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ArbG Köln, Urteil vom 06.03.2008, 19 Ca 7222/07
Schlagworte: | Diskriminierung: Religion | |
Gericht: | Arbeitsgericht Köln | |
Aktenzeichen: | 19 Ca 7222/07 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 06.03.2008 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Arbeitsgericht Köln, 19 Ca 7222/07
Tenor:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.08.2007 nicht aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, das der Klägerin zustehende Gehalt auch während der Freistellung in der Zeit der Kündigungsfrist zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
6. Streitwert: 29.250 €.
T a t b e s t a n d:
Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und um Vergütung.
Die 1969 geborene, verheiratete Klägerin, Mutter von 4 Kindern war zunächst als Auszubildende ab 1988 und dann seit dem 01.10.1991 als Krankenschwester bei der Beklagten, bei der regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer tätig sind, gegen eine Bruttomonatsvergütung von zuletzt ca. 3.000,00 Euro beschäftigt. Die Beklagte steht in Trägerschaft der Cellitinnen zur Heiligen Maria und ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Zwischen den Parteien besteht ein
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Dienstvertrag vom 18.03.1991, Anlage B 3, Bl. 30 bis 31 d. A.. Vom 30.07.2004 bis zum 29.07.2007 war die Klägerin in Elternzeit. Ende Mai 2007 meldete sich die Klägerin im Hinblick auf ihre Rückkehr aus der Elternzeit bei der Pflegedirektion der Beklagten und erklärte, nach Rückkehr aus ihrer Elternzeit, ein Kopftuch tragen zu wollen, da sie mittlerweile eine strenggläubige Muslimin geworden sei. Mit Schreiben vom 05.06.2007, Anlage B 1, Bl. 25 d.A. wurde der Klägerin mitgeteilt, dass das Tragen eines islamischen Kopftuches während des Dienstes auf den Pflegestationen untersagt sei. Nach Beendigung der Elternzeit und eines weiteren unbezahlten Urlaubs erschien die Klägerin am 08.08.2007 mit Kopftuch zum Dienst und weigerte sich das Kopftuch abzulegen. Sie erklärte auch künftig nicht auf das Tragen des Kopftuchs verzichten zu wollen. Die Beklagte lehnte es ab, die Klägerin zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 28.08.2007, Bl. 6 d.A., kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Wirkung zum 31.03.2008 und stellte die Klägerin unter Wegfall der Bezüge und unter Anrechnung auf den bestehenden Urlaubsanspruch sowie unter Anrechnung evtl. Überstundenausgleichsansprüche bis auf Weiteres von der Erbringung der Arbeitsleistung frei.
Mit ihrer am 30.08.2007 bei Gericht eingegangenen Klage wehrt sich die Klägerin gegen die ausgesprochene Kündigung.
Sie trägt vor, die Beklagte habe bei Einstellung gewusst, dass die Klägerin muslemischen Glaubens sei. Allein durch ihre äußere Erscheinung sei dies der Klägerin anzusehen. Sie sei keine strenggläubige Muslemin, sie habe sich aufgrund verschiedener Ereignisse dazu entschieden lediglich ihr Haar zu verdecken. Sie lege keinen Wert darauf nach islamischer Art und Weise das Kopftuch zu tragen. Sie sei bereit während der Dienstzeiten passend zu ihrem Dienstkittel ein Kopftuch in gleicher Farbe und gleichem Stoff hinten zusammengebunden zu tragen. Bei dem Treffen am 08.08.2007 habe sich die Klägerin bemüht eine gütliche Einigung zu erzielen, sie habe offeriert, künftig eine moderne Kopfbedeckung zu tragen, die der traditionellen Tragensweise entgegenstehe. Der Klägerin sein kompromisslos entgegen gehalten worden, dass jede Form des Kopftuchtragens untersagt sei. Diese Auffassung sei am ersten Arbeitstag der Klägerin deutlich geworden, an dem ihr das Arbeiten untersagt worden sei, obwohl sich die Klägerin bei der Art und Weise des Tragens nach der heutigen Mode gerichtet habe und das Kopftuch, ein weißes Kopftuch, ebenfalls nach hinten gebunden habe, wodurch dies auch als einfache Kopfbedeckung zu verstehen sei. Nach diesem Vorfall sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass sie abgemahnt werden würde. Diese Abmahnung habe nicht stattgefunden und sei auch nach wiederholtem Nachfragen der Klägerin nicht schriftlich ausgesprochen worden.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.08.2007 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dass der Klägerin zustehende Gehalt auch während der Freistellung in der Zeit der Kündigungsfrist zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen;
4. der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Klägerin habe im Gespräch Ende Mai 2007 eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie aus religiösen Motiven auf das Tragen eines klassischen islamischen Kopftuchs bestehe. Auch im Gespräch am 08.08.2007 habe die Klägerin diese Einstellung bestätigt und sich nachhaltig und eindeutig geweigert, während der Arbeit auf das Tragen eines islamischen Kopftuches zu verzichten. Zum Zeitpunkt der Erklärung der Kündigung sei nicht die Rede davon gewesen, dass die Klägerin keinen Wert darauf legen würde, nach islamischer Art
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und Weise das Kopftuch zu tragen. Dies werde bestritten. Das Tragen eines islamischen Kopftuches in einer christlichen Einrichtung, in welcher Patientinnen und Patienten christlichen Glaubens behandelt würden, gefährdeten die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Einrichtung. Der Vortrag der Klägerin sei widersprüchlich. Die Beklagte verlange nicht von der Klägerin wie eine Christin auszusehen, allein durch den Verzicht auf das Tragen eines islamischen Kopftuches werde das äußere Erscheinungsbild der Klägerin nicht christlich.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Das Arbeitsverhältnis ist nicht wirksam durch die ausgesprochene ordentliche Kündigung aufgelöst worden.
Die ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, denn sie ist sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 KSchG, sie ist nicht verhaltensbedingt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG.
Es fehlt an einer erforderlichen vorherigen Abmahnung der Klägerin. Auch wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, dass das vorgetragene Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit dem Tragen eines Kopftuches einen gewichtigen Verstoß gegen tragende Glaubensgrundsätze
der Katholischen Kirche darstellt, ist aber nach den allgemeinen Grundsätzen des Kündigungsschutzrechts bei einem pflichtwidrigen Verhalten des Arbeitnehmers, das sich als Störung im Leistungsbereich auswirkt, in der Regel vor Ausspruch einer Kündigung eine vergebliche Abmahnung erforderlich, es sei denn, dass im Einzelfalle besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als entbehrlich angesehen werden durfte. Diese allgemeinen Grundsätze des Kündigungsschutzrechts gelten für die Arbeitsverhältnisse kirchlicher Arbeitnehmer ebenso wie der Grundsatz der Interessenabwägung, der es verbietet, ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles in jedem Loyalitätsverstoß von einigem
Gewicht bereits einen Grund zur Trennung vom Arbeitnehmer zu sehen (vgl. BAG 07.10.1993, NZA 1994, 443-448). Die Klägerin hat sich mit dem Tragen des Kopftuches nicht bewusst über kirchliche Grundsätze hinweggesetzt. Im Arbeitsvertrag waren Grundsätze in Bezug auf die vertragsgerechte Kleidung nicht dokumentiert. Ausdrückliche Regelungen bestanden bei der Beklagten ebenfalls nicht. Erst durch den Hinweis der Beklagten im Schreiben vom 05.06.2007 wurde ein ausdrückliches Verbot aufgestellt. Vorliegend bedurfte es einer Abmahnung der Klägerin. Ohne eine vorangegangene Abmahnung konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass das Tragen eines Kopftuches den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdete. Gerade auch das weitere Verhalten der Klägerin, in dem sie auch während des Rechtsstreits versuchte, eine Lösung der streitigen Frage um das Tragen eines Kopftuches herbeizuführen, indem sie darauf hinweist, dass es ihr nur darum ginge, den Kopf zu bedecken und sie die Bedeckung der Kleidung einer Krankenschwester anzupassen bereit sei, zeigt, dass die Klägerin durchaus bereit und in der Lage war und ist, ihr Verhalten zu überdenken und den Gegebenheiten anzupassen. Die Beklagte durfte nicht sofort ohne Abmahnung zum äußersten Mittel einer fristgerechten Kündigung greifen.
Der Antrag zu Ziffer 2 ist zulässig und begründet. Es besteht ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO, zumal davon auszugehen ist, dass sich die Beklagte einem Feststellungsurteil beugen wird.
Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin für die Zeit der erfolgten Freistellung die ihr zustehende Vergütung zu zahlen. Die Beklagte war nicht berechtigt die Klägerin, wie in dem Schreiben vom 28.08.2007 geschehen, unter Wegfall der Bezüge freizustellen. Das beanstandete Tragen eines Kopftuchs hat die Erfüllung der Arbeitspflicht durch die Klägerin nicht beeinträchtigt. Die Klägerin war nicht im Sinn von § 297 BGB dauernd außerstande, ihre Leistungspflicht als Krankenschwester zu erbringen, weil sie ihre Tätigkeit nur noch mit Kopftuch erbringen wollte. Die Beklagte durfte die Arbeitsleistung nicht wegen des Kopftuches ablehnen. Es liegt ein vertragsgemäßes Arbeitsangebot durch die Klägerin vor. Die Beklagte befand sich
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durch die Weigerung der Beschäftigung der Klägerin in Annahmeverzug, § 615 BGB.
Die Beklagte betreibt kirchlich getragene Krankenpflege. Das für die Kirchen anerkannte Recht, ihre Angelegenheiten selbst zu ordnen, zu verwalten, steht der Kirche gemäß Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV nur "innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" zu.
Für die Frage des ordnungsgemäßen Arbeitskraftangebotes kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Klägerin nur ein traditionell islamisch gebundenes Kopftuch tragen will oder, wie sie im vorliegenden Rechtsstreit begründet, bereit ist, nur den Kopf zu bedecken und die Farbe des Kopftuches der übrigen Kleidung anzupassen. Vorliegend umfasst das Direktionsrecht der Beklagten nicht das Recht, durch einseitige Weisung der Klägerin aufzugeben, während der Arbeit das Kopftuch abzulegen. Zwar ist es dem Arbeitgeber mit Hilfe des Direktionsrechts möglich, die Arbeitspflicht näher festzulegen. Dies bezieht sich sowohl auf die einzelnen Tätigkeiten und ihre Reihenfolge als auch auf die Begleitumstände, unter denen die Arbeit zu verrichten ist. Das Tragen eines Kopftuchs kann nicht ohne weiteres kraft Weisungsrecht untersagt werden (BAG 10.10.02, 2 AZR 472/01, NZA 03, 483; BVerfG 30.7.03, 1 BvR 792/03, NZA 03, 959). Mit dem Tragen eines islamischen Kopftuchs nimmt die Arbeitnehmerin Grundrechte in Anspruch. Das Kopftuch stellt ein Symbol für eine bestimmte religiöse Überzeugung dar. Mit dem Tragen dieses Kopftuchs macht die Klägerin von ihrem Grundrecht Gebrauch (BVerfG, 16.5.95, 1BvR 1087/91 – BVerfG 93,1, 15). Wegen der Bedeutung, die Muslime dem Kopftuch beilegen, gilt es als Sinnbild einer bestimmten Glaubensüberzeugung, als Ausdruck des Bekenntnisses der Trägerin zum islamischen Glauben und damit als sichtbares Zeichen für die Ausübung ihrer Religion (BVerwG, 4.7.2002, NJW 2002,3344). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das Kopftuchtragen ein zwingendes religiöses Gebot des Korans ist. Sein Tragen aus religiöser Überzeugung fällt in den Schutzbereich der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 I GG), die durch die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung (Art. 4 II GG) noch verstärkt wird. Auch nach Art. 9 der Europäischen Menschenrechtkonvention ( EGMR vom 15.2.01 – 42393/98 – NJW 2001, 2871) wird die Glaubens- und Religionsfreiheit gewährleistet. Das Grundrecht umfasst die Freiheit, nach eigener Glaubensüberzeugung zu leben und zu handeln. Eine Arbeitnehmerin, die ihre Tätigkeit zukünftig nur mit einem islamischen Kopftuch ausüben will, ist weiterhin in der Lage, ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Krankenschwester zu erbringen. Hierdurch wird nicht die Versorgung der Patienten behindert oder erschwert. Das Tragen eines Kopftuches durch eine muslimische Pflegekraft gefährdet nicht den Tendenzbereich eines kirchlichen Trägers. Ein kirchlicher Arbeitgeber kann allenfalls von den Arbeitnehmern, die Tendenzträger sind, die Einhaltung der wesentlichen kirchlichen Grundsätze verlangen (BAG NZA 2005, 1263). Die Klägerin ist als Krankenschwester nicht Tendenzträgerin. Tendenzträger sind vielmehr Funktionsinhaber, die in verantwortlicher Stellung einen maßgeblichen Einfluss auf die Tendenzverwirklichung und seine Repräsentanz haben. Hierzu gehören nicht Mitarbeiter, welche keine spezifische Tendenzverwirklichung bei der Tätigkeit ausüben (Schaub/ Linck Arbeitsrechtshandbuch § 131 Rn 51). Im Gegensatz zu den Reinigungskräften steht eine muslimische Krankenschwester zwar mehr in Kontakt mit den Patienten und fällt in der betrieblichen Öffentlichkeit auf. Tangierende Auswirkungen auf Patienten, oder gar nachhaltige Störungen sind nicht erkennbar, zumal die Patienten auch eines kirchlichen Krankenhauses nicht nur einer bestimmten Konfession angehören. Der Beklagten ist auch entgegen zu halten, dass sie in Kenntnis ihrer Abstammung und wahrscheinlichen Konfession die Klägerin eingestellt hat, ohne zum Ausdruck zu bringen oder danach zu fragen, welcher Konfession die Klägerin tatsächlich angehört, um auszuschließen, dass eine Krankenschwester muslimischer Herkunft tätig wird. Die Klägerin hat hierzu sogar vorgetragen, der Beklagten sei bekannt gewesen, dass die Klägerin muslimischen Glaubens sei. Die Klägerin ist erkennbar türkischer Abstammung. Es liegt nahe, dass sie muslimischen Glaubens ist. Bei Einstellung legte die Beklagte erkennbar keinen Wert darauf, Arbeitnehmer muslimischen Glaubens nicht zu beschäftigen. Sie hat sich mit ihrer Einstellungsentscheidung vielmehr für eine Form religiösen Pluralismus entschieden (vgl. Sträßner pp., Kopftuch und Krankenhaus/Pflegeeinrichtung, PKR 2001, 73 – 77). Die Beklagte hat damit nicht eine bestimmte Religion zur Voraussetzung der Einstellung gemacht und muss sich deshalb auch in ihrem weiteren Verhalten an der Einstellungsentscheidung messen lassen. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf die Ausnahmebestimmungen von §§ 8, 9 AGG berufen. Insoweit stellt das von der Beklagten ausgesprochene Kopftuchverbot
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auch eine mittelbare Benachteiligung iSv § 3 II AGG wegen der Religion dar.
Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin weiter zu beschäftigen, denn das Arbeitsverhältnis ist durch die ausgesprochene Kündigung nicht wirksam beendet worden.
Die Beklagte ist ebenfalls verpflichtet, der Klägerin ein qualifiziertes Zwischenzeugnis über Führung und Leistung zu erteilen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. mit § 46 Abs. 2 ArbGG.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 61 Abs. 1 ArbGG, § 42 GKG, § 3, 5 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der Partei
Berufung
eingelegt werden.
Für die Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Die Berufung muss
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegangen sein.
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind.
Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
gez. Zilius
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