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LAG Mün­chen, Ur­teil vom 03.12.2008, 10 Sa 645/07

   
Schlagworte: Haftungsbeschränkung Arbeitgeber
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 10 Sa 645/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 03.12.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Augsburg, Urteil vom 14.05.2007, 3 Ca 725/04
nachgehend:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.10.2010, 8 AZR 547/09
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt München

Im Na­men des Vol­kes

TEIL - UR­TEIL

In dem Rechts­streit

- Kläger und Be­ru­fungs­be­klag­ter -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter:

ge­gen

- Be­klag­te und Be­ru­fungskläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter:

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hat die 10. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 28. No­vem­ber 2008 durch den Vi­ze­präsi­den­ten des Lan­des­ar­beits­ge­richts Mo­el­ler und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Ell und Wid­mann
für Recht er­kannt:

1. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Augs­burg vom 14.05.2007 (Az.: 3 Ca 725/04) ab­geändert:

Der Kläger wird ver­ur­teilt, der Be­klag­ten Aus­kunft darüber zu er­tei­len, wel­che Geschäfte auf dem Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung / PSA (Per­so­nal-Ser­vice-Agen­tur) der Kläger in der Zeit vom 01.06.2003 bis 29.02.2004 ge­schlos­sen hat so­wie die schrift­li­chen Un­ter­la­gen hierüber vor­zu­le­gen.

2. So­weit die Be­klag­te be­an­tragt hat, den Kläger zu ver­ur­tei­len € 40.301,00 nebst Zin­sen i.H.v. 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu be­zah­len, wird die Be­ru­fung zurück­ge­wie­sen.

3. Die Kos­ten­ent­schei­dung bleibt der End­ent­schei­dung vor­be­hal­ten.

4. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten über Ansprüche auf Be­zah­lung von Lohn- und Ur­laubs­ab­gel­tung so­wie über Aus­kunfts­ansprüche und die Be­zah­lung von Scha­dens­er­satz, die die Be­klag­te im We­ge der Wi­der­kla­ge gel­tend macht.

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Ge­gen­stand des Be­ru­fungs­ver­fah­rens sind nur die von der Be­klag­ten im We­ge der Wi­der­kla­ge ver­folg­ten Ansprüche, nach­dem über die Lohn­zah­lungs­ansprüche des Klägers so­wie über den An­spruch auf Ab­gel­tung von Rest­ur­laub durch Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts München vom 21.06.2006 (Az.: 10 Sa 344/06) rechts­kräftig zu Guns­ten des Klägers ent­schie­den wur­de.

Die Be­klag­te be­treibt Ar­beit­neh­merüber­las­sung.

Der Kläger war seit 24.09.2001 bei der Be­klag­ten als Lei­ter de­ren Nie­der­las­sung in München ge­gen ei­ne mo­nat­li­che Brut­to­vergütung von EUR 6.121,00 beschäftigt. Rechts­grund­la­ge des Ar­beits­verhält­nis­ses war ein zwi­schen den Par­tei­en am 12.09.2001 ge­schlos­se­ner An­stel­lungs­ver­trag.

Der Kläger selbst kündig­te sein Ar­beits­verhält­nis am 29.01.2004 zum 29.02.2004. Für den Mo­nat Ja­nu­ar 2004 rech­ne­te die Be­klag­te die mo­nat­li­che Vergütung mit EUR 6.121,00 brut­to ab (Bl. 4 d. A.). Ei­ne Zah­lung an den Kläger er­folg­te nicht.

Für die Zeit vom 16.02.2004 bis 27.02.2004 leg­te der Kläger der Be­klag­ten ei­ne Ar­beits­unfähig­keits­be­schei­ni­gung (Bl. 30 bis 32 d. A.) vor, nach der der Kläger in die­sem Zeit­raum dienst­unfähig ge­we­sen sei. In der Ab­rech­nung für Fe­bru­ar 2004 (Bl. 33 d. A.) wur­den dem Kläger Beträge über EUR 2.430,10 und EUR 487,62 brut­to in Ab­zug ge­bracht. In die­ser Ab­rech­nung wur­de zu­dem ein An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung mit EUR 2.925,72 brut­to ab­ge­rech­net. Ei­ne Zah­lung für den Mo­nat Fe­bru­ar 2004 durch die Be­klag­te ist aber eben­falls nicht er­folgt.

Seit 03.02.2004 ist der Kläger Mit­ge­sell­schaf­ter der Fir­ma A. GmbH, die am 09.03.2004 im Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen wur­de. Die­se Fir­ma be­treibt eben­falls ge­werb­li­che Ar­beit­neh­merüber­las­sung.

Nach­dem über die ursprüng­li­chen Zah­lungs­anträge des Klägers über 2x EUR 6.121,00 brut­to (Ge­halt Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2004) und EUR 2.925,72 brut­to (Ur­laubs­ab­gel­tung) rechts­kräftig ent­schie­den ist, trägt die Be­klag­te vor, der Kläger ha­be sich ver­trags­un­treu

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ver­hal­ten. So ha­be der Kläger be­reits vom 16.02. bis 27.02.2004 für sei­ne neue Fir­ma ge­ar­bei­tet und da­bei am 18.02.2004 Mon­ta­ge­ar­bei­ten durch­geführt. Er ha­be be­reits während des Be­ste­hens des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten in er­heb­li­chem Um­fang Geschäfte für ei­ge­ne In­ter­es­sen wahr­ge­nom­men. Er sei be­reits während die­ser Zeit an ei­ne Viel­zahl von Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten her­an­ge­tre­ten, um die­se ab­zu­wer­ben. Seit 03.02.2004 sei er Mit­ge­sell­schaf­ter der Fir­ma A. GmbH, de­ren Geschäfts­zweck eben­falls in ge­werbsmäßiger Ar­beit­neh­merüber­las­sung lie­ge. Auch die Ehe­frau des Klägers ha­be in ei­nem Te­le­fon­gespräch mit­ge­teilt, dass sich der Kläger "vor ca. ei­nem Jahr" selbständig ge­macht ha­be. Die von der Be­klag­ten ein­ge­schal­te­ten De­tek­ti­ve hätten am 18.02.2004 fest­ge­stellt, dass in den Geschäftsräum­en der Fir­ma A. GmbH Brief­kas­ten und Klin­gel be­schrif­tet wa­ren. Auch ha­be der Kläger da­bei erklärt, dass er be­reits neue und Su­per­kun­den ha­be. Er könne auch so­fort Kräfte zur Verfügung stel­len. Ei­nen wei­te­ren Ter­min ha­be er mit den De­tek­ti­ven für den 24.02.2004 ver­ein­bart. Be­reits un­ter dem 22.01.2004 ha­be er ein An­ge­bot auf dem Brief­pa­pier der Fir­ma Al. GmbH für ei­nen po­ten­ti­el­len Kun­den un­ter­brei­tet (Bl. 445 bis 447 d. A.). Da­mit ha­be der Kläger Aus­kunft über Geschäfte auf dem Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung in der Zeit von Ju­ni 2003 bis 26.02.2004 zu er­tei­len. Außer­dem ha­be der Kläger der Be­klag­ten die ent­stan­de­nen De­tek­tiv­kos­ten zu er­set­zen. Denn ge­gen den Kläger ha­be ein kon­kre­ter Ver­dacht ei­ner Wett­be­werbstätig­keit be­stan­den. Der Kläger ha­be ei­nen kla­ren Ab­kehr­wil­len ge­zeigt und da­bei geäußert, dass er in der Bran­che blei­ben wol­le. Im Ja­nu­ar 2004 ha­be der Kläger ei­nen Kun­den be­sucht, für den er nicht zuständig ge­we­sen sei. Auch ha­be der Kläger be­reits An­fang Ja­nu­ar Pri­vat­sa­chen aus sei­nem Büro ent­fernt. Die Über­wa­chung durch die De­tek­ti­ve ha­be auch ei­ne Kon­kur­renztätig­keit nach­ge­wie­sen. Zu­dem sei fest­ge­stellt wor­den, dass der Kläger während sei­ner Ar­beits­unfähig­keit di­ver­se – auch körper­li­che - Tätig­kei­ten durch­geführt ha­be. Die an­ge­fal­le­nen De­tek­tiv­kos­ten sei­en mit EUR 40.301,00 auch üblich und an­ge­mes­sen.

Die Be­klag­te hat zu­letzt be­an­tragt:

1. Der Kläger wird ver­ur­teilt, der Be­klag­ten Aus­kunft darüber zu er­tei­len,

wel­che Geschäfte auf dem Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung/PSA (Per­so­nal-Ser­vice-Agen­tur) der Kläger in der Zeit vom 01.06.2003 bis

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29.02.2004 ge­schlos­sen hat, so­wie die schrift­li­chen Un­ter­la­gen hierüber vor­zu­le­gen.

2. Der Kläger wird ver­ur­teilt, die Rich­tig­keit und Vollständig­keit der An­ga­ben des Klägers an Ei­des statt zu ver­si­chern.

3. Der Kläger wird ver­ur­teilt, an die Be­klag­te Scha­dens­er­satz in ei­ner nach Er­tei­lung der Aus­kunft noch zu be­stim­men­den Höhe nebst 5 %-Punk­ten Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len, wenn die Be­klag­te nicht selbst ihr Ein­tritts­recht erklärt.

4. Der Kläger wird ver­ur­teilt, an die Be­klag­te € 40.301,00 nebst 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu be­zah­len.

Der Kläger hat be­an­tragt,

die Wi­der­kla­ge ab­zu­wei­sen.

Er hat vor­ge­tra­gen, er ha­be sich während des Ver­trags­verhält­nis­ses nicht ver­trags­wid­rig ver­hal­ten. Er ha­be vor dem 29.02.2004 kei­ne Geschäfte für die A. GmbH geführt. Die­se sei erst zum 09.03.2004 im Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen wor­den. De­ren Miet­ver­trag sei zum 01.03.2004 ab­ge­schlos­sen wor­den. De­tek­tiv­kos­ten schul­de der Kläger nicht.

Das Ar­beits­ge­richt hat durch Ur­teil vom 14.05.2007 die Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen. We­gen des vollständi­gen erst­in­stanz­li­chen Sach­vor­trags der Par­tei­en so­wie den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts wird auf Tat­be­stand und Ent­schei­dungs­gründe des Erst­ur­teils Be­zug ge­nom­men.

Ge­gen das der Be­klag­ten am 20.06.2007 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die­se mit ei­nem am

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ein­le­gen las­sen und ihr Rechts­mit­tel durch ei­nen am 16.08.2007 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

Die Be­klag­te trägt vor, es ste­he fest, dass der Kläger noch während des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten Kon­kur­renztätig­kei­ten aus­geübt ha­be. Die Ein­schal­tung der De­tek­ti­ve durch die Be­klag­te sei an­ge­sichts der Ver­dachts­mo­men­te ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Schon der ers­te Er­mitt­lungs­auf­trag vom 14.01.2004 bis 23.01.2004 ha­be auf­grund der Äußerun­gen der Ehe­frau des Klägers und auf­grund ei­nes Te­le­fon­gesprächs der Klägers mit den sich als po­ten­ti­el­le Kun­den aus­ge­ben­den De­tek­ti­ven zu er­heb­li­chen Ver­dachts­mo­men­ten geführt, die es ge­recht­fer­tigt hätten, die Ob­ser­va­ti­ons­pha­se fort­zu­set­zen, aus der sich dann der Be­such des Klägers bei der Fir­ma A. am 26.01.2004 und bei der Fir­ma K. am 27.01.2004 er­ge­ben hätten. Nach­dem sich der Kläger dann ar­beits­unfähig ge­mel­det hat­te, ha­be die Be­klag­te die Ob­ser­va­ti­on fort­ge­setzt und da­bei fest­ge­stellt, dass der Kläger während sei­ner Ar­beits­unfähig­keit meh­re­re Kun­den be­sucht ha­be, so dass er­neut die Ob­ser­va­ti­on fort­ge­setzt wor­den sei, bei der dann der Kon­takt zur Schein­fir­ma der De­tek­ti­ve zu­stan­de ge­kom­men sei. Die Ein­schal­tung der De­tek­ti­ve sei da­her ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Die dafür er­for­der­li­chen Kos­ten ha­be der Kläger zu er­stat­ten.

Die Be­klag­te be­an­tragt:

1. Das End- und Schlus­s­ur­teil des Ar­beits­ge­richts Augs­burg vom 14.05.2007 (Az.: 3 Ca 725/04) wird auf­ge­ho­ben.

2. Der Kläger wird ver­ur­teilt, der Be­klag­ten Aus­kunft darüber zu er­tei­len, wel­che Geschäfte auf dem Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung/PSA (Per­so­nal-Ser­vice-Agen­tur) der Kläger in der Zeit vom 01.06.2003 bis 29.02.2004 ge­schlos­sen hat, so­wie die schrift­li­chen Un­ter­la­gen hierüber vor­zu­le­gen.

3. Der Kläger wird ver­ur­teilt, die Rich­tig­keit und Vollständig­keit der An­ga­ben des Klägers an Ei­des statt zu ver­si­chern.

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4. Der Kläger wird ver­ur­teilt, an die Be­klag­te Scha­dens­er­satz in ei­ner nach Er­tei­lung der Aus­kunft noch zu be­stim­men­den Höhe nebst Zin­sen i.H.v. 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len, wenn die Be­klag­te nicht selbst ihr Ein­tritts­recht erklärt.

5. Der Kläger wird ver­ur­teilt, an die Be­klag­te € 40.301,00 nebst Zin­sen i.H.v. 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu be­zah­len.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Er trägt vor, ein Aus­kunfts­an­spruch be­ste­he nicht, weil sich der Kläger nicht ver­trags­un­treu ver­hal­ten ha­be. Der Kläger be­trei­be erst nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten ei­ne Wett­be­werbstätig­keit. Zu­vor ha­be er ei­ne sol­che Tätig­keit al­len­falls vor­be­rei­tet. De­tek­tiv­kos­ten könne die Be­klag­te nicht ver­lan­gen. Ge­genüber dem Kläger ha­be nie ein kon­kre­ter Ver­dacht be­stan­den. Der Kläger sei auch in kei­ner Wei­se überführt wor­den. Zu­dem sei­en die Kos­ten der Höhe nach nicht annähernd ge­recht­fer­tigt.

Die Kam­mer hat mit Teil-Ur­teil vom 19.12.2007 auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten das End-Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Augs­burg vom 15.05.2007 (Az.: 3 Ca 725/04) teil­wei­se ab­geändert und den Kläger ver­ur­teilt, der Be­klag­ten Aus­kunft darüber zu er­tei­len, wel­che Geschäfte auf dem Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung/PSA (Per­so­nal-Ser­vice-Agen­tur) der Kläger in der Zeit vom 01.06.2003 bis 29.02.2004 ge­schlos­sen hat so­wie die schrift­li­chen Un­ter­la­gen hierüber vor­zu­le­gen und so­weit die Be­klag­te be­an­tragt hat, den Kläger zu ver­ur­tei­len, € 40.301,00 nebst Zin­sen i.H.v. 5 %-Punk­ten über den Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu be­zah­len, die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen.

Auf die so­for­ti­ge Be­schwer­de der Be­klag­ten hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt durch Be­schluss vom 29.07.2008 (Az.: 10 AZB 63/08) das Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

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Nach Zurück­ver­wei­sung trägt die Be­klag­te vor, dass bei der erst­ma­li­gen Be­auf­tra­gung der De­tek­tei durch­aus kon­kre­te An­halts­punk­te für ei­ne Wett­be­werbstätig­keit des Klägers vor­ge­le­gen hätten. Un­abhängig da­von ha­be die Be­klag­te meh­re­re Teil­aufträge je­weils abhängig von den Er­geb­nis­sen der ge­fun­de­nen wei­te­ren An­halts­punk­te der Er­mitt­lun­gen er­teilt. So ha­be nach dem ers­ten Er­mitt­lungs­auf­trag be­reits fest­ge­stan­den, dass der Kläger auf po­ten­ti­el­le Kun­den po­si­tiv re­agiert ha­be, so dass je­den­falls die Auf­träge für die Ob­ser­vie­rungs­pha­sen zwei bis vier ge­recht­fer­tigt sei­en, weil hier kon­kre­te An­halts­punk­te vor­ge­le­gen hätten. Ei­ne Er­satz­pflicht des Klägers sei da­mit spätes­tens ab 26.01.2004 ge­ge­ben.

We­gen des wei­te­ren Sach­vor­trags der Par­tei­en im Be­ru­fungs­ver­fah­ren wird auf die Schriftsätze der Be­klag­ten vom 16.08.2007 (Bl. 493 bis 506 d. A.) und 24.11.2008 (Bl. 584 bis 587 d. A.), des Klägers vom 22.10.2007 (Bl. 517 bis 521 d. A.) so­wie die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten vom 19.12.2007 (Bl. 538 bis 540 d. A.) und 28.11.2008 (Bl. 588 bis 589 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:

I.
Wie die Kam­mer be­reits im Teil-Ur­teil vom 19.12.2007 fest­ge­stellt hat, ist die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung der Be­klag­ten in der rech­ten Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und da­her zulässig.

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II.
Den von der Be­klag­ten im We­ge der Stu­fen­kla­ge (§ 254 ZPO) ver­folg­ten An­trag hält die Kam­mer hin­sicht­lich des Aus­kunfts­an­spruchs für be­gründet, so dass darüber durch Teil-Ur­teil zu ent­schei­den war (§ 301 Abs. 1 ZPO). Da­ge­gen war die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen, so­weit sie die Be­zah­lung von De­tek­tiv­kos­ten be­trifft. In­so­weit hat das Ar­beits­ge­richt die Wi­der­kla­ge der Be­klag­ten zu Recht ab­ge­wie­sen. Dies hat die Kam­mer be­reits im Ur­teil vom 19.12.2007 im Ein­zel­nen aus­geführt und be­gründet. Dem stimmt die Kam­mer auch in ih­rer jet­zi­gen Be­set­zung in vol­lem Um­fang so­wohl hin­sicht­lich des Er­geb­nis­ses wie der Be­gründung zu.

1. Der Kläger hat der Be­klag­ten Aus­kunft darüber zu er­tei­len, wel­che Geschäfte auf dem Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung/PSA (Per­so­nal-Ser­vice-Agen­tur) der Kläger in der Zeit vom 01.06.2003 bis 29.02.2004 ge­schlos­sen hat so­wie die schrift­li­chen Un­ter­la­gen hierüber vor­zu­le­gen.

a) Gem. § 60 Abs. 1 HGB darf der Hand­lungs­ge­hil­fe oh­ne Ein­wil­li­gung des Prin­zi­pals we­der ein Han­dels­ge­wer­be be­trei­ben noch in dem Han­dels­zwei­ge des Prin­zi­pals für ei­ge­ne oder frem­de Rech­nung Geschäfte ma­chen. Ver­letzt der Hand­lungs­ge­hil­fe die­se ihm ob­lie­gen­de Ver­pflich­tung, so kann der Prin­zi­pal gem. § 60 Abs. 1 HGB Scha­dens­er­satz for­dern; er kann statt­des­sen ver­lan­gen, dass der Hand­lungs­ge­hil­fe die für ei­ge­ne Rech­nung ge­mach­ten Geschäfte als für Rech­nung des Prin­zi­pals ein­ge­gan­gen gel­ten las­se und die aus Geschäften für frem­de Rech­nung be­zo­ge­ne Vergütung her­aus­ge­be oder sei­nen An­spruch auf die Vergütung ab­tre­te. § 60 HGB kon­kre­ti­siert da­bei ei­nen all­ge­mei­nen Rechts­ge­dan­ken, der sei­ne Grund­la­ge in der Treue­pflicht des Ar­beit­neh­mers hat und auch in § 241 Abs. 2 BGB zum Aus­druck kommt, wo­nach das Schuld­verhält­nis nach sei­nem In­halt je­den Teil zur Rück­sicht auf die Rech­te, Rechtsgüter und In­ter­es­sen des an­de­ren Teils ver­pflich­ten kann. In der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist auch an­er­kannt, dass das Wett­be­werbs­ver­bot während des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht nur Ar­beit­ge­ber schützt, die ein Han­dels­ge­wer­be be­trei­ben, son­dern dass die­ses Ver­bot auch für den Be­reich der frei­en Be­ru­fe gilt (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 61 HGB; LAG Ba­den-Würt­tem­berg LAG-Re­port 2004, 336).

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b) Ein Ar­beit­neh­mer ist zur Aus­kunft über et­wai­ge Wett­be­werbs­ver­let­zun­gen ver­pflich­tet, wenn er zur Ein­hal­tung ei­nes Wett­be­werbs­ver­bots ver­pflich­tet ist und der frühe­re Ar­beit­ge­ber dar­legt und be­weist, dass sein Ar­beit­neh­mer mit ho­her Wahr­schein­lich­keit un­er­laubt Kon­kur­renz ge­macht hat. Er­for­der­lich ist die Dar­le­gung ei­nes be­gründe­ten An­las­ses oder ei­ner ho­hen Wahr­schein­lich­keit für ei­ne un­er­laub­te Wett­be­werbstätig­keit (vgl. BAG vom 15.06.1993 – AP Nr. 40 zu § 611 BGB "Kon­kur­renz­klau­sel"; BAG vom 22.04.1967 – AP Nr. 12 zu § 242 BGB "Aus­kunfts­pflicht"; LAG Nürn­berg NZA-RR 1997, 188).

c) Vom Be­ste­hen ei­nes be­gründe­ten An­las­ses für ei­ne Kon­kur­renztätig­keit des Klägers ist hier aus­zu­ge­hen. Zwar folgt dies noch nicht dar­aus, dass der Kläger Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten ab­ge­wor­ben hätte, was die Be­weis­auf­nah­me ers­ter In­stanz nicht er­ge­ben hat und es selbst nach dem Sach­vor­trag der Be­klag­ten noch kei­ne Ausübung ei­ner Kon­kur­renztätig­keit dar­stel­len würde, wenn die Ab­wer­bung von Mit­ar­bei­tern nur die Vor­keh­rung für ei­ne künf­ti­ge selbständi­ge Tätig­keit ist (vgl. LAG Rhein­land-Pfalz DB 1992, 789). Auch stellt es noch kei­ne ho­he Wahr­schein­lich­keit für die Ausübung ei­ner Wett­be­werbstätig­keit dar, wenn der Kläger mit der A. GmbH be­reits während des Be­ste­hens des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten ein neu­es Un­ter­neh­men ge­gründet und für die­ses Un­ter­neh­men be­reits ei­ne Adres­se ein­ge­rich­tet hat (vgl. LAG Köln BB 2005, 2644). Ein be­gründe­ter An­lass für die Ver­mu­tung ei­ner Wett­be­werbstätig­keit liegt je­doch dar­in, dass der Kläger un­strei­tig un­ter dem Na­men der A. GmbH am 22.01.2004 ei­ner Fir­ma "K. C." ein An­ge­bot (Bl. 445 bis 447 d. A.) un­ter­brei­tet hat. Ein An­ge­bot von Leis­tun­gen oder Diens­ten auf­grund Werk- oder Dienst­ver­trag ist kei­ne Vor­be­rei­tungs­hand­lung mehr son­dern schon das Be­trei­ben ei­nes Han­dels­ge­wer­bes (vgl. Kütt­ner/Rei­ne­cke Per­so­nal­buch 2007, 459 Wett­be­werb Rz. 4). Da­her hat die Be­klag­te An­spruch auf Aus­kunft über al­le Geschäfte, die der Kläger in der Zeit vom 01.06.2003 bis 29.02.2004 ge­schlos­sen hat.

2. Für die er­ken­nen­de Kam­mer bleibt es al­ler­dings auch da­bei, dass das Ar­beits­ge­richt die Wi­der­kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen hat weil der Kläger der Be­klag­ten De­tek­tiv­kos­ten i.H.v. € 40.301,00 nicht zu er­stat­ten hat. Ein sol­cher An­spruch der Be­klag­ten folgt we­der aus dem Ge­sichts­punkt des Scha­dens­er­sat­zes we­gen Pflicht­ver­let­zung (§ 180 Abs. 1 BGB) noch aus ei­ner un­er­laub­ten Hand­lung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB).

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a) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts hat der Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­ge­ber die durch das Tätig­wer­den ei­nes De­tek­tivs ent­stan­de­nen not­wen­di­gen Kos­ten zu er­setz­ten, wenn der Ar­beit­ge­ber anläss­lich ei­nes kon­kre­ten Tat­ver­dachts ge­gen den Ar­beit­neh­mer ei­nem De­tek­tiv die Über­wa­chung des Ar­beit­neh­mers überträgt und der Ar­beit­neh­mer ei­ner vorsätz­li­chen Ver­trags­pflicht­ver­let­zung überführt wird. In­so­fern han­delt es sich um kei­ne Vor­sor­ge­kos­ten, die un­abhängig von kon­kre­ten scha­dens­stif­ten­den Er­eig­nis­sen als ständi­ge Be­triebs­aus­ga­be vom Ar­beit­ge­ber zu tra­gen sind. Nach § 249 BGB er­streckt sich die Scha­dens­er­satz­pflicht auf al­le Auf­wen­dun­gen des Geschädig­ten, so­weit sie nach den Umständen des Fal­les als not­wen­dig an­zu­se­hen sind. Da­zu gehört auch die Ab­wehr dro­hen­der Nach­tei­le, wenn sich in­so­fern kon­kre­te Ver­dachts­mo­men­te er­ge­ben. Die Gren­ze der Er­satz­pflicht rich­tet sich nach dem, was ein vernünf­ti­ger, wirt­schaft­lich den­ken­der Mensch nach den Umständen des Fal­les zur Be­sei­ti­gung der Störung bzw. zur Scha­dens­verhütung nicht nur als zweckmäßig, son­dern als er­for­der­lich er­grif­fen ha­ben würde. Es liegt nicht außer­halb al­ler Wahr­schein­lich­keit, dass der Ar­beit­ge­ber, der von Un­kor­rekt­hei­ten sei­nes Ar­beit­neh­mers erfährt, die­sen von ei­ner in der Er­mitt­lungstätig­keit er­fah­re­nen Per­son über­wa­chen und überführen lässt (vgl. BAG vom 17.09.1998 – AP Nr. 113 zu § 611 BGB "Haf­tung des Ar­beit­neh­mers"; LAG Rhein­land-Pfalz NZA 2000, 260).

b) Die Kos­ten ei­nes ein­ge­schal­te­ten De­tek­tivbüros sind da­nach al­ler­dings nur dann er­stat­tungsfähig, wenn zur Zeit der Ent­ste­hung der Auf­wen­dun­gen be­reits ein kon­kre­ter Ver­dacht be­stand. La­gen le­dig­lich Ver­mu­tun­gen oder va­ge An­halts­punk­te für ei­ne Kon­kur­renztätig­keit des Klägers vor, genügt dies nicht. Will der Ar­beit­ge­ber ei­ne De­tek­tiv­kos­ten­er­stat­tung aus ei­ner Kon­kur­renztätig­keit des Ar­beit­neh­mers her­lei­ten, muss er kon­kre­te An­halts­punk­te dafür ha­ben, dass der Ar­beit­neh­mer ei­ne Wett­be­werbstätig­keit be­reits tatsächlich ausübt und da­durch sei­ne wett­be­werb­li­chen In­ter­es­sen gefähr­det sind (vgl. LAG Hamm MDR 2000, 1255). Der­ar­ti­ge Umstände müssen da­her be­reits bei Be­auf­tra­gung der De­tek­tei vor­ge­le­gen ha­ben (vgl. BAG vom 17.09.1998 – a.a.O.; KG JurBüro 2004, 32).

c) Der­ar­ti­ge kon­kre­te An­halts­punk­te be­stan­den für die Be­klag­te bei Be­auf­tra­gung

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- völlig le­gi­tim – geäußer­ter Ab­kehr­wil­le noch das Abhängen ei­nes Bil­des in sei­nem bis­he­ri­gen Büro und erst recht nicht der Be­such des Klägers bei ei­ner an­de­ren Fir­ma, des­sen Zweck die Be­klag­te nur ver­mu­tet, können die An­nah­me be­gründen, der Kläger woll­te be­reits während des Be­ste­hens des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten ei­ne Wett­be­werbstätig­keit be­gin­nen. Der­art va­ge und un­be­stimm­te Vorgänge recht­fer­ti­gen nicht die Ein­schal­tung ei­nes De­tek­tivbüros, so dass der Kläger die­se Kos­ten nicht zu tra­gen hat (vgl. LAG Düssel­dorf JurBüro 2004, 34).

d) Auch dies hat die Kam­mer in der Ent­schei­dung vom 19.12.2007 be­reits aus­drück­lich aus­geführt. Da­bei ver­bleibt es auch nach Zurück­ver­wei­sung durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt. Ent­ge­gen dem ergänzen­den Sach­vor­trag der Be­klag­ten muss für die Er­stat­tungsfähig­keit der De­tek­tiv­kos­ten auch auf die ers­te Be­auf­tra­gung der De­tek­tei ab­ge­stellt wer­den, wie die Kam­mer im An­schluss an die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 17.09.1998 (AP Nr. 113 zu § 611 BGB „Haf­tung des Ar­beit­neh­mers“) be­tont hat. Die Er­stat­tungsfähig­keit der De­tek­tiv­kos­ten hängt nicht da­von ab, ob sich ihr Ein­satz im Nach­hin­ein als nütz­lich er­wies, son­dern wird da­durch be­stimmt, ob sie in vor­aus­schau­en­der Be­trach­tung zweck­ge­rich­tet wa­ren (vgl. OLG Ko­blenz JurBüro 2007, 149). Aus dem Blick­win­kel ei­ner verständi­gen und wirt­schaft­lich den­ken­den Par­tei muss die Her­an­zie­hung ei­nes De­tek­tivs ex an­te sach­dien­lich sein (vgl. BGH VersR 2006, 1236). Dies ver­bie­tet gleich­zei­tig ei­ne Auf­tei­lung der Kos­ten in meh­re­re Teil­aufträge. Denn sonst wären die Kos­ten der Be­auf­tra­gung ei­nes De­tek­tivs im­mer er­stat­tungsfähig, wenn sich nur im Nach­hin­ein zeigt, dass dar­aus tatsächlich Er­kennt­nis­se ge­won­nen wur­den, wenn man nur den Auf­trag in möglichst klei­ne ein­zel­ne Ein­hei­ten auf­ge­teilt hätte. Han­delt es sich wie hier um ei­nen ein­heit­li­chen Le­bens­vor­gang der Ver­mu­tung ei­ner Wett­be­werbstätig­keit des Klägers muss es viel­mehr auch hier bei dem Grund­satz der Er­stat­tungsfähig­keit Kos­ten auslösen­der Maßnah­men ver­blei­ben, dass es für de­ren Be­ur­tei­lung al­lein dar­auf an­kommt, ob ei­ne verständi­ge und wirt­schaft­lich vernünf­ti­ge Per­son zu Be­ginn der Kos­ten auslösen­den Maßnah­men die­se für sach­dien­lich hal­ten darf (vgl. BAG vom 20.08.2007 – NZA 2008, 71). Dar­an fehlt es hier.

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III.
Die Kos­ten­ent­schei­dung war der End­ent­schei­dung vor­zu­be­hal­ten.

Da dem Rechts­streit über die Klärung der kon­kre­ten Rechts­be­zie­hun­gen der Par­tei­en hin­aus kei­ne grundsätz­li­che Be­deu­tung zu­kommt, be­stand für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on gem. § 72 Abs. 2 ArbGG kei­ne Ver­an­las­sung.

Ge­gen die­ses Ur­teil ist des­halb die Re­vi­si­on nur ge­ge­ben, wenn sie das Bun­des­ar­beits­ge­richt auf­grund ei­ner Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de, auf de­ren Möglich­keit und Vor­aus­set­zun­gen nach § 72 a ArbGG bei­de Par­tei­en hin­ge­wie­sen wer­den, zu­las­sen soll­te.

Mo­el­ler
Ell
Wid­mann

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