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Zeugnis für den Betriebsrat
17.02.2014. Wer lange Jahre als Mitglied des Betriebsrats von der Arbeit freigestellt war und dann aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, stellt seinen Arbeitgeber beim Thema Zeugnis vor ein Problem:
Soll oder darf der Arbeitgeber die Tätigkeit als Betriebsrat erwähnen oder nicht?
Und wenn ja, soll oder darf er erwähnen, dass das Betriebsratsmitglied einige Jahre nicht mehr mit seinen eigentlichen Arbeitsaufgaben befasst war, sondern als freigestelltes Betriebsratsmitglied ausschließlich Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hat?
Mit diesen Fragen befasst sich ein nicht mehr ganz aktuelles, dafür aber interessantes Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln: LAG Köln, Urteil vom 06.12.2012, 7 Sa 583/12.
- Darf der Arbeitgeber darauf hinweisen, dass ein Arbeitnehmer lange Jahre als Betriebsrat von der Arbeit freigestellt war?
- Der Streitfall: Betriebsrat ist in den letzten fünf Jahre seines knapp zwölf Jahre dauernden Arbeitsverhältnisses freigestellt
- LAG Köln: Eine fünfjährige Freistellung als Betriebsrat darf der Arbeitgeber im Zeugnis erwähnen
Darf der Arbeitgeber darauf hinweisen, dass ein Arbeitnehmer lange Jahre als Betriebsrat von der Arbeit freigestellt war?
Arbeitnehmer haben gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO) bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Dabei können sie verlangen, dass ihnen ein qualifzierters Zeugnis erteilt wird. Das ist ein Zeugnis, das Angaben zur Leistung und zum Verhalten enthält. Zeugnisse werden in aller Regel als qualifizierte Zeugnisse erteilt, d.h. einfache Zeugnisse, die nur die Art und die Dauer der Tätigkeit attestieren, gibt es kaum.
Beim qualifizierten Zeugnis muss der Arbeitgeber
- die Leistungen des Arbeitnehmers einerseits der Wahrheit entsprechend,
- und andererseits "wohlwollend" beschreiben, d.h. er darf dem Arbeitnehmer keine Steine beim beruflichen Fortkommen in den Weg legen.
Diese doppelte Anforderung zu erfüllen ist manchmal schwer, wie das Thema Ausfallzeiten zeigt.
Denn wenn der Arbeitgeber im Zeugnis auf eine längere Ausfallzeit hinweist, die sich z.B. infolge einer Elternzeit, einer längeren Krankheit oder einer Freistellung als Betriebsratsmitglied ergeben hat, kann sich der Leser des Zeugnisses ein genaueres Bild über die Berufserfahrungen des Arbeitnehmers machen. Das tut der Wahrheit des Zeugnisses gut.
Andererseits könnte die Erwähnung solcher Ausfallzeiten dem Arbeitnehmer bei künftigen Bewerbungen schaden, und das sollte nicht die Folge eines "wohlwollenden" Zeugnisses sein. Und speziell im Falle eines freigestellten Betriebsrats stellt sich die Frage, ob die Erwähnung einer längeren Freistellung nicht eine unzulässige Benachteiligung wegen der Betriebsratstätigkeit darstellt, die gemäß § 78 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verboten wäre.
Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte dürfen "lange" Ausfallzeiten im Zeugnis erwähnt werden. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass ein dreijähriger Erziehungsurlaub (heute: "Elternzeit"), den ein insgesamt nur vier Jahre und zwei Monate angestellter Koch erhalten hatte, im Zeugnis erwähnt werden kann (BAG, Urteil vom 10.05.2005, 9 AZR 261/04).
Und das LAG Köln hat weitergehend angenommen, dass eine sechseinhalb Jahre beschäftigte Arbeitnehmerin ein Zeugnis akzeptieren muss, das eine mehr als einjährige Elternzeit erwähnt (LAG Köln, Urteil vom 04.05.2012, 4 Sa 114/12 - wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 13/164 Zeugnis darf Elternzeit erwähnen).
Aber was ist mit einem Betriebsrat, der vor seiner Entlassung fünf Jahre lang freigestellt war?
Der Streitfall: Betriebsrat ist in den letzten fünf Jahre seines knapp zwölf Jahre dauernden Arbeitsverhältnisses freigestellt
Im Fall des LAG Köln war ein Betriebsratsmitglied von vom 01.09.1998 bis zum 24.06.2010 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers. Während der letzten fünf Jahre, von April 2005 bis zu seiner Entlassung im Juni 2010, war der Betriebsrat von der Arbeit freigestellt.
Das Zeugnis enthielt folgende Formulierung:
"Seit dem 26.04.2005 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war Herr V von seiner beruflichen Tätigkeit auf Grund seiner Mitgliedschaft in Betriebsrat freigestellt. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war in der Regel angemessen."
Dagegen klagte der Ex-Betriebsrat und verlangte vom Arbeitgeber, die Erwähnung seiner Freistellung ersatzlos zu streichen und den Satz, der sein Verhalten bewertete, freundlicher zu formulieren, nämlich so:
"Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war stets einwandfrei."
Mit dem ersten Klagebegehren hatte er vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg, dafür aber mit dem zweiten. Denn das Arbeitsgericht Aachen hielt dem Arbeitgeber vor, er hätte keine Tatsachen vorgetragen, die eine ungenügende Verhaltensbeurteilung rechtfertigen würden (Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 17.01.2012, 3 Ca 950/11).
LAG Köln: Eine fünfjährige Freistellung als Betriebsrat darf der Arbeitgeber im Zeugnis erwähnen
Das LAG Köln wies die Berufung des Ex-Betriebsrats zurück. Dabei unterscheidet es zwischen
- der Erwähnung einer Tätigkeit als Betriebsrat bzw. einer Mitgliedschaft im Betriebsratsgremium, und
- einer Freistellung als Betriebsratsmitglied.
Die Tätigkeit als Betriebsrat ist, so das LAG im Anschluss an die herrschende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, nur auf Wunsch des Arbeitnehmers in das Zeugnis aufzunehmen. Dabei geht es allerdings nur um das ehrenamtliche Engagement als Betriebsrat und nicht um das Thema Freistellung (schließlich ist nicht jedes Betriebsratsmitglied freigestellt).
Dagegen darf der Arbeitgeber unter Berufung auf den Grundsatz der Zeugniswahrheit eine langjähren Freistellung als Betriebsratsmitglied im Zeugnis erwähnen, so das LAG. Denn wer wie der Kläger in diesem Streitfall fünf Jahre lang nicht mit seinen arbeitsvertraglichen Aufgaben befasst war, hat weniger (aktuelle) Berufserfahrung als ein Arbeitnehmer, der nicht so lange "draußen" war.
Außerdem hatte das hier streitige Zeugnis die Zeit, während der der Kläger mit seinen eigentlichen Arbeitsaufgaben der Qualitätskontrolle befasst war, konkret angegeben. Diese Bewertung seiner Aufgaben und Leistungen bezog sich daher auf die Zeit vom 01.09.1998 bis zum 25.04.2005.
Was hätte der Arbeitgeber denn, so die Überlegung des Gerichts, über die Zeit vom 26.04.2005 bis zum 24.06.2010 anderes schreiben sollen als dass der Kläger eben als Betriebsrat freigestellt war? Würde das Zeugnis über diese Zeit schweigen, ergäbe sich eine "Darstellungslücke im Zeugnis", so das LAG. Die würde aber dem Kläger auf die Füße fallen.
Die Frage einer möglichen Benachteiligung wegen der Tätigkeit als Betriebsrat spricht das Gericht nicht ausdrücklich an, sondern meint nur knapp, dass die Freistellung ja das Einverständnis des betroffenen Betriebsratsmitglieds voraussetzt. Und von
"einem Arbeitnehmer, der sich hierauf einlässt, kann erwartet werden, dass er die damit einhergehenden Folgen für seinen weiteren beruflichen Werdegang mit bedenkt."
Fazit: Das Urteil des LAG macht deutlich, dass das "Erwähnen-Dürfen" einer längeren Ausfallzeit und das "Vorspiegeln-Müssen" einer ununterbrochenen beruflichen Tätigkeit zwei Seiten derselben Medaille sind. Ein Anspruch auf das Verschweigen einer jahrelangen Ausfallzeit im Zeugnis läuft daher letztlich auf einen Anspruch gegen den Arbeitgeber hinaus, im Zeugnis falsche Angaben über eine tatsächlich viel kürzere berufliche Tätigkeit machen zu müssen.
Obwohl Arbeitnehmer keinen Anspruch auf solche frisierten Zeugnisse haben, ist es Arbeitgebern nicht verboten, lange Ausfallzeiten unter den Tisch fallen zu lassen. Arbeitnehmern, die aufgrund einer Elternzeit, einer längeren Krankheit oder einer Freistellung als Betriebsratsmitglied die Erwähnung dieser Zeiten im Zeugnis befürchten müssen, ist daher zu raten, sich mit dem Arbeitgeber im Rahmen eines Aufhebungsvertrags, einer Abwicklungsvereinbarung oder eines gerichtlichen Vergleichs auf eine konkret "durchbuchstabierte" Zeugnisfassung zu einigen. Hat der Arbeitgeber einmal eine solche Pflicht übernommen, muss er sie auch erfüllen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 06.12.2012, 7 Sa 583/12
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 04.05.2012, 4 Sa 114/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.05.2005, 9 AZR 261/04
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat - Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsratsmitglied
- Handbuch Arbeitsrecht: Elternzeit, Elterngeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Zeugnis
- Tipps und Tricks: Zeugnis - Checkliste
- Arbeitsrecht aktuell: 13/164 Zeugnis darf Elternzeit erwähnen
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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