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Mi­nus­stun­den nur bei Ar­beits­kon­to-Ver­ein­ba­rung

Lohn­an­sprü­che kön­nen nur mit Mi­nus­stun­den ver­rech­net wer­den, wenn der Ar­beit­neh­mer ei­nem Ar­beits­zeit­kon­to zu­ge­stimmt hat: Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 15.11.2011, 3 Sa 493/11
Sanduhr mit rotem Sand

17.03.2012. Mit dem Ar­beits­ver­trag stellt der Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­neh­mer ge­gen Be­zah­lung sei­ne Ar­beits­kraft zur Ver­fü­gung. Gibt es kei­ne Ar­beit, ist das das Pro­blem des Ar­beit­ge­bers. Er trägt das recht­li­che und fi­nan­zi­el­le Ri­si­ko, kei­ne Ver­wen­dung für die Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers zu ha­ben. Dann be­fin­det er sich im An­nah­me­ver­zug und muss den Lohn oh­ne Ge­gen­leis­tung zah­len.

Zur Nach­leis­tung der Ar­beit ist der Ar­beit­neh­mer nicht ver­pflich­tet - es sei denn, es wird ein Ar­beits­zeit­kon­to ge­führt. Dann kann Leer­lauf zu Mi­nus­stun­den füh­ren. Der Ar­beit­ge­ber kann dem Ar­beit­neh­mer aber kein Ar­beits­zeit­kon­to und da­mit das Ri­si­ko von Mi­nus­stun­den "auf­drü­cken". Mit ei­nem Ar­beits­zeit­kon­to und der Mög­lich­keit von Mi­nus­stun­den muss sich der Ar­beit­neh­mer ein­ver­stan­den er­klärt ha­ben, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Rhein­land-Pfalz vor kur­zem klar­stellt hat: LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 15.11.2011, 3 Sa 493/11.

Mi­nus­stun­den - auch oh­ne Ein­verständ­nis des Ar­beit­neh­mers mit ei­nem Ar­beits­zeit­kon­to?

Ar­beits­zeit­kon­ten sind bei Ar­beit­ge­bern be­liebt, die ei­nen stark schwan­ken­den Be­darf an der Ar­beits­leis­tung ih­rer Ar­beit­neh­mer ha­ben. Im Ar­beits­zeit­kon­to wird fest­ge­hal­ten, in wel­chem Um­fang der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beits­pflicht erfüllt hat (Plus­stun­den) oder noch erfüllen muss (Mi­nus­stun­den). Sol­che Ar­beits­zeit­re­ge­lun­gen sind kom­pli­ziert, weil sie ge­nau re­geln müssen, wie vie­le Plus- oder Mi­nus­stun­den Ar­beit­neh­mer anhäufen können und was bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­sche­hen soll.

Ar­beits­zeit­kon­ten sol­len dem Ar­beit­ge­ber zwar die Möglich­keit ge­ben, die Ar­beits­kraft sei­nes Ar­beit­neh­mers fle­xi­bel zu nut­zen. Das recht­li­che und wirt­schaft­li­che Ri­si­ko, kei­ne Ver­wen­dung für die Ar­beits­kraft zu ha­ben, bleibt aber wei­ter­hin bei ihm. Ent­schei­det al­lein der Ar­beit­ge­ber über die zeit­li­che La­ge und die Dau­er der Ar­beit und ent­ste­hen da­bei Mi­nus­stun­den, hat der Ar­beit­neh­mer nicht zu we­nig ge­ar­bei­tet, son­dern der Ar­beit­ge­ber zu we­nig Ar­beit zu­ge­wie­sen. Dann ist er mit der An­nah­me der Ar­beits­leis­tung in Ver­zug und muss den Lohn auch oh­ne Ar­beits­leis­tung be­zah­len, und zwar oh­ne Ver­pflich­tung des Ar­beit­neh­mers zur Nach­ar­beit, vgl. § 615 Satz 1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB).

Gibt es we­der ei­ne Ver­ein­ba­rung über ein Ar­beits­zeit­kon­to noch über ei­ne be­stimm­te Jah­res- oder Mo­nats­ar­beits­zeit, son­dern enthält der Ar­beits­ver­trag nur ei­ne "klas­si­sche" 40-St­un­den-Wo­che, hat der Ar­beit­neh­mer kei­nen Ein­fluss auf die Ver­tei­lung sei­ner Ar­beits­zeit. Dann kann sich ein vom Ar­beit­ge­ber geführ­tes „Ar­beits­zeit­kon­to“ als Luft­num­mer ent­pup­pen.

LAG Rhein­land-Pfalz: Ar­beits­zeit­kon­to mit der Möglich­keit von Mi­nus­stun­den nur mit dem OK des Ar­beit­neh­mers

Die Ar­beit­neh­me­rin ei­ner öffent­li­chen Ba­de­an­stalt hat­te gemäß Ar­beits­ver­trag 40 St­un­den pro Wo­che zu ar­bei­ten und be­zog dafür ein fes­tes Mo­nats­ge­halt. Ein Ar­beits­zeit­kon­to hat­ten die Par­tei­en nicht ver­ein­bart. Trotz­dem er­stell­te die Ba­de­an­stalt Jah­res­dienst­pläne und ver­buch­te „Mi­nus­stun­den“ für die Win­ter­mo­na­te, in de­nen we­ni­ger Arn­beit an­fiel als im Som­mer und die re­gelmäßige Ar­beits­zeit da­her un­ter­schrit­ten wurd. Aus­ge­zahlt wur­de aber stets das ver­trags­gemäße Ge­halt. Am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses be­hielt die Ba­de­an­stalt knapp ein Mo­nats­ge­halt für auf­ge­lau­fe­ne Mi­nus­stun­den ein.

Die Fach­an­ge­stell­te klag­te auf Zah­lung und ge­wann vor dem Ar­beits­ge­richt Mainz (Ur­teil vom 21.07.2011, 9 Ca 2529/10) und auch vor dem LAG. Denn die Ba­de­an­stalt hätte von der ver­ein­bar­ten 40-St­un­den-Wo­che nur mit dem Ein­verständ­nis der Ar­beit­neh­me­rin ab­wei­chen dürfen. Es genügte nicht, dass die Ar­beits­zeit­kon­ten im Be­trieb "üblich" wa­ren und die Ar­beit­neh­me­rin der Er­fas­sung ih­rer Ar­beits­zei­ten mit Hil­fe des Ar­beits­zeit­kon­tos nicht wi­der­spro­chen hat­te. Die Ba­de­an­stalt be­fand sich je­de Wo­che im An­nah­me­ver­zug, in der sie die Ar­beit­neh­mern nicht für 40 St­un­den zur Ar­beit her­an­ge­zo­gen hat­te. Die mühse­li­ge und lie­be­vol­le Auf­lis­tung von "Mi­nus­stun­den“ war recht­lich be­deu­tungs­los.

Fa­zit: Ar­beits­zeit­kon­ten müssen aus­drück­lich ver­ein­bart wer­den, da kon­kret ge­re­gelt wer­den muss, wie „Mi­nus­stun­den“ ent­ste­hen und aus­ge­gli­chen wer­den können und wel­che Ar­beits­zeit­ver­tei­lung möglich ist. Gibt es kei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung, ist der Ar­beit­ge­ber ist nicht zur Ver­rech­nung des re­gulären Lohns mit sog. Mi­nus­stun­den be­rech­tigt, wenn der Ar­beit­neh­mer die ver­ein­bar­te Wo­chen­ar­beits­zeit aus be­trieb­li­chen Gründen un­ter­schrit­ten hat.

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Letzte Überarbeitung: 16. November 2020

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