jahre festgelegten Alter schlechtere Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben.
Fazit: Das Urteil prüft die von der Universität genannten Rechtfertigungen der hier umstrittenen altersbedingten Schlechterstellung eines Nachwuchswissenschaftlers sehr genau und kritisiert sie zurecht. Mit derart abstrakten Zielvorgaben können Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht legitimiert werden, soll das gesetzliche Verbot von Altersdiskriminierungen nicht leer laufen. Damit passt das Urteil gut zu der derzeit (wieder) erkennbaren Tendenz der Rechtsprechung, das Verbot altersbedingter Diskriminierungen im Erwerbsleben ernst zu nehmen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 12.02.2009, 7 Sa 1132/08
- Landesarbeitsgericht Köln (Website)
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter
- Arbeitsrecht aktuell: 17/164 Befristung von Ärzten in der Weiterbildung setzt Planung der Weiterbildung voraus
- Arbeitsrecht aktuell: 14/124 Befristung mit wissenschaftlichen Mitarbeitern
Letzte Überarbeitung: 21. Juni 2017
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