- -> zur Mobil-Ansicht
- Arbeitsrecht aktuell
- Tipps und Tricks
- Handbuch Arbeitsrecht
- Gesetze zum Arbeitsrecht
- Urteile zum Arbeitsrecht
- Urteile 2023
- Urteile 2021
- Urteile 2020
- Urteile 2019
- Urteile 2018
- Urteile 2017
- Urteile 2016
- Urteile 2015
- Urteile 2014
- Urteile 2013
- Urteile 2012
- Urteile 2011
- Urteile 2010
- Urteile 2009
- Urteile 2008
- Urteile 2007
- Urteile 2006
- Urteile 2005
- Urteile 2004
- Urteile 2003
- Urteile 2002
- Urteile 2001
- Urteile 2000
- Urteile 1999
- Urteile 1998
- Urteile 1997
- Urteile 1996
- Urteile 1995
- Urteile 1994
- Urteile 1993
- Urteile 1992
- Urteile 1991
- Urteile bis 1990
- Arbeitsrecht Muster
- Videos
- Impressum-Generator
- Webinare zum Arbeitsrecht
-
Kanzlei Berlin
030 - 26 39 62 0
berlin@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Frankfurt
069 - 71 03 30 04
frankfurt@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hamburg
040 - 69 20 68 04
hamburg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hannover
0511 - 89 97 701
hannover@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Köln
0221 - 70 90 718
koeln@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei München
089 - 21 56 88 63
muenchen@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Nürnberg
0911 - 95 33 207
nuernberg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Stuttgart
0711 - 47 09 710
stuttgart@hensche.de
AnfahrtDetails
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2006, L 8 AL 3082/06
Schlagworte: | Arbeitslosengeld | |
Gericht: | Landessozialgericht Baden-Württemberg | |
Aktenzeichen: | L 8 AL 3082/06 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 15.09.2006 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Sozialgericht Freiburg, Urteil vom 12.05.2006, S 3 AL 2495/05 | |
Landessozialgericht Baden-Württemberg
L 8 AL 3082/06 S
3 AL 2495/05
Im Namen des Volkes
Urteil
Der 8. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat ohne mündliche Verhandlung am 15.09.2006 für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
- 2 -
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Bemessungsentgelts zur Berechnung des Arbeitslosengeldes streitig.
Die am 1970 geborene Klägerin, die keinen Beruf erlernte, war zuletzt vom 01.09.1997 bis 03.04.2005 bei der H. K. Management GmbH in B. als Assistentin der Geschäftsleitung angestellt. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden. In der Zeit von Juni 1998 bis Juli 1999 betrug ihr monatliches Bruttogehalt 2.454,20 €. Im November 1998 erhielt sie außerdem ein Weihnachtsgeld in Höhe von 2.454,20 €. Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt wurde der Klägerin bis 31.07.1999 gezahlt. Nach der Geburt ihrer am 12.09.1999 und 03.04.2002 geborenen Kinder bezog sie vom 01.08. bis 07.11.1999 und vom 16.02. bis 29.05.2002 Mutterschaftsgeld, und nach dem Bezug von Mutterschaftsgeld befand sich die Klägerin jeweils im Erziehungsurlaub bzw. in Elternzeit bis 02.04.2005, erhielt aber aufgrund des Einkommens ihres Ehemannes kein Erziehungsgeld. Am 29.03.2005 schloss sie mit ihrer Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag. Danach endete das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 03.04.2005. Der Grund für den Abschluss dieser Vereinbarung war der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin als Assistentin der Geschäftsleistung hinsichtlich der Arbeitszeiten ein hohes Maß an Flexibilität erforderte und die Klägerin sich im Hinblick auf die Betreuung und Erziehung ihrer beiden Kinder nicht mehr in der Lage sah, ihre Tätigkeit mit der geforderten und erwarteten Flexibilität fortzusetzen. Von Januar 2000 bis mindestens März 2005 erzielte die Klägerin außerdem aus einer geringfügigen Beschäftigung für die Management GmbH bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 5 Stunden ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 325,00 €. Bei dieser Nebentätigkeit war sie nicht als Assistentin der Geschäftsleitung eingesetzt, sondern mit der Erfassung von Daten betraut. Seit 06.03.2006 ist die Klägerin bei der Stadt B. als Schulsekretärin beschäftigt.
Am 10.03.2005 meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 12.04.2005 arbeitslos. Mit Bescheid vom 20.04.2005 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab 12.04.2005 für 360 Tage. Dagegen legte die Klägerin am 12.05.2005 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, mit dem für die Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrunde gelegten Bemessungsentgelt sei sie nicht einverstanden. Vor ihrer Erziehungszeit habe sie ein weitaus höheres Arbeitsentgelt erzielt als
- 3 -
das nun zugrunde gelegte Arbeitsentgelt. Sie halte es daher nicht für rechtmäßig, anhand von Qualifikationsstufen ein fiktives Entgelt zugrunde zu legen. Wegen ihrer zwei Kinder sei sie vier Jahre und sechs Monate im Erziehungsurlaub gewesen. Demnach sei sie mehr als drei Jahre nicht berufstätig gewesen. Gemäß der neuen Regelung werde ihr deswegen nicht ihr tatsächlicher Verdienst für das Arbeitslosengeld zugrunde gelegt, sondern sie werde nun in eine Qualifikationsstufe aufgrund ihrer Ausbildung eingestuft. Dies sei für sie unbegreiflich, denn sie habe es geschafft, sich ohne Abitur oder gar einem Studium als Assistentin der Geschäftsleitung zu qualifizieren. Hierfür habe sie sehr viel arbeiten müssen und dementsprechend habe sie auch mehr Sozialbeiträge und Steuern abgeführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2005 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bemessungsrahmen umfasse die Zeit vom 01.04.2003 bis 11.04.2005. In diesem Zeitraum lägen bei der Klägerin keine Entgeltabrechnungszeiträume mit mindestens 150 Tagen vor, so dass nach § 132 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) das Bemessungsentgelt fiktiv festzusetzen sei. Die Klägerin gehöre der Qualifikationsgruppe 3 für Fachkräfte an. Das Bemessungsentgelt betrage daher täglich 64,40 € (28.980,00 € geteilt durch 450). Entsprechend den Eintragungen in der Steuerkarte (Steuerklasse und gegebenenfalls Kinderfreibeträge) bestehe ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem erhöhten Leistungssatz (mit Kind) in Höhe von täglich 21,69 € (§ 129 SGB III). Eine Bemessung nach dem früheren Arbeitsentgelt der Klägerin lasse die gegebene Rechtslage nicht zu.
Am 21.06.2005 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren, ihr Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines jährlichen Bruttoentgelts von 37.324,29 €, hilfsweise Arbeitslosengeld auf der Grundlage einer Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 gemäß § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III zu gewähren. Zur Begründung machte sie geltend, ein fiktives Bemessungsentgelt sei nicht anzuwenden, weil sie auch im Erziehungsurlaub weitergearbeitet habe, wenn auch nur geringfügig. Nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III müsse für das Bemessungsentgelt die Unterbrechungszeit außer Betracht bleiben. Im Übrigen müsste berücksichtigt werden, dass sie oberhalb ihrer Ausbildungsqualifikation berufstätig gewesen sei.
- 4 -
Mit Urteil vom 12.05.2006 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, das Bemessungsentgelt der Klägerin müsse fiktiv berechnet werden. Die Mutterschaftspause könne nicht außer Betracht bleiben. § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III sehe dies nur vor, wenn wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes das Arbeitsentgelt oder die wöchentliche Arbeitszeit gemindert werde. Dies gelte nach dem Gesetzeswortlaut nicht für den Fall, dass die Arbeit ganz aufgegeben werde. Denn damit sei die im Bemessungsentgelt zum Ausdruck kommende Verknüpfung mit dem letzten Arbeitsverhältnis völlig aufgehoben. Dies gelte auch, wenn in geringfügigem Umfang weitergearbeitet werde, wie dies bei der Klägerin ab 01.01.2000 der Fall gewesen sei. Denn die geringfügige Erwerbstätigkeit werde aus dem System der Arbeitslosenversicherung völlig herausgenommen und wie eine Nichterwerbstätigkeit behandelt. Das ergebe sich aus der Regelung der Versicherungspflicht in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III i.V.m. § 8 SGB IV. Die demnach vorzunehmende fiktive Einstufung nach § 132 Abs. 2 SGB III habe die Beklagte korrekt vorgenommen. Bei dieser Einstufung spiele die letzte Tätigkeit, also auch die Tatsache, dass die Klägerin über ihrer Berufsqualifikation gearbeitet habe, keine Rolle, sondern es komme nur auf die Ausbildung an. Die Klägerin habe daher nicht in die Qualifikationsstufe 2 (Fachschulabschluss) eingestuft werden können, weil sie den entsprechenden Berufsabschluss nicht besitze.
Gegen das der Klägerin am 18.05.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.06.2006 (Montag) Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor, die Vorschrift des § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III müsse auch bei einer geringfügigen Beschäftigung eingreifen, denn auch diese sei ein Teilzeitarbeitsverhältnis und rechtspolitisch erwünscht, da dadurch ebenfalls die Einbindung in den Arbeitsprozess während der Kinderbetreuung angestrebt und erreicht werde. Das Gesetz verlange ausdrücklich nicht die Fortführung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Zudem sei eigentlicher Gesetzeszweck, auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 4 GG Nachteile und Diskriminierungen von Müttern im Zusammenhang mit dem Bezug von Arbeitslosengeld zu verhindern. Diesem Gesetzeszweck würde es zuwiderlaufen, wenn - wie vorliegend - das Arbeitslosengeld fiktiv gemäß § 132 SGB III und somit geringer bemessen werden dürfte.
- 5 -
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2005 zu verurteilen, ihr vom 12. April 2005 bis 5. März 2006 höheres Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 37.324,29 € jährlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG mit dem angefochtenen Urteil vom 12.05.2006 die Klage abgewiesen, da
- 6 -
Klägerin steht ein Anspruch auf Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von 37.324,29 €, was dem Bruttoarbeitsentgelt aus dem Zeitraum vom Juli 1999 bis Juni 1998 entspricht, nicht zu. Denn dieser Abrechnungszeitraum von Juni 1998 bis Juli 1999 liegt mehr als vier Jahre für das ab April 2005 zu gewährende Arbeitslosengeld zurück und kann nicht berücksichtigt werden.
Das Arbeitslosengeld beträgt nach § 129 SGB III für Arbeitslose, die mindestens ein Kind haben, 67 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 71 des Gesetzes vom 23.12.2003 (BGBl I S. 2848) die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr, er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält. Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 71 des Gesetzes vom 23.12.2003).
Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist u.a. von Bedeutung, wie der Begriff des Versicherungspflichtverhältnisses in § 130 Abs. 1 S. 2 SGB III zu verstehen ist. Nach Ansicht des Senats ist maßgebend die Begriffsbestimmung in § 24 SGB III. In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen danach nicht nur Personen, die versicherungspflichtig beschäftigt iSd § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III sind, sondern auch Personen, die aus sonstigen Gründen gemäß § 26 SGB III versicherungspflichtig sind. Der Endzeitpunkt für die Rückrechnung des einjährigen Bemessungsrahmens ist daher im vorliegenden Fall der 02.04.2005. An diesem Tag endete die sich aus § 26 Abs. 2a SGB III ergebende Versicherungspflicht der Klägerin wegen der Erziehung eines Kindes, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. In dem danach geltenden Bemessungsrahmen vom 03.04.2004 bis 02.04.2005 hat die Klägerin jedoch keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, sodass keine aus einem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entegeltabrechnungszeiträume vorliegen und damit
- 7 -
auch keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt. Damit erweitert sich der Bemessungsrahmen gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III um ein Jahr auf den Zeitraum vom 03.04.2003 bis zum 02.04.2005. Auch dieser erweiterte Bemessungsrahmen enthält keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt. Die Beklagte hat deshalb der Bemessung des Arbeitslosengeldes zu Recht ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt.
Der Ansicht der Klägerin, dass der Bemessungsrahmen um die Zeiten ihres Erziehungsurlaubs, bzw. der Zeiten, in denen sie Erziehungsgeld nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat (§ 130 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB III), erweitert werden muss, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Diese Zeiten bleiben nach § 130 Abs. 2 S. 1 SGB III nur bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums, nicht aber bei der Ermittlung des Bemessungsrahmens außer Betracht. Diese Zeiten sind keine sog Aufschubzeiten, die zu einer Erweiterung des Bemessungsrahmens führen. Vielmehr soll durch das Außer-Acht-Lassen dieser Zeiten verhindert werden, dass ein geringes Entgelt aus atypischen Beschäftigungsverhältnissen innerhalb des Bemessungsrahmens zu einem geringeren Bemessungsentgelt führt.
Unabhängig davon liegen Zeiten i.S.v. § 130 Abs. 2 S. 1 SGB III bei der Klägerin gar nicht vor. Da der Bemessungszeitraum nach § 130 Abs. 1 S. 1 SGB III nur Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung umfasst, muss es sich bei den Zeiten, die bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums - ausnahmsweise - außer Betracht bleiben, um Zeiten handeln, die ohne die Regelung in § 130 Abs. 2 SGB III bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums zu berücksichtigen wären, also um Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. § 130 Abs. 2 SGB III trifft damit Sonderregelungen für Zeiten, in denen der Arbeitslose versicherungspflichtig beschäftigt war, jedoch aus unterschiedlichen Gründen ein geringeres Entgelt erzielt hat, das bei nachfolgender Arbeitslosigkeit nicht der Ermittlung des Bemessungsentgelts für das Arbeitslosengeld zugrunde gelegt werden soll. Die Klägerin stand zwar auch in der Zeit vom 03.04.2003 bis zum 03.04.2005 in einem Arbeitsverhältnis bei ihrer früheren Arbeitgeberin, aber nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Bei der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit im Bereich der Datenerfassung handelte es um eine geringfügige und damit versicherungsfreie Beschäftigung (§ 27 Abs. 2 S. 1 SGB III iVm § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV).
- 8 -
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132 Abs. 2 S. 1 SGB III). Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsstufe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße und für solche Beschäftigungen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (§ 132 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 und 2 SGB III).
Die von der Beklagten vorgenommene Zuordnung in die Qualifikationsstufe 3 ist nach Ansicht des Senats nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt und wäre daher, ginge es allein nach der formalen Berufsausbildung, sogar nur der Qualifikationsstufe 4 (§ 132 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB III) zuzuordnen. Die Beklagte hat dem Umstand, dass die Klägerin zuletzt als Assistentin der Geschäftsleitung eine anspruchsvolle Tätigkeit verrichtet hat, durch eine Zuordnung in die Qualifikationsstufe 3 Rechnung getragen. Eine höhere Einstufung kommt nicht in Betracht, da die Tätigkeit der Klägerin als Assistentin der Geschäftsleitung nicht nur durch besondere Kenntnisse, sondern auch durch ein besonderes Vertrauensverhältnis zur konkreten Geschäftsleitung gekennzeichnet war. Im Übrigen hat die Klägerin beim Abschluss ihres Aufhebungsvertrages eingeräumt, dass sie nicht mehr so flexibel ist wie früher, sodass eine Vermittlung als Assistentin der Geschäftsleitung oder in vergleichbare Positionen von vornherein ausschied.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen. Die Frage, wie der Begriff des Versicherungspflichtverhältnisses in § 130 Abs. 1 S. 2 SGB III zu verstehen ist und wie der Bemessungsrahmen bei Vorliegen von Zeiten der Kindererziehung (§ 26 Abs. 2a SGB III) zu bestimmen ist, hat grundsätzliche Bedeutung.
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |