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BAG, Ur­teil vom 16.04.2008, 7 AZR 132/07

   
Schlagworte: Befristung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 132/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 16.04.2008
   
Leitsätze: Enthält ein Formulararbeitsvertrag neben einer drucktechnisch hervorgehobenen Befristung für die Dauer eines Jahres im nachfolgenden Vertragstext ohne besondere Hervorhebung eine weitere Befristung zum Ablauf der sechsmonatigen Probezeit, wird die Probezeitbefristung als überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Lübeck Landesarbeitsgericht Kiel
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

7 AZR 132/07
3 Sa 489/06
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Schles­wig-Hol­stein

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

16. April 2008

UR­TEIL

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der Be­ra­tung vom 16. April 2008 durch den Vi­ze­präsi­den­ten des Bun­des­ar­beits­ge­richts Dörner, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gräfl, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Koch so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Spie und Vor­bau für Recht er­kannt:
 


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Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein vom 24. Ja­nu­ar 2007 - 3 Sa 489/06 - wird zurück­ge­wie­sen.


Die Be­kla­ge hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis auf Grund Be­fris­tung am 30. April 2006 ge­en­det hat.

Die Kläge­rin war seit dem 1. No­vem­ber 2005 auf Grund ei­nes Ar­beits­ver­trags vom 31. Ok­to­ber 2005 bei der Be­klag­ten als Verkäufe­r­in beschäftigt. Der Ar­beits­ver­trag lau­tet aus­zugs­wei­se:

„§ 1 An­stel­lung und Pro­be­zeit


Der/die Ar­beit­neh­mer/-in wird vom 01. No­vem­ber 2005
bis 31. Ok­to­ber 2006**

als Verkäufe­r­in
in (Ar­beits­ort) G


zeit­lich be­fris­tet nach § 14 Abs. 2 des Ge­set­zes über Teil­zeit­ar­beit und be­fris­te­te Ar­beits­verträge ein­ge­stellt.

Es han­delt sich um ei­ne Neu­ein­stel­lung. Der/die Ar­beit­neh­mer/-in ver­si­chert, dass er/sie bis­her zu­vor bei dem Ar­beit­ge­ber noch nicht beschäftigt war.


Die ers­ten sechs Mo­na­te gel­ten als Pro­be­zeit. Das Ar­beits­verhält­nis en­det mit Ab­lauf die­ser Pro­be­zeit, oh­ne daß es ei­ner Kündi­gung be­darf. Während der Pro­be­zeit kann das Ar­beits­verhält­nis bei­der­seits mit ei­ner Frist von zwei Wo­chen gekündigt wer­den.“


Die Be­klag­te teil­te der Kläge­rin mit Schrei­ben vom 19. April 2006 mit, das Ar­beits­verhält­nis en­de mit Ab­lauf der Pro­be­zeit am 30. April 2006. Da­ge­gen hat sich die Kläge­rin mit der am 2. Mai 2006 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge ge­wandt.
 


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Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, bei der ne­ben der Be­fris­tung zum 31. Ok­to­ber 2006 fest­ge­leg­ten Be­fris­tung für die Dau­er der Pro­be­zeit in § 1 Abs. 3 Satz 2 des Ar­beits­ver­trags han­de­le es sich um ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel iSv. § 305c Abs. 1 BGB, die nicht Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den sei. Durch die druck­tech­ni­sche Her­vor­he­bung der Ver­trags­lauf­zeit vom 1. No­vem­ber 2005 bis zum 31. Ok­to­ber 2006 in § 1 Abs. 1 des Ar­beits­ver­trags sei der Ein­druck er­weckt wor­den, das be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis daue­re ein Jahr. Bei die­ser Ge­stal­tung der Ver­trags­klau­sel ha­be sie nicht da­mit rech­nen müssen, dass im fol­gen­den, aus­sch­ließlich klein­ge­druck­ten Ver­trags­text oh­ne op­ti­sche Her­vor­he­bung ei­ne wei­te­re Be­fris­tung mit ei­nem frühe­ren Be­en­di­gungs­zeit­punkt ent­hal­ten sei. Außer­dem ver­s­toße die Ver­trags­be­stim­mung ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und sei da­her un­wirk­sam.

Die Kläge­rin hat zu­letzt be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht auf Grund der in § 1 Abs. 3 Satz 2 des Ar­beits­ver­trags vom 31. Ok­to­ber 2005 ge­re­gel­ten Be­fris­tung mit Ab­lauf des 30. April 2006 ge­en­det hat.


Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt. 


Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt die Be­klag­te ih­ren Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag wei­ter. Die Kläge­rin be­an­tragt die Zurück­wei­sung der Re­vi­si­on.

Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on ist nicht be­gründet. Die Vor­in­stan­zen ha­ben der zulässi­gen Kla­ge zu Recht statt­ge­ge­ben. Die in § 1 Abs. 3 Satz 2 des Ar­beits­ver­trags vom 31. Ok­to­ber 2005 ent­hal­te­ne Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit ist nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den, da es sich um ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel han­delt. Die Re­ge­lung in § 1 des Ar­beits­ver­trags
 


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verstößt zu­dem ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist da­her un­wirk­sam.

I. Die Kla­ge ist zulässig.

Bei der Kla­ge han­delt sich trotz des Wort­lauts des zu­letzt ge­stell­ten, an § 17 Satz 1 Tz­B­fG ori­en­tier­ten Kla­ge­an­trags nicht aus­sch­ließlich um ei­ne Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge nach § 17 Satz 1 Tz­B­fG, mit der die Kläge­rin die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit am 30. April 2006 gel­tend macht, son­dern auch um ei­ne all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, mit der sie sich auf den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum 31. Ok­to­ber 2006 be­ruft. Dies er­gibt sich aus der zur Aus­le­gung des Kla­ge­an­trags her­an­zu­zie­hen­den Kla­ge­be­gründung. Da­nach hält die Kläge­rin die Be­fris­tung zum 30. April 2006 nicht nur we­gen ei­nes Ver­s­toßes ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot gem. § 307 Abs. 1 BGB für un­wirk­sam. Sie meint auch, dass die Be­fris­tungs­ab­re­de zum Ab­lauf der Pro­be­zeit ei­ne Über­ra­schungs­klau­sel dar­stel­le, die nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den sei. Da­mit macht die Kläge­rin gel­tend, ei­ne Be­fris­tung zum 30. April 2006 sei gar nicht ver­ein­bart wor­den. Dies hat nicht mit ei­ner Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge nach § 17 Satz 1 Tz­B­fG zu ge­sche­hen, son­dern mit ei­ner all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­kla­ge gem. § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. hier­zu et­wa BAG 23. Ju­ni 2004 - 7 AZR 440/03 - BA­GE 111, 148 = AP Tz­B­fG § 17 Nr. 5, zu I 2 a und b, 3 der Gründe; 18. Ok­to­ber 2006 - 7 AZR 662/05 - Rn. 13). Für bei­de Kla­ge­anträge hat die Kläge­rin ein Rechts­schutz­in­ter­es­se, weil sich die Be­klag­te der (vor­zei­ti­gen) Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 30. April 2006 berühmt.
II. Die Kla­ge ist be­gründet. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat nicht mit 11 Ab­lauf der Pro­be­zeit am 30. April 2006 ge­en­det. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Ver­ein­ba­run­gen im Ar­beits­ver­trag vom 31. Ok­to­ber 2005 zu Recht als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen an­ge­se­hen, auf die §§ 305 ff. BGB an­zu­wen­den sind. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auch zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass es sich bei der Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit in § 1 Abs. 3 Satz 2 des Ar­beits­ver­trags um ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel han­delt, die nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den ist. Selbst wenn die Re­ge­lung Ver-


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trags­be­stand­teil ge­wor­den sein soll­te, wäre sie un­wirk­sam, da sie dem Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht genügt.


1. Bei den in dem Ar­beits­ver­trag vom 31. Ok­to­ber 2005 ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen han­delt es sich um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen iSv. §§ 305 ff. BGB.

Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen al­le für ei­ne Viel­zahl von Verträgen vor­for­mu­lier­ten Ver­trags­be­din­gun­gen, die ei­ne Ver­trags­par­tei (Ver­wen­der) der an­de­ren Ver­trags­par­tei bei Ab­schluss des Ver­trags stellt. Dies trifft auf den Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en vom 31. Ok­to­ber 2005 zu.

Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts fin­det das Ver­trags­for­mu­lar im Ein­zel­han­del bun­des­weit Ver­wen­dung und wird von der Be­klag­ten re­gelmäßig bei Ab­schluss zeit­be­fris­te­ter Ar­beits­verträge be­nutzt. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auch zu Recht aus dem äußeren Er­schei­nungs­bild des Ver­trags auf den Cha­rak­ter der Ver­trags­be­stim­mun­gen als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen ge­schlos­sen. Der Ver­trags­text ist er­sicht­lich für ei­ne Mehr­zahl von Fällen vor­for­mu­liert und enthält le­dig­lich ein­zel­ne auf den in­di­vi­du­el­len Sach­ver­halt zu­ge­schnit­te­ne Ein­tra­gun­gen. Im Übri­gen stellt auch die Be­klag­te den Cha­rak­ter der Ver­trags­be­stim­mun­gen als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen iSv. § 305 ff. BGB nicht in Ab­re­de.

2. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die in § 1 Abs. 3 Satz 2 des Ar­beits­ver­trags ent­hal­te­ne Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel iSv. § 305c Abs. 1 BGB dar­stellt, die nicht Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den ist.


a) Nach § 305c Abs. 1 BGB wer­den Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen, die nach den Umständen, ins­be­son­de­re nach dem äußeren Er­schei­nungs­bild des Ver­trags, so un­gewöhn­lich sind, dass der Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders mit ih­nen nicht zu rech­nen braucht, nicht Ver­trags­be­stand­teil. Ei­ne Be­stim­mung in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen hat über­ra­schen­den Cha­rak­ter iSd. Vor­schrift, wenn sie von den Er­war­tun­gen des


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Ver­trags­part­ners deut­lich ab­weicht und die­ser mit ihr den Umständen nach vernünf­ti­ger­wei­se nicht zu rech­nen braucht. Über­ra­schen­den Klau­seln muss ein „Über­rum­pe­lungs- und Übertölpe­lungs­ef­fekt“ in­ne­woh­nen. Zwi­schen den durch die Umstände bei Ver­trags­schluss be­gründe­ten Er­war­tun­gen und dem tatsächli­chen Ver­trags­in­halt muss ein deut­li­cher Wi­der­spruch be­ste­hen. Die be­rech­tig­ten Er­war­tun­gen des Ver­trags­part­ners be­stim­men sich nach den kon­kre­ten Umständen bei Ver­trags­schluss eben­so wie nach der Ge­stal­tung des Ar­beits­ver­trags, ins­be­son­de­re des­sen äußerem Er­schei­nungs­bild. So kann der un­gewöhn­li­che äußere Zu­schnitt ei­ner Klau­sel oder ih­re Un­ter­brin­gung an un­er­war­te­ter Stel­le die Be­stim­mung zu ei­ner un­gewöhn­li­chen und da­mit über­ra­schen­den Klau­sel ma­chen (ständi­ge Recht­spre­chung, vgl. et­wa BAG 23. Fe­bru­ar 2005 - 4 AZR 139/04 - Rn. 59, BA­GE 114, 33 = AP TVG § 1 Ta­rif­verträge: Druck­in­dus­trie Nr. 42; 31. Au­gust 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 24, BA­GE 115, 372 = AP Arb­ZG § 6 Nr. 8 = EzA Arb­ZG § 6 Nr. 6; 15. Fe­bru­ar 2007 - 6 AZR 286/06 - Rn. 22, AP BGB § 620 Auf­he­bungs­ver­trag Nr. 35 = EzA BGB 2002 § 611 Auf­he­bungs­ver­trag Nr. 6; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 21, AP BGB § 305c Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 12; 8. Au­gust 2007 - 7 AZR 605/06 - Rn. 27, EzA Tz­B­fG § 21 Nr. 2; 14. Au­gust 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 28). Im Ein­zel­fall kann der Ver­wen­der ge­hal­ten sein, auf die Klau­sel be­son­ders hin­zu­wei­sen oder die Klau­sel druck­tech­nisch her­vor­zu­he­ben (BAG 23. Fe­bru­ar 2005 - 4 AZR 139/04 - aaO; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - aaO; 8. Au­gust 2007 - 7 AZR 605/06 - aaO; 14. Au­gust 2007 - 8 AZR 973/06 - aaO).

b) Da­nach han­delt es sich bei der in § 1 Abs. 3 Satz 2 des Ar­beits­ver­trags ent­hal­te­nen Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit um ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel iSd. § 305c Abs. 1 BGB. Die Kläge­rin brauch­te auf Grund der Ge­stal­tung von § 1 des Ar­beits­ver­trags und sei­nes äußeren Er­schei­nungs­bil­des nicht mit der Ver­ein­ba­rung ei­ner Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit zu rech­nen. Dies hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt im Er­geb­nis zu­tref­fend er­kannt.


aa) Die Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit be­fin­det sich zwar ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht an ei­ner un­er­war­te­ten Stel­le
 


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des Ver­trags. Sie ist in dem mit „An­stel­lung und Pro­be­zeit“ über­schrie­be­nen § 1 des Ar­beits­ver­trags und da­mit an der Stel­le ent­hal­ten, wo sie - wenn über­haupt - zu er­war­ten ist. Die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags zum Ab­lauf der Pro­be­zeit als sol­che ist ei­ne im Ar­beits­le­ben übli­che Ver­trags­ge­stal­tung und in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Tz­B­fG aus­drück­lich ge­setz­lich vor­ge­se­hen. Des­halb ist in ei­nem Ar­beits­ver­trag un­ter der Über­schrift „Pro­be­zeit“ nicht nur ei­ne Re­ge­lung zu ab­gekürz­ten Kündi­gungs­fris­ten zu er­war­ten, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt meint, son­dern grundsätz­lich auch ei­ne Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit.

bb) Das Über­ra­schungs­mo­ment er­gibt sich aber aus der in­halt­li­chen Ge­stal­tung und dem äußeren Er­schei­nungs­bild von § 1 des Ar­beits­ver­trags.

Aus dem äußeren Er­schei­nungs­bild der Ver­trags­be­stim­mung konn­te die Kläge­rin ent­neh­men, dass der Ar­beits­ver­trag für die Zeit vom 1. No­vem­ber 2005 bis zum 31. Ok­to­ber 2006 ab­ge­schlos­sen wer­den soll­te. Die Ver­trags­lauf-zeit ist - eben­so wie die Tätig­keit als Verkäufe­r­in und der Ar­beits­ort - so­wohl fett als auch in größerer Schrift ge­druckt als der rest­li­che Text in § 1 des Ver­trags. Durch die druck­tech­ni­sche Her­vor­he­bung wird der Ein­druck er­weckt, der ins­ge­samt mit „Zeit­be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag nach dem Ge­setz über Teil­zeit­ar­beit und be­fris­te­te Ar­beits­verträge“ über­schrie­be­ne Ver­trag sei zum 31. Ok­to­ber 2006 be­fris­tet. Auf Grund die­ser Ver­trags­be­stim­mung und ih­rer op­ti­schen Ge­stal­tung brauch­te die Kläge­rin nicht da­mit zu rech­nen, dass der fol­gen­de Text oh­ne be­son­de­re Her­vor­he­bung ei­ne Be­fris­tung zum Ab­lauf der sechs­mo­na­ti­gen Pro­be­zeit ent­hielt. Dies gilt ins­be­son­de­re des­halb, weil die Pro­be­zeit­be­fris­tung da­zu führ­te, dass die ein­gangs der Ver­trags­be­stim­mung durch Fett­druck und ver­größer­te Schrift her­vor­ge­ho­be­ne Be­fris­tung zum 31. Ok­to­ber 2006 gar nicht zum Tra­gen kam. § 1 des Ar­beits­ver­trags re­gelt nicht zwei ne­ben­ein­an­der be­ste­hen­de und von­ein­an­der un­abhängi­ge Be­fris­tun­gen. Die Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit nimmt viel­mehr der Be­fris­tung zum 31. Ok­to­ber 2006 ih­ren An­wen­dungs­be­reich, da das Ar­beits­verhält­nis be­reits mit Ab­lauf der Pro­be­zeit, dh. am 30. April 2006, en­den soll­te. Die Be­fris­tung zum 31. Ok­to­ber 2006 konn­te nur dann Be­deu­tung er­lan­gen,
 


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wenn das Ar­beits­verhält­nis über den 30. April 2006 hin­aus fort­ge­setzt wur­de. Wo­durch dies ge­sche­hen soll­te (Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin? Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en?) re­gelt der Ver­trag nicht. Die­se Ver­trags­be­stim­mung ist so un­gewöhn­lich, dass die Kläge­rin je­den­falls oh­ne be­son­de­ren Hin­weis oder op­ti­sche Her­vor­he­bung mit ihr nicht zu rech­nen brauch­te. Die Ver­ein­ba­rung ei­ner Be­fris­tung für die Dau­er der sechs­mo­na­ti­gen Pro­be­zeit - dh. ei­ne Sach­grund­be­fris­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Tz­B­fG - in­ner­halb ei­nes für ein Jahr sach­grund­los nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags ist be­reits für sich ge­nom­men un­gewöhn­lich. Übli­cher­wei­se wird in Fällen die­ser Art ent­we­der ein für sechs Mo­na­te nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG be­fris­te­ter Ar­beits-ver­trag ver­ein­bart, der ggf. verlängert wird, oder es wird von An­fang an ein für längs­tens zwei Jah­re nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag ab-ge­schlos­sen und für ei­ne sechs­mo­na­ti­ge Pro­be­zeit die kürzestmögli­che Kündi­gungs­frist ver­ein­bart. Mit ei­ner von die­sen übli­chen Ver­trags­ge­stal­tun­gen ab­wei­chen­den Re­ge­lung des In­halts, dass in­ner­halb ei­nes für die Dau­er ei­nes Jah­res be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags ei­ne Be­fris­tung zum Ab­lauf der sechs­mo­na­ti­gen Pro­be­zeit ver­ein­bart wird, braucht ein Ar­beit­neh­mer je­den­falls oh­ne be­son­de­re Her­vor­he­bung auch der Pro­be­zeit­be­fris­tung und oh­ne jeg­li­chen Hin­weis dar­auf nicht zu rech­nen. Der Ar­beit­neh­mer muss nicht in Be­tracht zie­hen, dass sich in dem „Klein­ge­druck­ten“ ei­ne Ver­trags­klau­sel be­fin­det, die das zu­vor druck­tech­nisch Her­vor­ge­ho­be­ne in er­heb­li­chem Um­fang ändert, in­dem die Ver­trags­lauf­zeit von ei­nem Jahr auf ein hal­bes Jahr ab­gekürzt wird.

3. Im Übri­gen wäre die Be­fris­tung zum Ab­lauf der Pro­be­zeit - soll­te sie Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den sein - nach § 307 Abs. 1 BGB un­wirk­sam, da die Re­ge­lung in § 1 des Ar­beits­ver­trags dem Trans­pa­renz­ge­bot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht genügt.

Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­wirk­sam, wenn sie den Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen. Ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch dar­aus er­ge­ben, dass die Be­stim­mung nicht klar und verständ­lich ist.

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Nach der Recht­spre­chung des Se­nats muss ei­ne vom Ver­wen­der All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen gewähl­te Be­fris­tungs­ab­re­de we­gen der weit­rei­chen­den wirt­schaft­li­chen Fol­gen, die mit der Be­en­di­gung ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses ver­bun­den sind, den Zeit­punkt der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses für den durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mer hin­rei­chend deut­lich er­ken­nen las­sen (BAG 8. Au­gust 2007 - 7 AZR 605/06 - Rn. 35, EzA Tz­B­fG § 21 Nr. 2).

Dies ist bei der in § 1 des Ar­beits­ver­trags ent­hal­te­nen Be­fris­tungs­ab­re­de nicht der Fall. Ei­ner­seits ist ei­ne Ver­trags­lauf­zeit vom 1. No­vem­ber 2005 bis zum 31. Ok­to­ber 2006 fest­ge­legt. An­de­rer­seits ist be­stimmt, dass das Ar­beits­verhält­nis mit Ab­lauf der sechs­mo­na­ti­gen Pro­be­zeit en­det. Je­de der bei­den Re­ge­lun­gen ist zwar für sich ge­nom­men klar und verständ­lich. Ins­ge­samt be­trach­tet er­ge­ben die Re­ge­lun­gen aber nicht oh­ne wei­te­res ei­nen vernünf­ti­gen Sinn, da durch die Be­fris­tung zum Ab­lauf der sechs­mo­na­ti­gen Pro­be­zeit der zu­vor fest­ge­leg­ten Be­fris­tung für die Dau­er ei­nes Jah­res die Grund­la­ge ent­zo­gen wird.

Ob der Ver­s­toß ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Un­wirk­sam­keit der ge­sam­ten in § 1 des Ar­beits­ver­trags ent­hal­te­nen Be­fris­tungs­ab­re­de, dh. auch der Be­fris­tung zum 31. Ok­to­ber 2006, führt, be­darf kei­ner Ent­schei­dung, da die Kläge­rin die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung zum 31. Ok­to­ber 2006 nicht gel­tend ge­macht hat.

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Dörner 

Gräfl 

Koch

Spie 

Vor­bau

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Nina Wesemann
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