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ArbG Düsseldorf, Urteil vom 21.02.2013, 4 Ca 3453/12
Schlagworte: | Kündigungsschutzklage, Betriebsstilllegung | |
Gericht: | Arbeitsgericht Düsseldorf | |
Aktenzeichen: | 4 Ca 3453/12 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 21.02.2013 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Arbeitsgericht Düsseldorf, 4 Ca 3453/12
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 27.083,35 € festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Kündigung.
Die Beklagte, die dem U. angehört, stellte am Standort E., an dem mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt waren, Fahrzeug-Lenkungen für den E. her. Dabei handelte es sich ausschließlich um Blocklenkungen, das heißt um schwere Lkw-Lenkungen. Die Beklagte produzierte mehr als 100 verschiedene Arten Blocklenkungen, unter Anderem sogenannte Zweikreis-Lenkungen. Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat.
Der am 25.05.1962 geborene Kläger war seit dem 17.07.1998 bei der Beklagten tätig. Sein Jahresgehalt betrug zuletzt etwa 65.000,00 EUR brutto. In dem klägerischen Entwurf eines Zeugnisses (Bl. 166 f. d.A.) und in dem daraufhin durch die Beklagte erteilten Zeugnis vom 31.12.2012 (Bl. 161 f. d.A.) heißt es, dass er als Teamleiter Verfahrensentwicklung im Entwicklungs- und Vorbereitungszentrum der Beklagten eingestellt worden sei und dort die Teams Verfahrensentwicklung,nBetriebsmittelkonstruktion und Werkstofftechnik geführt habe. Zum Bereich der Werkstofftechnik habe einerseits die Durchführung von Entwicklungsprojekten zur technologisch und wirtschaftlich optimalen Werkstoffdefinition für die Serienumsetzung und andererseits die fertigungsüberwachende Werkstoffprüfung sicherheitsrelevanter Teile gezählt. Der letztgenannte Aspekt habe einerseits Prüfstandausfälle betroffen, das heißt Reklamationen vor der Auslieferung an den Endkunden, und andererseits Feldausfälle, also Reklamationen nach Auslieferung an den Endkunden. Zum 01.01.2003 sei der Bereich Werkstofftechnik im Rahmen einer Umstrukturierung der Abteilung Qualitätssicherung zugeordnet worden. Der Kläger habe ab diesem Zeitpunkt dem „Leiter Qualität“ berichtet.
Die Beklagte hat eine Tochtergesellschaft mit Sitz in N., die Zahnstangenlenkungen für Pkws produziert. Dort existiert ein eigener Betriebsrat. Sowohl die Beklagte als auch ihre Tochtergesellschaft haben als Geschäftsführer Herrn C. sowie jeweils eine weitere
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Person. Personalleiter der Beklagten war Herr C., Personalleiterin der Tochtergesellschaft Frau T..
In einem Interessenausgleich der Beklagten vom 26.09.2007 (Bl. 58 ff. d.A.) heißt es:
Die Geschäftsführung hat den Betriebsrat rechtzeitig und ausführlich unter Vorlage aller zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Interessenausgleichs vorhandenen Unterlagen davon unterrichtet, dass sie plant, den Betrieb S. zum 31.12.2012 stillzulegen. Zu diesem Zeitpunkt läuft der letzte Auftrag des Kunden E. zur Herstellung von schweren Kugelumlauflenkgetrieben für Nutzfahrzeuge aus.
Ziffer 2 des Interessenausgleichs enthält eine Zeit- und Personalplanung, wonach die Betriebsschließung in drei Phasen von Ende 2007 bis Ende 2012 vollzogen werden soll.
Ebenfalls am 26.09.2007 wurde ein Sozialplan über die geplante Maßnahme abgeschlossen.
Am 11.05.2011 trafen der Vorstand des U.s, der Konzernbetriebsrat und die J. eine Vereinbarung (Bl. 36 d.A), in der es heißt:
1.
„Aus Anlass der Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung werden betriebsbedingte Kündigungen durch U. ausgeschlossen. ...“
Unstreitig wurde die Produktion am Standort E. zum 31.12.2012 eingestellt. Der Mietvertrag über die Produktionshallen der Beklagten endete zum gleichen Termin. Am 22.03.2012 erstattete sie eine Massenentlassungsanzeige (Bl. 89 ff. d.A.). Mit Bescheid vom 07.05.2012 (Bl. 76 d.A.) setzte die Agentur für Arbeit die Regelsperrfrist auf den 22.04.2012 fest und erklärte, die angezeigten Entlassungen könnten damit wie geplant – frühestens mit Ablauf des 31.12.2012 – wirksam werden.
Mit Schreiben vom 15.06.2012 (Bl. 78 d.A.) erklärte die Beklagte gegenüber der E. die Kündigung des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrags mit Wirkung zum 31.12.2012. Ferner unterrichtete sie den Betriebsrat über den Verkauf einzelner Maschinen (Bl. 79 d.A.).
Zum 31.12.2012 enden 147 befristete Arbeitsverhältnisse. Zudem hat die Beklagte insgesamt 155 Kündigungen ausgesprochen.
Jedoch hat der E. weiterhin Bedarf in Bezug auf BR LS 8-Zweikreis-Lenkungen. Er beauftragte die in der U. befindliche Firma I., die bereits zuvor Lenksystem produziert hatte, die BR LS 8-Zweikreis-Lenkungen ab dem 31.12.2012 zu produzieren. Vor diesem Hintergrund erwarb I. von der Beklagten sechs Maschinen zur Produktion von LS 8-Zweikreis-Lenkungen. Diesbezügliche IP-Rechte verblieben bei E..
Mit Schreiben vom 23.04.2012 (Bl. 93 d.A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zum Ausspruch der beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 30.04.2012. Mit Schreiben vom 21.05.2012 (Bl. 8 d.A.), dem Kläger zugegangen am selben Tage, sprach die Beklagte eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2012 aus. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 08.06.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 19.06.2012 zugestellten Klage. Ferner macht er einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend (Bl. 217 d.A.).
- 3 -
Im Verlauf des Rechtsstreits hat der Kläger die Beklagte aufgefordert, ihn gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen. Auf ihren Antrag hin wurde die Beklagte mit Urteil vom 06.12.2012 – 4 Ga 69/12 – von der Weiterbeschäftigungspflicht nach § 102 Abs. 5 BetrVG entbunden. Das diesbezügliche Berufungsverfahren ist beim Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 4 SaGa 1/13 anhängig.
In seinem Schriftsatz vom 22.11.2012 behauptet der Kläger, es erfolge keine Betriebsstillegung, sondern lediglich eine Verlagerung zu der in der U. ansässigen Firma I. anlässlich eines Betriebsübergangs (Bl. 114 d.A.). Diese Firma werde zukünftig Lenkungen für E. herstellen, und zwar nicht nur Zweikreislenkungen. Es seien viel mehr als nur sechs Maschinen übernommen worden (Bl. 218 d.A.), nämlich alle Produktionsanlagen, die die eigentliche Wertschöpfung der Beklagten ausmachten, nebst Versorgungsanlagen (Bl. 112 f.). In seinem Schriftsatz vom 08.01.2013 behauptet der Kläger, im Hinblick auf seinen Arbeitsplatz erfolge kein Betriebsübergang auf die Firma I., sondern auf die Tochtergesellschaft der Beklagten in N. (Bl. 122 d.A.). In seinem Schriftsatz vom 11.01.2013 beruft er sich darauf, es liege ein Betriebsübergang entweder auf die Tochtergesellschaft in N. oder auf die Firma I. in der U. vor, dies sei für ihn nicht voll überschaubar (Bl. 146 d.A.).
Ferner behauptet er, er sei in der Tochtergesellschaft in N. zwischen einem Drittel und der Hälfte seiner Arbeitszeit tätig gewesen (Bl. 108 d.A.). Von seinen Tätigkeiten habe er habe durchschnittlich 30 % für den Standort N. erbracht, 60 % für den Standort E. und 10 % für andere Standorte (Bl. 199 d.A.). Seine Aufgaben in der Abteilung Qualitätssicherung im Bereich Werkstofftechnik habe zu 62 % in der Befundung von Blocklenkungen bestanden, das heißt in der Prüfung auf Material-, Behandlung oder Bearbeitungsfehler (Bl. 147 f. d.A.). Diese Arbeiten würden nunmehr in der Schwestergesellschaft in N. erledigt, die hierfür erforderlichen Geräte seien am 19.12.2012 nach N. verbracht worden.
Zudem macht er geltend, er könne als Ingenieur im U. Konzern auf einer freien Stelle untergebracht werden. Ihm seien keine freien Stellen innerhalb des Konzerns angeboten worden. Er meint, es liege ein Verstoß gegen die Konzernbetriebsvereinbarung zum U. Konzernarbeitsmarkt (Bl. 37 ff. d.A.), eine in der Mitarbeiter-Info vom 30.04.2007 (Bl. 115 d.A.) enthaltene Zusage, eine Zusage der U. U. vom 24.09.2007 (Bl. 200 d.A.), eine Zusage von E. vom 02.05.2007 (Bl. 61 f. d.A.) sowie die Erklärungen der Beklagten im Schreiben vom 30.06.2012 (Bl. 202 d.A.) vor. Überdies sei eine betriebsbedingte Kündigung bereits aufgrund der Erklärung des Konzernvorstandes vom 11.05.2011 (Bl. 36 d.A.) im Hinblick auf den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Die Kündigung verstoße zudem gegen § 242 BGB. Die Beklagte habe die Belegschaft durch ihre zahlreichen Zusagen davon abgehalten, sich frühzeitig um einen Anschlussarbeitsplatz zu kümmern. Dabei habe die Beklagte das Ziel verfolgt, die Aufrechterhaltung der Produktion am Standort E. bis zum 31.12.2012 zu sichern.
Ferner ist der Kläger der Auffassung, es hätte eine Sozialauswahl durchgeführt werden müssen, in die die Mitarbeiter des Tochterunternehmens der Beklagten in N. hätten einbezogen werden müssen. Die Beklagte unterhalte mit diesem Tochterunternehmen einen gemeinsamen Betrieb. Es gebe eine gemeinsame und koordinierte Personaleinsatzplanung. Sowohl in der Geschäftsführung als auch bei den anderen Mitarbeitern aus den Führungsbereichen gebe es Tätigkeiten an beiden Standorten.
Im Übrigen liege keine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung vor. Zudem hätte gemäß der Konzernvereinbarung vom 06.11.2008 (Bl. 208 d.A.) der Europäische Betriebsrat beteiligt werden müssen, da von der Schließung des Standortes E. auch das Schwesterwerk in Q. betroffen sei. Ferner sei die Massenentlassungsanzeige nicht
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ordnungsgemäß erfolgt.
Er beantragt,
1.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 21.05.2012 aufgelöst worden ist.
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Qualitätsingenieur weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, zum 31.12.2012 erfolge eine Betriebsstilllegung, der Betrieb werde nicht in der U. weitergeführt. Über die sechs verkauften Maschinen hinaus seien keine Betriebsmittel und keine Arbeitnehmer an die Firma I. übergegangen. Es gebe auch keinen Betriebsübergang auf die Tochtergesellschaft in N.. Dort würden ab dem 01.01.2013 lediglich Prüfungen durchgeführt, ob eine Reklamation des Kunden bezüglich Blocklenkungen berechtigt ist oder nicht. Hingegen erfolge dort keine Befundung auf Material-, Behandlung oder Bearbeitungsfehler.
Aus der Erklärung des Konzernvorstandes vom 11.05.2011 könne der Kläger keinen Kündigungsverzicht herleiten, da die Erklärung sich nur auf Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung ab Mai 2011 beziehe, während die Schließung des Betriebs der Beklagten bereits im Jahr 2007 beschlossen worden sei. Im Hinblick auf die Mitarbeiterinformation vom 30.04.2007 behauptet die Beklagte, der Kläger habe mehrere Arbeitsplatzangebote abgelehnt bzw. sich nicht geäußert (Bl. 158-160 d.A.). Die Konzernbetriebsvereinbarung zum U.arbeitsmarkt stehe der Kündigung nicht entgegen. Der Kläger habe sich über die sogenannte Job-World im Intranet über die im Konzern zu besetzenden Arbeitsplätze informieren können.
Die Beklagte führe keinen gemeinsamen Betrieb mit ihrer Tochtergesellschaft. Es gebe wegen der unterschiedlichen Personalleitungskompetenzen auch keinen gemeinsamen Leitungsapparat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhaltes sowie des widerstreitenden Sachvortrages und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen und Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheid u n g s g r ü n d e
I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde durch die Kündigung der Beklagten vom 21.05.2012 mit Wirkung zum 31.12.2012 beendet.
a) Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis gemäß §§ 1, 23 KSchG
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in persönlicher und betrieblicher Hinsicht Anwendung. Die Kündigung war jedoch nicht gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Vielmehr war sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in dem Betrieb entgegen stehen, bedingt.
aa) Der Standort E. wurde unstreitig zum 31.12.2012 geschlossen. Dabei handelte es sich um eine Betriebsstillegung.
Unter einer Betriebsstilllegung ist die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern besteht. Der Unternehmer stellt die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht ein, den Betriebszweck dauerhaft nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist aber nicht gezwungen, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG vom 16.02.2012 – 8 AZR 693/10, NZA-RR 2012, 465).
Die ersthafte Absicht der Beklagten, den Betrieb stillzulegen, lässt sich vorliegend aus dem Interessenausgleich und Sozialplan vom 26.09.2007, der Erstattung der Massenentlassungsanzeige, dem tatsächlichen Ausspruch der Kündigungen, dem Ende des Mietverhältnisses sowie der Beendigung des Geschäftsbesorgungsvertrags mit der E. schließen.
bb) Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte ihn seit dem 01.01.2013 am Standort N. einsetzen könnte, weil es sich bei den Standorten E. und N. um einem Gemeinschaftsbetrieb handele. Dies ist nicht der Fall. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte mit ihrer Tochtergesellschaft tatsächlich einen Gemeinschaftsbetrieb geführt hat. Selbst wenn ein solcher existiert haben sollte, wäre er jedenfalls am 31.12.2012 aufgelöst worden. Ein Gemeinschaftsbetrieb setzt einen gemeinsamen Leitungsapparat der beteiligten Unternehmen voraus. Wird einer der beiden Betriebe, die einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet haben, stillgelegt, so werden damit die Arbeitgeberfunktionen im Bereich der sozialen und personellen Angelegenheiten sowie die unternehmerischen Funktionen im Bereich der wirtschaftlichen Angelegenheiten dem vormals einheitlichen Leitungsapparat entzogen (vgl. BAG vom 18.09.2003 – 2 AZR 79/02, AP Nr. 14 zu § 17 KSchG 1969). Damit erlischt der Gemeinschaftsbetrieb.
cc) Der Arbeitsplatz des Klägers ist auch nicht im Wege eines Betriebs(-teil-)übergangs auf die Firma I. oder die Tochtergesellschaft der Beklagten in N. übergegangen.
Betriebsstillegung und Betriebsübergang schließen sich gegenseitig aus. Ein Betriebsübergang setzt voraus, dass beim Erwerber die frühere Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit (des Betriebs) erhalten bleibt. Diese besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand bei einem neuen Inhaber zu bejahen ist, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Bei der Gesamtwürdigung sind insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang materieller Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Betriebsmethoden, der Hauptbelegschaft bzw. der Führungskräfte durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und
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Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit zu betrachten. Den einzelnen vorgenannten Kriterien kommt je nach Art des Betriebs unterschiedliches Gewicht zu (vgl. BAG vom 21.06.2012 – 8 AZR 181/11, BB 2012, 2687 m.w.N.).
Der Kläger behauptet, diejenigen Produktionsanlagen, die die eigentliche Wertschöpfung der Beklagten ausmachten, seien auf die Firma I. übergegangen, die nunmehr Lenkungen für den E. fertige. Hingegen werde jedenfalls die Befundung von Blocklenkungen nunmehr von der Tochtergesellschaft der Beklagten in N. erledigt, diesbezügliche Maschinen seien nach N. verbracht worden.
Daraus folgt, dass schon nach dem Vorbringen des Klägers kein Übergang des gesamten Betriebs entweder auf die Firma I. oder auf die Tochtergesellschaft der Beklagten in N. erfolgt sein kann, sondern allenfalls ein Betriebsteilübergang auf die Firma I. und/oder die Tochtergesellschaft der Beklagten in N..
Zum Begriff des „Betriebsteils“ führt das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 07.04.2011 – 8 AZR 730/09, NZA 2011, 1231 zutreffend aus:
Auch für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist eine Gesamtbetrachtung maßgeblich, bei der die wirtschaftliche Einheit und ihre Identität im Mittelpunkt steht (...). Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Die Teileinheit des Betriebs muss bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben (...). Schon beim bisherigen Betriebsinhaber muss also - in Anlehnung an § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG - eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde (...). Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit; im Teilbetrieb müssen aber nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen (...). Der Arbeitnehmer muss diesem Betriebsteil zuzuordnen sein. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung können wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur und im Konzept einer Identitätswahrung entgegenstehen (...). Allerdings muss der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren, es genügt, dass dieser die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (...).
Ein Betriebsteilübergang zur Tochtergesellschaft in N. scheidet aus. Die werkstoffliche Befundung von Blocklenkungen, die nach Behauptung des Klägers nunmehr in N. stattfindet, ist keine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit im Sinne eigenständigen Betriebsteils.
Nach Auffassung der Kammer hat die Beklagte den organisatorischen Aufbau des Bereichs, in dem der Kläger eingesetzt war, durch Vorlage des Zeugnisentwurfs des Klägers sowie des daraufhin von der Beklagten ausgestellten Endzeugnisses hinreichend nachgewiesen. Demnach gab es am Standort der Beklagten in E. unter anderem auch ein Entwicklungs- und Vorbereitungszentrum, an welchem der Kläger als Teamleiter Verfahrensentwicklung tätig war und dort die Teams Verfahrensentwicklung, Betriebsmittelkonstruktion und Werkstofftechnik führte. Zum Bereich der Werkstofftechnik wiederum zählte einerseits die Durchführung von Entwicklungsprojekten zur
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technologisch und wirtschaftlich optimalen Werkstoffdefinition für die Serienumsetzung und andererseits die fertigungsüberwachende Werkstoffprüfung sicherheitsrelevanter Teile (auch „werkstoffliche Befundung“ genannt). Der Bereich der Werkstofftechnik wurde im Rahmen einer Umstrukturierung zum 01.01.2003 der Abteilung Qualitätssicherung zugeordnet. Der Kläger berichtete ab diesem Zeitpunkt dem „Leiter Qualität“.
Selbst wenn, wie der Kläger behauptet, 62 % seiner Tätigkeit in der Befundung von Blocklenkungen bestanden haben sollte, handelt es sich hierbei nicht um eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit. Letzteres wäre allenfalls im Hinblick auf die gesamte Abteilung Qualitätssicherung denkbar. Diese ist jedoch unstreitig nicht als Gesamtheit auf die Schwestergesellschaft in N. übergegangen.
Ebenso wenig kann die Abteilung Qualitätssicherung der Beklagten als selbständig abtrennbare organisatorische Einheit auf die Firma I. übergegangen sein. Es ist nicht ersichtlich, dass auf die Firma I. die Produktionsfaktoren der Abteilung Qualitätssicherung übertragen worden wären und dort in ihrer funktionellen Verknüpfung beibehalten würden. Dies behauptet nicht einmal der Kläger. Dessen Ausführungen beziehen sich lediglich auf Produktions- und Versorgungsanlagen.
Die Frage, inwieweit auch die räumliche Entfernung gegen einen Betriebsteilübergang auf die Firma I. spricht, kann daher offen bleiben.
dd) Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Konzernunternehmen berufen.
Zutreffend heißt es im Urteil der 14. Kammer des Arbeitsgerichts E. vom 18.02.2013 –14 Ca 3433/12, n.v.:
Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 lit. b KSchG ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder einem anderen Betrieb desselben Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Entsprechendes gilt nach § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Die Weiterbeschäftigung muss dabei sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt (vgl. BAG v. 09.09.2010, 2 AZR 936/08, juris, Rn. 39). Als „frei“ sind grundsätzlich solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind oder die dem Arbeitgeber als bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werdend bekannt sind oder bekannt sein mussten (BAG v. 23.10.2008, 2 AZR 163/07, juris, Rn. 44, m.w.N.). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine anderweitige Beschäftigung nicht möglich oder zumutbar ist, trifft gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG ebenfalls den Arbeitgeber. Jedoch gilt auch hier wiederum eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Zunächst hat der Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit darzustellen, woraufhin der Arbeitgeber seinerseits substantiiert darzulegen hat, warum diese Weiterbeschäftigung nicht möglich sein soll. (Vgl. dazu ErfK/Oetker, 13. Auflage, § 1 KSchG, Rn. 264 m.w.N.; BAG v. 09.09.2010, a.a.O., Rn. 41; v. 24.03.1983, 2 AZR 21/82, juris, Rn. 29).
(...)
Die Prüfung der Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers erstreckt sich
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zwar nicht nur auf den Beschäftigungsbetrieb, sondern auf alle anderen Betriebe desselben Unternehmens (BAG v. 18.02.1993, 2 AZR 518/92, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG, der sich die Kammer anschließt, ist das KSchG jedoch nicht konzernbezogen ausgestaltet (BAG v. 18.09.2003, 2 AZR 79/02, juris Rn. 36 unter Hinweis auf BAG v. 14.10.1982, 2 AZR 568/80; v. 22.05.1986, 2 AZR 612/85; v. 27.11.1991, 2 AZR 255/91; v. 10.01.1994, 2 AZR 489/93, v. 21.01.1999, 2 AZR 648/97; v. 21.02.2002, 2 AZR 749/00; v. 26.09.2002, 2 AZR 636/01). Bereits dem Wortlaut des Gesetzes (vgl. § 23 Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 2 S 1, § 1 Abs. 3 KSchG) ist zu entnehmen, dass der Kündigungsschutz grundsätzlich betriebsbezogen bzw. hinsichtlich der Wartezeit und der Weiterbeschäftigungspflicht (§ 1 Abs. 1 bis 3 KSchG) betriebs- und unternehmensbezogen ist. Im Gegensatz zum Betriebsverfassungsrecht – vgl. etwa § 8 Abs. 1 S. 2 BetrVG – und in Kenntnis des Vorhandseins von Konzernen hat der Gesetzgeber keinen Anlass gesehen, das KSchG konzernbezogen auszugestalten (BAG v. 18.09.2003, a.a.O.). Dabei lässt das BAG allerdings ausgehend von der grundlegenden Entscheidung vom 14.10.1982 (2 AZR 568/80, BAGE 41, 72) aufgrund besonderer Sachverhaltsgestaltungen Ausnahmefälle zu, in denen eine konzernbezogene Betrachtung geboten sei, nämlich wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt habe, wenn sich eine solche Verpflichtung unmittelbar aus einer (arbeitsvertraglichen) Vereinbarung/Zusage ergebe oder eine Übernahme durch einen anderen Unternehmens-oder Konzernbetrieb konkret in Aussicht gestellt werde, wobei dann aber erforderlich sei, dass die Entscheidung darüber letztlich nicht dem grundsätzlich zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten wurde, sondern dem abgebenden Betrieb obliegt (BAG v. 18.09.2003, a.a.O., Rn. 38, m. zahlr. Nachw. zu Rspr und Lit.).
Aus der Konzernbetriebsvereinbarung zum Konzernarbeitsmarkt vom 29.03.2006 (Bl. 37 d.A.) und der diesbezüglichen Richtlinie (B. 39 f. d.A.) ergeben sich keine Zusagen einer Weiterbeschäftigung. Diese Regelungen besagen lediglich, dass freie Stellen grundsätzlich im Rahmen des Konzernarbeitsmarktes auf einer Intranetseite angeboten werden müssen und dass die Stellen vorrangig mit Konzernmitarbeitern anstelle von Externen zu besetzen sind.
In der Mitarbeiterinformation vom 30.04.2007 (Bl. 115) heißt es bezogen auf Arbeitnehmer, die am 01.05.2007 das 52. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (hierzu zählte auch der Kläger), dass E. diesen eine Beschäftigungsmöglichkeit im E. anbieten werde. Darauf bezieht sich auch das Schreiben der E. vom 02.05.2007 (Bl. 61 d.A.). Bei der E. handelt es sich jedoch nicht um ein Unternehmen, welches dem Konzern der Beklagten angehört.
Das Schreiben der U. U. AG vom 24.09.2007 (Bl. 200 d.A.) bezieht sich nur auf Mitarbeiter, die nicht vom E. erfasst sind, also nicht auf den Kläger.
Zwar mag die Beklagte die Möglichkeit haben, auf ihre Tochtergesellschaft in N. bestimmenden Einfluss auszuüben. Die Beklagte beruft sich jedoch darauf, dass in N. lediglich eine Reklamationsprüfung stattfindet, die jedoch – was der Kläger insoweit nicht bestreitet – mit der Arbeit eines Qualitätsingenieurs keinerlei Ähnlichkeit hat. Eine Einsatzmöglichkeit in der Reklamationsprüfung macht der Kläger auch nicht geltend. Vielmehr behauptet er, die Befundung von Blocklenkungen, die 62 % seiner Tätigkeit ausgemacht habe, geschehe nunmehr in N.. Gleichzeitig beruft er sich jedoch darauf, dass die Produktion der Blocklenkungen nunmehr von der Firma I. in der U. erfolge, die alle Produktionsanlagen, die die eigentliche Wertschöpfung der Beklagten ausmachten, nebst Versorgungsanlagen erhalten habe.
Für die Kammer ist nicht nachvollziehbar, wie eine werkstoffliche Befundung, die den Zweck hat, Fehler im Produktionsprozess aufzudecken und zu beheben, in N. von einem
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Konzernunternehmen der Beklagten durchgeführt werden kann, wenn der Produktionsprozess, auf den sich diese Befundung bezieht, in der U. von einem konzernfremden Unternehmen durchgeführt wird. Denn zwischen den beiden Unternehmen besteht keinerlei Möglichkeit der Einflussnahme. Hierzu hätte der Kläger mit Rücksicht auf die abgestufte Darlegungs- und Beweislast Näheres darlegen müssen. Auf seine fehlenden Erkenntnismöglichkeiten kann er sich nicht berufen, da er selbst diese – widersprüchlichen – Tatsachenbehauptungen aufgestellt hat.
ee) Die Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) war nicht fehlerhaft. Es war keine Auswahl vorzunehmen, da der Betrieb in E. geschlossen und alle Beschäftigungsverhältnisse beendet wurden. Selbst wenn es sich bei den Standorten E. und N. um einen Gemeinschaftsbetrieb gehandelt hätte, wäre dieser mit der Schließung des Standortes E. erloschen. In solchen Fällen sind die Arbeitnehmer des anderen Unternehmens nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen (vgl. BAG vom 18.09.2003 – 2 AZR 79/02, a.a.O.).
b) Die Rechtswidrigkeit der Kündigung folgt auch nicht aus der Vereinbarung zur strategischen Weiterentwicklung vom 11.05.2011 (Bl. 36 d.A.). Diese beinhaltet zwar „aus Anlass der Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung“ einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Dieser Ausschluss bezieht sich jedoch nicht auf die vorliegend streitgegenständliche Maßnahme. Zutreffend heißt es hierzu im Urteil des Arbeitsgerichts E. vom 18.02.2013 –14 Ca 3433/12, n.v.:
Die Auslegung der Gesamtzusage vom 11.05.2011 als Konzernbetriebsvereinbarung, die wegen ihres normativen Charakters auf der Grundlage der Auslegung von Gesetzen zu erfolgen hat, ergibt, dass nur betriebsbedingte Kündigungen aus Anlass der Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung ausgeschlossen sein sollen. Anhaltspunkte für das Auslegungsergebnis des Klägers, mit der Vereinbarung seien dauerhaft alle betriebsbedingten Kündigungen im Konzern ausgeschlossen, lassen sich weder inhaltlich aus der Vereinbarung herleiten, noch entspricht diese weitreichende Auslegung dem Sinn und Zweck des vereinbarten Kündigungsausschlusses. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut in Ziffer 1. der Vereinbarung („Aus Anlass der Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung ...“) sowie in Verbindung mit der Überschrift, dass die Parteien der Vereinbarung den Kündigungsverzicht auf das Konzernvorhaben der strategischen Weiterentwicklung und nur die in diesem Zusammenhang ergehenden konkreten Maßnahmen beziehen wollten. Einem gewollten dauerhaften Ausschluss aller betriebsbedingten Kündigungen im Konzern steht neben Wortlaut und Sinn und Zweck zudem die Systematik der Vereinbarung entgegen. Denn die Ziffern 2. bis 6. betreffen ausschließlich die möglichen Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung, aus denen sich eine Befürchtung des Wegfalls von Arbeitsplätzen ergeben kann, welcher jedoch – vorweg – mit dem sich nur darauf beziehenden Kündigungsverzicht in Ziffer 1. begegnet wird.
c) Ebenso wenig folgt die Rechtswidrigkeit der Kündigung aus dem Schreiben der Beklagten vom 30.06.2010 (Bl. 202 d.A.). Darin erklärt die Beklagte zwar, dass sie ihren Verpflichtungen nachkommen werde. Dies bezieht sich jedoch nur auf die vorangehende Aussage, dass das im Interessenausgleich und Sozialplan genannte Auslaufdatum 31.12.2012 nicht vorgezogen werde.
d) Ein Verstoß der Kündigung gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB liegt nicht vor. Aufgrund des Interessenausgleich und des Sozialplans mit Abfindungsregelung war für die Belegschaft ersichtlich, dass der Ausspruch von Kündigungen zum 31.12.2012 drohte.
e) Die Kündigung ist nicht wegen einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung gemäß § 102
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Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat hierzu unter Vorlage der einschlägigen Unterlagen schlüssig vorgetragen. Nach den Grundsätzen der abgestuften Beweislast (vgl. BAG 16.03.2000 – 2 AZR 75/99, NZA 2000, 1332) hätte der Kläger seine Rüge inhaltlich konkretisieren müssen. Dies ist nicht geschehen.
f) Es kann offen bleiben, ob und inwieweit die Beklagte den Europäischen Betriebsrat über die geplante Schließung des Standortes E. hätte unterrichten und anhören müssen und ob dies geschehen ist. Etwaige diesbezügliche Pflichtverstöße führen nicht zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit der Kündigung des Klägers. Eine entsprechende Sondervorschrift im EBRG fehlt. Die §§ 18 KSchG, 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG sind als abschließend anzusehen (vgl. Forst, NZA 2009, 294, 296).
g) Die Kündigung ist auch nicht wegen einer Verletzung der Pflicht zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG unwirksam. Selbst wenn der Massenentlassungsanzeige das Schreiben zur Anhörung des Betriebsrats nicht beigefügt gewesen sein sollte, ist dies im Ergebnis unschädlich, da die Agentur für Arbeit die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige durch Bescheid vom 07.05.2012 inzident festgestellt hat (vgl. hierzu BAG vom 11.03.1998 – 2 AZR 414/97, NZA 1998, 879).
2. Mangels Begründetheit der Kündigungsschutzklage besteht auch kein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 611 BGB, Art. 1 Abs. 1 i.V.m. 2 Abs. 1 GG (vgl. hierzu BAG GS vom 27.02.1985 – 1/84, BAGE 48, 122).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO.
III.
Der Rechtsmittelstreitwert wurde gemäß den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, § 3 ZPO in Anlehnung an § 42 Abs. 3 S. 1 GKG festgesetzt. Dabei wurde der Kündigungsschutzantrag mit drei und der Weiterbeschäftigungsantrag mit zwei Bruttomonatsvergütungen bewertet.
IV.
Gemäß § 64 Abs. 3a ArbGG war zu entscheiden, dass kein Grund für eine gesonderte Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 lit. a), Abs. 3 ArbGG vorliegt. Die Statthaftigkeit der Berufung richtet sich daher nach § 64 Abs. 2 lit. b) und c) ArbGG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
Berufung
eingelegt werden.
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Die Berufung muss
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
beim Landesarbeitsgericht E., Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 E., Fax: 0211 7770 2199
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eingegangen sein.
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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