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Vergleich im schriftlichen Verfahren als Befristungsgrund
09.12.2016. Arbeitsverträge können befristet werden, wenn es dafür einen Sachgrund gibt. Einer der gesetzlich anerkannten Sachgründe besteht darin, dass die Befristung "auf einem gerichtlichen Vergleich beruht" (§ 14 Abs.1 Satz 2 Nr.8 Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG).
Vergleichsvereinbarungen können nicht nur im Gerichtssaal, sondern auch durch schriftliche Erklärungen getroffen werden. Schriftliche Vergleiche wiederum können gemäß § 278 Abs.6 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) auf einem Vorschlag der Parteien oder des Gerichts beruhen.
Hier hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) bisher eine wirksame Befristung per Vergleich nur anerkannt, wenn der Vergleich auf einem gerichtlichen Vorschlag beruht. Damit sollen einseitig zulasten des Arbeitnehmers gehende Regelungen verhindert werden. Diese strenge Vorgabe hat das BAG vor kurzem gelockert: BAG, Urteil vom Urteil vom 08.06.2016, 7 AZR 339/14.
- Genügt ein schriftlicher Vergleich auf Vorschlag einer der Prozessparteien als Sachgrund für eine Befristung des Arbeitsvertrags?
- Im Streit: Per Vergleich um ein Jahr verlängerte Stelle in der Verwaltung des Landes Brandenburg
- BAG: Ausnahmsweise genügt auch ein Vergleich auf Vorschlag einer der Prozessparteien als Sachgrund für eine Arbeitsvertragsbefristung
Genügt ein schriftlicher Vergleich auf Vorschlag einer der Prozessparteien als Sachgrund für eine Befristung des Arbeitsvertrags?
Durch einen vor Gericht abgeschlossenen Vergleich erledigen die Prozessparteien ihren Streit durch eine gütliche Einigung, d.h. durch beiderseitiges Nachgeben. In Prozessen über die Wirksamkeit einer Vertragsbefristung, d.h. in Entfristungsklagen, sieht ein solcher Vergleich häufig vor, dass der Arbeitgeber den klagenden Arbeitnehmer zwar letztlich "loswird", aber nicht so rasch wie sich das aus der umstrittenen Befristungsvereinbarung ergeben würde. Vielmehr besteht der Kompromiss in einer weiteren befristeten Vertragsverlängerung.
Damit ist ein solcher Vergleich wiederum ein befristeter Arbeitsvertrag bzw. die Vereinbarung einer Befristung. Und weil die Arbeitsgerichte bei Vergleichsvereinbarungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen darüber wachen müssen, dass der Arbeitnehmer nicht "über den Tisch gezogen" wird, erlaubt § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.8 TzBfG Befristungsvereinbarungen, die auf einem gerichtlichen Vergleich beruhen.
Diese Überlegungen sind nachvollziehbar, wenn man an den Fall denkt, dass das Gericht den Parteien in der mündlichen Verhandlung einen Vergleich vorschlägt, der dann von ihnen angenommen wird. Heute werden Vergleiche aber oft nicht mehr im Gerichtssaal, sondern im schriftlichen Verfahren abgeschlossen, d.h. durch den Austausch von anwaltlichen und gerichtlichen Schreiben. Und dabei kann es passieren, dass das Gericht den von den Parteien ausgehandelten Vergleich nur abnickt bzw. protokolliert.
Grundlage dafür ist § 278 Abs.6 Satz 1 ZPO. Diese Vorschrift enthält zwei alternative Vorgehensweisen mit dem Ziel eines Vergleichs:
- § 278 Abs.6 Satz 1 Alt.1 ZPO: Die Parteien unterbreiten dem Gericht einen inhaltlich übereinstimmenden schriftlichen Vergleichsvorschlag; dann stellt das Gericht durch Beschluss fest, dass dieser Vergleich zustande gekommen ist. Ein Vergleich kommt auf diesem Weg auch zustande, wenn nur eine Partei einen schriftlichen Vergleichsvorschlag bei Gericht einreicht und die andere Partei dem Vorschlag zustimmt.
- § 278 Abs.6 Satz 1 Alt.2 ZPO: Das Gericht unterbreitet beiden Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag, den diese durch eine schriftliche Erklärung ("Schriftsatz") gegenüber dem Gericht annehmen.
Bisher war das BAG der Meinung, dass die erste Vorgehensweise nicht für eine wirksame Befristung gemäß § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.8 TzBfG ausreicht (BAG, Urteil vom 15.02.2012, 7 AZR 734/10). In diesem Fall "beruht" die Befristung nach Ansicht des BAG nicht auf einem "gerichtlichen" Vergleich, da sich das Gericht darauf beschränkt, den von den Parteien ausgehandelten Vergleich zu protokollieren. Eine inhaltliche Kontrolle durch das Gericht ist damit nicht verbunden.
Diese strenge Linie passt aber nicht gut auf den häufig vorkommenden Fall,
- dass eine Partei einen Vergleichstext bei Gericht einreicht und erklärt, man habe sich mit der Gegenpartei in diesem Sinne geeinigt,
- dass das Gericht der Gegenseite den Vergleichstext übersendet und um schriftliche Zustimmung bittet (die auch erklärt wird),
- dass das Gericht aber die Partei, die den Vergleichstext eingereicht hat, nicht um Zustimmung bittet, sondern von deren Einverständnis ausgeht, da der Vergleichstext ja von dieser Partei eingereicht wurde.
In einem solchen Fall liegen die Voraussetzungen eines Vergleichsabschlusses gemäß der zweiten Variante (§ 278 Abs.6 Satz 1 Alt.2 ZPO) wohl nicht vor, denn eine schriftliche Annahmeerklärung der Partei, die den Vergleichstext eingereicht hat, fehlt nun einmal. Allerdings liegen die Voraussetzungen der ersten Variante vor, denn mit der Zustimmung zu dem "gerichtlichen" Vergleichsvorschlag hat die ausdrücklich zustimmende Partei auch ihre Zustimmung zu dem Vorschlag der Partei erklärt, die den Vergleichstext eingereicht hat.
Im Streit: Per Vergleich um ein Jahr verlängerte Stelle in der Verwaltung des Landes Brandenburg
Geklagt hatte eine Verwaltungsmitarbeiterin der Landes Brandenburg, die in einem gerichtlichen Vergleich die Beendigung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses akzeptiert hatte, dafür aber eine befristete Vertragsverlängerung um ein Jahr vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2012 herausgehandelt hatte.
Der Vergleich war im Dezember 2011 vor dem LAG zustande gekommen, und zwar auf der Grundlage eines Vergleichstextes, den das Land Brandenburg eingereicht hatte. Der Anwalt der Klägerin hatte damals zugestimmt, wohingegen das Land nicht erneut um Zustimmung gebeten wurde.
Nach Ablauf der befristeten Vertragsverlängerung erhob die Verwaltungsangestellte Anfang 2013 erneut Entfristungsklage mit der Begründung, die Befristungsvereinbarung im ersten Gerichtsverfahren sei unwirksam. Denn der damals geschlossene Vergleich war nicht auf Vorschlag des Gerichts gemäß § 278 Abs.6 Satz 1, Alt.2 ZPO zustande gekommen. Daher gebe es hier keinen "gerichtlichen Vergleich" als Befristungssachgrund im Sinne von § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.8 TzBfG.
Mit dieser Argumentation hatte sie weder vor dem Arbeitsgericht Potsdam (Urteil vom 22.04.2013, 9 Ca 94/13) noch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg Erfolg (Urteil vom 12.12.2013, 25 Sa 1079/13). Nach Ansicht des LAG war hier ein Vergleich gemäß § 278 Abs.6 Satz 1, Alt.2 ZPO vereinbart worden. Denn mit dem Einreichen des Vergleichstextes hatte das Land vorab "zugestimmt", so jedenfalls das LAG.
BAG: Ausnahmsweise genügt auch ein Vergleich auf Vorschlag einer der Prozessparteien als Sachgrund für eine Arbeitsvertragsbefristung
Das BAG wies die Revision der Angestellten zurück, die damit in allen drei Instanzen den Kürzeren gezogen hat.
Zur Begründung stützt sich das BAG aber nicht auf § 278 Abs.6 Satz 1 Alt.2 ZPO. Anders als das LAG hat das BAG Zweifel, dass der Vergleich im Streitfall auf Vorschlag des Gerichts im Sinne dieser Variante zustande gekommen ist. Denn eine ausdrückliche Zustimmung des Landes fehlte ja.
Allerdings lagen hier die Voraussetzungen eines Vergleichsabschlusses gemäß § 278 Abs.6 Satz 1 Alt.1 ZPO vor, und die genügten dem BAG. Zwar ist im Allgemeinen ein Vergleich gemäß § 278 Abs.6 Satz 1 Alt.2 ZPO erforderlich, um eine wirksame Befristung gemäß § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.8 TzBfG zu vereinbaren. "Ausnahmsweise" reicht aber auch ein Vergleich gemäß § 278 Abs.6 Satz 1 Alt.1 ZPO, so das BAG. Denn das LAG hatte "durch seinen Vergleichsvorschlag am Inhalt des Vergleichs verantwortlich mitgewirkt" (Urteil, S.10).
Fazit: Vergleiche im schriftlichen Verfahren werden praktisch immer von den Parteien bzw. von ihren Anwälten ausgehandelt und dann dem Gericht übermittelt mit der Bitte, das Zustandekommen des Vergleichs "gemäß § 278 Abs.6 ZPO" zu protokollieren.
Ob das Gericht daraufhin beide Parteien offiziell um Zustimmung zu dem Vergleichstext bittet oder nur eine Partei, kann für die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung gemäß § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.8 TzBfG keine Rolle spielen. Denn in beiden Fällen hat sich das Gericht den Vergleichstext zu eigen gemacht, d.h. es steht hinter dieser Regelung.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom Urteil vom 08.06.2016, 7 AZR 339/14
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.02.2012, 7 AZR 734/10
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 05.11.2013, 1 Sa 489/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Mustervertrag: Mit Sachgrund befristeter Arbeitsvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 17/138 Wann sind Sachgrundbefristungen missbräuchlich?
- Arbeitsrecht aktuell: 17/020 Verlängerung von befristeten Verträgen bei der Zeitarbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 16/190 Kettenbefristung an Hochschulen
- Arbeitsrecht aktuell: 13/328 Befristung des Arbeitsvertrags und gerichtlicher Vergleich
- Arbeitsrecht aktuell: 12/263 Kettenbefristung kann Missbrauch sein
Letzte Überarbeitung: 20. Mai 2017
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