HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

Hes­si­sches LAG, Be­schluss vom 23.05.2013, 9 TaBV 17/13

   
Schlagworte: Betriebsrat, Meinungsfreiheit
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 TaBV 17/13
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 23.05.2013
   
Leitsätze:

Ein Antragsteller in einem Ausschlussverfahren gegen ein Betriebsratsmitglied nach § 23 Abs. 1 BetrVG hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die Beteiligung an einem entsprechenden Beschlussverfahren gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG . Eine Vereinbarung eines Antragstellers mit dem Arbeitgeber über die Kostenübernahme im Umfang der im Betrieb auch für die Anwaltsberatung des Betriebsrats üblichen Höhe (Stundenhonorar von EUR 250,-) stellt keinen Ausschließungsgrund gegenüber einem Betriebsratsmitglied, das Antragsteller in einem Verfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG ist, dar.

Der zweimalige Personenvergleich der Betriebsratsvorsitzenden mit Adolf Hitler und seinen Methoden im Wochenabstand durch ein Betriebsratsmitglied rechtfertigt grundsätzlich dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Wiesbaden, Urteil vom 22.11.2012, 10 BV 3/12
   

Te­nor:

Auf die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 1) wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Wies­ba­den vom 22. No­vem­ber 2012 - 10 BV 3/12 - ab­geändert.

Der Be­tei­lig­te zu 2) wird aus dem Be­triebs­rat aus­ge­schlos­sen.

Die Rechts­be­schwer­de wird nicht zu­ge­las­sen.

Gründe

I.

Die Be­tei­lig­ten strei­ten über den Aus­schluss des Be­tei­lig­ten zu 2) aus dem Be­triebs­rats­gre­mi­um.

Die Be­tei­lig­ten zu 3) bis 6) be­trei­ben ei­nen Ge­mein­schafts­be­trieb in A. Der Be­tei­lig­te zu 1) ist der für den Ge­mein­schafts­be­trieb gewähl­te Be­triebs­rat. Er be­steht aus drei­zehn Mit­glie­dern. Im Ver­fah­ren 11 BV 11/11 / 9 TaBV 225/12 wird auf der Grund­la­ge ei­nes Quo­rums von zu­letzt 251 Ar­beit­neh­mern, das sind über ein Vier­tel der Be­leg­schaft, über den An­trag auf Aus­schluss der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den aus dem Gre­mi­um ge­strit­ten. Das Ar­beits­ge­richt Wies­ba­den hat dem Aus­sch­ließungs­an­trag statt­ge­ge­ben. Den sog. Initia­to­ren des Aus­sch­ließungs­ver­fah­rens gehörte auch der Be­tei­lig­te zu 2) an. Am 28. Jan. 2011 war den sog. Initia­to­ren im Rah­men ei­ner Un­ter­re­dung mit Geschäftsführer und Per­so­nal­lei­ter zu­ge­si­chert wor­den, dass die Ar­beit­ge­be­rin die Kos­ten ei­ner an­walt­li­chen Be­ra­tung und Ver­tre­tung in Höhe von EUR 250 pro St­un­de über­neh­men würde. Zu die­sem Satz wa­ren bis da­hin auch die für den Be­triebs­rat täti­gen Anwälte im­mer vergütet wor­den. Dies war ein jah­re­lang prak­ti­zier­tes Ver­fah­ren. Im Fe­bru­ar 2011 kürz­ten die Be­tei­lig­ten zu 3) bis 6) ih­re Leis­tungs­zu­sa­gen ge­genüber dem Be­triebs­rat und sei­nen Mit­glie­dern auf die nach dem RVG zu zah­len­de An­walts­vergütung. Zu die­ser Zeit war die Vergütungs­ver­ein­ba­rung mit dem Rechts­be­ra­ter der sog. Initia­to­ren be­reits ge­trof­fen wor­den. Ein ge­gen die Ände­rung ein­ge­lei­te­tes Be­schluss­ver­fah­ren blieb in zwei In­stan­zen er­folg­los. Im Fe­bru­ar 2012 wur­den im Ver­fah­ren 11 BV 11/11 für die An­trag­stel­ler des Aus­sch­ließungs­an­tra­ges je­weils ei­ne wei­te­re Voll­macht vor­ge­legt.

Am 5. März 2012 äußer­te der Be­tei­lig­te zu 2) anläss­lich ei­ner Be­triebs­rats­sit­zung in B: „33 hat sich schon mal so je­mand an die Macht ge­setzt mit sol­chen Me­tho­den.“ Er hat sich mit un­da­tier­tem Schrei­ben, zu des­sen In­halt auf Bl. 70 d. A. ver­wie­sen wird, bei der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den ent­schul­digt. Ein des­we­gen ein­ge­lei­te­tes Ver­fah­ren vor dem Amts­ge­richt Düssel­dorf wur­de nach § 153 Abs. 2 St­PO ein­ge­stellt. Ei­ne we­gen die­ser Äußerung aus­ge­spro­che­ne ar­beit­ge­ber­sei­ti­ge Ab­mah­nung hat der Be­tei­lig­te zu 2) ak­zep­tiert.

Der Be­tei­lig­te zu 1) hat mit sei­nem An­trag vom 20. März 2012 den Aus­schluss des Be­tei­lig­ten zu 2) aus dem Be­triebs­rat be­gehrt. Er ist der An­sicht ge­we­sen, der Be­tei­lig­te zu 2) sei we­gen gro­ber Ver­let­zung sei­ner be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Pflich­ten gemäß § 23 Abs. 1 Be­trVG aus dem Be­triebs­rat aus­zu­sch­ließen. Er trägt vor, die sog. Initia­to­ren hätten im Zu­sam­men­wir­ken mit der sie ver­tre­ten­den An­walts­kanz­lei so­wie dem Geschäftsführer und dem Per­so­nal­lei­ter den Aus­schluss der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den aus dem Gre­mi­um be­trie­ben. Die Geschäfts­lei­tun­gen un­terstütz­ten das Vor­ha­ben fi­nan­zi­ell und lo­gis­tisch. Er ge­he da­von aus, dass außer der Rech­nung vom 12. April 2011 (Bl. 8 bis 10 d. A.) die lau­fen­den Ar­beits­stun­den im Ver­fah­ren 11 BV 11/11 von der Be­tei­lig­ten zu 3) be­zahlt würden. Die Busi­ness Ma­na­ger und Coa­ches sei­en mit ei­ner von den Geschäfts­lei­tun­gen zur Verfügung ge­stell­ten Un­ter­schrif­ten­lis­te per E-Mail an die un­ter­ge­be­nen Mit­ar­bei­ter her­an­ge­tre­ten und hätten die­se zur Un­ter­zeich­nung der Lis­ten auf­ge­for­dert. Die Pro­zess­voll­mach­ten der Un­terstützer sei­en un­ter fal­schen Be­haup­tun­gen ge­sam­melt wor­den (vgl. E-Mail vom 20. Dez. 2011, Bl. 11 d. A.). Die Zu­sa­ge der Kos­tenüber­nah­me sei ei­ne un­zulässi­ge Begüns­ti­gung des Be­tei­lig­ten zu 2) und sei­ner Kol­le­gen/in­nen, da der Ar­beit­ge­ber zur Über­nah­me der Kos­ten für das Aus­sch­ließungs­ver­fah­ren nicht ver­pflich­tet sei. Ei­ne §§ 40 Abs. 1 , 20 Abs. 3 Be­trVG ent­spre­chen­de Vor­schrift feh­le bei § 23 Abs. 1 Be­trVG . Je­den­falls hätte die Zu­sa­ge auf die ge­setz­li­chen Gebühren be­schränkt wer­den müssen. Ab­ge­se­hen da­von ha­be der Be­tei­lig­te zu 2) die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de wie­der­holt grob be­lei­digt. Am 28. Febr. 2012 ha­be er in Be­zug auf die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de geäußert: „Ich ge­he so­gar noch wei­ter, 33 hat sich auch schon so ei­ner an die Macht ge­setzt“ (Be­weis: Zeug­nis C u.a.).

Der Be­tei­lig­te zu 1) hat be­an­tragt,

den Be­tei­lig­ten zu 2) aus dem Be­triebs­rat aus­zu­sch­ließen.

Der Be­tei­lig­te zu 2) hat be­an­tragt,

den An­trag zurück­zu­wei­sen.

Der Be­tei­lig­te zu 2) hat vor­ge­tra­gen, außer der Zu­sa­ge der Kos­tenüber­nah­me ha­be es kei­ne wei­te­ren Un­terstützungs­leis­tun­gen sei­tens der Geschäfts­lei­tun­gen ge­ge­ben. Sei­ne Äußerung vom 5.März 2012 über 1933 sei vor dem Hin­ter­grund des Ver­hal­tens der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den zu se­hen. Am 28. Febr. 2012 ha­be er geäußert, dass man nicht ein­fach so je­man­dem ei­nen Frei­fahrt­schein ge­ben könne. Man hätte so et­was früher schon ein­mal ge­macht und sei da­mit auf die Na­se ge­fal­len. Die ihm un­ter­stell­te Äußerung, 33 ha­be sich auch schon so ei­ner an die Macht ge­setzt, sei an die­sem Tag von ihm nicht ge­fal­len (Be­weis: Zeug­nis D u.a.).

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens, des vom Ar­beits­ge­richt fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts und des ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­rens wird auf die Sach­dar­stel­lung des an­ge­foch­te­nen Be­schlus­ses ver­wie­sen.

Das Ar­beits­ge­richt Wies­ba­den hat den An­trag durch Be­schluss vom 22. Nov. 2012 – 10 BV 3/12 – zurück­ge­wie­sen. We­gen der Be­gründung wird auf die ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­gründe ver­wie­sen.

Der Be­schluss ist dem Be­tei­lig­ten zu 1) am 22. Jan. 2013 zu­ge­stellt wor­den. Er hat da­ge­gen am 12. Febr. 2013 Be­schwer­de ein­ge­legt und die­se gleich­zei­tig be­gründet.

Der Be­tei­lig­te zu 1) trägt vor, aus­rei­chen­de Aus­sch­ließungs­gründe ge­gen die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de sei­en im Ver­fah­ren 9 TaBV 225/12 nicht vor­ge­tra­gen. Die sog. Initia­to­ren führ­ten das Aus­sch­ließungs­ver­fah­ren of­fen­bar mit Un­terstützung der Be­tei­lig­ten zu 3). Sie nähmen er­kenn­bar die In­ter­es­sen der Geschäfts­lei­tung wahr. Die Un­terstützer des An­tra­ges hat­ten kei­ner­lei ei­ge­ne In­ter­es­sen. We­gen der Be­schluss­fas­sung des Be­triebs­rats zur Ein­lei­tung des Aus­sch­ließungs- und Be­schwer­de­ver­fah­rens nimmt der Be­tei­lig­te zu 1) Be­zug auf sei­nen Vor­trag in den Ver­fah­ren 9 TaBV 189/239/259 und 294/12.

Der Be­tei­lig­te zu 1) be­an­tragt,

den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Wies­ba­den vom 22. No­vem­ber 2012 ab­zuändern und den Be­tei­lig­ten zu 2) aus dem Be­triebs­rat aus­zu­sch­ließen.

Der Be­tei­lig­te zu 2) be­an­tragt,

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

Die Be­tei­lig­ten zu 3) bis 6) stel­len kei­nen An­trag.

Der Be­tei­lig­te zu 2) trägt vor, die Un­terstützer des Aus­sch­ließungs­an­tra­ges hätten al­lein das In­ter­es­se ei­ner ord­nungs­gemäßen Be­triebs­rats­ar­beit. Er be­strei­tet ei­ne ord­nungs­gemäße Be­schluss­fas­sung des Be­triebs­rats zur Ein­lei­tung die­ses Be­schluss- und Be­schwer­de­ver­fah­rens.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Be­schwer­de­vor­brin­gens wird auf die Be­schwer­de­schriftsätze und den In­halt der Sit­zungs­nie­der­schrift vom 23. Mai 2013 ver­wie­sen.

II.

1. Die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 1) ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statt­haft und zulässig, weil sie form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den ist ( §§ 87 Abs. 2 , 89 , 66 Abs. 1 ArbGG ). Ein von ei­nem Ver­fah­rens­be­vollmäch­tig­ten na­mens des Be­triebs­rats ge­stell­ter An­trag in ei­nem ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren be­darf al­ler­dings ei­ner ord­nungs­gemäßen Be­schluss­fas­sung des Kol­le­gi­al­or­gans über die Ein­lei­tung des Ver­fah­rens und ei­nes Rechts­mit­tels. Fehlt es hier­an, ist der An­trag als un­zulässig ab­zu­wei­sen ( BAG Be­schluss vom 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 – Ju­ris). Der Be­tei­lig­te zu 2) hat das ord­nungs­gemäße Zu­stan­de­kom­men ei­nes Be­triebs­rats­be­schlus­ses zur Ein­lei­tung des Aus­sch­ließungs­ver­fah­rens und ins­be­son­de­re die­ses Rechts­mit­tel­ver­fah­rens zunächst pau­schal be­strit­ten. Nach der Dar­le­gung des Ver­laufs der Be­schluss­fas­sung un­ter Vor­la­ge der Ein­la­dung, Ta­ges­ord­nung und des Sit­zungs­pro­to­kolls durch den Be­triebs­rat im Ver­fah­ren 9 TaBV 294/12, auf das der Be­triebs­rat Be­zug nimmt, hat der Be­tei­lig­te zu 2) ei­ne man­geln­de In­for­ma­ti­on der ge­la­de­nen Er­satz­mit­glie­der E und F gerügt. Der Ta­ges­ord­nungs­punkt

„ § 23 Be­trVG Herr G

Ein­le­gung von Rechts­mit­teln ggf. ge­gen den Be­schluss des AG Wies­ba­den bezgl. des Ver­fah­rens § 23 Be­trVG , Aus­schluss Herr G, so­wie ggf. ge­gen den Be­schluss LAG durch die H. Be­spre­chung und Be­schluss­fas­sung“

stand auf der Ta­ges­ord­nung. Im Ver­fah­ren 9 TaBV 294/12 wur­de gerügt, dass Frau F in der Sit­zung erklärt hat, sie sähe sich man­gels aus­rei­chen­der In­for­ma­tio­nen außer­stan­de, über die­se Ta­ges­ord­nungs­punk­te ab­zu­stim­men und die Sit­zung ver­las­sen hat, eben­so Herr E, nach­dem er aus­weis­lich des Pro­to­kolls von der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den ist, dass er nach den Un­ter­la­gen hätte fra­gen müssen, er hätte sie im Be­triebs­ratsbüro ein­se­hen können. Die Wirk­sam­keit ei­nes Be­triebs­rats­be­schlus­ses setzt vor­aus, dass er in ei­ner Be­triebs­rats­sit­zung ge­fasst wor­den ist, zu der die Mit­glie­der des Be­triebs­rats gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG recht­zei­tig un­ter Mit­tei­lung der Ta­ges­ord­nung ge­la­den wor­den sind (BAG a.a.O.). Der Be­triebs­rat muss sich auf Grund ei­ner ord­nungs­gemäßen La­dung als Gre­mi­um mit dem ent­spre­chen­den Sach­ver­halt be­fasst und durch Ab­stim­mung ei­ne ein­heit­li­che Wil­lens­bil­dung her­bei­geführt ha­ben (BAG a.a.O.). Da­bei müssen in der Ta­ges­ord­nung die zu stel­len­den Anträge nicht be­reits im Ein­zel­nen for­mu­liert sein. Viel­mehr ist es aus­rei­chend, wenn der Ge­gen­stand, über den in dem Be­schluss­ver­fah­ren ei­ne Klärung her­bei­geführt wer­den soll, und das an­ge­streb­te Er­geb­nis be­zeich­net sind. Nach dem Sit­zungs­pro­to­koll (TOP 17) wur­de ein An­trag ge­stellt, der mehr­heit­lich an­ge­nom­men wur­de. Dass die Be­triebs­rats­mit­glie­der F und E ver­geb­lich ver­sucht hätten, ei­ne Erörte­rung des Ta­ges­ord­nungs­punk­tes zu er­rei­chen oder sich vor der Sit­zung im Be­triebs­ratsbüro zu in­for­mie­ren, hat der Be­tei­lig­te zu 2) nicht vor­ge­tra­gen. Hier­zu dient aber auch die Dis­kus­si­on und Erörte­rung in der Sit­zung. Das erst­ma­li­ge Be­strei­ten ei­ner ord­nungs­gemäßen Be­schluss­fas­sung zur Ein­lei­tung des Aus­sch­ließungs­ver­fah­rens ins Blaue hin­ein im Be­schwer­de­ver­fah­ren oh­ne ir­gend­ei­nen An­halts­punkt, ob­wohl der Be­tei­lig­te zu 2) selbst Be­triebs­rats­mit­glied ist und von An­fang an von dem­sel­ben Ver­fah­rens­be­vollmäch­tig­ten ver­tre­ten war, ist un­zulässig. Das Be­strei­ten kann sich je­den­falls bei Be­triebs­rats­mit­glie­dern nicht dar­in erschöpfen, oh­ne ir­gend­wel­che kon­kre­ten An­halts­punk­te ins Blaue hin­ein ei­nen ord­nungs­gemäßen Be­triebs­rats­be­schluss zu be­strei­ten. Ein Be­strei­ten mit Nicht­wis­sen nach § 138 Abs. 4 ZPO ist nur zulässig, wenn dem kei­ne ei­ge­ne Wahr­neh­mung zu­grun­de lag. Der Be­tei­lig­te zu 2) muss je­doch die Ein­la­dun­gen er­hal­ten ha­ben, die Ta­ges­ord­nung, das Sit­zungs­pro­to­koll und war le­dig­lich bei der Be­schluss­fas­sung ver­hin­dert.

2. Die Be­schwer­de hat auch in der Sa­che Er­folg. Der Aus­sch­ließungs­an­trag des Be­tei­lig­ten zu 1) ist be­gründet. Der Be­tei­lig­te zu 2) ist aus dem Be­triebs­rat aus­zu­sch­ließen. Ein den Aus­schluss ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds aus dem Be­triebs­rat recht­fer­ti­gen­der gro­ber Ver­s­toß ge­gen ge­setz­li­che Pflich­ten liegt dann vor, wenn die­se Pflicht­ver­let­zung ob­jek­tiv er­heb­lich und of­fen­sicht­lich schwer­wie­gend ist. Ein sol­cher Ver­s­toß ist an­zu­neh­men, wenn un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände die wei­te­re Amts­ausübung des Be­triebs­rats­mit­glieds un­trag­bar er­scheint ( BAG Be­schluss vom 22. Ju­ni 1993 – 1 ABR 62/92 – EzA § 23 Be­trVG 1972 Nr. 35; Hess. LAG Be­schlüsse vom 21. Febr. 2013 - 9 TaBV 189/12, 239/12, 259/12 -; Hess. LAG Be­schluss vom 13. Sept. 2012 – 9 TaBV 79/12 – Ju­ris; Hess. LAG Be­schluss vom 9. Ju­ni 2005 – 9 TaBV 186/04 – n.v.; Hess. LAG Be­schluss vom 16. Sept. 2004 – 9 TaBV 33/04 –n.v.; Hess. LAG Be­schluss vom 4. Mai 2000 – 12 TaBV 100/99 – Ju­ris). Das ar­beits­ge­richt­li­che Er­kennt­nis­ver­fah­ren nach § 23 Abs. 1 Be­trVG ist auf ein zukünf­ti­ges Ver­hal­ten des Be­triebs­rats­mit­glieds, nicht aber auf Sank­tio­nen ge­gen ihn ge­rich­tet. Das Tat­be­stands­merk­mal der gro­ben Pflicht­ver­let­zung hat für das Ver­fah­ren ei­ne ähn­li­che Be­deu­tung wie bei ne­ga­to­ri­schen Kla­gen die in den ma­te­ri­ell-recht­li­chen Vor­schrif­ten be­zeich­ne­te Wie­der­ho­lungs­ge­fahr und wie bei ei­ner Kla­ge auf künf­ti­ge Leis­tun­gen die Be­sorg­nis der nicht recht­zei­ti­gen Erfüllung. Es stellt al­so ei­ne Rechts­schutz­vor­aus­set­zung dar ( BAG Be­schluss vom 23. Ju­ni 1992 - 1 ABR 11/92 - EzA § 87 Be­trVG 1972 Ar­beits­zeit Nr. 51 ; Hess. LAG Be­schluss vom 13. Sept. 2012 – 9 TaBV 79/12 – Ju­ris; Hess. LAG Be­schluss vom 9. Ju­ni 2005 – 9 TaBV 186/04 – n.v.; Hess. LAG Be­schluss vom 16. Sept. 2004 – 9 TaBV 33/04 – n.v.).

3 a) Ein Aus­sch­ließungs­grund kann zwar nicht dar­in ge­se­hen wer­den, dass der Be­tei­lig­te zu 2) als Be­triebs­rats­mit­glied sog. Initia­tor und An­trag­stel­ler des Aus­sch­ließungs­ver­fah­rens ge­gen die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de ist. Auch Be­triebs­rats­mit­glie­der ha­ben als Ar­beit­neh­mer das Recht, ei­nen Aus­sch­ließungs­an­trag nach § 23 Abs. 1 Be­trVG ge­gen ein­zel­ne Mit­glie­der zu un­terstützen wie auch der Be­triebs­rat ja selbst ei­nen der­ar­ti­gen An­trag stel­len kann. Al­ler­dings wäre es im Be­triebs­rats­gre­mi­um un­trag­bar und ei­ne wei­te­re ver­trau­ens­vol­le Zu­sam­men­ar­beit nicht möglich, wenn ein Be­triebs­rats­mit­glied im kol­lu­si­ven Zu­sam­men­wir­ken mit dem Ar­beit­ge­ber und mit des­sen fi­nan­zi­el­ler Un­terstützung, die über den Frei­stel­lungs­an­spruch nach § 40 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit § 23 Abs. 1 Be­trVG hin­aus­geht, den Aus­schluss ei­nes un­lieb­sa­men Be­triebs­rats­mit­glieds be­treibt. Das Be­triebs­rats­mit­glied han­del­te dann zwar als Ar­beit­neh­mer, aber sein Ver­hal­ten ließe sich nicht von sei­ner Amts­ausübung im Be­triebs­rat tren­nen. Es be­deu­te­te ei­nen mas­si­ven Ein­griff in die Be­triebs­ver­fas­sung, wenn sich das Be­triebs­rats­mit­glied vom Ar­beit­ge­ber Ho­no­r­ar­zu­sa­gen ma­chen ließe, die weit über die Vergütung nach dem RVG hin­aus­ge­hen, denn bei­de er­hof­fen sich da­durch ei­ne noch en­ga­gier­te­re und bes­se­re Rechts­ver­tre­tung. Da­durch würden dem Be­triebs­rats­mit­glied Vor­tei­le gewährt, die ihm im Rah­men des Frei­stel­lungs­an­spruchs nach §§ 40 Abs. 1 , 23 Abs. 1 Be­trVG nicht zustünden.

b) Die Zu­sa­ge der Über­nah­me der An­walts­vergütung für das Aus­sch­ließungs­ver­fah­ren ge­gen die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de war vor­lie­gend je­doch kei­ne Ver­schaf­fung von Vor­tei­len sei­tens des Ar­beit­ge­bers, auf die der Be­tei­lig­te zu 2) kei­nen An­spruch hat­te. Grundsätz­lich kann ein Un­terstützer des Quo­rums zum Aus­schluss ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds aus dem Gre­mi­um Frei­stel­lung von ei­ner er­for­der­li­chen An­walts­vergütung be­an­spru­chen. Es han­delt sich um durch die Tätig­keit des Be­triebs­rats bzw. ei­nes sei­ner Mit­glie­der ent­stan­de­ne Kos­ten. Nach § 40 Abs. 1 Be­trVG trägt der Ar­beit­ge­ber die durch die Tätig­keit des Be­triebs­rats ent­ste­hen­den Kos­ten. So­weit hier­zu er­for­der­li­che Zah­lungs­ver­bind­lich­kei­ten ein­ge­gan­gen und noch nicht erfüllt sind, be­steht die Pflicht des Ar­beit­ge­bers zur Kos­ten­tra­gung dar­in, den Zah­lungs­ver­pflich­te­ten von der Ver­bind­lich­keit frei­zu­stel­len (ständi­ge Recht­spre­chung, vgl. statt vie­ler: BAG Be­schluss vom 19. April 1989 - 7 ABR 6/88 - EzA § 40 Be­trVG 1972 Nr. 62 ). Zu den Kos­ten im Sin­ne des § 40 Abs. 1 Be­trVG können ge­genständ­lich auch sol­che Kos­ten zählen, die ei­nem Be­triebs­rats­mit­glied in be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten über sei­ne Rechts­stel­lung ge­genüber dem Be­triebs­rat ent­stan­den sind. Dies gilt z.B. auch für den Fall, dass die Auf­wen­dun­gen des Be­triebs­rats­mit­glie­des durch sei­ne Ver­tei­di­gung ge­gen in Be­schluss­ver­fah­ren er­ho­be­ne Anträge ent­ste­hen, die nach § 23 Abs. 1 Be­trVG auf sei­nen Aus­schluss aus dem Be­triebs­rat ge­rich­tet sind. Ein stärke­rer recht­li­cher Ein­griff in die Rechts­stel­lung des Be­triebs­rats­mit­glie­des ist nicht denk­bar (BAG a.a.O.). Das muss im Ge­gen­zug aber auch für den­je­ni­gen gel­ten, der den An­trag nach § 23 Abs. 1 Be­trVG stellt, vor­aus­ge­setzt, dass der An­trag durch das Ver­hal­ten des Be­triebs­rats­mit­glieds schlüssig be­gründet ist und ein gro­ber Ver­s­toß im Sin­ne des § 23 Abs. 1 Be­trVG ver­tret­bar dar­aus ab­ge­lei­tet wer­den kann. An­de­ren­falls ist die Be­auf­tra­gung ei­nes Rechts­an­wal­tes nicht er­for­der­lich. In die­sem Sin­ne ist das BAG (a.a.O.) ganz selbst­verständ­lich da­von aus­ge­gan­gen, dass die dor­ti­gen An­trag­stel­ler von An­fang an durch Rechts­anwälte ver­tre­ten wa­ren (wie hier et­wa Däubler Be­trVG § 23 Rz. 36; ErfK § 40 Be­trVG Rz. 6). Dar­auf, ob der Aus­sch­ließungs­an­trag am En­de be­gründet ist, kommt es nicht an. Vor dem Hin­ter­grund der be­schlos­se­nen Be­weis­auf­nah­me im Ver­fah­ren 9 TaBV 225/12 ist er je­den­falls nicht of­fen­sicht­lich un­be­gründet.

c) Auch die Vergütungs­zu­sa­ge der Be­tei­lig­ten zu 3) stellt vor­lie­gend kei­ne un­zulässi­ge Begüns­ti­gung dar. Ei­ne Ho­no­r­ar­zu­sa­ge, die zu ei­ner höhe­ren Vergütung führt, ins­be­son­de­re auch die Ver­ein­ba­rung ei­nes Zeitho­no­rars, darf der Be­triebs­rat zwar re­gelmäßig nicht für er­for­der­lich hal­ten, es sei denn, der Be­triebs­rat hätte sonst kei­nen qua­li­fi­zier­ten Rechts­an­walt ge­fun­den ( BAG Be­schluss vom 20. Okt. 1999 – 7 ABR 25/98 – EzA § 40 Be­trVG 1972 Nr. 89 ; Hess. LAG Be­schluss vom 27. Aug. 2009 – 9 TaBV 39/09 – LA­GE § 111 Be­trVG 2001 Nr. 9 = Ju­ris). Dem­ent­spre­chend ist auch ei­ne die RVG-Vergütung über­stei­gen­de Ho­no­r­ar­zu­sa­ge des Ar­beit­ge­bers ge­genüber den An­trag­stel­lern ei­nes An­tra­ges nach § 23 Abs. 1 Be­trVG ge­gen ein Be­triebs­rats­mit­glied un­zulässig. Wie das Ar­beits­ge­richt un­wi­der­spro­chen fest­ge­stellt hat und was auch mit der Be­schwer­de nicht an­ge­grif­fen wor­den ist, ha­ben die mit der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­ra­tung be­trau­ten Rechts­anwälte bis da­hin im­mer auf der Ba­sis ei­ner St­un­den­vergütung von EUR 250 ab­ge­rech­net. Es stellt kei­ne gro­be Ver­let­zung be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­cher Pflich­ten dar, wenn sich auch die Zu­sa­ge der Kos­tenüber­nah­me der den Aus­sch­ließungs­an­trag be­trei­ben­den Ar­beit­neh­mer auf die­se Höhe be­lief.

4. Was den Vor­trag des Be­tei­lig­ten zu 1) be­trifft, die Ar­beit­ge­be­rin­nen und die Vor­ge­setz­ten sei­en die ei­gent­li­chen Initia­to­ren des Aus­sch­ließungs­an­tra­ges, hat das Ar­beits­ge­richt be­an­stan­det, es han­de­le sich um bloße Ver­mu­tun­gen oh­ne greif­ba­re An­halts­punk­te. Dies ist in­des­sen vom Be­tei­lig­ten zu 1) in die­sem Ver­fah­ren auch in der Be­schwer­de­instanz nicht ver­tieft wor­den. Dies hätte gemäß § 87 Abs. 3 Satz 2 ArbGG mit der Be­schwer­de­be­gründung vor­ge­bracht wer­den müssen.

5. Die Aus­sch­ließung des Be­tei­lig­ten zu 2) aus dem Be­triebs­rat ist al­ler­dings durch des­sen ehr­ver­let­zen­de Äußerun­gen über die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de ge­recht­fer­tigt. Der Be­tei­lig­te zu 2) hat sich nicht nur ein­ma­lig im Ton ver­grif­fen, son­dern den Hit­ler-Ver­gleich zwei­mal im Wo­chen­ab­stand geäußert. Das Ent­schul­di­gungs­schrei­ben oh­ne Da­tum kann die Ent­glei­sung nicht recht­fer­ti­gen.

a) Die­ser Aus­sch­ließungs­grund ist Ge­gen­stand des Be­schwer­de­ver­fah­rens. Der Vor­rang der Aufklärungs­pflicht gilt auch zweit­in­stanz­lich. An­halts­punk­ten im erst­in­stanz­li­chen Vor­trag muss nach­ge­gan­gen wer­den, auch wenn sie in der Be­schwer­de­be­gründung nicht auf­ge­grif­fen wer­den. Die Prüfung der Be­schwer­de ist nicht auf den Tat­sa­chen­vor­trag be­schränkt, den der Be­schwer­deführer zur Grund­la­ge sei­ner Be­schwer­de ge­macht hat (so auch ErfK-Koch § 87 ArbGG Rz. 4).

b) Dif­fa­mie­ren­de persönli­che Be­lei­di­gun­gen stel­len ei­ne gro­be Pflicht­ver­let­zung im Hin­blick auf die Zu­sam­men­ar­beit im Be­triebs­rat dar. Ehr­ver­let­zun­gen müssen, um den not­wen­di­gen Schwe­re­grad ei­ner Dif­fa­mie­rung zu er­rei­chen, al­ler­dings ein ob­jek­tiv er­heb­li­ches Ge­wicht er­rei­chen und zu of­fen­sicht­lich schwer­wie­gen­den Störun­gen der Zu­sam­men­ar­beit führen. Dies ist in der Re­gel erst bei gro­ben und böswil­li­gen Be­lei­di­gun­gen oder Be­schimp­fun­gen der Fall. Zu berück­sich­ti­gen sind bei der not­wen­di­gen Be­wer­tung die je­wei­li­gen Ge­samt­umstände des Ge­sche­hens, eben­so wie die sich aus der Mei­nungs­frei­heit er­ge­ben­den Betäti­gungs­freiräume des sich Ar­ti­ku­lie­ren­den (et­wa LAG Rhein­land-Pfalz 17. Dez. 2009 – 5 TaBV 16/09 – Ju­ris). Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ses Prüfungs­maßsta­bes stel­len sich die Äußerun­gen des Be­tei­lig­ten zu 2) vom 28. Febr. und 5. März 2012 als gro­be Pflicht­ver­let­zun­gen dar. Es han­delt sich um ei­nen gro­ben Ver­s­toß ge­gen das Persönlich­keits­recht der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den.

c) Das Ar­beits­ge­richt hat kei­ne Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen, wie der Be­tei­lig­te zu 2) sich am 28. Febr. 2012 geäußert hat. Es spricht nur von den Äußerun­gen des Be­tei­lig­ten zu 2). Der Vor­trag der Be­tei­lig­ten zu 1) und 2) hier­zu weicht je­doch von­ein­an­der ab. Bei­de Sei­ten ha­ben hier­zu ge­gensätz­lich vor­ge­tra­gen und je­weils für ih­re Be­haup­tung Be­weis an­ge­bo­ten. Aber auch dann, wenn der Vor­trag des Be­tei­lig­ten zu 2) zu­grun­de ge­legt wird, man könne nicht ein­fach so je­man­dem ei­nen Frei­fahrt­schein ge­ben, man hätte so et­was früher schon ein­mal ge­macht und sei da­mit auf die Na­se ge­fal­len, ist die Ziel­rich­tung un­ver­kenn­bar. Durch sei­ne wei­te­re Äußerung vom 5. März 2012, 33 ha­be sich auch schon so ei­ner an die Macht ge­setzt mit sol­chen Me­tho­den, hat der Be­tei­lig­te zu 2) ge­zeigt, was er da­mit ge­meint hat, nämlich die Gleich­set­zung der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den mit Hit­ler, der durch die Wah­len vom Ju­li 1932 und das Ermäch­ti­gungs­ge­setz vom 23. März 1933 an die Macht ge­kom­men ist. Die Gleich­set­zung der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den und ih­rer Me­tho­den – ob die­se im Be­triebs­rat noch trag­bar ist, wird im Ver­fah­ren 9 TaBV 225/12 ge­prüft - mit Hit­ler und sei­nen Me­tho­den (im Er­geb­nis al­so Ter­ror, Ge­walt, die Er­mor­dung von Mil­lio­nen von Men­schen und die Pro­vo­zie­rung des zwei­ten Welt­kriegs mit 50 Mil­lio­nen To­ten) ist ei­ne sol­che Dif­fa­mie­rung, dass der Be­tei­lig­te zu 2) im Be­triebs­rat nicht mehr trag­bar ist. Der Hit­ler­ver­gleich wird im All­ge­mei­nen als Mit­tel ge­braucht, um Wi­der­sa­cher zu be­lei­di­gen und zu dif­fa­mie­ren, und war auch vom Be­tei­lig­ten zu 2) so ge­meint. Der Na­zi- und Hit­ler­ver­gleich gehört in der po­li­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung zum Tot­schlag­ar­gu­ment. Der Be­tei­lig­te zu 2) ver­gleicht nicht et­wa dik­ta­to­ri­sche Me­tho­den der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den und Hit­lers, son­dern in ers­ter Li­nie auch die Per­so­nen, in­dem er ausführt, 33 hätte sich schon mal „so je­mand“ an die Macht ge­setzt mit sol­chen Me­tho­den. Die Me­tho­den führt der Be­tei­lig­te zu 2) erst in zwei­ter Li­nie an. „So je­mand“ setzt die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de un­mit­tel­bar mit Hit­ler gleich. Das Ent­schul­di­gungs­schrei­ben ret­tet die Si­tua­ti­on nicht. Dort ver­sucht der Be­tei­lig­te zu 2) von dem di­rek­ten Per­so­nen­ver­gleich ab­zu­len­ken in Rich­tung Me­tho­den­ver­gleich und ei­ne mögli­che An­spie­lung auf die Macht­er­grei­fung in Deutsch­land im Jahr 1933. Ab­ge­se­hen da­von, dass es sich nicht um ei­ne mögli­che An­spie­lung, son­dern ei­ne di­rek­te Gleich­set­zung han­delt, ent­schul­digt sich der Be­tei­lig­te zu 2) für den Ver­gleich der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den („so je­mand“) mit Hit­ler nicht.
28 d) Auf sei­ne Mei­nungs­frei­heit nach Art. 5 Abs. 1 GG kann der Be­tei­lig­te zu 2) sich nicht be­ru­fen. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewähr­leis­tet je­der­mann das Recht, sei­ne Mei­nung frei zu äußern. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt die Mei­nungs­frei­heit so­wohl im In­ter­es­se der Persönlich­keits­ent­fal­tung des Ein­zel­nen, mit der sie eng ver­bun­den ist, als auch im In­ter­es­se des de­mo­kra­ti­schen Pro­zes­ses, für den sie kon­sti­tu­ti­ve Be­deu­tung hat. Auch schar­fe und über­stei­ger­te Äußerun­gen fal­len, na­ment­lich im öffent­li­chen Mei­nungs­kampf, in den Schutz­be­reich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG . Das Recht der persönli­chen Eh­re ( Art. 5 Abs. 2 GG ) kann der Mei­nungs­frei­heit je­doch hier Gren­zen zie­hen (vgl. BVerfG Be­schluss vom 19. Dez. 1991 -1 BvR 327/91 - NJW 1992, 2013 = Ju­ris). Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Grundsätze ge­nießt die Äußerung des Be­tei­lig­ten zu 2) nicht den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG . Es ist ei­ne her­ab­set­zen­de Äußerung, die ge­eig­net ist, das Persönlich­keits­recht der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den zu ver­let­zen.

Der Hit­ler­ver­gleich durch den Be­tei­lig­ten zu 2) fiel zwar anläss­lich ei­ner - wie vom Ar­beits­ge­richt im Ein­zel­nen dar­ge­stellt - von der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den au­to­ritär geführ­ten Be­triebs­rats­sit­zung, in der sie Wort­beiträge und Mei­nungsäußerun­gen des Be­tei­lig­ten zu 2) ra­bi­at ab­schnitt. Das mag schon kaum ei­nen Me­tho­den­ver­gleich der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den und Hit­lers recht­fer­ti­gen (wie et­wa: das sind Na­zi-Me­tho­den), aber auf kei­nen Fall ei­nen Per­so­nen­ver­gleich der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den und Hit­lers. Der Be­griff "Na­zi" ließe we­gen der Wei­te sei­nes Be­deu­tungs­ge­hal­tes ver­schie­dens­te Ver­wen­dungs­wei­sen zu, die von ei­ner streng his­to­ri­schen Ter­mi­no­lo­gie bis zum sub­stanz­lo­sen Schimpf­wort rei­chen (vgl. BVerfG a.a.O.). Der di­rek­te Ver­gleich mit Hit­ler be­deu­tet da­ge­gen ei­nen dif­fa­mie­ren­den An­griff auf die Per­son der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den, wo­bei der An­griff nicht in ei­ner pri­va­ten At­mo­sphäre, son­dern anläss­lich ei­ner Be­triebs­rats­sit­zung er­folgt ist. Die Äußerung ist nicht durch ei­ne Wahr­neh­mung be­rech­tig­ter In­ter­es­sen ge­recht­fer­tigt, denn das in Fra­ge ste­hen­de au­to­ritäre Ver­hal­ten der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den recht­fer­tigt un­ter kei­nen Umständen ei­nen per­so­na­li­sier­ten Hit­ler­ver­gleich.

Die Ent­schei­dung er­geht nach § 2 Abs. 2 GKG gebühren­frei.

Die Zu­las­sung der Rechts­be­schwer­de ist nicht durch ei­nen der ge­setz­lich be­stimm­ten Gründe gemäß §§ 92 , 72 Abs. 2 ArbGG ver­an­lasst. Es han­delt sich um ei­ne ein­zel­fall­be­zo­ge­ne Sach­ver­haltswürdi­gung.

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