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Vorsitzender für Einigungsstelle
Mit der vorliegenden Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg klargestellt, dass das Arbeitsgericht im Verfahren über die Besetzung der Einigungsstelle in der Regel an diese zuerst gemachten personellen Vorschläge einer Betriebspartei gebunden ist: LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2010, 10 TaBV 2829/09.
- Einsetzung einer Einigungsstelle und Rolle des Vorsitzenden
- Der Fall des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg: Betriebsrat beantragt Einsetzung einer Einigungsstelle. Arbeitgeber auch mit dem vorgeschlagenen Vorsitzenden nicht einverstanden
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Vorgeschlagener Vorsitzender ist zu bestellen
Einsetzung einer Einigungsstelle und Rolle des Vorsitzenden
Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sieht § 76 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die Bildung einer Einigungsstelle vor. Sie besteht aus Beisitzern, die in gleicher Anzahl vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf den sich beide Seiten einigen sollen. Der Vorsitzende ist in aller Regel ein Richter am Arbeitsgericht, am Landesarbeitsgericht oder – dies aber nur in seltenen Ausnahmefällen mit außergewöhnlich großer wirtschaftlicher oder politischer Bedeutung - ein Richter am Bundesarbeitsgericht.
Die Auswahl des Vorsitzenden ist eine heikle Angelegenheit, denn der Vorsitzende hat oft wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis des Einigungsstellenverfahrens.
Zunächst nämlich verhandeln Arbeitgeber und Betriebsrat „nur“ unter Moderation des Einigungsstellenvorsitzenden, d.h. sie stellen Forderungen auf und begründen diese, während der Vorsitzende zuhört und die Argumente sammelt und sichtet. Die Aufgabe des Vorsitzenden in diesem Stadium der Verhandlungen ist vergleichbar mit der des Richters im arbeitsgerichtlichen Gütetermin: Es gibt zwar keine rechtliche Pflicht bzw. keinen Zwang, sich zu einigen, doch wäre dies beiden Streitparteien zu raten, um im Rahmen einer gütlichen Einigung ihre Vorstellungen bestmöglich durchzusetzen. Je nachdem, wie der Vorsitzende die beiderseitigen Forderungen bewertet und je nachdem, welche konkreten Vorschläge er selbst bereits macht, kann er der einen oder anderen Konfliktpartei helfen oder schaden.
Kommt es im Einigungsstellenverfahren nicht zu einer gütlichen Einigung, d.h. zu einer „freiwilligen“ Betriebsvereinbarung oder Regelungsabsprache, fällt die Einigungsstelle einen Spruch. Dieser ersetzt in den Fällen der erzwingbaren Mitbestimmung in sozialen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten die fehlende Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Da beide Betriebspartner in der Einigungsstelle mit derselben Anzahl von Beisitzern bzw. Stimmen vertreten sind, kommt es im ersten Abstimmungsgang oft zur Stimmengleichheit.
Für diesen Fall schreibt § 76 Abs.3 S.2 Halbs.2 BetrVG vor, dass der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teilnimmt. In diesem Fall hat er unmittelbaren Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens, da er den Spruch der Einigungsstelle durch seine Stimme maßgeblich beeinflusst.
Einigen sich die Betriebsparteien nicht auf die Errichtung einer Einigungsstelle und/oder auf die Person des Vorsitzenden, kann die Einigungsstelle in einem zügig ausgestalteten Verfahren auf Antrag einer Betriebspartei gemäß § 98 Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) vom Arbeitsgericht bestellt werden. Damit das Besetzungsverfahren schnell erledigt werden kann, kann der Antrag auf Einigungsstellenbesetzung wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur zurückgewiesen werden, wenn die Unzuständigkeit „offensichtlich“ ist (§ 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Gesetzlich nicht geregelt ist die Frage, wie zu entscheiden ist, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat (auch) über die Person des Vorsitzenden streiten.
Da Einigungsstellenbesetzungsverfahren nur über zwei Instanzen geführt werden können bzw. das Landesarbeitsgericht (LAG) letzte Instanz ist (§ 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG), gibt es hier keine vom Bundesarbeitsgericht (BAG) geprägte einheitliche Rechtsprechung. Das LAG Hamburg und das LAG Bremen sind der Ansicht, dass von einem personellen Vorschlag des Antragstellers (meist ist das der Betriebsrat) nur bei erheblichen Gründen abgewichen werden kann, z.B. bei Befangenheit des vorgeschlagenen Vorsitzenden. Demgegenüber meinen das LAG Schleswig-Holstein und das LAG Baden-Württemberg, dass bei Streitigkeiten über die Person des Vorsitzenden eine von keinem Beteiligten genannte dritte Person zu bestellen ist.
Zu dieser Streitfrage hat sich nunmehr das LAG Berlin-Brandenburg geäußert (Beschluss vom 22.01.2010, 10 TaBV 2829/09).
Der Fall des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg: Betriebsrat beantragt Einsetzung einer Einigungsstelle. Arbeitgeber auch mit dem vorgeschlagenen Vorsitzenden nicht einverstanden
Der in der Filiale eines Einzelhandelsunternehmens bestehende Betriebsrat und der Arbeitgeber stritten über die vom Betriebsrat verlangte Einsetzung einer Einigungsstelle. Sie sollte über die Auszahlungsmodalitäten einer tariflichen Leistung entscheiden. Der Arbeitgeber meinte, eine Vereinbarung der Betriebsparteien zu diesem Thema sei wegen einer abschließenden tariflichen Regelung rechtlich nicht möglich.
Der Betriebsrat zog vor das Arbeitsgericht Berlin und beantragte gemäß § 98 Abs. 1 ArbGG die Einigungsstelle einzusetzen zu dem Thema „Ausgestaltung der Zahlungsmodalitäten bei der Umsetzung des Tarifvertrages zur befristeten Vorsorgeleistung zwischen dem Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V. und der Gewerkschaft ver.di vom 04.09.2008“. Außerdem beantragte der Betriebsrat, einen Richter am Arbeitsgericht a.D. zum Einigungsstellenvorsitzenden zu bestellen. Mit diesen Anträgen hatte er in erster Instanz Erfolg (Arbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 30.11.2009, 19 BV 20301/09).
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Vorgeschlagener Vorsitzender ist zu bestellen
Das LAG wies die Beschwerde des Arbeitgebers zurück (Beschluss vom 22.01.2010, 10 TaBV 2829/09). Die Einigungsstelle wurde wie von dem Betriebsrat beantragt unter Vorsitz des ehemaligen Richters am Arbeitsgericht eingesetzt.
Dabei berücksichtigt das LAG die Gefahr, dass beide Betriebsparteien nach dem Müllerprinzip verfahren, d.h. nach dem Motto „wer zuerst kommt, mahlt zuerst!“, und daher möglicherweise vorschnell die gerichtliche Einsetzung der Einigungsstelle beantragen.
Andererseits ist diese Gefahr nicht Grund genug, um von der Bindung des Gerichts an die Anträge der Prozessbeteiligten abzusehen, die auch im Beschlussverfahren und damit auch im Einigungsstellenbesetzungsverfahren gilt. Und wenn es, so das LAG, keine sachlichen Bedenken gegen den von einer Partei vorgeschlagenen Vorsitzenden gibt, dann gibt es auch keinen vom Gericht zu beachtenden Grund, ihn nicht zu bestellen.
Außerdem, so das LAG, entgeht das Arbeitsgericht durch die Stattgabe des auf eine bestimmte Person gerichteten Antrags dem Verdacht, selbst eigene Interessen zu verfolgen, indem es eine dritte Person bestellt. Ein solcher Rückgriff auf einen Dritten wäre für die Parteien nicht transparent und könnte den Verdacht aufkommen lassen, dass sich die Arbeitsrichter gegenseitig zu Einigungsstellenvorsitzenden bestellen, nach der Devise „Gibst du mir eine Einigungsstelle, gebe ich dir auch eine.“.
Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber keine Tatsachen vorgetragen, die Misstrauen gegen den vom Betriebsrat vorgeschlagenen Vorsitzenden und damit dessen Ablehnung rechtfertigen würden. Die vom Arbeitgeber hier angeführten Bedenken, er stehe rechtlich und politisch im Arbeitnehmerlager, ließ das LAG nicht gelten.
Fazit: Lehnt der Arbeitgeber eine vom Betriebsrat verlangte Einigungsstelle ab, muss er befürchten, dass der Betriebsrat ein gerichtliches Einigungsstellenbesetzungsverfahren in Gang setzt. In einem solchen Fall wird der Betriebsrat, jedenfalls nach der Rechtsprechung einiger Landesarbeitsgerichte und nunmehr auch des LAG Berlin-Brandenburg, im Obsiegensfall auch den von ihm gewünschten Vorsitzenden durchbringen.
Hat der Arbeitgeber keinen Grund für die Hoffnung, der Besetzungsantrag des Betriebsrats werde wegen „offensichtlicher Unzuständigkeit“ der Einigungsstelle zurückgewiesen, sollte er sich nicht länger darum verkämpfen, die Einigungsstelle abzuwehren, sondern sich mit dem Betriebsrat „freiwillig“ und rasch auf einen Vorsitzenden einigen. Ein weiteres Aussitzen des Problems kann ansonsten zur Folge haben, dass der Einigungsstellenbesetzungsantrag des Betriebsrats aufgrund des Müllerprinzips zum Durchmarsch wird bzw. zum Desaster für den Arbeitgeber.
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Letzte Überarbeitung: 9. Juni 2014
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