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BAG, Urteil vom 19.02.2009, 2 AZR 603/07
Schlagworte: | Kündigung: Außerordentlich, Abmahnung | |
Gericht: | Bundesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 2 AZR 603/07 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 19.02.2009 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, Urteil vom 19.01.2006, 1 Ca 1381/05 Landesarbeitsgericht Bremen, Urteil vom 23.08.2006, 2 Sa 51/06 |
|
BUNDESARBEITSGERICHT
2 AZR 603/07
2 Sa 51/06
Landesarbeitsgericht
Bremen
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
19. Februar 2009
URTEIL
Kaufhold, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin,
pp.
Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionsbeklagter,
hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2009 durch den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Eylert als Vorsitzenden, den Richter am Bundesarbeitsgericht Schmitz-Scholemann, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Berger sowie die ehrenamtlichen Richter Schierle und Gans für Recht erkannt:
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 23. August 2006 - 2 Sa 51/06 - aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von der Beklagten auf verhaltensbedingte Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung und einen vom Kläger erhobenen Anspruch auf Prozessbeschäftigung.
Der Kläger trat 1993 in die Dienste der Beklagten und war zuletzt als Kundenbetreuer im Nahverkehr (im Folgenden: KiN) tätig.
Zu den Aufgaben eines KiN gehört der Fahrscheinverkauf im Zug. Zu diesem Zweck führen die KiN sog. Mobile Terminals (im Folgenden: MT) mit sich. Die Abrechnung muss der KiN auch bei Arbeitsverhinderungen innerhalb bestimmter, in Dienstvorschriften geregelter Fristen vornehmen.
Wegen Überschreitung der Abrechnungsfrist erhielt der Kläger am 26. Februar 2002 eine Ermahnung. Am 18. März 2002 und am 16. April 2002 mahnte die Beklagte den Kläger wegen nicht rechtzeitiger Ablieferung des MT bzw. wegen unentschuldigten Fehlens ab. Das Arbeitsgericht Hannover verurteilte die Beklagte zur Entfernung der Ermahnung und der Abmahnungen aus der Personalakte, weil die Beklagte den Kläger entgegen § 8 Abs. 3 des einschlägigen Tarifvertrags (RPTV) nicht vorher angehört hatte (ArbG Hannover 23. Mai 2003 - 1 Ca 399/02 -).
Der Kläger erkrankte im Zeitraum vom 7. bis 10. Juni 2005 sowie vom 13. bzw. 14. bis 21. Juni 2005 und vom 23. Juni bis 24. Juli 2005. Am 11. Juni
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2005 rechnete der Kläger ab, ohne der Abrechnung Belege beigefügt und ohne Geld abgeliefert zu haben. Nach telefonischer Aufforderung durch seine Teamleiterin Frau H übersandte er einen Teil der fehlenden Belege. Für den 12. Juni 2005 war im Dienstplan des Klägers Arbeitszeit für die Abrechnung vorgesehen. Eine Abrechnung wäre dem Kläger bis zum 13. Juni 2005 möglich gewesen. Gleichwohl gab er das MT nicht ab.
Nachdem die Beklagte am 18. Juli 2005 per E-Mail erfuhr, dass der Kläger die ausstehenden Einnahmen nicht abgeliefert hatte, lud sie ihn für den 25. Juli 2005 zum Gespräch wegen des von ihr gehegten Verdachts eines schweren Kassendienstvergehens. In diesem Gespräch ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe weitere Fahrgelder in Höhe von 300,00 Euro verein-nahmt, über welche eine Abrechnung nicht erfolgt sei. Der Kläger überreichte weiter eine Dienstaufsichtsbeschwerde.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2005 sprach die Beklagte nach Anhörung des Betriebrats die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus.
Der Kläger hat den Vorwurf eines Kassendienstvergehens bestritten. Er habe in Abstimmung mit Herrn P von der Zentralen Abrechnungsstelle (ZArs) vorgehabt, die Belege und das Geld nach Genesung von der ersten Erkrankung (7. bis 10. Juni 2005) abzugeben. Da er jedoch nicht genau gewusst habe, wie lange er erkrankt sein würde, habe er Geld und Belege seinem ebenfalls bei der Beklagten beschäftigten Bruder zwecks Abrechnung und Abgabe mitgegeben. Sein Bruder sei jedoch ebenfalls erkrankt, so dass der Kläger nur noch das MT, jedoch nicht mehr die Belege und das Geld besessen habe. Daher habe er am 13. Juni 2005 Herrn P erneut über seine Erkrankung informiert und darüber, dass sich das Geld und die Belege bei seinem Bruder befänden. Herr P habe mitgeteilt, Geld und Belege sollten nach Genesung des Klägers abgegeben werden.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass sowohl die fristlose als auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 29. Juli 2005 sozial ungerechtfertigt ist;
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2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Zugbegleiter weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Kündigung sei aufgrund der Nichtabgabe der einzureichenden Belege und des MT’s sowie aufgrund des Verdachts der Unterschlagung von Fahrgeldeinnahmen und der Überschreitung der 14-Tages-Frist erfolgt. Seit seinem ersten Einsatz als Kassendienstmitarbeiter sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass er sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut machen müsse. Aus der nichtordnungsgemäßen Ablieferung der Fahrgeldeinnahmen resultiere der Verdacht einer Unterschlagung. Selbst wenn der Kläger die Einnahmen seinem Bruder übergeben habe, so habe er sie sich nach Genesung zurückholen und abrechnen müssen. Der Kläger habe mit Herrn P nur am 8. oder 9. Juni und nicht am 13. Juni 2005 Kontakt aufgenommen. Herr P habe dem Kläger gesagt, wenn er längerfristig krank bleiben sollte und die Fristen überschreite, müsse die Teamleiterin das MT abholen und die Abrechnung machen. Im Übrigen sei Herr P auch nicht befugt, mit dem Kläger Absprachen entgegen der Dienstvorschriften zu treffen. Die Vorfälle seien jeweils für sich, erst recht aber in der Gesamtschau als wichtiger Grund zur Rechtfertigung der Kündigung geeignet. Letztlich habe sich der Kläger ohne vertragliche Grundlage einen Kredit verschafft.
Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt und hinsichtlich der ordentlichen Kündigung ausgeführt, sie sei mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte Abweisung der Klage, soweit es die außerordentliche Kündigung und den Beschäftigungsantrag betrifft.
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Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Kündigung sei unwirksam. Ein wichtiger Grund liege nicht vor. Die Pflichtverletzungen seien auch in einer Gesamtschau nicht geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Sie wögen nicht so schwer, eine Abmahnung sei nicht entbehrlich gewesen. Die dem Kläger im Jahre 2002 erteilten Abmahnungen könnten ihm nicht entgegengehalten werden, weil sie nach rechtskräftigem Urteil des Arbeitsgerichts Hannover aus der Personalakte hätten entfernt werden müssen. Ein dringender Verdacht, der Kläger habe sich die vereinnahmten Gelder aneignen wollen, bestehe nicht. Insgesamt ergebe sich das Bild eines durch Grippeerkrankung beeinträchtigten Arbeitnehmers, der sich nicht mit der erwarteten Sorgfalt verhalten habe. Der Kläger habe nichts getan, was den Nachvollzug der Abrechnung behindert hätte.
B. Dem folgt der Senat nicht.
I. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Klage nicht stattgeben.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die von der Beklagten dem Kläger angelasteten Pflichtverletzungen in ihrer Gesamtheit daraufhin überprüft, ob sie einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB bilden. Das ist nicht zu beanstanden, sondern entspricht der Rechtsprechung des Senats (17. Juni 1998 - 2 AZR 599/97 -). Das Landesarbeitsgericht hat die Pflichtverletzungen in ihrer Gesamtheit jedoch nicht als wichtigen Grund ausreichen lassen, weil die Beklagte den Kläger nicht wirksam abgemahnt habe. Sie habe zwar im Jahre 2002 Abmahnungen ausgesprochen. Diese könnten aber nicht herangezogen werden, weil die Beklagte sie aufgrund rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts Hannover aus der Personalakte des Klägers habe entfernen müssen.
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a) Damit hat das Landesarbeitsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, die Rechtsprechung des Senats zur kündigungsrechtlichen Wirkung formell fehlerhafter Abmahnungen nicht richtig angewandt. Nach den vom Senat entwickelten Grundsätzen kann auch eine wegen Nichtanhörung des Arbeitnehmers nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BAT formell unwirksame Abmahnung die regelmäßig vor einer verhaltensbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG erforderliche Warnung darstellen (Senat 21. Mai 1992 - 2 AZR 551/91 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 42). Es kommt für die Erfüllung der Warnfunktion auf die sachliche Berechtigung der Abmahnung und darauf an, ob der Arbeitnehmer aus ihr den Hinweis entnehmen kann, der Arbeitgeber erwäge für den Wiederholungsfall die Kündigung. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist der Arbeitnehmer unabhängig von formellen Unvollkommenheiten der Abmahnung gewarnt (Senat 15. März 2001 - 2 AZR 147/00 - EzA BGB § 626 nF Nr. 185). In seiner Entscheidung vom 5. August 1992 hat das Bundesarbeitsgericht weiter ausgesprochen, eine Abmahnung, die wegen einer Mehrzahl von Vorwürfen ausgesprochen ist und entfernt werden muss, weil ein Teil der Vorwürfe unzutreffend ist, behält hinsichtlich der zutreffenden Vorwürfe als mündliche Abmahnung ihre Geltung (- 5 AZR 531/91 - AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 8 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 25). Wiederholt hat der Senat auch ausgeführt, in einer unwirksamen Kündigung könne eine kündigungsrechtlich wirksame Abmahnung liegen (vgl. 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - AP BGB § 174 Nr. 20). Diese Rechtsprechung ist in der arbeitsrechtlichen Literatur nicht auf Ablehnung gestoßen (vgl. etwa APS/Dörner 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 403; KR/Fischermeier 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 267; BeckOK R/G/K/U/Rolfs KSchG § 1 Rn. 234, 241; ErfK/Müller-Glöge 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 32; aA nämlich für ein generelles Verwertungsverbot bei zu entfernenden Abmahnungen: Moll/Eisenbeis MAH Arbeitsrecht 2. Aufl. § 16 Rn. 42, der allerdings die Entscheidung des Fünften Senats vom 5. August 1992 offenbar missversteht).
b) An diesen Grundsätzen hält der Senat fest. Die kündigungsrechtliche Bedeutung einer Abmahnung steht im engen Zusammenhang mit dem Prognoseprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
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aa) Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Es geht um die Verwirklichung der Vertragspflichten in der Zukunft. Wenn sie nicht mehr erwartet werden kann, erscheint die einseitige Lösung vom Vertrag als gerechtfertigt. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (st. Rspr., vgl. zuletzt Senat 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 64 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 82; 31. Mai 2007 - 2 AZR 200/06 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 57 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 71). Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (ErfK/Oetker 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 197). Die Abmahnung dient der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (ErfK/Oetker § 1 KSchG Rn. 199). Aus der formellen Unwirksamkeit einer Abmahnung kann der Arbeitnehmer nicht entnehmen, der Arbeitgeber billige das abgemahnte Verhalten. Der Arbeitnehmer bleibt auch dann gewarnt, wenn die Abmahnung an einem Formfehler leidet.
bb) Ebenso wenig ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beeinträchtigt, wenn die formell unwirksame Abmahnung ihre kündigungsrechtliche Wirkung behält. Der Formfehler ändert nichts daran, dass der Arbeitgeber eine Pflichtverletzung zunächst nicht mit der Lösung des Arbeitsverhältnisses beantwortet, sondern dieses zu erhalten versucht, indem er dem Arbeitnehmer Rückkehr zur Vertragstreue anempfiehlt.
2. Das Landesarbeitsgericht hat seine Auffassung, die von der Beklagten geltend gemachten Kündigungsgründe reichten nicht aus, ua. damit begründet, die dem Kläger erteilten Abmahnungen seien rechtskräftig wegen fehlender
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Anhörung des Klägers für unwirksam erklärt worden. Diese Begründung steht, wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.
II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen ist die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 ZPO).
1. Das Landesarbeitsgericht hat sich die Würdigung des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht, nach der die einzelnen - unstreitigen - Pflichtverletzungen für sich genommen die außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen können. Das ist nicht zu beanstanden.
a) Dass der Kläger Belege für die Abrechnung vom 11. Juni 2005 zunächst gar nicht und später nicht vollständig abgegeben hat, hat das Arbeitsgericht nicht als wichtigen Grund gewertet. Es hat ausgeführt, trotz vorangegangener Abmahnungen könne darin nur ein Grund zur ordentlichen Kündigung gesehen werden. Diese Würdigung hält sich im tatrichterlichen Ermessensspielraum.
b) In der Nichtabgabe des MT hat das Arbeitsgericht eine Nebenpflichtverletzung gesehen, deren Gewicht nicht ausreiche, einen wichtigen Grund zu bilden. Das steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats, nach der Nebenpflichtverletzungen ein ganz besonderes Gewicht haben müssen, um einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Auch hier ist die Würdigung des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden.
c) Gleiches gilt für die Überschreitung der 14-tägigen Abrechnungsfrist. Auch hier - wie bei den übrigen Pflichtverletzungen - ist zu berücksichtigen, dass sie im Zusammenhang mit einer Erkrankung des Klägers standen. Das ändert nichts daran, dass es sich um Pflichtverletzungen handelte, lässt aber die Würdigung als nachvollziehbar erscheinen, diesen Vertragsverletzungen
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kein so großes Gewicht beizumessen, als dass sie eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen in der Lage wären.
2. Ob dagegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis zutreffend ist, die Kündigung sei auch nicht wegen der Pflichtverletzungen in ihrer Gesamtheit und wegen des dringenden Verdachts der Unterschlagung gerechtfertigt, steht noch nicht fest. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts reichen nicht aus, um den Senat zu einer eigenen Entscheidung in die Lage zu versetzen. Insbesondere ist weder der genaue Inhalt der Abmahnungen bzw. Ermahnung bekannt noch, ob sie in der Sache zu Recht erteilt wurden. Zwar mag zweifelhaft erscheinen, ob ein dringender Tatverdacht im Sinne des Kündigungsvorwurfs der Beklagten gerechtfertigt sein kann, selbst wenn der Kläger einschlägig abgemahnt war. Versuche zur Verschleierung der Einnahmen können dem Kläger offenbar nicht zur Last gelegt werden, wären allerdings auch nach Lage der Dinge von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Letztlich soll die Beurteilung aber dem Tatrichter vorbehalten bleiben, weil die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sich bei näherem Zusehen als an mehreren Stellen unklar und unvollständig erweisen, insbesondere was die Vereinbarungen mit Herrn P und ihre Tragweite sowie die Gründe des mehrfachen Scheiterns der Kontaktaufnahme der Teamleiterin mit dem Kläger betrifft. Auch ist nicht vollständig erkennbar, welche tarifvertraglichen Pflichten im Einzelnen bestanden und welche vertraglichen Weisungen die Pflichten des Klägers bestimmt haben, etwa auch gegenüber beteiligten selbständigen (Dritt-)Unternehmen.
Eylert
Berger
Schmitz-Scholemann
K. Schierle
Th. Gans
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