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Wissenschaftszeitvertragsgesetz: Reform für die Befristung von Arbeitsverträgen an Hochschulen geplant
29.07.2015: Von einem Zeitvertrag zum nächsten, das ist gängige Personalpolitik an deutschen Hochschulen: Mehr als 80 Prozent der jungen Wissenschaftler haben einen befristeten Arbeitsvertrag, bei mehr als der Hälfte davon beträgt die Vertragslaufzeit weniger als ein Jahr.
Grundlage dieser ausufernden Zeitvertragswirtschaft ist das Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft (Wissenschaftszeitvertragsgesetz - WissZeitVG). Es eröffnet Hochschulen großzügigere Befristungsmöglichkeiten als sie "normalen" Arbeitgebern zustehen.
Von diesen Möglichkeiten wurde in der Vergangenheit zu oft in einer Weise Gebrauch gemacht, bei denen die berechtigen Interessen der Hochschulbeschäftigten hinten runter kippten. Daher hat Bildungsministerin Wanka (CDU) am 07.07.2015 einen Gesetzentwurf zur Novellierung des WissZeitVG vorgelegt, mit dem die arbeitsrechtliche Situation für Nachwuchswissenschaftler verbessern möchte.
- Befristungsmöglichkeiten nach allgemeinem Befristungsrecht und nach dem WissZeitVG
- Sonderbefristungsrecht der Hochschulen - Pros und Contras
- Ministerin Wanka möchte Befristungen in der Wissenschaft einschränken
- Fazit: Viel Rauch, aber wenig Braten für den akademischen Mittelbau
Befristungsmöglichkeiten nach allgemeinem Befristungsrecht und nach dem WissZeitVG
Das für alle Arbeitnehmer geltende Befristungsrecht findet sich im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Danach sind Befristungen ohne sachlichen Grund im Allgemeinen nur bei Neueinstellungen möglich, und dann auch nur für höchstens zwei Jahre (§ 14 Abs.2 TzBfG). Arbeitgeber, die Arbeitnehmer länger als zwei Jahre auf der Grundlage befristeter Verträge beschäftigen wollen, brauchen dafür nach dem TzBfG einen sachlichen Grund im Sinne von § 14 Abs.1 TzBfG. Und dessen Vorliegen kann vom Arbeitnehmer bei Vertragsende stets in Zweifel gezogen werden. Dann droht dem Arbeitgeber eine Entfristungsklage.
Demgegenüber sind Hochschulen als Arbeitgeber besser dran. Wenn sie Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern des sog. akademischen "Mittelbaus" eingehen möchten, haben sie deutlich erweiterte Möglichkeiten einer rechtssicheren Befristung. Denn nach § 2 Abs.1 WissZeitVG dürfen Arbeitsverträge mit wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeitern bzw. Hilfskräften ohne Sachgrund für insgesamt zwölf, im Bereich der Medizin bis zu fünfzehn Jahre befristet werden.
Dabei ist dieser Gesamtzeitraum einer zulässigen Befristung in eine Qualifizierungsphase von bis zu sechs Jahren sowie in eine sog. Post-Doc-Phase von bis zu weiteren sechs bzw. (im Bereich der Medizin) von neun Jahren aufgeteilt. Die Qualifizierungsphase dient dem Erwerb einer Qualifikation, vor allem der Fertigung einer Dissertation. Die Post-Doc-Phase soll dem promovierten Arbeitnehmer Gelegenheit geben, weitere Qualifikationen wie insbesondere eine Habilitation zur Erlangung einer Professur zu erlangen.
Großzügige rechtssichere Befristungsmöglichkeiten gelten gemäß § 2 Abs.2 WissZeitVG auch, wenn Akademiker auf Forschungsstellen beschäftigt werden, die nicht von der Hochschule, sondern einem Forschungs-Auftraggeber finanziert werden (sog. Drittmittelstellen).
Sonderbefristungsrecht der Hochschulen - Pros und Contras
Die im Hochschulbereich bereits seit langem bestehenden speziellen Befristungsmöglichkeiten werden vor allem mit drei Argumenten gerechtfertigt:
Erstens: Die Mittelbaustellen an Hochschulen dienen vor allem der wissenschaftlichen Qualifikation, also z.B. einer Promotion. Ein Doktorand braucht dafür - abhängig vom Fach - in der Regel zwar einige Jahre, aber keine unbefristete Stelle.
Zweitens: Würde man im Bereich des akademischen Mittelbaus allzu großzügig unbefristete Stellen schaffen, wären diese Stellen bzw. Positionen jahrzehntelang für jüngere Nachwuchswissenschaftler blockiert.
Drittens: Die großzügigen Befristungsmöglichkeiten bei Drittmittelprojekten sollen verhindern, dass die Arbeitnehmer bei Auslaufen der Drittmittel infolge rechtlich angreifbarer Befristungen dauerhaft aus öffentlichen Mitteln weiter entlohnt werden müssen.
Allerdings: Rechtssichere Befristungen im Hochschulbereich rechtfertigen keine Missstände wie z.B. den immer erneuten Abschluss von "Mini-Verträgen" mit einer Laufzeit von wenigen Monaten. An dieser und an anderen Stellen sind Verbesserungen zugunsten der Beschäftigten möglich.
Außerdem müssen auch Hochschulen als Arbeitgeber zur Kenntnis nehmen, dass sie mit anderen Arbeitgebern um gute Nachwuchskräfte konkurrieren. Und wer als frischgebackener Akademiker die Wahl hat zwischen einem mäßig bezahlten Dreimonatsvertrag an der Uni mit unsicherer Verlängerungschance und einem doppelt so gut bezahlten unbefristeten Vertrag bei einem Großunternehmen, der wird möglicherweise der Wissenschaft Lebewohl sagen.
Ministerin Wanka möchte Befristungen in der Wissenschaft einschränken
Vor diesem Hintergrund plant die große Koalition eine Novellierung des WissZeitVG. Zu diesem Thema gibt es ein "Eckpunktepapier" der großen Koalition, das Anfang Juli 2015 bekannt wurde und einige Änderungen des WissZeitVG plant.
Kurz nach Bekanntwerden des Eckpunktepapiers stellte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) auf einer Pressekonferenz einen Gesetzentwurf zur Reform des WissZeitVG vor und kündigte an, dass die Reform bereits im September im Bundestag beraten werden soll.
Laut Wanka sind befristete Verträge zwar im Prinzip sinnvoll und haben weiterhin eine große Bedeutung im Wissenschaftssystem. Trotzdem läuft nach Ansicht der Ministerin etwas falsch, wenn mehr als die Hälfte aller jungen Wissenschaftler bei ihrem ersten Vertrag für eine kürzere Zeit als ein Jahr angestellt werden.
Der Gesetzentwurf ist bislang noch nicht offiziell veröffentlicht. Immerhin hat die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine Synopse der geplanten Änderungen veröffentlicht (GEW, 09.07.2015, Was will Ministerin Wanka?).
Der Gesetzentwurf, der im Wesentlichen dem "Eckpunktepapier" entspricht, beinhaltet folgende Änderungen des WissZeitVG:
- Die Laufzeit von befristeten Verträgen soll sich künftig an dem für die Qualifizierung notwendigen Zeitbedarf orientieren und damit stärker an die Qualifizierung gebunden werden. Sind für eine Promotion also beispielsweise drei Jahre veranschlagt, "soll" keine kürzere Befristung erfolgen. Damit soll Zeitverträgen mit einer Minilaufzeit von wenigen Monaten künftig ein Riegel vorgeschoben werden.
- Auch bei zeitlich befristeten Drittmittelstellen sollen längere Vertragslaufzeiten die Regel werden. Bei aus Drittmitteln finanzierten Stellen soll nämlich die Vertragslaufzeit künftig der Dauer der Mittelbewilligung entsprechen.
- Nach bisher geltendem Recht (§ 2 Abs.2 Satz 2 WissZeitVG) unterfallen im Bereich der drittmittelfinanzierten Stellen an Hochschulen auch nichtwissenschaftliche Mitarbeiter wie beispielsweise Sekretärinnen den großzügigen Befristungsmöglichkeiten des WissZeitVG. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nichtwissenschaftliches und nichtkünstlerisches Personal ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des WissZeitVG ausgenommen wird.
- Wenn Wissenschaftler in Elternzeit gehen oder einen Angehörigen pflegen müssen, verlängert sich die Vertragslaufzeit bereits nach geltendem Recht, nämlich gemäß § 2 Abs. 5 WissZeitVG. Der Gesetzentwurf weitet die Verlängerung des befristeten Vertrags auf Stief- und Pflegekinder aus. Eine dementsprechende Verlängerung für aus Drittmitteln finanzierte Stellen sieht der Gesetzentwurf allerdings nicht vor (§ 2 Abs. 5 WissZeitVG bezieht sich nur auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG).
Fazit: Viel Rauch, aber wenig Braten für den akademischen Mittelbau
Der Gesetzentwurf folgt in großen Teilen dem Eckpunkte-Programm der großen Koalition. Anders als von der GEW erhofft, sieht die Regelung im Gesetzentwurf zur Dauer befristeter Verträge lediglich vor, dass sich die Laufzeit der befristeten Verträge an dem für die Qualifizierung notwendigen Zeitbedarf orientieren "soll".
Eine zeitliche Untergrenze für eine Befristung wurde ebenfalls nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen. Extrem kurze Vertragslaufzeiten sind also weiterhin möglich. Anders als im Eckpunkte-Programm der großen Koalition festgelegt muss laut Gesetzentwurf die Qualifizierung auch nicht ausdrücklich als Teil des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden.
Die große Koalition lässt mit ihren aktuellen Reformplänen keinen Zweifel daran aufkommen, dass befristete Arbeitsverträge auch künftig die Arbeitsverhältnisse der akademischen Nachwuchskräfte an Hochschulen prägen werden. Trotz dieser Grundsatzentscheidung pro Befristung wären rechtliche Verbesserungen möglich und sinnvoll wie z.B. feste Untergrenze für Zeitverträge, z.B. bei sechs Monaten. Dass sich die Koalitionäre bislang sogar zu solchen Mini-Verbesserungen nicht durchringen konnten, ist bedauerlich.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Eckpunkte zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, 20.04.2015 ("Eckpunktepapier")
- Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, 09.07.2015: Was will Ministerin Wanka?
- Beck-Blog Arbeitsrecht, 29.06.2015: Bundesregierung plant Novellierung des Befristungsrechts an Hochschulen
- Spiegel online, 26.06.2015: Uni-Prekariat: Weniger Zeitverträge für Doktoranden
- Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft (Wissenschaftszeitvertragsgesetz - WissZeitVG) vom 12.04.2007 (BGBl. I S. 506)
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Arbeitsrecht aktuell: 17/164 Befristung von Ärzten in der Weiterbildung setzt Planung der Weiterbildung voraus
- Arbeitsrecht aktuell: 14/124 Befristung mit wissenschaftlichen Mitarbeitern
- Arbeitsrecht aktuell: 07/03 Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Letzte Überarbeitung: 3. August 2020
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