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Europarecht und Urlaubsanspruch: Urlaubsanspruch darf nicht von Mindestarbeitszeit abhängen
Anfang 2009 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der Urlaubsanspruch auch besteht bzw. fortbesteht, wenn Arbeitnehmer lange krank sind und daher im ganzen Urlaubsjahr (Januar bis Dezember) nicht gearbeitet haben (Urteil vom 20.01.2009, C-350/06 - Schultz-Hoff). In einem französischen Rechtsstreit, der dem EuGH derzeit vorliegt, geht es u.a. darum, ob eine Arbeitnehmerin Urlaub verlangen kann, obwohl sie unfallbedingt ein ganzes Kalenderjahr krank war. Nach französischem Gesetzesrecht besteht der Anspruch nicht, und das französische Gesetzesrecht verstößt daher (ziemlich klar) gegen das Europarecht.
Aber was folgt daraus? Müssen die französischen Gerichte jetzt der Arbeitnehmerin recht geben, d.h. deren privaten Arbeitgeber zur Urlaubsgewährung verurteilen, auch wenn die französischen Gesetze das gar nicht vorsehen? Geht das Europarecht bzw. Art.7 Abs.1 der Richtlinie 2003/88/EG dem französischen Gesetzesrecht vor oder muss dieses Gesetzesrecht "nur" geändert werden, weil es gegen das Europarecht verstößt? Zu diesen Fragen hat sich die Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Verica Trstenjak jetzt geäußert (Schlussanträge vom 08.09.2011, Rs C-282/10 - Dominguez).
- Frankreichs Urlaubsrecht verstößt gegen Unionsrecht - und nun?
- Generalwältin Trstenjak: Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen sich auch auf Gesetze verlassen können, die gegen Europarecht verstoßen
Frankreichs Urlaubsrecht verstößt gegen Unionsrecht - und nun?
In Frankreich entsteht ein Anspruch auf Urlaub nur, wenn der Arbeitnehmer eine gewisse „effektive Arbeitszeit“ geleistet hat. Sind Arbeitnehmer länger als ein Jahr arbeitsunfähig, haben sie keinen Anspruch auf Jahresurlaub.
Das widerspricht der Richtlinie 2003/88/EG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH, v.a. dem Schultz-Hoff-Urteil. Danach darf der Mindesturlaub von vier Wochen nicht von einer Mindestarbeitszeit im Urlaubsjahr abhängig sein. Aber können sich lange erkrankte Arbeitnehmer gegenüber ihren Arbeitgebern auf das Europarecht berufen? Die EuGH-Generalanwältin Trstenjak meint nein (Schlussanträge vom 08.09.2011, Rs. C-282/10, Dominguez).
Generalwältin Trstenjak: Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen sich auch auf Gesetze verlassen können, die gegen Europarecht verstoßen
Frau Dominquez, Arbeitnehmerin bei einem privaten Arbeitgeber, war unfallbedingt über ein Jahr lang arbeitsunfähig. Deshalb kam es mit ihrem Arbeitgeber zum Streit über den ihr zustehenden Urlaub. Die französischen Gerichte lehnten den Urlaubsanspruch unter Hinweis auf die Gesetzeslage ab. Der Kassationsgerichtshof legte dem EuGH schließlich die Frage vor, ob es das gegen Unionsrecht verstoßende französische Recht nicht anwenden soll.
Frau Trstenjak stellt klar, dass das französische Urlaubsrecht gegen das Europarecht verstößt und weist darauf hin, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein wichtiger Grundsatz des Europarechts ist. Trotzdem schlägt sie dem EuGH vor, dem französischen Kassationsgerichtshof nicht vorzugeben, die französischen Gesetzes wegen dieses EU-Rechts-Verstoßes unangewendet zu lassen. Folgt der EuGH dem, stünde zwar fest, dass das franzöische Urlaubsrecht gegen das Europarecht verstößt, doch würde Frau Dominguez ihren Prozess trotzdem verlieren.
Dabei setzt sich die Generalanwältin mit der begrenzten Bedeutung von EU-Richtlinien auseinander, die sich nur an die EU-Mitgliedsstaaten richten, nicht aber an deren Bürger. Verstoßen EU-Länder gegen Richtlinien, drohen Sanktionen, doch bleiben die europarechtswidrigen Gesetze erst einmal weiter in Kraft.
Der EuGH hatte zwar in einigen Fällen, in denen es um das Verbot der Altersdiskriminierung ging, mit allgemeinen "Grundsätzen des Europarechts" argumentiert und behauptet, sie gingen den Gesetzen der EU-Mitgliedsstaaten vor (so zuletzt mit Urteil vom 19.01.2010, C-555/07, Kücükdeveci). Frau Trstenjak plädiert aber dafür, diese Rechtsprechung nicht weiter auszubauen und jedenfalls nicht auf das Urlaubsrecht zu übertragen.
Fazit: Folgt der EuGH der Generalanwältin, würde er hier im Streitfall (und künftig generell?) nicht (mehr) so stark in die Rechtsordnungen der EU-Länder hineinregieren. Das käme der Rechtssicherheit zugute. Denn viele Gesetze widersprechen der einen oder anderen EU-Richtlinie, doch woran sollen sich die EU-Bürger halten wenn nicht an die Gesetze ihrer Länder? Hinken diese dem EU-Recht hinterher, müssen Gesetzesänderungen her.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Generalanwältin beim EuGH Trstenjak, Schlussanträge vom 08.09.2011, C-282/10 (Dominguez)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 19.01.2010, C-555/07 (Kücükdeveci)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20.01.2009, C-350/06 und C-520/06 (Schultz-Hoff)
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub und Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/320 Altersdiskriminierung und Kündigungsfrist
- Arbeitsrecht aktuell: 14/022 Mitbestimmung und Europarecht
- Arbeitsrecht aktuell: 12/041 Das Europarecht schreibt einen Mindesturlaub von vier Wochen vor - ohne jährliche Mindestarbeitszeit
- Arbeitsrecht aktuell: 10/018 Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer
- Arbeitsrecht aktuell: 09/057 Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes entsprechend dem Schultz-Hoff-Urteil des EuGH
- Arbeitsrecht aktuell: 08/099 Die „Mangold-Rechtsprechung“ des EuGH und des BAG auf den Prüfstand des Verfassungsrechts
Hinweis: In der Zwischenzeit hat sich der EuGH den Vorschlägen der Generalanwältin Trstenjak angeschlossen und klargestellt, dass das Europarecht zwar einen vierwöchigen Mindesturlaub vorschreibt, der von Mindestarbeitszeiten nicht abhängen darf, dass aber das von diesen Anforderungen des EU-Rechts abweichende französische Gesetzesrecht in Frankreich trotzdem zwischen Privatpersonen angewandt werden muss. Informationen zu dieser EuGH-Entscheidung finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 24.01.2012, C-282/10 (Dominguez)
- Arbeitsrecht aktuell: 12/041 Das Europarecht schreibt einen Mindesturlaub von vier Wochen vor - ohne jährliche Mindestarbeitszeit
Letzte Überarbeitung: 4. Juni 2019
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