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Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt wurden
28.10.2013. Gemäß § 131 Abs.1 Insolvenzordnung (InsO) kann der Insolvenzverwalter Lohnzahlungen, die der Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Titels durch eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung erlangt hat, im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers wieder herausverlangen.
Voraussetzung dafür ist, dass der per Zwangsvollstreckung durchgesetzte Lohnzufluss im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag oder später erfolgt ist (§ 131 Abs.1 Nr.1 InsO) oder aber im zweiten oder dritten Monat vor dem Insolvenzantrag, falls der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war (§ 131 Abs.1 Nr.2 InsO).
Fraglich ist, ob der Insolvenzverwalter bei der Ausübung seines Anfechtungsrechts tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen beachten muss. Nein, das muss er nicht, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer Entscheidung vom Donnerstag letzter Woche: BAG, Urteil vom 24.10.2013, 6 AZR 466/12.
- Muss der Insolvenzverwalter bei der Ausübung seines Anfechtungsrechts Ausschlussfristen beachten?
- Der Fall des BAG: Arbeitnehmerin ist mit der Zwangsvollstreckung 2007 erfolgreich und soll den beigetriebenen Lohn 2010 an den Verwalter erstatten
- BAG: Lohnzahlungen, die kurz vor der Arbeitgeberinsolvenz per Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden, kann der Verwalter ohne Rücksicht auf Ausschlussfristen anfechten
Muss der Insolvenzverwalter bei der Ausübung seines Anfechtungsrechts Ausschlussfristen beachten?
Wenn eine kurz vor Toresschluss zulasten der Insolvenzmasse geflossene Zahlung aufgrund der gesetzlichen Vorschriften über die Insolvenzanfechtung anfechtbar ist, hat der Insolvenzverwalter einen Rückforderungsanspruch gemäß § 143 Abs.1 InsO. Danach muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners "veräußert, weggegeben oder aufgegeben" wurde.
Besteht aus Sicht des Verwalters ein solches Rückforderungsrecht, fordert er den Empfänger zunächst schriftlich zur Rückzahlung auf. Hilft das nicht, kann er auf Rückzahlung klagen.
Fraglich ist, ob der Verwalter dabei tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen einhalten muss. Da diese meist sehr kurz sind, kämen rückzahlungspflichtige Arbeitnehmer in vielen Fällen ungeschoren davon, denn der Insolvenzverwalter muss sich erst einmal in die Finanz- und Lohnbuchhaltung des insolventen Betriebs einarbeiten, und das braucht seine Zeit.
Gegen eine Anwendung von Ausschlussfristen auf den Rückforderungsanspruch gemäß § 143 Abs.1 InsO spricht, dass dieser Anspruch aus einem nicht zum Arbeitsrecht gehörenden Gesetz folgt, während tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen immer nur Ansprüche "aus dem Arbeitsverhältnis" betreffen.
Daher hat das BAG bereits 2003 entschieden, dass Ausschlussfristen auf den gesetzlichen Rückforderungsanspruch aus einer Insolvenzanfechtung nicht anwendbar sind (BAG, Urteil vom 19.11.2003, 10 AZR 110/03).
Trotz dieses Urteils ist diese Frage im letzten Jahr wieder streitig geworden. Einige Landesarbeitsgerichte (LAGs) folgen dem o.g. Urteil des BAG aus dem Jahre 2003. Andere LAGs dagegen argumentieren, dass der Verwalter durch die Insolvenzeröffnung ja die Arbeitgeberrolle übernimmt und daher Tarife und Arbeitsverträge anwenden muss. Daher sollen auch Rückforderungsansprüche aus einer Insolvenzanfechtung Ausschlussfristen unterliegen.
Der Fall des BAG: Arbeitnehmerin ist mit der Zwangsvollstreckung 2007 erfolgreich und soll den beigetriebenen Lohn 2010 an den Verwalter erstatten
Eine Arbeitnehmerin klagte mit Erfolg rückständigen Lohn für November und Dezember 2006 ein und betrieb aus dem Urteil im März 2007 die Zwangsvollstreckung. Dadurch konnte sie am 02. und am 19.03.2007 insgesamt 1.991,68 EUR beitreiben.
Am 10.05.2007 stellte der Arbeitgeber Insolvenzantrag. Am 01.07.2007 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Knapp drei Jahre später, am 23.04.2010, berief sich der Insolvenzverwalter darauf, dass die im März 2007 per Zwangsvollstreckung erlangten 1.991,68 EUR der Insolvenzanfechtung unterlägen und forderte die Arbeitnehmerin zur Rückzahlung auf.
Die Arbeitnehmerin verklagte daraufhin den Verwalter auf Feststellung, dass ein Rückforderungsrecht nicht bestehe. Der Verwalter verlangte im Wege der Widerklagte Zahlung der 1.991,68 EUR, woraufhin die Arbeitnehmerin ihre Klage nicht weiter verfolgte.
Mit seiner Zahlungsklage hatte der Verwalter vor dem Arbeitsgericht Nürnberg Erfolg (Urteil vom 13.04.2011, 7 Ca 5449/10), unterlag aber vor dem LAG Nürnberg (LAG Nürnberg, Urteil vom 30.04,2012, 7 Sa 557/11).
Denn das LAG meinte, der Verwalter hätte hier eine tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten zur Klageerhebung beachten müssen, tatsächlich aber versäumt.
Außerdem war das LAG der Ansicht, es liege trotz der von der Arbeitnehmerin betriebenen Zwangsvollstreckung kein Fall des § 131 Abs.1 Nr.2 InsO vor. Damit stellt sich das LAG gegen die herrschende Meinung, der zufolge die Forderungsdurchsetzung per Zwangsvollstreckung eine Erfüllungshandlung ist, die der Gläubiger (Arbeitnehmer) "nicht in der Art" (§ 131 Abs.1 Eingangssatz InsO) beanspruchen kann, so dass § 131 Abs.1 InsO auf Zwangsvollstreckungen anwendbar ist. Das sieht das LAG anders.
BAG: Lohnzahlungen, die kurz vor der Arbeitgeberinsolvenz per Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden, kann der Verwalter ohne Rücksicht auf Ausschlussfristen anfechten
Wie nicht anders zu erwarten war, hat das BAG hier nicht mitgemacht und die Entscheidung des LAG aufgehoben. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Eine im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Forderungserfüllung erfolgt nicht „in der Art“, wie sie der Arbeitnehmer als Gläubiger zu beanspruchen hat, so das BAG. § 131 Abs.1 Nr.2 InsO war daher auf den vorliegenden Fall anzuwenden.
Außerdem bekräftigt das BAG seine Rechtsprechung, nach der Rückforderungsanspruch des Insolvenzverwalters keinen tariflichen Ausschlussfristen unterfällt. Denn insolvenzrechtlichen Anfechtungsregelungen sind zwingendes Recht, in das die Tarifvertragsparteien nicht eingreifen dürfen.
Fazit: Die Entscheidung klingt härter als sie ist. Denn abgesehen von Fällen einer erfolgreichen Zwangsvollstreckung "kurz vor Toresschluss" können Arbeitnehmer Zahlungen ihres kurz darauf insolventen Arbeitgebers in den allermeisten Fällen endgültig behalten, d.h. vorinsolvenzliche Lohnzahlungen sind praktisch immer vor einer Insolvenzanfechtung sicher.
So hat das BAG bereits 2011 entschieden, dass es auf die (ohnehin für Arbeitnehmer harmlose) Rückforderungsvorschrift des § 130 InsO ("kongruente Deckung") von vornherein nicht ankommt, wenn der Arbeitgeber freiwillig Arbeitsleistungen bezahlt, die nicht länger als drei Monate zurückliegen, denn solche Zahlungen sind laut BAG Bargeschäfte im Sinne von § 142 InsO.
Echte Probleme kann es daher praktisch nur nach erfolgreichen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung geben, aber hier sind Arbeitnehmer meist anwaltlich vertreten. Aufgabe der Anwälte ist es dann, das Insolvenzverfahren terminlich zu beobachten und ggf. früh mit dem Verwalter zu sprechen. Einzelheiten dazu finden Sie auf dieser Webseite unter "Handbuch Arbeitsrecht: Insolvenz des Arbeitgebers".
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.10.2013, 6 AZR 466/12 (BAG-Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 30.04,2012, 7 Sa 557/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Insolvenz des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnrückstand - Arbeitnehmerrechte
- Handbuch Arbeitsrecht: Zahlungsverzug des Arbeitgebers
- Tipps und Tricks: Was tun bei Lohnrückstand?
- Arbeitsrecht aktuell: 14/208 Insolvenzanfechtung von Arbeitslohn verfassungsgemäß
- Arbeitsrecht aktuell: 14/105 Gehaltsrückforderung durch Insolvenzverwalter weiter begrenzt
- Arbeitsrecht aktuell: 13/347 Rückzahlung von Arbeitslohn an den Insolvenzverwalter
- Arbeitsrecht aktuell: 11/195 Lohnansprüche bei Insolvenz - BAG begrenzt Insolvenzanfechtung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/002 Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen in aller Regel ungefährlich
- Arbeitsrecht aktuell: 09/217 Arbeitsentgelt in der Insolvenz: Anfechtung durch Insolvenzverwalter in der Regel erfolglos
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 28. Oktober 2016
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