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Vorsitzender der Einigungsstelle - Teil II
Die Kammer steht mit ihrer Entscheidung zwar nicht allein dar, die Frage ist aber zwischen den verschiedenen Gerichten umstritten. Nun hat die sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg einen weiteren - überraschenden - Beitrag zu dem Streit geleistet, LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.06.2010, 6 TaBV 901/10.
- Einsetzung einer Einigungsstelle und Rolle des Vorsitzenden
- Der Fall: Streit über den Vorsitzenden einer Einigungsstelle "Fälligkeit der Vergütung"
- Sechste Kammer des LAG Berlin-Brandenburg: Windhundprinzip? Nicht mit uns!
Einsetzung einer Einigungsstelle und Rolle des Vorsitzenden
Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebsparteien, also Arbeitgeber und Betriebsrat, sieht § 76 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die Bildung einer Einigungsstelle vor. Sie besteht aus Beisitzern und einem Vorsitzenden. Jede Betriebspartei stellt die gleiche Anzahl Beisitzer. Auf den Vorsitzenden müssen sie sich einigen. In aller Regel wird ein Arbeitsrichter gewählt.
Der Vorsitzende ist nicht nur Leiter der Einigungsstelle, er kann auch zum Zünglein an der Waage werden: Einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht, dann fällen die Beisitzer eine Entscheidung. Da die Beisitzer naturgemäß für ihre jeweilige Partei abstimmen, kommt es dabei regelmäßig zu Stimmengleichheit. Für diesen Fall schreibt § 76 Abs.3 S.2 Halbs.2 BetrVG vor, dass der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Entscheidung teilnimmt. Seine Stimme ist damit typischerweise ausschlaggebend.
Jede Betriebspartei möchte daher "ihren" Vorsitzenden durchsetzen. Wenn keine Einigung erzielt wird, dann kann die Einigungsstelle in einem zügig ausgestalteten Verfahren auf Antrag einer der Parteien gemäß § 98 Abs.1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) vom Arbeitsgericht bestellt werden. Gesetzlich geregelt ist jedoch nicht, nach welchen Kriterien die gerichtliche Bestellung erfolgen soll.
Da das Einigungsstellenverfahren nur über zwei Instanzen geführt werden kann (vgl. § 98 Abs.2 S.4 ArbGG), ist das jeweilige Landesarbeitsgericht (LAG) die letzte Instanz. Deshalb ist die Rechtsprechung zu den maßgeblichen Kriterien uneinheitlich.
Das LAG Hamburg und das LAG Bremen meinen, der Vorschlag des Antragsstellers sei grundsätzlich entscheidend. Nur ausnahmsweise, wenn erhebliche Gründe vorliegen, könne von ihm abgewichen werden. Letztlich ist hier also ausschlaggebend, ob Betriebsrat oder Arbeitgeber schneller vor Gericht gehen. Auch die zehnte Kammer des "neuen" LAG Berlin-Brandenburg ist dieser Auffassung (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 10/059 Vorsitzender für Einigungsstelle).
Diese als "Windhundprinzip" oder "Müllerprinzip" (Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.) bezeichnete Ansicht wird vom LAG Schleswig-Holstein, vom LAG Baden-Württemberg und vom LAG Rheinland-Pfalz nicht geteilt. Die sechste Kammer des "alten" LAG Berlin war ebenfalls dieser Auffassung. Diese Gerichte bevorzugen bzw. bevorzugten einen neutralen Vorsitzenden. Nun entschied erneut das "neue" LAG Berlin-Brandenburg über den Streit, dieses Mal allerdings die sechste Kammer (Beschluss vom 04.06.2010, 6 TaBV 901/10).
Der Fall: Streit über den Vorsitzenden einer Einigungsstelle "Fälligkeit der Vergütung"
Zwischen den Arbeitgeberinnen eines Berliner Unternehmens und ihrem Betriebsrat gab es Streit über das Thema "Fälligkeit der Vergütung". Für die Besetzung der notwendig gewordenen Einigungsstele schlug der Betriebsrat einen Berliner Arbeitsrichter vor. Die Arbeitgeberinnen hingegen wollten die Position - vermutlich ebenfalls aus taktischen Gründen - mit einem Arbeitsrichter besetzen, der niemals am Berliner Arbeitsgericht tätig war. Der Betriebsrat setzte eine Frist.
Die Arbeitgeberinnen kannten die jüngste Rechtsprechung der zehnten Kammer des LAG Berlin-Brandenburg offenbar sehr gut - einen Tag vor Ablauf der gesetzten Frist riefen die Arbeitgeberinnen das Arbeitsgericht Berlin an und schlugen den Vorsitzenden ihrer Wahl vor. Der Betriebsrat reagierte mit einem Widerantrag, in dem er seinen eigenen Vorsitzenden benannte.
Das Arbeitsgericht Berlin entschied, dass der zuerst vorgeschlagene Kandidat gerichtlich zu bestimmen sei. Es bezog sich damit aber überraschenderweise nicht auf den Kandidaten, der zuerst vor Gericht (also im Antrag) namentlich benannt wurde, sondern auf den Vorsitzenden, der außergerichtlich zuerst erwähnte wurde. Statt Neutralität oder gerichtlichem Windhundprinzip entschied es sich damit für ein außergerichtliches Windhundprinzip.
Trotz des (Erst-)Antrags der Arbeitgeberinnen gewann folglich in erster Instanz der Betriebsrat, denn er hatte außergerichtlich den ersten Vorschlag unterbreitet und die Arbeitgeberinnen gegen diesen keine vernünftigen Argumente vorgebracht.
Die Arbeitgeberinnen, ganz im Vertrauen auf das LAG Berlin-Brandenburg, legten Rechtsmittel ein.
Der Betriebsrat argumentierte hier sinngemäß, da der Arbeitgeber stets die Kosten von gerichtlichen Verfahren mit dem Betriebsrat zu tragen hat, sei er motiviert, zuerst vor Gericht zu gehen. Das "Windhundprinzip" sei daher eigentlich ein "Arbeitgeberprinzip".
Sechste Kammer des LAG Berlin-Brandenburg: Windhundprinzip? Nicht mit uns!
Die sechste Kammer des LAG Berlin-Brandenburg wandte sich gegen die zehnte Kammer und entschied sich pro Neutralität (Beschluss vom 04.06.2010, 6 TaBV 901/10).
Im Bestellungsverfahren sind die entscheidenden Gerichte nicht an die Anträge gebunden. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 76 Abs.2 S.2 BetrVG und dem Zweck des Verfahrens.
Deshalb, so die sechste Kammer "kann es auch nicht darauf ankommen, welche Seite nach dem sog. Windhundprinzip zuerst einen Einsetzungsantrag bei Gericht angebracht oder etwa schon bei den vorangegangenen Verhandlungen einen personellen Vorschlag unterbreitet hat. Dies muss selbst dann gelten, wenn die Gegenseite keine konkreten Bedenken gegen die vorgeschlagene Person geltend gemacht hat ... Denn die Vorschläge beider Seiten sind Ausdruck besonderen Vertrauens, das zugleich für die jeweils andere Seite einen entsprechenden Vorbehalt gegen die vorgeschlagene Person zu begründen pflegt, den es zu respektieren gilt. Nur so lässt sich die erforderliche Akzeptanz eines notfalls stimmberechtigten Verhandlungsführers erreichen, dessen vornehmliche Aufgabe darin besteht, eine Einigung herbeizuführen ... und eine unnötige Belastung des nachfolgenden Verfahrens vor der Einigungsstelle vermeiden ... Damit wird zugleich einer sonst zu befürchtenden Diskreditierung der Kandidaten beider Seiten vorgebeugt ... Diesen Aspekten Rechnung zu tragen, erscheint vordringlicher, als einem latenten Vorwurf der Pfründenwirtschaft innerhalb der Richterschaft im Wege wechselseitiger Einsetzungen ... Rechnung tragen zu wollen."
Folglich entschied sich das Gericht für einen Kandidaten, den weder Arbeitgeberinnen noch Betriebsrat vorgeschlagen hatten. Dieser stammte übrigens aus Berlin. Den allgemeinen und nicht näher begründeten Wunsch der Arbeitgeberinnen nach einem ortsfremden Richter hielt die sechste Kammer für rechtlich bedeutungslos.
Fazit: Zwei Kammern, zwei Meinungen. Der sicherste Weg in Berlin bleibt damit grundsätzlich weiter das (gerichtliche) Windhundprinzip. Vielleicht bekommt die beantragende Betriebspartei auf diese Weise nicht mehr ihren Wunschvorsitzenden. Sie kann aber immerhin jedenfalls verhindern, dass die andere Betriebspartei ihren Kandidaten durchsetzt.
Diese taktische Möglichkeit ist zugleich der größte Kritikpunkt an der "Neutralitätslösung". Ob nämlich ein ursprünglich von niemandem gewollter Verhandlungsführer tatsächlich "die erforderliche Akzeptanz" erreichen kann, ist zumindest ähnlich zweifelhaft wie die Entscheidung für einen der vorgeschlagenen Kandidaten.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.06.2010, 6 TaBV 901/10
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2010, 10 TaBV 2829/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Einigungsstelle
- Arbeitsrecht aktuell: 17/302 Vergütung externer Beisitzer der Einigungsstelle
- Arbeitsrecht aktuell: 11/063 Vorsitzender der Einigungsstelle - wer wirds?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/241 LAG Hamm folgt Windhundprinzip bei Streit um Vorsitzenden einer Einigungsstelle
- Arbeitsrecht aktuell: 10/059 Vorsitzender für Einigungsstelle
Letzte Überarbeitung: 21. Dezember 2017
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