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Hessisches LAG, Urteil vom 05.12.2013, 9 Sa 592/13
Schlagworte: | Betriebliche Altersversorgung, Betriebsrente, Betriebsrente: Anpassung | |
Gericht: | Hessisches Landesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 9 Sa 592/13 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 05.12.2013 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 25.03.2013, 9 Ca 5558/12 | |
Tenor:
Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2013 – 9 Ca 5558/12 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungen tragen die Klägerin zu 1) zu 42 %, die Klägerin zu 2) zu 1,5 % und die Klägerin zu 3) zu 56,5 %.
Die Revision wird für die Klägerinnen zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund von der beklagten Gewerkschaft im Februar 2012 teils durchgeführter und teils nur angekündigter Arbeitskampfmaßnahmen.
Die Klägerinnen zu 1) und 2) sind Fluggesellschaften. Die Klägerin zu 3), deren Anteile zu mehr als 50 % von öffentlichen Eignern gehalten werden, betreibt den Flughafen A. Sie beschäftigt dort ca. 12.000 Mitarbeiter, davon rund 200 Mitarbeiter im Bereich der Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und Verkehrszentrale. Die insgesamt 86 Vorfeldkontrolleure nehmen die Steuerung und Überwachung des sog. „rollenden“ Verkehrs von Luftfahrzeugen auf dem Vorfeld wahr. Die insgesamt 90 Mitarbeiter der Vorfeldaufsicht leiten die Luftfahrzeuge am Boden zu den Parkstationen. Die 29 Mitarbeiter in der Verkehrszentrale bearbeiten u. a. die operativen Flugplandaten. Zudem gehört zu deren Aufgaben die Rotationsbearbeitung bei Flügen des planmäßigen Verkehrs, die Benachrichtigung und Information der Kunden bei Beschränkungen im Luftbetrieb sowie die operative Disposition der Parkposition von Luftfahrzeugen und das Einleiten von Schleppvorgängen.
Die ursprüngliche Klägerin zu 4) nimmt bundesweit die operativen Flugsicherungsaufgaben für den gesamten deutschen Luftraum und an den deutschen internationalen Flughäfen wahr, so auch in A.
Der Beklagte ist eine Gewerkschaft, deren Organisationsbereich sich im Wesentlichen auf die Flugsicherung bezieht. Auf seine Satzung (Anlage K 1 im Anlagenordner zur Klageschrift) wird Bezug genommen.
Unter dem Datum des 20. September 2007 schlossen die Klägerin zu 3), der Kommunale Arbeitgeberverband Hessen e.V. (im Folgenden: KAV Hessen) und der Beklagte den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007. Dieser Tarifvertrag enthält u. a. die folgenden Regelungen:
„§ 1
Geltungsbereich, Zuständigkeit
(1) Die vorliegende Vereinbarung gilt für alle operativen Beschäftigten der B AG, die im Bereich „Zentrale Vorfeldkontrolle und Verkehrszentrale“ (derzeit FBA-AF41) eingesetzt werden.
(2) Über den in Absatz 1 genannten Personenkreis hinaus beansprucht die C keine Zuständigkeit für andere Beschäftigte der B AG und strebt eine solche auch im Falle einer Satzungsänderung nicht an.
(3) [...]
§ 7
Belastungsausgleich
(1) Die Beschäftigten nehmen ab 01. Januar 2008 einmal jährlich auf Kosten des Arbeitgebers an einem Gesundheits-Check bei der arbeitsmedizinischen Abteilung des Unternehmens teil.
(2) Beschäftigte, die in der Funktion „Apron Control“ eingesetzt werden, haben ab 01. Januar 2008 in einem fünfjährigen Turnus Anspruch auf eine
Regenerationskur von 30 Kalendertagen. Für Beschäftigte, die mindestens 15 Jahre in der Funktion „Apron Control“ eingesetzt waren, verkürzt sich der Turnus nach Satz 1 auf vier Jahre.
(3) Erstmalig entsteht der Anspruch der Beschäftigten nach 10 Tätigkeitsjahren in der Funktion „Apron Control.“
(4) Der Arbeitgeber legt mit einem Jahr Vorlauf fest, in welchem Zeitraum und an welchem Ort die Kur stattfinden soll. Nach Möglichkeit sind die Interessen und Belange der Beschäftigten hier zu berücksichtigen.
(5) Die Regenerationskuren dienen sowohl der Erholung als auch der Prävention gegen Herz- Kreislauferkrankungen und / oder psychische Erkrankungen. Die Kosten des Kuraufenthaltes trägt der Arbeitgeber. Die Kur gilt als Arbeitszeit unter Fortzahlung der Vergütung.
(6) [...]
Protokollnotiz: Die Vertragsparteien werden sich über in Betracht kommende Kurorte und –einrichtungen verständigen.
§ 8
Beschäftigungssicherung
Beschäftigten, die nach Feststellung der Arbeitsmedizin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Funktion „Apron Control“ eingesetzt werden können, soll ein möglichst gleichwertiger Arbeitsplatz innerhalb des Bereichs Aviation angeboten werden. Sollte ein derartiger Arbeitsplatz nicht vorhanden sein, kommt auch ein anderer zumutbarer Arbeitsplatz im Unternehmen in Frage. Die Differenz zwischen den bisherigen und künftigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteilen (Stammbezügen) wird (soweit erforderlich) gestaffelt nach Tätigkeitsjahren in der Funktion „Apron Control“ wie folgt abgesichert:
- ab 28 Jahren zu 100 % unbegrenzt;
- ab 23 Jahren gleichmäßige Absenkung auf 90 % innerhalb von acht Jahren;
- ab 18 Jahren gleichmäßige Absenkung innerhalb von fünf Jahren.
[...]
§ 12
Inkrafttreten, Laufzeit, Kündigung
(1) Diese Vereinbarung tritt mit Wirkung vom 01. August 2007 in Kraft.
(2) Die Regelungen in § 5 bis § 8 sind mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende, erstmalig zum 31. Dezember 2017, kündbar. Im Übrigen ist diese Vereinbarung mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende, erstmals zum 31. Dezember 2011, kündbar.
(3) Die Parteien sind sich darüber einig, dass die in dieser Vereinbarung aufgeführten Regelungen für die genannten Zeiträume abschließend sind. Sachverhalte außerhalb der in der Vereinbarung behandelten Regelungsinhalte werden von der Friedenspflicht der Vereinbarung erfasst.“
Der Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 wurde durch die Landesbezirkstarifverträge Nr. 22/2008, Nr. 1/2009 und Nr. 19/2010 geändert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 wird auf die Anlage K 2 im Anlagenordner zur Klageschrift Bezug genommen und wegen der Einzelheiten der vorgenannten Änderungstarifverträge auf das Anlagenkonvolut K 3 im Anlagenordner zur Klageschrift.
Mit den Schreiben vom 29. Juni 2011 (Anlagen K 4 im Anlagenordner zur Klageschrift und B 1 im Anlagenband ) kündigte der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 3) und dem KAV Hessen den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 in der Fassung vom 4. Juni 2010 mit Ausnahme der Regelungen in den §§ 5 bis 8 zum 31. Dezember 2011. Dieses Kündigungsschreiben ging der Klägerin zu 3) im Original am 1. Juli 2011 zu. Bereits am 29. Juni 2011 erhielt aber die Klägerin zu 3) und KAV Hessen das Kündigungsschreiben sowohl per Fax als auch als PDF-Dokument per E-Mail.
Ab dem 19. Oktober 2011 begannen der Beklagte und die Klägerin zu 3) Tarifverhandlungen zu führen. Da diese erfolglos blieben, führten sie im Zeitraum vom 13. Januar 2012 bis zum 1. Februar 2012 ein Schlichtungsverfahren durch. Dieses Schlichtungsverfahren endete mit einer Schlichtungsempfehlung, die auszugsweise wie folgt lautet:
„
Im Laufe der Verhandlungen konnte über diverse Punkte Einigung erzielt werden. Diese Punkte sind zusammengefasst in der den Parteien vorliegenden „Synopse der Verhandlungen Donnerstag, 26. Januar 2012“, welche mit einer grünen Markierung versehen sind. Der Schlichter macht sich diese Einigung zu Eigen und empfiehlt einen Vertragsabschluss in diesen Punkten auf dieser Grundlage.
Gleiches gilt für Einigungen, die sich thematisch aus der am 31. Januar 2012 übergebenen Synopse und die zum Zeitpunkt der Erstellung noch strittigen Punkte ergeben, nämlich
- der Bereich „Zulagen“,
- der Bereich „Aktienprogramm“,
- der Bereich „Zeitzuschläge“, mit Ausnahme der Überstundenregelung und
- dem Bereich „Urlaubs- / Weihnachtsgeld“, wobei hier ein einheitliches Urlaubs- / Weihnachtsgeld von 100 Prozent der Bezüge vereinbart wurde.
Diese Synopse liegt den Parteien ebenfalls vor.
Bis zum Ende strittig waren somit die Punkte:
- Geltungsbereich,
- Laufzeit,
- Entgelte,
- Berechnung des Nachtzeitraums,
- Vergütung der Überstunden,
- Regelung der Rufbereitschaft und
- die Überleitungsvorschriften.
Zu diesen Punkten erfolgt die Schlichtungsempfehlung.
[...].“
In der dieser Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse finden sich u. a. folgende Regelungen:
„§ 18 – Sozialleistungen
[...]
(8) Sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Folge eines Arbeitsunfalls, den sie in Folge ihrer Arbeit ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit erlitten haben, nicht mehr vollleistungsfähig und werden sie deshalb in einer niedrigeren Vergütungsgruppe weiterbeschäftigt, so erhalten sie eine Ausgleichszulage in Höhe der jeweiligen Differenz zwischen ihrer bisherigen und der niedrigeren Vergütung. Zur Überbrückung besonderer wirtschaftlicher Notlagen kann der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter auf Antrag ein zinsbegünstigtes Darlehen gewährt werden.
(9) ...
(10) ...
§ 49 Entlastung älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Apron-Controller, die 25 Jahre im Wechselschichtdienst gearbeitet haben, haben einen Anspruch auf einen Wechsel aus dem Wechselschichtdienst in den Schichtdienst. Unabhängig davon kann im Einzelfall ein Wechsel in den Schichtdienst aus persönlichen Gründen jederzeit vereinbart werden.
Der Antrag muss mindestens sechs Monate vor dem beabsichtigten Zeitpunkt der Reduzierung gestellt werden. Über diesen Antrag ist innerhalb von acht Wochen zu entscheiden.
[...].“
Wegen der weiteren Einzelheiten der Schlichtungsempfehlung und der dieser Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse wird – unter Hinweis darauf, dass die in grüner Schriftfarbe gehaltenen Passagen diejenigen sind, über die kein Streit herrschte – auf Anlage K 5 im Anlagenordner zur Klageschrift Bezug genommen.
Nach erfolglosem Abschluss des Schlichtungsverfahrens beschloss der Bundesvorstand des Beklagten am 15. Februar 2012 die Durchführung von Streikmaßnahmen bei der Klägerin zu 3). Mit Schreiben vom gleichen Tage (Anlage K 6 im Anlagenordner zur Klageschrift) kündigte der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 3) an, in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht einen befristeten Streik am 16. Februar 2012 für die Zeit von 15.00 Uhr bis 22.00 Uhr durchzuführen. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise:
„Der Arbeitskampf dient der Durchsetzung der von Herrn D den Tarifparteien vorgelegten Schlichtungsempfehlung mit folgenden Anpassungen:
- Geltungsbereich eines Tarifvertrages ausschließlich für die B AG;
- Verkürzung der Laufzeit auf 24 Monate;
- Umsetzung der Entgelttabellen zu 100 % ab Beginn der Laufzeit sowie
- Beginn der Nachtarbeit um 20.00 Uhr ab Beginn der Laufzeit.“
Mit einem weiteren Schreiben vom 15. Februar 2012 (Anlage B 3 im Anlagenband) wies der Beklagte die Klägerin zu 3) darauf hin, dass sich die Forderung zur Laufzeit des Tarifabschlusses nicht auf diejenigen Regelungen beziehen, die im Schlichterspruch aus rein technischen Gründen aus den weiterhin ungekündigten Tarifverträgen zwischen den Parteien übernommen wurden und dass es im Hinblick auf diese Regelungen bei derjenigen Laufzeit, die sich aus den ungekündigten Tarifverträgen ergäben, verbleibe. Hinsichtlich des Angebots von Notdienstarbeiten wird auf das als Anlage B 4 vorgelegte Schreiben des Beklagten vom 14. Februar 2012 im Anlagenband Bezug genommen.
Die vom Beklagten gegenüber der Klägerin zu 3) angekündigten Streikmaßnahmen (im Folgenden: Hauptstreik) wurden am 16. Februar 2012 um 15:00 Uhr begonnen und – mit einer Unterbrechung am Wochenende – mehrfach verlängert. Sie sollten bis zum 24. Februar 2012 um 23:00 Uhr andauern, wurden aber wegen der Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen am 23. Februar 2012 um 23:00 Uhr abgebrochen.
Während der Durchführung dieser Streikmaßnahme erklärte der damalige Vorstand Tarif/Recht des Beklagten in einem Spiegel-Online Interview auf den Vorhalt, dass klar sei, dass das Drohpotential des Beklagten schrumpfe:
„Naja, es läuft mehr Verkehr, als wir erwartet haben. Aber der Streik ist trotzdem ein Erfolg. Es geht doch um mehr als annullierte Flüge. Dazu kommen die Verspätungen und noch wichtiger: Die Buchungszahlen bei den Airlines sind eingebrochen.“
Nachdem am 24. Februar 2012 weitere Tarifverhandlungen zwischen dem Beklagten und der Klägerin zu 3) erfolglos abgebrochen worden waren, kündigte der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 3) mit Schreiben vom 25. Februar 2012 (Anlage K 7 im Anlagenordner zur Klageschrift) weitere befristete Streikmaßnahmen in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht im Zeitraum vom 26. Februar 2012 um 21:00 Uhr bis zum 01. März 2012 um 5:00 Uhr an.
Während der Durchführung dieser weiteren befristeten Streikmaßnahme bei der Klägerin zu 3) kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 28. Februar 2012 (Anlage K 8 im Anlagenband) gegenüber der ursprünglichen Klägerin zu 4) an, dass er seine Mitglieder bei dieser im Geschäftsbereich Tower am Tower A am 29. Februar 2012 für die Zeit von 5:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu einem befristeten Solidaritätsstreik zur Unterstützung des Arbeitskampfes ihrer Mitglieder in der Vorfeldkontrolle, der Verkehrszentrale und der Vorfeldaufsicht bei der Klägerin zu 3) (im Folgenden: Unterstützungsstreik) aufrufen werde.
Nach der Ankündigung des Unterstützungsstreiks beantragten die Klägerin zu 1), die Klägerin zu 3) und die ursprüngliche Klägerin zu 4) beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eine gegen den Unterstützungsstreik gerichtete einstweilige Unterlassungsverfügung. Zudem beantragten die Klägerinnen zu 1) und zu 3) am selben Tag eine gegen den vom Beklagten geführten Hauptstreik gerichtete einstweilige Unterlassungsverfügung.
Am späten Abend des 28. Februar 2012 erließ das Arbeitsgericht Frankfurt am Main zu Gunsten der Verfügungsklägerinnen nach mündlicher Verhandlung eine einstweilige Verfügung, mit der die Durchführung des Unterstützungsstreiks untersagt wurde (- 9 Ga 25/12 – Anlage K 9 im Anlagenordner zur Klageschrift).
Am 29. Februar 2012 erließ das Arbeitsgericht Frankfurt am Main nach mündlicher Verhandlung zu Gunsten der Verfügungsklägerinnen eine weitere einstweilige Verfügung, mit der auch die Fortführung des Hauptstreiks untersagt wurde (- 9 Ga 24/12 – Anlage K 11 im Anlagenordner zur Klageschrift). In der mündlichen Verhandlung erklärte der Bundesvorsitzende des Verfügungsbeklagten zu Protokoll, dass der Verfügungsbeklagte die §§ 18 Abs. 8 und 49 des Schlichtungsvorschlages als Streikforderungen nicht weiter aufrecht erhalte (Anlage K 10 im Anlagenordner zur Klageschrift).
Aufgrund dieser gerichtlichen Entscheidung brach der Beklagte den durchgeführten Hauptstreik am 29. Februar 2012 ab. Zur Durchführung des Unterstützungsstreiks kam es nicht.
Infolge des durchgeführten Hauptstreiks kam es zu Ausfällen und Verzögerungen von Flügen, wobei es der Klägerin zu 3) durch kurzfristige Schulung von Mitarbeitern gelang, einen Großteil der durch die Arbeitsniederlegung in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht weggefallenen Arbeitskraft zu kompensieren und damit auch einen ganz überwiegenden Teil der Flugbewegungen aufrechtzuerhalten.
Die Klägerinnen sind der Auffassung gewesen, der Beklagte habe die infolge des durchgeführten Hauptstreiks und des angekündigten Unterstützungsstreiks entstandenen Schäden zu ersetzen. Zudem habe die Klägerin zu 2) einen Anspruch auf Ersatz der ihrer Tochtergesellschaft E GmbH entstandenen Schäden aus abgetretenem Recht. Wegen der von den Klägerinnen behaupteten Auswirkungen des Arbeitskampfes wird auf Bl. 25 – 34 d. A. und die Anlagen K 12 – 42 und wegen der Schadensdarlegung auf Bl. 36 – 58 d. A. sowie die Anlagen K 43 – 59 im Anlagenband Bezug genommen. Grundlage dieser Schadensersatzansprüche seien § 831 BGB bzw. § 823 Abs. 1 i.V.m. § 31 BGB , da der Beklagte mit den durchgeführten bzw. angekündigten Arbeitskampfmaßnahmen rechtswidrig und schuldhaft in die eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe der Klägerinnen sowie der E GmbH eingegriffen und dadurch Schäden verursacht habe. Diese Eingriffe seien sowohl nach der Willensrichtung des Beklagten als auch nach der objektiven Stoßrichtung der Arbeitskampfmaßnahmen nicht nur unmittelbar gegen den Betrieb der Klägerin zu 3), sondern auch unmittelbar gegen die Betriebe der Klägerinnen zu 1) und 2) sowie der E GmbH gerichtet und damit betriebsbezogen gewesen. Ziel des Beklagten sei es gewesen, dass es infolge der Streikmaßnahmen zu Flugausfällen komme, da nur so wirtschaftliche Schäden bei der Klägerin zu 3) hätten entstehen können. Wegen der starken funktionellen Abhängigkeit der Fluggesellschaften von den Leistungen der Klägerin zu 3) treffe jede streikbedingte Arbeitsverweigerung der Mitarbeiter der Klägerin zu 3), die sich auf die Bereiche Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht auswirke, unmittelbar auch die Fluggesellschaften. Ihnen werde es erschwert oder unmöglich gemacht, den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Streiks in den Bereichen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht bei der Klägerin zu 3) glichen einer partiellen Betriebsblockade. Erst recht gelte dies für Arbeitsniederlegungen bei der ursprünglichen Klägerin zu 4). Es sei ein wesentliches Ziel des Beklagten gewesen, den Flugbetrieb zu stören und damit die Fluggesellschaften in ihrer betrieblichen Abhängigkeit von der Klägerin zu 3) und der ursprünglichen Klägerin zu 4) zu beeinträchtigen, was insbesondere auch das Spiegel-Online Interview mit dem damaligen Vorstand Tarif/Recht des Beklagten belege.
Die Arbeitskampfmaßnahmen seien rechtswidrig gewesen, da er die sich aus dem im Zeitpunkt der Arbeitskampfmaßnahmen nicht gekündigten Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 ergebende Friedenspflicht, den Grundsatz der Arbeitskampfparität und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt hätte.
Der Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 sei im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Arbeitskampfmaßnahmen deshalb noch nicht gekündigt gewesen, weil der Beklagte die für die Kündigung eines Tarifvertrages erforderliche Schriftform nicht gewahrt habe – jedenfalls nicht zu einem Zeitpunkt, in dem die (Teil) Kündigung hätte fristwahrend zum 31. Dezember 2011 ausgesprochen werden können. Überdies sei eine Teilkündigung rechtlich nicht zulässig gewesen, da Tarifverträge grundsätzlich nur im Ganzen gekündigt werden könnten. Eine Ausnahme sei nur dort zulässig, wo die Teilkündigungsmöglichkeit hinreichend klar und eindeutig vereinbart worden sei. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall, da nicht klar sei, was eine Kündigung „im Übrigen“ nach § 12 Abs. 1 S. 3 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 sei. Jedenfalls könne es keine vollständige Kündigung „im Übrigen“ sein, da dann auch der Geltungsbereich und auch § 12 des Tarifvertrages selbst gekündigt seien und es keinen Tarifvertrag ohne Geltungsbereich geben könne. Somit habe der Beklagte sowohl die in dem Landesbezirkstarifvertrag vereinbarte erweiterte Friedenspflicht als auch die relative Friedenspflicht verletzt. Letzteres folge – selbst bei unterstellter Wirksamkeit der Teilkündigung zum 31. Dezember 2011 – daraus, dass der Beklagte mit den §§ 18 Abs. 8 und 49 des zu erkämpfenden Tarifvertrages Regelungen habe erkämpfen wollen, die in einem sachlichen, inneren Zusammenhang mit bereits in den – in jedem Falle ungekündigten – §§ 7 und 8 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 stünden. Überdies habe er mit § 35 Abs. 6 a der Streikforderung eine Protokollnotiz zu § 5 Abs. 6 dieses Landesbezirkstarifvertrages in der durch den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 19/2010 geänderten Fassung zu einer Tarifnorm erheben wollen.
Zudem habe der Beklagte auch den Grundsatz der Arbeitskampfparität verletzt, weil die Klägerin zu 3) – und erst recht die Klägerinnen zu 1) und 2) – den Arbeitskampfmaßnahmen des Beklagten keine adäquaten Kampfmittel hätten entgegensetzen können. Insbesondere sei eine Aussperrung – weder als suspendierende noch als lösende Aussperrung – ein taugliches Gegenmittel gewesen. Eine suspendierende Aussperrung der arbeitswilligen Arbeitnehmer hätte zu einer Selbstschädigung geführt. Eine lösende Aussperrung sei bei Streiks von Funktionseliten deshalb nicht möglich, weil man die streikenden Arbeitnehmer nach dem Streik unverzüglich wieder benötige. Schließlich sei im Rahmen der Arbeitskampfparität auch zu beachten, dass es im Luftverkehr wegen der hohen Sicherheitsanforderungen und der engen Verzahnung der einzelnen Leistungen eine große Störanfälligkeit gäbe. Der Klägerin zu 3) stünden nach der Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit als potentielle Arbeitskampfgegner viele Funktionseliten (wie auch die bei der beklagten Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmer) gegenüber, die durch die Entziehung einzelner wichtiger Leistungen mit wenig Eigenrisiko große Schäden verursachen könnten.
Schließlich seien der Hauptstreik und auch die Ankündigung des Unterstützungsstreiks unverhältnismäßig gewesen. Bereits die Anzahl der bei dem Beklagten organisierten Mitglieder, zu deren Gunsten hier ein Tarifvertrag erstritten werden sollte, stehe in keinem Verhältnis zu den verursachten Schäden. Insbesondere seien auch Gemeinwohlbelange durch den Arbeitskampf betroffen gewesen, da der Luftverkehr dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzuordnen sei. So könnten durch einen Streik Geschäftsreisende ihre Termine nahezu unvorbereitet nicht wahrnehmen, lange gebuchte und geplante Urlaubsreisen fielen aus und vor allem könnten wichtige Gütertransporte (z.B. Arznei- oder Lebensmitteltransporte) verzögert oder verhindert werden. Der angekündigte Unterstützungsstreik sei nicht nur wegen der Rechtswidrigkeit des Hauptstreiks unverhältnismäßig, sondern überdies auch deshalb, weil der Hauptstreik gegenüber dem angekündigten Unterstützungsstreik völlig zurückgetreten wäre und der Unterstützungsstreik damit nicht mehr lediglich unterstützende Wirkung gehabt hätte. Auch seien die vom BAG für die Verhältnismäßigkeit aufgestellten Kriterien der wirtschaftlichen Verflochtenheit und der fehlenden Neutralität des mit dem Unterstützungsstreik überzogenen Arbeitgebers nicht gegeben.
Neben deliktischen Schadensersatzansprüchen ergäben sich zu Gunsten der Klägerinnen auch Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB , da der Beklagte mit den Arbeitskampfmaßnahmen gegen die sich aus dem Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 resultierende Friedenspflicht verstoßen habe und diese Friedenspflicht nicht nur gegenüber der Klägerin zu 3) bestehe, sondern überdies zu Gunsten der Klägerinnen zu 1) und zu 2) wirke, da es sich hier um einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter handle. Das von der Rechtsprechung geforderte Kriterium der Leistungsnähe sei erfüllt, da die Fluggesellschaften wegen der engen funktionalen Verknüpfung mit der Klägerin zu 3) den Gefahren einer Friedenspflichtverletzung in gleicher Weise ausgesetzt seien wie die Klägerin zu 3). Diese habe auch ein für den Beklagten erkennbares Interesse an der Einbeziehung der Fluggesellschaften in den Schutzbereich des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 gehabt, was sich wiederum aus der funktionellen Untrennbarkeit und Verflochtenheit ihrer Leistungen und denen der Fluggesellschaften ergäbe.
Hinsichtlich der durch den Hauptarbeitskampf und durch den angekündigten Unterstützungsarbeitskampf verursachten Beeinträchtigungen bzw. Schäden sei eine Differenzierung wegen der zeitlichen Überschneidung dieser Arbeitskampfmaßnahmen nicht möglich, aber auch nicht notwendig, da sämtliche Arbeitskampfmaßnahmen rechtswidrig seien und damit auch sämtliche Schäden zu ersetzen seien.
Bei den Klageanträgen zu 4) und 5) handle es sich um Zwischenfeststellungsklagen. Die Frage, ob der Beklagte verpflichtet war, die Arbeitskampfmaßnahmen zu unterlassen, sei vorgreiflich für die Entscheidung über die Schadensersatzpflicht.
Nach Klagerücknahme durch die Klägerin zu 4) haben die Klägerinnen zu 1) bis 3) beantragt,
1. a) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 3.885.890,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
b) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) 131.144,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
c) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 3) 5.170.800,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;´
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen zu 1) bis 3) sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen infolge der Streiks in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht der Klägerin zu 3) vom 16. Februar 2012 bis zum 22. Februar 2012 sowie vom 26. Februar 2012 bis zum 29. Februar 2012 entstanden sind und / oder zukünftig noch entstehen werden;
3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen zu 1) bis 3) sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen infolge des Aufrufs des Beklagten vom 28. Februar 2012 zum Unterstützungsstreik der bei der Klägerin zu 4) beschäftigten Tower-Lotsen entstanden sind und / oder zukünftig noch entstehen werden;
4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die Streiks in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht der Klägerin zu 3) vom 16. Februar 2012 bis zum 22. Februar 2012 sowie vom 26. Februar 2012 bis zum 29. Februar 2012 zu unterlassen;
5. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, den Aufruf vom 28. Februar 2012 der bei der Klägerin zu 4) beschäftigten Tower-Lotsen zum Unterstützungsstreik zu unterlassen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung gewesen, er sei nicht zum Schadensersatz gegenüber den Klägerinnen verpflichtet. Die Feststellungsanträge der Klägerinnen seien unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Es fehle schon an einem unmittelbaren Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der von dem Streik eben nur mittelbar betroffenen Fluggesellschaften. Die objektive Stoßrichtung der Arbeitskampfmaßnahmen richte sich nicht gegen die Fluggesellschaften, sondern gegen die Klägerin zu 3). Einzig in deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb habe er mit dem Hauptstreik unmittelbar eingegriffen. Allerdings könne sich die Klägerin zu 3) gemäß der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Januar 2011 (1 BVR 699/06) nicht auf ihr Grundrecht aus Art. 14 GG berufen und damit auch nicht auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Unterstützungsstreik, der – unstreitig – lediglich angekündigt und nicht durchgeführt wurde, habe nicht zu weiteren, also über die vom Hauptstreik ausgehenden Beeinträchtigungen des Flugverkehrs geführt. Damit fehle es hinsichtlich des Unterstützungsstreiks bereits an der haftungsbegründenden Kausalität.
Auch seien die Arbeitskampfmaßnahmen nicht rechtswidrig gewesen. Insbesondere liege kein Verstoß gegen die sich aus dem Landesbezirkstarifvertrag 32/2007 ergebende Friedenspflicht vor. Dieser Tarifvertrag sei – entgegen der Auffassung der Klägerinnen – wirksam zum 31. Dezember 2011 gekündigt worden. Nach herrschender Meinung sei mangels einer gesetzlichen Vorschrift keine schriftliche Form für die Kündigung erforderlich. Auch sei hier eine Teilkündigung ausnahmsweise zulässig gewesen, da diese Teilkündigungsmöglichkeit mit ausreichender Klarheit im Landesbezirkstarifvertrag vereinbart worden sei. Der Geltungsbereich und die Kündigungsfrist für die fortgeltenden §§ 5 bis 8 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 seien durch Auslegung ohne weiteres ermittelbar. Die in der Streikforderung enthaltenen §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6 a und 49 der Synopse verstießen nicht gegen die noch fortgeltenden §§ 5 bis 8 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007, da kein ausreichender innerer, sachlicher Zusammenhang gegeben sei. Selbst wenn diese Forderungen gegen die relative Friedenspflicht verstoßen hätten, so sei bereits im Rahmen der Rechtswidrigkeit zu berücksichtigen, dass diese Forderungen gänzlich untergeordnete Nebenforderungen gewesen seien und damit nicht zur Rechtswidrigkeit des gesamten Arbeitskampfes geführt hätten. Auch seien weder der Hauptstreik noch der Unterstützungsstreik aus anderen Gründen rechtswidrig gewesen. Insbesondere hätten die Streikmaßnahmen nicht den Grundsatz der Arbeitskampfparität verletzt und seien auch sonst nicht unverhältnismäßig gewesen. Die von den Klägerinnen vertretene Auffassung führe dazu, dass man dem Beklagten ein Streikrecht gänzlich abspräche.
Der Beklagte ist zudem der Auffassung gewesen, dass, selbst wenn die Streikforderungen – wie von den Klägerinnen angenommen – gegen die relative Friedenspflicht aus dem Landesbezirkstarifvertrag 32/2007 verstießen, ihm die Beeinträchtigung des Flugverkehrs bzw. die entstandenen Schäden nicht zuzurechnen seien. Er könne sich nämlich auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen. Denn selbst wenn er die vermeintlich friedenspflichtverletzenden Forderungen, bei denen es sich lediglich um untergeordnete Nebenforderungen gehandelt habe, von Anfang an nicht aufgestellt hätte, so wäre das Streikgeschehen nicht anders verlaufen. Die Arbeitskampfmaßnahmen hätten zur selben Zeit, am selben Ort und im selben Umfang stattgefunden. Dafür spräche – entgegen der Auffassung der Klägerinnen, die diesen Behauptungen nur entgegenhalten, dass es sich um Mutmaßungen handle – der gesamte unstreitige Verhandlungsverlauf. Denn – auch dies ist zwischen den Parteien unstreitig – die in der Synopse der Schlichtungsempfehlung enthaltenen §§ 8 Abs. 8 und 49 seien unstreitige Punkte gewesen und den § 18 Abs. 8 hätte die Klägerin zu 3) bereits vor der Schlichtung akzeptiert gehabt. § 35 Abs. 6 a sei – ebenfalls unstreitig – sogar auf Initiative der Klägerin zu 3) zum Gegenstand der Schlichtungsempfehlung gemacht worden.
Wegen des Vorbringens der Klägerinnen zu den Auswirkungen der durchgeführten oder angekündigten Arbeitskämpfe und zu ihren wirtschaftlichen Schäden wird auf Seite 25 bis 59 der Klageschrift (zu VII. und VIII.) nebst Anlagen K 12 bis K 51 und Seite 85 bis 125 des Schriftsatzes vom 4. Febr. 2013 (Bl. 366 ff. d. A.) nebst Anlagen K 53 bis K 59 verwiesen. Zum Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität und der Schadenshöhe komme § 287 ZPO zur Anwendung, mit der Folge, dass zur Darlegung und Beweisführung ein eingeschränktes Maß an Substantiierung genüge.
Wegen des Weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 25. März 2013 - 9 Ca 5558/12 - abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die auf Schadensersatz gerichteten Leistungsanträge der Klägerinnen zu 1) bis 3) seien unbegründet. Bezüglich des von den Klägerinnen zu 1) und 2) behaupteten Eingriffs in deren eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetriebe fehle es an einem unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Hauptstreik gerade (auch) unmittelbar gegen den Betrieb der Fluggesellschaften gerichtet habe. Vielmehr habe sich der Hauptstreik nach seiner objektiven Stoßrichtung, also derjenigen Richtung, in die eine Maßnahme objektiv ziele, allein gegen die Klägerin zu 3) gerichtet. Eine Einschränkung des Flugbetriebes habe zwar auch zu einer Beeinträchtigung der Klägerinnen zu 1) und 2) geführt. Diese Folgen, die wohl auch vom Beklagten gewollt und beabsichtigt gewesen seien, seien nur mittelbare Folgen der Arbeitsniederlegung gewesen, die zudem von außen vorgegebenen Mechanismen und vom Beklagten nicht geschaffenen Interdependenzen gefolgt seien. Dort wo Dritte von den Folgen eines Streiks betroffen seien und es an einem steuernden Einfluss der Gewerkschaft auf diese Fernwirkung fehle, sei auch die Willensrichtung der streikenden Gewerkschaft kein taugliches Mittel, um einen mittelbaren von einem unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff abzugrenzen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ein Streik, der bei Dritten zu vom Schädiger nicht weiter beeinflussbaren Folgen führe, dann einen betriebsbezogenen Eingriff darstelle, wenn der Schädiger die Folgen kenne und beabsichtige, aber keinen betriebsbezogenen Eingriff darstelle, wenn er diese Folgen nicht überblicke oder zwar erkenne, diese aber unerwünscht seien, jedoch billigend in Kauf genommen würden. Vielmehr handele es sich dabei um eine Frage (des Grades) des Verschuldens und nicht des Rechtsgutseingriffs. Auch aus dem von den Klägerinnen zitierten Spiegel-Online Interview könne nicht geschlossen werden, dass es dem Beklagten vornehmlich um die Schädigung der Fluggesellschaften gegangen sei. Zwar habe der damalige Vorstand Tarif/Recht des Beklagten, der ausweislich der Ankündigungsschreiben vom 15. und 25. Februar 2012 auch einer der Streikleiter gewesen sei, in diesem Interview den Erfolg des Streiks u.a. an der Zahl der annullierten Flüge gemessen und darüber hinaus zum Ausdruck gebracht, dass es dem Beklagten auch um Verspätungen gehe und „noch wichtiger“ darum, dass die Buchungszahlen bei den Airlines eingebrochen seien. Jedoch dürfte sich der Blick des Beklagten neben den Flugausfällen deshalb auch auf die Buchungsrückgänge gerichtet haben, weil diese Buchungsrückgänge gerade auch finanzielle Nachteile für die Klägerin zu 3) bedeuteten. Denn der wirtschaftliche Gewinn der Klägerin zu 3) sei nicht allein abhängig von der Anzahl der startenden und landenden Flugzeuge, sondern auch von der Anzahl der der beförderten Passagiere.
Der Beklagte habe allerdings durch den durchgeführten Hauptstreik rechtswidrig in das Recht der Klägerin zu 3) an deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Jedoch könnten ihm die dadurch verursachten Schäden nicht zugerechnet werden, da er sich mit Erfolg auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen könne. Hinsichtlich des angekündigten Unterstützungsstreiks fehle es sowohl an der haftungsbegründenden als auch an der haftungsausfüllenden Kausalität, da nicht dargelegt sei, dass es gerade infolge der Ankündigung des Unterstützungsstreiks zu Beeinträchtigungen des Flughafenbetriebes bzw. Schäden gekommen sei. Die Klägerin zu 3) könne sich auf ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als Ausfluss aus Art. 12 Abs. 1 und 14 GG gegenüber Privatrechtssubjekten berufen. Die öffentliche Hand werde durch ihre unmittelbare Grundrechtsbindung nicht grundsätzlich daran gehindert, in adäquater und weithin gleichberechtigter Weise wie Private die Handlungsinstrumente des Zivilrechts für ihre Aufgabenwahrnehmung zu nutzen und auch sonst am privaten Wirtschaftsverkehr teilzunehmen (vgl. BVerfG vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 – NJW 2011, 1201). Auch die öffentliche Hand bzw. von ihr beherrschte Unternehmen könnten somit durchaus zivilrechtliche Eigentümerbefugnisse nutzen und den zivilrechtlichen Schutz des Rechtes am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Anspruch nehmen.
Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu 3) sei rechtswidrig, da er im Hinblick auf §§ 7 und 8 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 die sich aus diesem ergebende (relative) Friedenspflicht verletzt habe. Der Beklagte habe mit dem Streik mit §§ 18 Abs. 8 und 49 des Schlichtungsvorschlags unter anderem Tarifziele durchzusetzen versucht, die in einem sachlichen, inneren Zusammenhang mit Regelungen stünden, die bereits in dem Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 abschließend zwischen den Tarifparteien geregelt gewesen seien. Aus § 12 Abs. 2 S. 1 des Landesbezirkstarifvertrages ergebe sich der erkennbare Wille der Tarifvertragsparteien dahingehend, dass die jeweiligen Regelungen bzw. Regelungskomplexe bis zu einer wirksamen Kündigung abschließend sein sollen. Der Rechtswidrigkeit des Hauptstreiks stehe nicht entgegen, dass der Bundesvorsitzende des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung in dem Verfahren 9 Ga 24/12 am 29. Februar 2012 zu Protokoll erklärt habe, dass an den o.g. Tarifforderungen nicht mehr festgehalten werde. Dies lasse die Rechtswidrigkeit des Hauptstreiks nicht rückwirkend entfallen.
Der Beklagte hafte gleichwohl nicht für die durch den Hauptstreik verursachten Schäden, da er sich mit Erfolg auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen könne. Es stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Streik keinen anderen Verlauf genommen hätte und die Streikfolgen identisch gewesen wären, wenn der Beklagte die §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6a und 49 der der Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse von Anfang an nicht in die Streikforderung aufgenommen hätte. Der Schutzzweck der Friedenspflicht stehe einer Berufung des Beklagten auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht entgegen. Der Streik hätte auch ohne die o.g. Tarifforderungen zur selben Zeit, am selben Ort und auf dieselbe Art und Weise stattgefunden, denn am Ende der Schlichtung hätte ausweislich der Schlichtungsempfehlung vom 3. Februar 2012 noch Streit zwischen den Verhandlungspartnern über den Geltungsbereich, die Laufzeit, die Entgelte, die Berechnung des Nachtzeitraumes, die Vergütung der Überstunden, die Regelung der Rufbereitschaft und die Überleitungsvorschriften geherrscht. Im Zentrum der Auseinandersetzung hätten nach den unstreitigen Behauptungen des Beklagten dessen Entgeltforderungen für die Beschäftigten und die Einbeziehung der Vorfeldaufsicht in den Geltungsbereich des angestrebten Tarifvertrags gestanden. Der Hauptstreik habe nicht den Grundsatz der Arbeitskampfparität verletzt und sei nicht unverhältnismäßig gewesen. Der Beklagte hafte auch nicht für den angekündigten Unterstützungsstreik, obwohl auch dieser rechtswidrig gewesen sei. Es sei jedoch nicht ersichtlich, welche Beeinträchtigungen bzw. Schäden gerade auf die Ankündigung des Unterstützungsstreiks zurückzuführen seien. Auch ohne die Ankündigung des Unterstützungsstreiks hätte der laufende Hauptstreik zur Beeinträchtigung des Flugverkehrs geführt. Den Klägerinnen stünden auch keine Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 31 oder § 278 BGB zu. Die Feststellungsanträge zu 4) bis 5) seien unzulässig. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe verwiesen.
Gegen das ihnen am 9. April 2013 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 10. Mai 2013 (Tag nach Himmelfahrt) per Telefax Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 9. Juli 2013 an diesem Tag ebenfalls per Telefax begründet.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, das Arbeitsgericht habe Ansprüche aus §§ 823 , 831 , 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 BGB und aus § 280 Abs. 1 BGB rechtsfehlerhaft verneint. Der Beklagte habe durch die rechtswidrigen Streikmaßnahmen und den angekündigten Unterstützungsstreik in ihre eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe eingegriffen. Dies sei auch dessen wesentliches subjektives Ziel gewesen. Das Arbeitsgericht habe die Bedeutung der Willensrichtung des Schädigers nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung verkannt. Danach genüge für die Betriebsbezogenheit eines Eingriffs dessen Zielgerichtetheit und die Willensrichtung des Schädigers, wobei sogar ein dolus eventualis für die Bejahung der Unmittelbarkeit des Eingriffs als ausreichend angesehen worden sei, auch wenn der Eingriff nur ein notwendiges Zwischenziel für ein anderes finales Ziel gewesen sei. Die Vorinstanz habe einen zielgerichtet handelnden Schädiger privilegiert. Ohne Ausfall der Flugbewegungen hätte der Beklagte keinen Druck auf die F GmbH ausüben können. Die Schädigungsabsicht des Beklagten ergebe sich auch aus der zitierten Äußerung des damaligen Vorstands Tarif / Recht. Aber auch nach der objektiven Stoßrichtung und dem Grad der Beeinträchtigung sei ein unmittelbarer betriebsbezogener Eingriff insbesondere angesichts der Monopolstellungen der Klägerin zu 3) und der F GmbH zu bejahen. Die engen Verflechtungen der Fluggesellschaften mit der Vorfeldkontrolle und der Flugsicherung, auf die sie zwingend angewiesen seien und die im gesamten deutschen Wirtschaftssystem einzigartig seien, gingen über die „normale“ Drittbetroffenheit im Rahmen von Streikmaßnahmen wie etwa der von Automobilherstellern bei bestreikten Zulieferern hinaus. Die ausgefallenen Flüge seien anders als etwa Ausfälle bei Produktionsbetrieben, deren Zulieferer bestreikt würden, nicht nachholbar. Es sei verfehlt, hier von sozialüblicher Behinderung zu sprechen. Ein wesentlicher Unterschied zu den vom Beklagten angeführten Beispielen der Abfallentsorgung und Kinderbetreuungseinrichtungen bestünde darin, dass die F GmbH eine Monopolstellung hätte, die Klägerinnen sich nicht selbst in die Abhängigkeit von diesen begeben hätten und für sie keine Ausweichmöglichkeiten bestünden. Der Beklagte habe in Schädigungsabsicht gehandelt, denn er habe es nicht nur hingenommen, dass neben der F GmbH weitere Unternehmen – die Klägerinnen – unvermeidbare Schäden erlitten hätten, sondern es sei zwangsläufig sein gezielter Wille gewesen, die Klägerinnen in ihrer betrieblichen Abhängigkeit zu beeinträchtigen. Der Schutzzweck der Norm gebiete keine Beschränkung der deliktischen Haftung.
Die Klägerinnen sehen den Hauptstreik wegen Verletzung der Friedenspflicht weiterhin als rechtswidrig an, halten die Teilkündigung des Beklagten nach wie vor für unwirksam, sehen durch den Hauptstreik insbesondere mangels effektiver Abwehrmöglichkeiten die Arbeitskampfparität und angesichts des Missverhältnisses zwischen der Anzahl der begünstigten Arbeitnehmer und entstandenen Schäden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als verletzt an. Die sich mit der Tariffähigkeit einer Gewerkschaft befassende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dez. 2004 (- 1 ABR 51/03 -) sei insoweit nicht einschlägig. Spartengewerkschaften sei es aufgrund der Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit möglich, einen Arbeitgeber noch viel stärker unter Druck zu setzen als bisher. Die Klägerinnen seien andauernd mit Tarifverhandlungen und Arbeitskämpfen von Spartengewerkschaften konfrontiert. Gerade im Luftverkehr gebe es eine ganze Reihe von Funktionseliten, die durch Streiks weniger Personen den gesamten Luftverkehr lahmlegen könnten. Die Klägerin zu 3) habe keine effektiven Mittel zur Abwehr der Streiks gehabt. Der Einsatz von Ersatzpersonal könne ausschließlich als Mittel zur Schadensminderung verstanden werden. Wegen des Missverhältnisses der Anzahl begünstigter Arbeitnehmer und der entstehenden Schäden sei zudem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei auch das Gemeinwohl beeinträchtigt gewesen. Denn im Rahmen des Luftverkehrs sei ein Ausweichen auf andere Verkehrsmittel bei realistischer Betrachtung nicht möglich. Der Arbeitskampf im Luftfahrtbereich belaste in besonderer Weise die Allgemeinheit.
Die Klägerinnen behaupten, die Klägerin zu 3) hätte erst einige Tage nach Streikbeginn den Auftrag zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Streikziele erteilt, nachdem es dieser immer schwerer gefallen sei, die Streikfolgen anderweitig abzuwenden, und sei in diesem Zusammenhang auf deren Rechtswidrigkeit aufmerksam gemacht worden.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, der Beklagte könne sich erfolgreich auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen. Dies widerspreche insbesondere dem Schutzzweck der Friedenspflicht, wobei die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts bei pflichtgemäßem Verhalten nicht ausreichend sei. Anderenfalls bliebe eine Verletzung der Friedenspflicht weitgehend sanktionslos und man käme zu einer gravierenden Verschiebung der Arbeitskampfparität zu Lasten der Arbeitgeberseite.
Schließlich müssten angesichts von Leistungsnähe und Einbeziehungsinteresse auch Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Friedenspflicht als Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bejaht werden.
Die Klägerinnen behaupten, auch durch den angekündigten Unterstützungsstreik seien ihnen erhebliche Schäden entstanden, indem bereits gebuchte Flüge storniert oder von geplanten Buchungen Abstand genommen worden seien. In den meisten Fällen könnten die Flüge terminbedingt nicht nachgeholt werden. Zum ergänzenden Vorbringen der Klägerinnen zu ihren streikbedingten Schäden wird auf S. 45 ff. ihres Schriftsatzes vom 27. Nov. 2013 (Bl. 837 ff., 840 ff d. A.) verwiesen. Sie behaupten, bereits Streikankündigungen wirkten auf aktuelle oder potentielle Kunden abschreckend. Insoweit müsse man von einer Doppelkausalität ausgehen.
1. Die Klägerin zu 1) beantragt,
a) unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2013 – 9 Ca 5558/12 -
b) den Beklagten zu verurteilen, an sie € 3.885.890,23 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Aug. 2012 zu zahlen;
c) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die Streiks in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht der Klägerin zu 3) vom 16. Febr. 2012 bis zum 22. Febr. 2012 sowie vom 26. Febr. 2012 bis zum 29. Febr. 2012 zu unterlassen,
d) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, den Aufruf vom 28. Febr. 2012 der bei der F GmbH beschäftigten Tower-Lotsen zum Unterstützungsstreik zu unterlassen.
2. Die Klägerin zu 2) beantragt,
a) unter Abwägung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am main vom 25. März 2013 - 9 Ca 5558/12 -
b) den Beklagten zu verurteilen, an sie € 131.144,23 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Aug. 2012 zu zahlen;
c) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die Streiks in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht der Klägerin zu 3) vom 16. Febr. 2012 bis zum 22. Febr. 2012 sowie vom 26. Febr. 2012 bis zum 29. Febr. 2012 zu unterlassen,
d) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, den Aufruf vom 28. Febr. 2012 der bei der F GmbH beschäftigten Tower-Lotsen zum Unterstützungsstreik zu unterlassen.
3. Die Klägerin zu 3) beantragt,
a) unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2013 – 9 Ca 5558/12 -
b) den Beklagten zu verurteilen, an sie € 5.170.800,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Aug. 2012 zu zahlen;
c) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die Streiks in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht der Klägerin zu 3) vom 16. Febr. 2012 bis zum 22. Febr. 2012 sowie vom 26. Febr. 2012 bis zum 29. Febr. 2012 zu unterlassen,
d) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, den Aufruf vom 28. Febr. 2012 der bei der F GmbH beschäftigten Tower-Lotsen zum Unterstützungsstreik zu unterlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist weiterhin der Auffassung, die Feststellungsanträge seien unzulässig. Er ist unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens der Ansicht, das Arbeitsgericht habe einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zutreffend verneint. Bei der Nutzung des Luftraums und der Flughäfen handele es sich um eine Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs. Die vergebenen Slots seien Teilhaberechte, die die Erlaubnis zur Nutzung des Allgemeingutes eröffneten. Die Nutzungsmöglichkeit eines Flugplatzes und des Luftraums betreffe vom Gewerbebetrieb der Luftfahrtunternehmen ohne weiteres ablösbare Rechte. Dagegen hätten sich die Arbeitskampfmaßnahmen unmittelbar gegen die F GmbH gerichtet. Die Betroffenheit der Klägerinnen sei lediglich eine mittelbare und allgemeine Beeinträchtigung. Sie seien ebenso betroffen wie andere Luftfahrtunternehmen auch. Objektive Stoßrichtung und Willensrichtung des Beklagten sei es gewesen, im Hinblick auf den Arbeitskampf Druck auf den Tarifgegner auszuüben. Diese Stoßrichtung ändere sich nicht dadurch, dass dem Beklagten bewusst gewesen sein mag, dass ein Arbeitskampf gegen die F GmbH Auswirkungen auf die Durchführbarkeit des Flugbetriebs der Fluggesellschaften haben werde. Das müsse erst recht für die bloße Ankündigung eines Arbeitskampfes gelten. Die Fluglotsenentscheidungen des BGH aus den Jahren 1977 und 1980 seien nicht einschlägig, weil es sich dort nicht um einen gewerkschaftlichen Streik, sondern um individuelle Dienstpflichtverletzungen von Beamten in einer öffentlich-rechtlich verfassten Bundesanstalt gehandelt habe. Die unmittelbare Betriebsbezogenheit des Eingriffs ergebe sich auch nicht aus einer besonderen wirtschaftlichen Verflechtung und Abhängigkeit der Klägerinnen zur F GmbH. In dem schwer abgrenzbaren und schillernden Bereich der Daseinsvorsorge sei Intention der Streikenden mehr der politische und gesellschaftliche Druck auf das bestreikte Unternehmen als finanzielle Schäden bei dem bestreikten Unternehmen oder Dritten, z.B. bei der Abfallentsorgung oder Kinderbetreuungseinrichtungen. Außerdem könnten zahlreiche Geschäfts- und private Reisen nachgeholt werden. Zum Vorbringen des Beklagten zur Rechtmäßigkeit der Streikforderungen wird auf Seite 29 ff. der Berufungserwiderung (Bl. 693 ff. d. A.) verwiesen. Jedenfalls liege kein Verschulden des Beklagten vor.
Von andauernden Arbeitskämpfen von Spartengewerkschaften bei der Klägerin zu 3) sei ihm nichts bekannt. Abgesehen davon könne eine Industrie- oder Spartengewerkschaft nicht für das Auftreten weiterer Gewerkschaften und die damit einhergehenden Folgen verantwortlich gemacht werden. Das Kampfmittel der lösenden Aussperrung hätte der Klägerin zu 3) – auch wenn die Hürden hoch seien – zur Verfügung gestanden. Auch den Einsatz der sog. Management-Lotsen, d.h. von Verwaltungsmitarbeitern, die aufgrund ihrer früheren Tätigkeit die erforderlichen Erlaubnisse und Berechtigungen noch besessen hätten, und den Einsatz kurzfristig entliehener und geschulter Mitarbeiter müsse man als Mittel des Arbeitskampfes sehen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit würde gegen das Verbot der Tarifzensur verstoßen, wenn die Größe des Tarifgebietes und das Zahlenverhältnis als Prüfungsfaktor herangezogen würden.
Bezüglich des Einwands des rechtmäßigen Alternativverhaltens behauptet der Beklagte, angesichts der Umstände des Einzelfalles sei es sicher, dass Haupt- und Unterstützungsarbeitskampf auch ohne die beanstandeten Tarifforderungen zur gleichen Zeit, im gleichen Umfang und mit den gleichen Folgen stattgefunden hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 5. Dez. 2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen der Klägerinnen sind statthaft, §§ 8 Abs.2 ArbGG , 511 Abs. 1 ZPO , 64 Abs. 2 b)
ArbGG , und auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs.1 ArbGG , 517 , 519 , 520 ZPO , und damit insgesamt zulässig.
Die Berufungen der Klägerinnen sind jedoch nicht begründet. Die Klagen der Klägerinnen sind hinsichtlich der Feststellungsanträge unzulässig, wegen der Zahlungsanträge unbegründet.
I. Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsanträge der Klägerinnen zu Recht und mit zutreffender Begründung als unzulässig angesehen. Die Feststellungsanträge zu 1 c) und d), 2 c) und d) sowie 3 c) und d) rechtfertigen sich nicht als Zwischenfeststellungsklagen gemäß § 256 Abs. 2 ZPO , weil das Urteil über die Hauptklageanträge zu 1 b), 2 b) und 3 b) die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend regelt. Das Berufungsgericht macht sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II 4 a) und b) der Entscheidungsgründe vollinhaltlich zu Eigen. Die Berufungen der Klägerinnen führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Das zu klärende Rechtsverhältnis hat keine über den gegenwärtigen Streitstand hinausgehende Bedeutung. Der Unterlassungsanspruch ist zeitlich überholt ( BAG Urteil vom 12. Sept. 1984 – 1 AZR 342/83 – BAGE 46, 322 = AP Nr. 81 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, Rechtsgutachten zu – noch dazu vergangenen – Ereignissen zu verfassen, um die Frage der Unterlassungspflicht für zukünftige Streitigkeiten zu klären.
II. Die auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Zahlungsanträge der Klägerinnen zu 1) und 2) sind unbegründet. Schadensersatzansprüche der Klägerinnen zu 1) und 2) bestehen unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt.
1 a. Auf eine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB infolge der Streiks und des angekündigten Unterstützungsstreiks (dazu Urteil des Hess. LAG vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Juris; ebenso Czerny / Frieling Anm. zu LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 92 a, S. 28, 29) berufen sich die Klägerinnen nicht. Hinsichtlich des angekündigten Unterstützungsarbeitskampfes gegen die F GmbH scheidet Eigentumsverletzung der Klägerinnen zu 1) und 2) schon deshalb aus, weil eine die Eigentümerbefugnisse betreffende tatsächliche Einwirkung auf die Flugzeuge nicht erfolgt ist. Die Flugzeuge der Klägerinnen zu 1) und 2) haben allein durch den angekündigten Unterstützungsarbeitskampf ihre Bewegungsmöglichkeit nicht verloren und sind ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht entzogen worden. Aber auch wegen des durchgeführten Streiks gegen die Klägerin zu 3) machen die Klägerinnen eine Eigentumsverletzung nicht geltend.
b. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung eines sonstigen Rechts – das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - gegen den Beklagten steht den Klägerinnen zu 1) und 2) nicht zu. Dies hat bereits das Arbeitsgericht, dessen Begründung sich das Berufungsgericht ergänzend zu Eigen macht, zutreffend erkannt. Im Hinblick auf die durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen gegen die Klägerin zu 3) und den angekündigten Unterstützungsstreik gegen die F GmbH sind die Klägerinnen zu 1) und 2) Drittbetroffene. Es ist durch die Streikankündigungen keine unmittelbare betriebsbezogene Beeinträchtigung des gewerblichen Tätigkeitskreises der Klägerinnen zu 1) und 2) gegeben. Eine sachgerechte Eingrenzung des Haftungstatbestandes führt zum Erfordernis des unmittelbaren Eingriffs in den Gewerbebetrieb, der Eingriff muss betriebsbezogen sein. Der Eingriff muss seiner objektiven Stoßrichtung nach gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit gerichtet sein ( BAG Urteil vom 22. Sept. 2009 – 1 AZR 972/08 – BAGE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAG Urteil vom 20. Jan. 2009 – 1 AZR 515/08 – AP Nr. 137 zu Art. 9 GG = EzA Art. 9 GG Nr. 96 = Juris; Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/12 – Juris, Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Juris, Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13). Ihm muss eine Schadensgefahr eigen sein, die über eine sozialübliche Behinderung hinaus geht (BAG a.a.O.). Es handelt sich – so das BAG (a.a.O.) - um einen offenen Tatbestand, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall kollidierenden Interessensphäre ergeben. Der Bundesgerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung ( Urteil vom 10. Dez. 2002 – VI ZR 171/02 – NJW 2003, 1040 = Juris; BGH Urteil vom 11. Jan. 2005 – VI ZR 34/04 – NJW-RR 2005, 673 = Juris - Oberleitungsschaden), der von der Rechtsprechung erarbeitete Deliktsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes dürfe nicht in einen allgemeinen Vermögensschutz für Gewerbetreibende ausufern, der dem deutschen Rechtssystem der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen würde. Auch in sog. Flashmob-Aktionen hat das Bundesarbeitsgericht ( BAG Urteil vom 22. Sept. 2009 – 1 AZR 972/08 – BAGE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Betriebsinhabers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gesehen, weil die streikbegleitenden Flashmob-Aktionen eine koalitionsspezifische Betätigung seien. Das BAG (a.a.O.) hat ausgeführt, es gehöre zur verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Koalitionen, ihre Kampfmittel an die sich wandelnden Umstände anzupassen. Für die Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts stelle die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie sowohl die Rechtfertigung als auch die Grenze dar.
c. Der Schutz des Gewerbebetriebs durch § 823 Abs. 1 BGB beschränkt sich nach alldem auf unmittelbare, betriebsbezogene Eingriffe. Der Bundesgerichtshof ( Urteil vom 10. Dez. 2002 – VI ZR 171/02 – NJW 2003, 1040 = Juris) verlangt zu Recht eine sachgerechte Eingrenzung dieses Haftungstatbestandes, nämlich, dass der Eingriff sich irgendwie gegen den Betrieb als solchen richte, also betriebsbezogen sei, und nicht vom Gewerbebetrieb ablösbare Rechte betreffe. Durch die Eingrenzung soll eine Besserstellung der Inhaber von Gewerbebetrieben gegenüber anderen Bürgern ausgeschlossen werden. Es handelt sich um ein Wertungskriterium, das dazu dient, diejenigen den Gewerbebetrieb beeinträchtigenden Verhaltensweisen normativ auszugrenzen, gegenüber denen der Funktionsbereich des Unternehmens als „organisches Mehr seiner Einzelfaktoren zusätzlichen Haftungsschutz verdient“ ( BAG Urteil vom 21. Juni 1988 – 1 AZR 653/86 – EzA Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 76 = Juris). Nach seiner objektiven Stoßrichtung führten der Streik gegen die Klägerin zu 3) und der angekündigte Unterstützungsstreik gegen die F GmbH unmittelbar nur dazu, dass die streikenden Arbeitnehmer ihre Aufgaben in den Bereichen Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und Verkehrszentrale nicht erfüllt haben und die Fluglotsen ihre Flugsicherungsaufgaben nicht erfüllt hätten. Nur gegen diese hat der Beklagte zum Streik aufgerufen. Die Benutzbarkeit des Vorfeldes, der Start- und Landebahnen gehört wie auch die Nutzung des Luftraumes nicht, wie der BGH im Fleet-Fall für eine Wasserstraße entschieden hat (Urteil vom 21. Dez. 1970 a.a.O.), zum Gewerbebetrieb einer Fluggesellschaft. Anderenfalls würde der Gemeingebrauch am Luftraum als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt.
Ebenso hat der BGH dies für die Befahrbarkeit von Gleisen hinsichtlich des Gewerbebetriebs eines Eisenbahnverkehrsbetriebes beurteilt ( BGH Urteil vom 11. Jan. 2005 – VI ZR 34/04 - NJW-RR 2005, 673 = Juris).
d. Ein unmittelbarer betriebsbezogener Eingriff ergibt sich vorliegend auch nicht aus dessen subjektiver Zielrichtung. Die notwendige unmittelbare Verbindung des Verhaltens des Beklagten zu den Auswirkungen für die klägerischen Flugbetriebe wird nicht durch die bloße Kenntnis des Beklagten hergestellt, dass die Klägerinnen zu 1) und 2) zum Starten und Landen auf die Durchführung der Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und Verkehrszentrale angewiesen sind (vgl. BGH Urteil vom 8. Jan. 1981 a.a.O.; Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13). Mehr kann hier nicht festgestellt werden. Das Bundesarbeitsgericht ( Urteil vom 21. Juni 1988 – 1 AZR 653/86 – a.a.O.) hat indessen einen zielgerichteten Angriff verlangt. Nach dem Sinngehalt und der tatsächlichen Bedeutung der Arbeitskampfmaßnahme sowie der Willensrichtung des Beklagten waren die durchgeführten und angekündigten Streikmaßnahmen nicht darauf gerichtet, auf den Gewerbebetrieb der Klägerinnen zu 1) und 2) einzuwirken (vgl. BGH Urteil vom 8. Jan. 1981 – III ZR 125/79 – NJW 1981 2416 = Juris zum Einleiten von Wasser in die gemeindliche Kanalisation). In der Fluglotsenentscheidung vom 16. Juni 1975 (– III ZR 179/75 – NJW 1977, 1875 = Juris) hat der BGH angenommen, die Bezogenheit zum Gewerbebetrieb könne sich aus der Tendenz des Eingriffs ergeben, etwa wenn es in der Willensrichtung des Verletzers liege, durch bestimmte Maßnahmen den Betrieb zu beeinträchtigen. Die Klägerinnen zu 1) und 2) haben in der Äußerung des damaligen Vorstands des Beklagten für Tarif / Recht in einem Spiegel-Online Interview auf den Vorhalt, dass klar sei, dass das
Drohpotential des Beklagten schrumpfe:
„Naja, es läuft mehr Verkehr, als wir erwartet haben. Aber der Streik ist trotzdem ein Erfolg. Es geht doch um mehr als annullierte Flüge. Dazu kommen die Verspätungen und noch wichtiger: Die Buchungszahlen bei den Airlines sind eingebrochen.“
den Beleg für diese Zielrichtung sehen. Das ist nicht mehr als eine Beschreibung der Streikfolgen für die drittbetroffenen Fluggesellschaften. Die Sachlage ist nicht mit dem vom OLG Dresden (Urteil vom 16. Nov. 2010 – 9 U 765/10 – ) vergleichbar, in dem es um die Blockade eines Werksgeländes durch Milchbauern mit dem Ziel ging, die An- und Auslieferung unmöglich zu machen und auf diese Weise den Geschäftsbetrieb zeitweise einzuschränken. Es wurden dort Milchbauern zum Schadensersatz verurteilt, weil sie es hingenommen hatten, dass weitere Unternehmen an der Herstellung ihrer Produkte gehindert waren. Auch die Unterbrechung einer Stromversorgung für eine Diskothek mit dem Ziel, deren Betrieb zu stören oder zu behindern ( OLG Rostock Urteil vom 25. Juni 2007 – 3 U 70/07 – Juris), trifft den vorliegenden Fall nicht. Die Sachlage ist bei einem Arbeitskampf schon im Ausgangspunkt völlig anders. Die Gewerkschaften werden es immer auch hinnehmen und in Kauf nehmen, dass der Streik Auswirkungen auch auf Dritte, insbesondere die Öffentlichkeit, Kunden, Zulieferer usw. hat. Es gehört zum Wesen des Streiks, dass hiervon auch Dritte, nämlich diejenigen, die Leistungen des bestreikten Unternehmens abnehmen, mittelbar betroffen sein können. Im verflochtenen und wechselseitig abhängigen Wirtschaftssystem berühren Arbeitskämpfe nicht nur die am Arbeitskampf unmittelbar Beteiligten, sondern auch Nichtstreikende und sonstige Dritte sowie die Allgemeinheit vielfach nachhaltig (BAG Großer Senat Beschluss vom 21. April 1971 - GS 1/68 -EzA Art 9 GG Nr. 6 = Juris). Dies stellt keine Besonderheit im Betrieb der Klägerin zu 3) und der F GmbH dar ( Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13). Obwohl Streiks regelmäßig auf Teile eines Unternehmens beschränkt werden, führen sie zwangsläufig zu Störungen auch bei solchen Unternehmen, die nicht unmittelbar vom Arbeitskampf betroffen sind, aber mit solchen kampfbetroffenen Unternehmen eng zusammenarbeiten ( BAG Urteil vom 22. Dez. 1980 – 1 ABR 2/79 – BAGE 34, 331 = AP Nr. 70 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Das Bundesarbeitsgericht sieht im Urteil vom 19. Juni 2007 (– 1 AZR 396/06 – Juris Rz. 38) die Betroffenheit von Dritten lediglich als eine mehr oder weniger beabsichtigte Folge des Arbeitskampfs an und führt aus, dass von Arbeitskämpfen häufig auch Dritte - wie etwa Kunden von Dienstleistungsunternehmen, Fahrgäste, Flugpassagiere, Patienten, Zulieferer, Abnehmer etc. – betroffen sind. Dass auch der gegen die Klägerin zu 3) geführte und der gegen die F GmbH beabsichtigte Streik diese Auswirkungen hatten und haben würden, kann nicht überraschend sein. Der Beklagte hat dies in sein Kalkül einbezogen. Dies ist keine Besonderheit eines Streiks gegen die Klägerin zu 3) oder gegen die F GmbH. Auch der Streik gegen andere Transport- und Beförderungsunternehmen hat in der Regel derartige Auswirkungen: Werden die Bahnverkehrsgesellschaften oder Speditionen bestreikt, sind auch Gewerbebetriebe durch ausgefallene Beförderungsleistungen betroffen. Entsprechende Konstellationen sind anzutreffen, wenn eng an den Hersteller angebundene Zulieferfirmen im Rahmen einer Just-in-time-Produktion bestreikt werden (ebenso Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13 - Juris). Betriebsnotwendige Materialen oder Halbfertigprodukte können ausbleiben oder der Absatz in einem so starken Maße stocken, dass die Produktion unmöglich oder sinnlos wird. Diese Auswirkungen im Zusammenhang mit einem Arbeitskampf sind sozialadäquat. Der Streikaufruf betrifft „typischerweise“ die gesamte oder wesentliche Teile der gesamten Tätigkeit des Luftverkehrsunternehmens ( BGH Urteil vom 21. Aug. 2012 – X ZR 138/11 – Juris). Es gibt in der Regel Drittbetroffene, die keinen Einfluss auf das Streikgeschehen haben. Dass in dem von den Klägerinnen zu 1) und 2) bemühten Beispiel des Aufstellens von Tierschutzwerbetafeln im Hinblick auf Chinchillas und Nerze ( OLG Frankfurt am Main Urteil vom 29. Jan. 1987 – 16 U 132/85 – Juris) diese Maßnahmen sich unmittelbar gegen den Gewerbebetrieb von Pelzhändlern richtet, liegt auf der Hand, denn es ging bei dieser Aktion nur darum, den Absatz der Züchter und Pelzhändler zu treffen. Die Sachlage stellt sich nicht anders dar als in den sonst entschiedenen Versorgungsfällen, z. B. die Stromkabelfälle (vgl. BGH Urteil vom 9. Dez. 1958 – VI ZR 199/57 – Juris). Die F GmbH hat nun einmal nur die Fluggesellschaften, die Luftverkehr über Deutschland durchführen, als Kunden. Wird sie bestreikt, sind ausnahmslos alle betroffen, die Luftverkehr betreiben oder nutzen, Passagier- und Frachtfluggesellschaften und außerdem deren zum Teil ebenfalls gewerbliche Kunden. Der Beklagte hat das in Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich verbürgte Recht, Streiks um die Verbesserung von Arbeitsbedingungen zu führen. In den von ihm bestreikten Bereichen werden aufgrund seiner Mitgliederstruktur zwangsläufig Fluggesellschaften betroffen sein, es sei denn der Streik würde auf flugfreie Zeiten oder Räume beschränkt. Aus dieser Tatsache eine subjektive und objektive Stoßrichtung oder absichtliche Schädigung der Klägerinnen zu 1) und 2) abzuleiten, ist selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn dem Beklagten der dadurch entstehende gesellschaftliche oder politische Druck willkommen ist. Hinzu kommt folgendes: Bedeutete ein Arbeitskampf gegen die F GmbH immer auch einen unmittelbaren betriebsbezogenen Eingriff in deren Gewerbebetrieb, würde jede geringste Fahrlässigkeit einer Gewerkschaft - das Führen von Arbeitskämpfen ist bei mehreren komplexen Regelungswerken in einer Branche ohnehin gefahrengeneigt – zum existenziellen Ende dieser Gewerkschaft führen und eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie darstellen (Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Juris; Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13). Keine Auswirkungen hätte die Bestreikung der Fluglotsenarbeitsplätze nur dann, wenn kein Flugverkehr herrschte, z.B. zeitweise bei Unwettern oder ortsbezogen bei Vulkanausbrüchen. Die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts ( Urteil vom 19. Juni 2007 – 1 AZR 396/06 – Juris) zum Unterstützungsarbeitskampf sind hier nicht einschlägig, denn bei diesem wird gezielt zum Streik im Betrieb des vom Hauptarbeitskampf nicht unmittelbar betroffenen Arbeitgebers aufgerufen, was einen unmittelbaren Eingriff in dessen Gewerbebetrieb darstellt.
e. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Urteilen des Bundesgerichtshofs zum sog. „Fluglotsenstreik“ ( BGH Urteil vom 28. Febr. 1980 – III ZR 131/77 – BGHZ 76, 387 = Juris; BGH Urteil vom 16. Juni 1977 – III ZR 179/75 – AP Nr. 53 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Bei diesem „Streik“, der kein von einer Gewerkschaft getragener Streik, sondern ein „go-sick“ oder „go-slow“ von Beamten war, sollte die Bundesregierung zielgerichtet unter Druck gesetzt werden, um den Forderungen der Beamten nachzugeben. Die Aktion ist von vornherein gegen Unbeteiligte geführt worden. Der BGH hat ausgeführt, anders als bei einem Streik in der Wirtschaft habe sich die streikähnliche Aktion nicht gegen ein Betriebspotential des Dienstherrn, sondern unmittelbar gegen die wirtschaftliche Organisation eines Dritten gerichtet. Der BGH (28. Febr. 1980 a.a.O.) hat hierin eine hoheitliche Maßnahme zum Nachteil von Gewerbetreibenden gesehen. Im vorliegenden Fall ist jedoch keine andere Art der kollektiven Druckausübung wie gehäufte Krankmeldungen und Dienst nach Vorschrift, also keine amtswidrige kollektive Verweigerung einer geordneten Amtstätigkeit im Rahmen eines verabredeten Vorgehens, zu beurteilen, sondern ein gewerkschaftlicher Arbeitskampf. Die Übertragung der zitierten BGH-Entscheidungen auf Arbeitskämpfe in der Privatwirtschaft ist in koalitionsrechtlicher Hinsicht systemwidrig (so auch ausdrücklich Kissel Arbeitskampfrecht § 74 Rn. 9). Kissel (a.a.O.) ist zutreffend der Auffassung, die Erstreckung auf Drittbetroffene könne aus der zu entscheidenden Frage des Amtshaftungsrechts heraus bestimmt sein, für die privatrechtlichen Beziehungen müsse eine solche Erstreckung der Betriebsbezogenheit als systemwidrig angesehen werden, zumal diese zu unübersehbaren haftungsrechtlichen Folgen führte und einen tiefen Eingriff in die Handlungsfreiheit der den Arbeitskampf Führenden darstellte. Wie dargestellt war vorliegend die Zielgerichtetheit und Willensrichtung des Arbeitskampfes nicht gegen die Klägerinnen zu 1) und 2) gerichtet (auf welches Unterscheidungskriterium Czerny / Frieling Anm. zu LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 92 a, Seite 34, als maßgebliches Unterscheidungskriterium abstellen).
f. Der Auffassung des Beklagten, im Flugverkehr gegebene Besonderheiten und die enge funktionale Verknüpfung bedingten auch die Bestimmung der objektiven Betriebsbezogenheit, kann nur insoweit gefolgt werden, als im Luftverkehr eine besondere Eingriffsempfindlichkeit besteht. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass Arbeitskämpfe im Bereich des Luftverkehrs nicht von vornherein ausgeschlossen sind (Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Juris, Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13; Hess. LAG Urteil vom 22. Juli 2004 – 9 SaGa 593/04 –AP Nr. 168 zu Art 9 GG Arbeitskampf = Juris; LAG Baden-Württemberg Urteil vom 31. März 2009 – 2 SaGa 1/09 – LAGE Nr. 84 zu Art. 9 Arbeitskampf = Juris, Bl. 372 ff. d. A.; ArbG Stuttgart Beschluss vom 2.März 2009 – 12 Ga 4/09 – Bl. 359 ff. d. A.; Löwisch, ZfA 1988, 137, Rieble, Gutachten Flugsicherung S. 8). Obwohl eine besondere Eingriffsempfindlichkeit des Luftverkehrs besteht (vgl. Heinze, FS 50 Jahre BAG, 493 ff.; Rüthers, ZfA 1987, 1, 39, 42 ff.), hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 88, 103, 114) angenommen, die Koalitionsfreiheit sei auch den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst gewährleistet, und zwar unabhängig davon, ob sie hoheitliche oder andere Aufgaben erfüllten. Art. 33 Abs. 4 GG stehe dem nicht entgegen. Er sichere die Kontinuität hoheitlicher Funktionen des Staates, indem er als Regel vorsehe, dass ihre Ausübung Beamten übertragen werde, verbiete jedoch nicht generell, dafür auch Arbeitnehmer einzusetzen. Da diesen die besonderen Rechte der Beamten nicht zustünden, blieben sie darauf angewiesen, ihre Arbeitsbedingungen auf der Ebene von Tarifverträgen auszuhandeln. Wegen ihrer Unterlegenheit seien sie dabei auch auf das Druckmittel des Arbeitskampfes angewiesen. Soweit der Staat von der Möglichkeit Gebrauch mache, Arbeitskräfte auf privatrechtlicher Basis als Arbeitnehmer zu beschäftigen, unterliege er dem Arbeitsrecht, dessen notwendiger Bestandteil eine kollektive Interessenwahrnehmung sei. Ein politischer Handlungszwang durch einen streikbedingten Stillstand des Luftverkehrs ist also nicht auf dem Weg über das Arbeitskampfrecht zu bewältigen, sondern kann allenfalls zu einer gesetzlichen Regelung führen. Streiks in der Luftfahrt sind weder unter dem Gesichtspunkt des Verbots des Vernichtungsstreiks noch dem des Verbots von Gemeinwohlschädigungen von vornherein unverhältnismäßig (Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Juris, Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13; Hess. LAG Urteil vom 22. Juli 2004 – 9 SaGa 593/04 –AP Nr. 168 zu Art 9 GG Arbeitskampf = Juris; Löwisch, ZfA 1988,1, 148, 155). Davon, dass Arbeitskämpfe im Bereich der Flugsicherung möglich und zulässig sind, ist der Gesetzgeber im Rahmen der Privatisierung der Flugsicherung ausgegangen, obwohl die F GmbH für den Bund nach § 27 c Abs. 2 LuftVG die Luftverkehrskontrolle ausübt und dabei hoheitliche Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung wahrnimmt. Dies belegt bereits der Umstand, dass in der Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesrepublik und der Flugsicherung für den Fall von Arbeitskämpfen ein Notdienst vorgeschrieben ist. Der Eingriffsintensität hat der Beklagte mit der der Klägerin zu 3) und der F GmbH mitgeteilten Bereitschaft, Notdienstarbeiten zu leisten, und hinsichtlich des angekündigten Unterstützungsstreiks mit der auf wenige Stunden befristeten Arbeitsniederlegung Rechnung getragen.
g. Es geht bei der Streikankündigung nicht um eine Betriebsblockade (vgl. BAG Urteil vom 8. Nov. 1988 – 1 AZR 471/86 – BAGE 60, 101 = AP Nr. 111 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; ebenso Czerny / Frieling Anm. zu LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 92 a, Seite 35). Der BGH ( Urteil vom 4. Nov. 1997 – VI ZR 348/96 – BGHZ 137, 89 = Juris) hat zwar in der zweitägigen Blockade des Einsatzes von Baumaschinen durch eine Protestdemonstration gegen Erschließungsmaßnahmen einen schuldhaften Eingriff in den berechtigten Besitz des Bauunternehmens an den Baumaschinen gesehen. Blockaden im Sinne eines Streikexzesses können z.B. die Absperrung des Betriebes von Arbeitswilligen, Zulieferern, Ausfahrern und Kunden sein oder die Blockade von Betriebsmitteln ( BAG Urteil vom 8. Nov. 1988 – 1 AZR 417/86 – BAGE 60, 101 = AP Nr. 111 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Auch in der Blockade des Kassenbereichs eines Kaufhauses durch das koordinierte Einkaufen von Artikeln von geringem Wert hat das BAG ( Urteil vom 22. Sept. 2009 – 1 AZR 972/08 – BAGE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) keine Betriebsblockade gesehen, weil die Einzelhandelsfilialen nicht gegenüber Kunden und Lieferanten abgesperrt würden. Die sog. Flashmobaktionen seien typischerweise nicht auf eine nachhaltige Absperrung des gesamten Betriebes gerichtet gewesen. Eine Betriebsblockade geht über die Arbeitsverweigerung durch Streik hinaus und kann schon gar nicht aufgrund einer nicht umgesetzten Streikankündigung angenommen werden.
2. Die Klägerinnen zu 1) und 2) haben – wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat und auf dessen Begründung ergänzend verwiesen wird - keinen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB . Der Beklagte hat den Klägerinnen zu 1) und 2) nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Voraussetzung für eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung wäre die Überschreitung der Verhaltensvorgaben eines rechtsethischen Minimums. Maßnahmen im Arbeitskampf können nur bei Hinzutreten besonderer Umstände sittenwidrig sein. Nicht jeder rechtswidrige Arbeitskampf ist sittenwidrig. Auch wenn der Beklagte bei seinen Tarifforderungen in einigen wenigen Tarifklauseln die Friedenspflicht übersehen hat, ist dies keine Handlung in vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigungsabsicht. Dafür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich (vgl. BAG Beschluss vom 19. Nov. 1985 - 1 ABR 37/83 - AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit = Juris; ebenso Czerny / Frieling Anm. zu LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 92 a, Seite 48). Ein Streik ist aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verankerung in Art. 9 Abs. 3 GG nämlich nur sittenwidrig, wenn er evident unverhältnismäßig ist oder Zwecke verfolgt werden, die offenkundig nicht dem Kompetenzbereich der Tarifvertragsparteien unterfallen ( BAG Urteil vom 22. Sept. 2009 - 1 AZR 972/08 - AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = Juris; Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Juris, Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13). Die Arbeitskampfmaßnahmen sind vorliegend weit davon entfernt, dem Verdikt der Sittenwidrigkeit zu unterliegen.
3. Schadensersatzansprüche der Klägerinnen zu 1) und 2) aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Friedenspflicht bestehen – wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat und auf dessen Begründung ergänzend verwiesen wird (ebenso Hess. Hess. LAG Urteil vom 27. Juni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Juris, Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 875/13; LAG Urteil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Revision eingelegt unter dem Az. 1 AZR 754/13; Czerny / Frieling Anm. zu LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 92 a, Seite 48) - schon deshalb nicht, weil die relative Friedenspflicht vom Schutzbereich her nicht die Klägerinnen zu 1) und 2) erfasst. Der Tarifvertrag ist ein Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB allein in Ansehung der Mitglieder der Tarifvertragsparteien, nicht zugunsten der Kunden von Unternehmen. Diese sind keine Außenseiter im Sinne der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Nov. 1967 – (GS 1/67 – AP Nr. 13 zu Art. 9 GG). Die Friedenspflicht wird allein schuldrechtlich zwischen den tarifvertragsschließenden Parteien vermittelt. Sie haben Fürsorgepflichten allein gegenüber ihren Mitgliedern, nicht aber gegenüber außenstehenden Dritten. Das liefe auf eine Gemeinwohlverpflichtung hinaus.
III. Die Berufung der Klägerin zu 3) ist ebenfalls unbegründet, weil ihre Klage nicht begründet ist, dies, obwohl der Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb seitens des Beklagten rechtswidrig war, da er die sich aus dem Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 ergebende (relative) Friedenspflicht verletzt hat.
1 a) Entgegen der Auffassung der Klägerinnen war eine Teilkündigung, wie sie vom Beklagten mit Schreiben vom 29. Juni 2011 (Anlagen K 4 und B 1-3)) gegenüber der Klägerin zu 3) und dem KAV Hessen ausgesprochen wurde, zulässig. Eine Teilkündigung eines Tarifvertrags ist rechtlich zulässig, wenn dies im Tarifvertrag vereinbart ist. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Teilkündigung von Tarifverträgen „jedenfalls dann” unbedenklich zulässig, wenn sich eine entsprechende Vereinbarung in dem betreffenden Tarifvertrag befindet und aus ihr mit der gebotenen Klarheit hervorgeht, auf welche konkreten Bestimmungen oder Teile des jeweiligen Tarifvertrags sich die Möglichkeit der Teilkündigung beziehen soll ( BAG vom 3. Dezember 1985 – 4 ABR 7/85 – EzA § 1 TVG Auslegung Nr. 16 = Juris; BAG vom 16. August 1990 – 8 AZR 439/89 – EzA § 4 TVG Nachwirkung Nr. 9 = Juris). § 12 Abs. 1 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 lässt eine Teilkündigung ausdrücklich zu.
Es ergibt sich bei der für schuldrechtliche Bestimmungen von Tarifverträgen – und um eine solche handelt es sich bei § 12 Abs. 1 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 – gebotenen Auslegung gemäß §§ 133 , 157 BGB mit hinreichender Klarheit, auf welche Teile oder konkreten Bestimmungen sich die Möglichkeit der Teilkündigung bezieht, nämlich auf die „Vereinbarung im Übrigen“, also auf alle tariflichen Normen und schuldrechtlichen Vereinbarungen außerhalb der verbleibenden §§ 5 bis 8. Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 sollen die §§ 5 bis 8 des Tarifvertrages erstmals zum Ende 2017 kündbar sein und im Übrigen soll der Tarifvertrag bereits zum Ende 2011 kündbar sein. Die Möglichkeit zur Teilkündigung bezieht sich nach dem erkennbar gewollten Sinn und Zweck der Teilkündigungsregelung, wie ihn die Tarifvertragsparteien in § 12 Abs. 1 zum Ausdruck gebracht haben, selbstredend nur auf die materiellen Arbeitsbedingungen in den §§ 3, 4 und 9 und nicht auf die programmatischen Aussagen in der Präambel und die Geltungsbedingungen, ohne die der Tarifvertrag sonst für die Tarifvertragsparteien nicht mehr sinnvoll anwendbar wäre. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist dies der gesamte § 1 Abs. 1 und 2, denn ohne Definition des Geltungsbereichs kann der Tarifvertrag in funktional-organisatorischer und personeller Hinsicht nicht mehr angewendet werden. Es kann bei Auslegung der Kündigungsklausel auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelung in § 2 über die Grundlagen der Sonderregelung Apron Control kündbar sein sollte und der Beklagte diese kündigen wollte, denn damit würde dem Tarifvertrag insgesamt die Grundlage entzogen. § 10 kann ebenfalls nicht gekündigt werden, denn die Regelung ist untrennbar verknüpft mit der Laufzeit der tarifvertraglichen Regelung in §§ 5 bis 8. § 11 ist infolge Erfüllung erledigt. Denknotwendig kann auch § 12 Abs. 1 nicht von einer Teilkündigung erfasst werden, den er regelt die Laufzeit der nicht zum 31. Dez. 2011 kündbaren Regelungen bis mindestens 31. Dez. 2017. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann § 12 Abs. 2 des Tarifvertrages durch die zugelassene Teilkündigung nur partiell in Wegfall geraten, nämlich soweit die Regelungsgegenstände in den §§ 3, 4 und 9 durch die Teilkündigung erfasst waren. Soweit der Tarifvertrag in den §§ 5 bis 8 ungekündigte Regelungen enthält, ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum insoweit § 12 Abs. 2 nicht mehr gelten soll. Die Regelungen über das Zeitwertkonto in § 5, die Unterstützung bei vorgezogenem Renteneintritt in § 6, der Belastungsausgleich in § 7 und die Beschäftigungssicherung in § 8 sind mindestens bis zum 31. Dez. 2017 abschließend. Wenn es in § 12 Abs. 2 Satz 2 heißt, dass Sachverhalte außerhalb der im Landesbezirksvertrag Nr. 32/2007 behandelten Regelungsinhalte von der Friedenspflicht der Vereinbarung erfasst werden, bezieht sich das selbstredend nur auf diejenigen Sachverhalte, die mit den Regelungen in §§ 5 bis 8 in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen und nicht auf jeden Sachverhalt außerhalb des Tarifvertrages, der mit diesen Regelungen nichts zu tun hat. Die Tarifvertragsparteien wollten mit der Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 mit Sicherheit keine gesonderte absolute Friedenspflicht für alle Tarifvereinbarungen wie Gehaltstarifverträge, Manteltarifverträge usw. schaffen, sondern nur für Regelungen im Bereich Apron Control für die B AG, d.h. dem Geltungsbereich in § 1, über ein Zeitwertkonto, die Unterstützung bei vorgezogenem Renteneintritt, Belastungsausgleich und die Beschäftigungssicherung bei gesundheitlichen Einschränkungen.
b. Entgegen der von den Klägerinnen vertretenen Ansicht entfaltete die Teilkündigung bereits mit ihrem Zugang per E-Mail am 30. Juni 2011 Wirkung zum 31. Dezember 2011, da es einer Schriftform i.S.d. § 126 BGB nicht bedurfte. Denn wegen des eindeutigen Wortlauts von § 1 Abs. 2 TVG , der lediglich für den Abschluss eines Tarifvertrages ein Schriftformgebot aufstellt, und mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung für Kündigungen bedarf die Kündigung vorbehaltlich anderer Abreden im Tarifvertrag selbst, die es vorliegend nicht gibt, nicht der Schriftform (vgl. Franzen in: ErfK § 1 TVG Rn. 32 m.w.N.).
2 a. Der Beklagte hat mit dem Streik unter anderem Tarifziele durchzusetzen versucht, die in einem solchen sachlichen, inneren Zusammenhang mit Regelungen stehen, die bereits in dem Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 abschließend zwischen den Tarifparteien geregelt waren. Die sachliche Reichweite der Friedenspflicht ist durch Auslegung der tariflichen Regelungen zu ermitteln ( BAG vom 10. Dezember 2002 – 1 AZR 96/02 – EzA Art 9 GG Arbeitskampf Nr. 134 m.w.N.). Haben die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Sachmaterie erkennbar umfassend geregelt, ist davon auszugehen, dass sie diesen Bereich der Friedenspflicht unterwerfen und für die Laufzeit des Tarifvertrags die kampfweise Durchsetzung weiterer Regelungen unterbinden wollen, die in einem sachlichen, inneren Zusammenhang mit dem befriedeten Bereich stehen ( BAG vom 10. Dezember 2002 – 1 AZR 96/02 – NZA 2003, 734 m.w.N.).
b. Der Beklagte wollte mit dem Streik gegen die Klägerin zu 3) die in dem Schlichtungsvorschlag vom 3. Februar 2012 (Anlage K 5 im Anlagenordner zur Klageschrift) vorgeschlagenen Tarifbestimmungen durchsetzen. In diesem vorgeschlagenen Tarifwerk finden sich nun aber mit den §§ 18 Abs. 8 und 49 auch solche Regelungen, die mit den ungekündigten Regelungen aus dem Landesbezirkstarifvertrag in einem sachlichen, inneren Zusammenhang stehen und von diesem abweichen.
§ 8 des Landesbezirkstarifvertrages regelt – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - den finanziellen Ausgleich für solche Mitarbeiter, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz eingesetzt werden können. Die Differenz zwischen den bisherigen Monatsbezügen und den künftigen soll danach gestaffelt nach der Betriebszugehörigkeit abgesichert werden. § 18 Abs. 8 des Schlichtungsvorschlags enthält ebenfalls eine Regelung über die Beschäftigung auf einem nicht gleichwertigen Arbeitsplatz und sieht einen nicht nach Beschäftigungsdauer gestaffelten Ausgleich der Entgeltdifferenz vor. Zwar regelt § 18 Abs. 8 lediglich die Folgen eines Arbeitsunfalls, gleichwohl überschneidet sich diese Regelung hinsichtlich der Adressatenkreise mit derjenigen in § 8 des Landesbezirkstarifvertrages. Diese Normen dienen dem gleichen Zweck, nämlich der sozialen Absicherung von Mitarbeitern, die aus gesundheitlichen Gründen eine geringwertigere Tätigkeit ausüben müssen. Anders als in § 8 des Landesbezirkstarifvertrages erhält ein Arbeitnehmer in der Vorfeldaufsicht nach einem Arbeitsunfall, infolgedessen er nur noch auf einem geringwertigeren Arbeitsplatz eingesetzt werden kann, die Differenz zwischen den bisherigen und den künftigen Monatsbezügen innerhalb von 5 Jahren gleichmäßig abgesenkt auf 80 %. Nach § 18 Abs. 8 des Schlichtungsvorschlags erhielte dieser Arbeitnehmer dagegen einen vollständigen und unbefristeten Entgeltausgleich. Wenn aus einer bereits abschließend geregelten Materie ein Teilbereich herausgenommen und einer eigenständigen Regelung unterworfen werden soll, die zu wirtschaftlichen Mehrbelastungen für die Arbeitgeberin führen kann, so ist ein ausreichender sachlicher, innerer Zusammenhang in dem o.g. Sinn gegeben.
Gleiches gilt für § 7 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007. Darin findet sich eine abschließende Regelung über einen Belastungsausgleich. Danach besteht für langjährig Beschäftigte im Bereich „Apron Control“ als Erholungs- und auch Präventionsmaßnahme ein Anspruch auf Regenerationskuren. Demgegenüber ergibt sich aus § 49 des von dem Beklagten geforderten Tarifwerks, dass darüber hinaus zur „Entlastung älterer Mitarbeiter“ ein Anspruch auf einen Wechsel aus der Wechselschicht in den Schichtdienst besteht, wenn Apron-Controller 25 Jahre im Wechselschichtdienst gearbeitet haben. Beide Normen dienen dem Gesundheitsschutz langjähriger Mitarbeiter im Bereich Apron Control durch Reduzierung von Belastungen und stehen damit in einem ausreichenden sachlichen, inneren Zusammenhang.
c. Der Rechtswidrigkeit des Hauptstreiks steht nicht entgegen, dass der Bundesvorsitzende des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung in dem Verfahren 9 Ga 24/12 am 29. Februar 2012 zu Protokoll erklärte, dass an den o.g. Tarifforderungen nicht mehr festgehalten werde. Dies lässt die Rechtswidrigkeit des Hauptstreiks nach Beginn der Streiks nicht rückwirkend entfallen. Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen.
d. Der Beklagte hätte den Verstoß gegen die Friedenspflicht bei Anwendung der ihm abzuverlangenden Sorgfalt hervorsehen und vermeiden können, hat also fahrlässig gehandelt. Verschulden im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB setzt ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten voraus. Zwar ist nicht jedes evtl. rechtswidrige Verhalten einer Koalition bei der Wahrung und Förderung von Wirtschaftsbedingungen im Rahmen des Art. 9 Abs. 3 GG zugleich als schuldhaft zu bewerten, weil hierdurch unzumutbare Haftungsrisiken entstünden. Das Bundesarbeitsgericht ( Urteil vom 21. März 1978 – 1 AZR 11/76 – BAGE 30, 189 = AP Nr. 62 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) hat angenommen, die Entwicklung des sozialen Lebens im Bereich der abhängigen Arbeit wäre unangemessen behindert und gehemmt, wollte man jede Risikoübernahme auf diesem Gebiet als Schuld werten und dadurch mit erheblichen Haftungsrisiken belasten. Vor einem Streik mit seinen vielfältigen Auswirkungen hat die Gewerkschaft ihre Streikziele sorgfältig zu prüfen. Bei Zweifeln über deren Rechtmäßigkeit darf sie von ihrem Streikrecht nur in maßvollem Rahmen Gebrauch machen ( BAG Urteil vom 19. Juni 2012 – 1 AZR 775/10 – AP Nr. 177 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Allerdings liegt das Verschulden des Beklagten hier im Bereich leichtester Fahrlässigkeit. Er hat das Problem erkannt, aber rechtlich unrichtig verortet. Er hat mit Schreiben vom 15. Febr. 2012 an die Klägerin zu 3) (Anlage B 3 Anlagenband) vor Streikbeginn versucht, die Laufzeit für die Regelungen, die im Schlichterspruch „aus rein technischen Gründen aus den weiterhin ungekündigten Tarifverträgen zwischen den Parteien übernommen wurden“ unangetastet zu lassen. Im Hinblick auf diese Regelungen sollte es bei derjenigen Laufzeit bleiben, die sich aus den ungekündigten Tarifverträgen ergibt. Entgegen diesem Hinweis hat dann der Beklagte mit seiner Tarifforderung diese Regelungen teilweise zu modifizieren versucht.
e. Dieser leichtesten Fahrlässigkeit steht ein erhebliches Mitverschulden der Klägerin zu 3) gegenüber. Eine Ersatzpflicht für rechtswidriges Handeln tritt gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht ein, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsbehelfs gegen das als rechtswidrig beanstandete Verhalten abzuwenden. Es besteht insoweit kein Recht des Betroffenen, frei zu wählen, ob er den Eintritt des Schadens verhindert oder ob er den Schaden zunächst hinnimmt und dann Schadensersatz geltend macht ( BVerwG Urteil vom 18. April 2002 – 2 C 19.01 – NVwZ-RR 2002, 60; OVG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 27. Nov. 2002 – 2 L 90/01 – NJW 2003, 246 = Juris; VG Köln Urteil vom 31. Juli 2006 – 19 K 6293/04 - Juris). So ist es im öffentlichen Recht anerkannt, dass eine Schadensteilung in diesen Fällen nicht in Betracht kommt, da der Geschädigte in so hohem Maße zur Schadensentstehung beiträgt, dass er die vermeidbaren Nachteile nicht ersetzt verlangen kann. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kommen Schadensersatzansprüche für die Zeit bis einschließlich 27. Febr. 2012 nicht in Betracht. Die Klägerin zu 3) hat vom 16. Febr. 2012 an trotz nach ihrer Ansicht für den Beklagten – also denknotwendig auch für sie - klar erkennbarer Rechtswidrigkeit und außergewöhnlich hoher Schäden die Streikfolgen durch den Einsatz von Ersatzpersonal abgemildert und im Übrigen den Streik „ausgesessen“– beides wird als Kampfmittel des Arbeitgebers angesehen (etwa Däubler/Wolter, Arbeitskampfrecht, 3. Aufl., Kap. 21 Rz. 157; Otto Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht § 1 Rz. 25, 45; ErK-Dieterich/Linsenmeier Art. 9 GG Rz. 213, 215; Kissel Arbeitskampfrecht § 42 Rz. 117) – und zugewartet, bis die behaupteten Schäden sich bis an die Fünfmillioneneurogrenze aufgebaut haben, um dann erst am 28. Febr. 2012 eine einstweilige Verfügung zu beantragen, die sie wegen des Streiks der Vorfeldkontrolle am nächsten Tag bekommen hat. Das ist ein vorhersehbarer und vermeidbarer Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB , denn es ist allgemein bekannt, dass bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main einstweilige Verfügungen in Arbeitskampfsachen in der Regel am selben oder nächsten Tag ergehen können und auch schon zwei Instanzen an einem Tag bewerkstelligt worden sind. Wenn der Klägerin zu 3) indessen daran gelegen war, ein auskömmliches Verhandlungsklima ohne Belastung durch arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen zu pflegen, dann nimmt sie auch die durch die verzögerte Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz eingetretenen Schäden in Kauf.
3 a. Unabhängig davon kann der Beklagte sich mit Erfolg auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen. Dieser Einwand ist begründet, wenn das vom Schädiger zu verantwortende Verhalten für den Schaden kausal geworden ist, der auch bei einem rechtmäßigen Verhalten eingetreten wäre. Dieses Rechtsinstitut entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zivil- und Arbeitsrecht und kann auch bei Schadensersatzansprüchen, die auf die Behauptung eines rechtswidrigen Arbeitskampfes gestützt werden, zur Anwendung kommen. Der Einwand kann für die Zurechnung eines Schadenserfolges beachtlich sein, seine Erheblichkeit richtet sich nach dem Schutzzweck der verletzten Norm ( BGH Urteil vom 9. März 2012 – V ZR 156/11 – NJW 2012, 2022 = Juris). Der Einwand war Gegenstand der Rechtsprechung beispielsweise im Falle der Falschberatung durch einen Steuerberater ( BGH Urteil vom 14. Juni 2012 – IX ZR 199/11 – Juris), der Nichterfüllung eines Kaufvertrages ( BGH Urteil vom 9. März 2012 – V ZR 156/11 – NJW 2012, 2022 = Juris), der Arzthaftung bei ärztlichen Kunstfehlern ( BGH Urteil vom 7. Febr. 2012 – VI ZR 63/11 – NJW 2012, 850 = Juris; BGH Urteil vom 5. April 2005 – VI ZR 216/03 – NJW 2005, 2072 = Juris), der Haftung für fehlerhafte Ausschreibungsverfahren ( BGH Urteil vom 25. Nov. 1992 – VIII ZR 170/91 – NJW 1993, 520 = Juris), Inserierungskosten des Arbeitgebers nach einer vertragswidrigen Kündigung des Arbeitnehmers, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis in jedem Fall zum erstmöglichen Termin gekündigt hätte ( BAG Urteil vom 14. Nov. 1975 – 5 AZR 534/74 – NJW 1976, 644 = Juris), in früheren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts auch bei rechtswidrigen Streiks (BAG Urteil vom 31. Okt.1958 – 1 AZR 632/57 – AP Nr. 2 § 1 TVG Friedenspflicht = Juris; BAG Urteil vom 8. Febr. 1957 – 1 AZR 169/55 – AP Nr. 1 zu § 1 TVG Friedenspflicht = Juris). Für einen rechtswidrigen Streik hat das Bundesarbeitsgericht angenommen (Urteil vom 31. Okt. 1958 a.a.O.), wer unter Verletzung einer tariflichen Friedenspflicht eine Arbeitskampfmaßnahme ergreife, könne sich nicht darauf berufen, der Arbeitskampf wäre auch ohne diese Verletzung auf jeden Fall durchgeführt worden, wenn sein Beginn vielleicht auch um geringe Zeit hinausgezögert worden wäre. Anderenfalls wären Vereinbarungen über die Friedenspflicht illusorisch, wenn man sich zur Berücksichtigung eines möglichen anderen und zwar dann zulässigen Streiks als Reserveursache einließe (ähnl. Willemsen / Mehrens NZA 2013, 1400, 1403). Das Bundesarbeitsgericht erörtert die Frage, ob derjenige, der selbst einen realen Haftungstatbestand gesetzt hat, sich darauf berufen kann, dass er den Schaden auch legal und dann ohne Ersatzpflicht hätte verursachen können, und es meint, jedenfalls bei Vertragsverletzungen hätte im Interesse der Vertragstreue, die ein oberster Grundsatz unserer Rechtsordnung sei, das Prinzip der zivilrechtlichen Prävention (Schutzfunktion, Sanktionsfunktion) den Vorrang. Andere sprächen mit Recht vom Verantwortungsgedanken, vom Verhütungszweck, dem für den Bestand der Ordnung des Zusammenlebens der Menschen entscheidende Bedeutung zukomme. Das gelte auch für die Vereinbarung einer Friedenspflicht, die die Funktion habe, Streik und Aussperrung als kollektive Kampfmaßnahmen angesichts ihrer schwerwiegenden Folgen für die Gesamtheit und die beteiligten Kreise des Arbeitslebens, im Rahmen des Möglichen zu vermeiden. Der Bruch der Friedenspflicht sei angesichts ihrer gar nicht hoch genug einzuschätzenden Bedeutung für das Arbeitsleben und das öffentliche Leben der Gemeinschaft überhaupt mit dem schweren Risiko der Pflicht zum Ersatz des gesamten aus der Vertragsverletzung entstandenen Schadens verbunden. Im Arbeitskampfrecht wäre die Verletzung der Friedenspflicht entgegen ihren von den Parteien mit in Kauf genommenen Folgen praktisch weitgehend sanktionslos, wenn man sich zur Berücksichtigung eines möglichen späteren, und zwar dann angeblich zulässigen Streiks als Reserveursache herbeiließe. Die angebliche Reserveursache sei in Fällen dieser Art gerade die Handlung, die nach dem Vertrag während einer gewissen Dauer unterlassen werden müsse, während sie nachher wieder freistehe. Es komme noch hinzu, dass eine hypothetische Ursache nur dann überhaupt in Betracht gezogen werden könne, wenn sie mit Sicherheit oder mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. Es kommt darauf an, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre. Die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus ( BGH Urteil vom 9. März 2012 – V ZR 156/11 – NJW 2012, 2022 = Juris). Entgegen den Bedenken von Willemsen / Mehrens (a.a.O.) kommt es insoweit nicht auf die Frage an, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Tarifforderungen handelt oder Nebenforderungen mit einem hohen Mobilisierungseffekt, sondern auf die Sicherheit, dass der Arbeitskampf auch ohne die beanstandeten Tarifforderungen zur gleichen Zeit, am gleichen Ort mit den gleichen Folgen geführt worden wäre. Die Beweislast dafür, dass sich ein hypothetischer Kausalverlauf ebenso ausgewirkt hätte wie der tatsächliche Geschehensablauf, liegt auf der Seite des Schädigers ( BGH Urteil vom 25. Nov. 1992 – VIII ZR 170/91 – NJW 1993, 520 = Juris). Insofern ist der vorliegende Fall vor dem Hintergrund des vorangegangenen Schlichtungsverfahrens und der Vorklärung im Hinblick auf „unstreitige“ Forderungen vom Sachverhalt her ein Ausnahmefall, der den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens rechtfertigt und trägt.
b. Im vom Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) entschiedenen Fall konnten sich die Schädiger nicht darauf berufen, sie seien nach Ablauf von fünf Tagen ohnehin zur Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen berechtigt gewesen. Das Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) meint aber nicht den Fall, dass die Schädiger nicht mit Rechtfertigung genau so, d.h. auch zur gleichen Zeit so hätten handeln dürfen und gehandelt haben. So liegt aber der vorliegende Fall. Der Streik hätte keinen anderen Verlauf genommen und die Streikfolgen wären identisch gewesen, wenn der Beklagte die §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6a und 49 der der Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse von Anfang an nicht in die Streikforderung aufgenommen hätte. Der Streik hätte auch ohne diese Tarifforderungen zur selben Zeit, am selben Ort und auf dieselbe Art und Weise stattgefunden. Dies belegt der Umstand, dass am Ende der Schlichtung ausweislich der Schlichterempfehlung vom 3. Febr. 2012 lediglich Streit über den Geltungsbereich, die Laufzeit, die Entgelte, die Berechnung des Nachtzeitraumes, die Vergütung der Überstunden, die Regelung der Rufbereitschaft und die Überleitungsvorschriften herrschte und über die übrigen Punkte (die in grüner Schrift gehaltenen Passagen der Synopse) eine Einigung erzielt werden konnte. Dieser Teil der Tarifforderung hatte auf den Arbeitskampf mithin keinen Einfluss. § 35 Abs. 6 a der Synopse wurde zudem auf Initiative der Klägerin zu 3) in die Schlichterempfehlung aufgenommen. Den § 18 Abs. 8 hatte sie schon vor der Schlichtung akzeptiert. Ein weiterer Beleg dafür, dass diese Forderungen nicht „streikbestimmend“ waren, ist – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat -, dass der Beklagte diese Forderungen in der mündlichen Verhandlung vom 29. Februar 2012 in dem gegen den Hauptstreik gerichteten Eilverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main fallen ließ, ohne dass hierdurch sogleich weitere Verhandlungen aufgenommen wurden.
c. Das Arbeitsgericht ist auch mit zutreffender Begründung zu dem richtigen Ergebnis gelangt, dass ohne die gegen die Friedenspflicht verstoßenden Forderungen der Hauptstreik rechtmäßig gewesen wäre, da er weder den Grundsatz der Arbeitskampfparität noch den der Verhältnismäßigkeit verletzte.
aa. Der Beklagte hat mit seinem Arbeitskampf gegen die Klägerin zu 3) den Grundsatz der Kampfparität nicht verletzt. Die Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts hat zu gewährleisten, dass keine Tarifvertragspartei der anderen von vornherein ihren Willen aufzwingen kann (BAG in st. Rspr., etwa Urteil vom 24. April 2007 - 1 AZR 252/06 - EzA Art 9 GG Arbeitskampf Nr. 139 = Juris; BAG Urteil vom 12. September 1984 - 1 AZR 342/83 - BAGE 46, 322, zu B II 2 d der Gründe; BAG Urteil vom 10. Juni 1980 - 1 AZR 822/79 - BAGE 33, 140, zu A IV der Gründe). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (a.a.O.) sind insoweit die realen Kräfteverhältnisse maßgebend, ohne dass alle Besonderheiten des Arbeitskampfs berücksichtigt werden müssten. Die Parität der Tarifvertragsparteien im Arbeitskampf setzt ihre Abwehrfähigkeit voraus. Das Berufungsgericht geht mit dem Arbeitsgericht auch davon aus, dass die mit der Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit für die Klägerin zu 3) einhergehende Gefahr von Arbeitskämpfen einer Vielzahl schlagkräftiger Sparten- und Spezialgewerkschaften für sich genommen kein Kräfteungleichgewicht zu Lasten der Klägerin zu 3) darstellt. Es kann auch mit dem Arbeitsgericht nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin zu 3) keine tauglichen Abwehrmittel zur Verfügung gestanden hätten. Ihre Abwehrkraft war nicht maßgeblich eingeschränkt. Sie war in der Lage, im gesamten Zeitraum vom 16. Februar 2012 bis zum 1. März 2012 etwa 90 % und an den Streiktagen rund 84% der Flugbewegungen durch den Einsatz eigenen Personals kurzfristig geschulten Ersatzpersonals aufrechtzuerhalten. Der Einsatz von geschultem Ersatz- und Fremdpersonal, durch den eine komplette oder reduzierte Dienstleistung aufrechterhalten wird und der zum Teil als Streikbruch bezeichnet wird (etwa Däubler/Wolter, Arbeitskampfrecht, 3. Aufl., Kap. 21 Rz. 157; Otto Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht § 1 Rz. 25, 45), ist als Arbeitskampfmittel zu sehen. Streikbruch mit oder ohne Streikbruchprämie wird als zulässiges betriebliches Streikbekämpfungsmittel oder Arbeitskampfmittel im weitesten Sinne angesehen (Däubler/Wolter Arbeitskampfrecht 3. Aufl. § 16 Rz. 21; ErK-Dieterich/Linsenmeier Art. 9 GG Rz. 213, 215; Kissel Arbeitskampfrecht § 42 Rz. 117). Davon hat die Klägerin zu 3) wirksam Gebrauch machen können.
bb. Der Arbeitskampf des Beklagten gegen die Klägerin zu 3) war nicht unverhältnismäßig. Arbeitskämpfe müssen nach unserem freiheitlichen Tarifvertragssystem möglich sein, um Interessenkonflikte über Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im äußersten Fall austragen und ausgleichen zu können (BAG Großer Senat Beschluss vom 21. April 1971 - GS 1/68 -EzA Art 9 GG Nr. 6 = Juris). Sie stehen wegen ihrer möglichen tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Dabei sind die wirtschaftlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen, und das Gemeinwohl darf nicht offensichtlich verletzt werden. Sie dürfen nur insoweit eingeleitet und durchgeführt werden, als sie zur Erreichung rechtmäßiger Kampfziele und des nachfolgenden Arbeitsfriedens geeignet und sachlich erforderlich sind. Die Mittel des Arbeitskampfes dürfen ihrer Art nach nicht über das hinausgehen, was zur Durchsetzung des erstrebten Zieles jeweils erforderlich ist. Ein Arbeitskampf darf nicht auf Vernichtung des Gegners abstellen, sondern er hat den gestörten Arbeitsfrieden wieder herzustellen (BAG Großer Senat Beschluss vom 21. April 1971 - GS 1/68 -EzA Art 9 GG Nr. 6 = Juris).
Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Hauptstreik nicht unverhältnismäßig war. Der Beklagte hat mit Ausnahme der die Friedenspflicht verletzenden Teilforderung ein zulässiges Kampfziel mit nicht offensichtlich ungeeigneten Mitteln erstrebt, ohne dass es der ergriffenen Kampfmittel zur Erreichung des Ziels offensichtlich nicht bedurft hätte. Dass auch ein Arbeitskampf im Luftverkehr generell keine unangemessene Beeinträchtigung verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen der Klägerin zu 3) darstellt, weil er auf die Vernichtung des Gegners abzielt oder deren wirtschaftliche Existenz gefährdet, wurde bereits dargestellt. Dies hat die Klägerin zu 3), die auch während des Arbeitskampfes 84 bis 90 % ihrer Dienstleistungen erbringen konnte, auch nicht behauptet. Der Einsatz von geschultem Ersatz- und Fremdpersonal, durch den eine komplette oder reduzierte Dienstleistung aufrechterhalten wird, wird wie dargestellt als Arbeitskampfmittel angesehen (etwa Däubler/Wolter, Arbeitskampfrecht, 3. Aufl., Kap. 21 Rz. 157; Otto Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht § 1 Rz. 25, 45). Streikbruch mit oder ohne Streikbruchprämie ist ein zulässiges betriebliches Streikbekämpfungsmittel oder Arbeitskampfmittel im weitesten Sinne (Däubler/Wolter Arbeitskampfrecht 3. Aufl. § 16 Rz. 21; ErK-Dieterich/Linsenmeier Art. 9 GG Rz. 213, 215; Kissel Arbeitskampfrecht § 42 Rz. 117). Das Arbeitsgericht hat des Weiteren richtig erkannt, dass es auf eine unzulässige gerichtliche Tarifzensur hinausliefe, wenn man im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die entstandenen Schäden in Relation zum von dem zu erstreikenden Tarifvertrag begünstigten Beschäftigtenkreis setzte. Es kann schließlich mit dem Arbeitsgericht auch nicht festgestellt werden, dass die Art und Weise der Arbeitskampfführung den Regeln der fairen Kampfführung nicht entsprochen hätte. Der Beklagte hat den Streik rechtzeitig angekündigt und auch Notdienstarbeiten angeboten. Schließlich verletzte der Arbeitskampf auch nicht offensichtlich das Gemeinwohl. Der Hauptstreik führte weder zur Einstellung noch zu einer weitgehenden, nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung des Flugverkehrs. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Hauptstreik das Leben und die Gesundheit der Allgemeinheit als die am stärksten geschützten Rechtsgüter beeinträchtigt hätte. Welche dringenden Transporte infolge des Hauptstreiks nicht hätten durchgeführt werden können oder inwiefern es zu Gefährdungen für Leben und die Gesundheit gekommen sei, legt die Klägerin zu 3) auch zweitinstanzlich nicht dar. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern derartige Notfälle nicht durch die der Klägerin zu 3) und der F GmbH angebotenen und abgeschlossenen Notdienstvereinbarung gedeckt gewesen wären.
4. Schließlich ist hinsichtlich des lediglich angekündigten Unterstützungsstreiks, nachdem der diesbezügliche Vortrag der Klägerinnen bereits der Vorinstanz nicht ausgereicht hatte, auch zweitinstanzlich nicht hinreichend erkennbar geworden, welche konkreten Beeinträchtigungen bzw. Schäden der Klägerin zu 3) gerade auf die Ankündigung des Unterstützungsstreiks zurückzuführen sind. Wenn man – wie die Klägerinnen behaupten - davon ausgeht, dass bereits die öffentliche Ankündigung von möglichen Streikmaßnahmen durch eine Gewerkschaft auf aktuelle oder potentielle Kunden abschreckend wirkt und zu Buchungsrückgängen führt, kommt es vorliegend darauf an, ob die 110 Fluggesellschaften als Kunden der Klägerin zu 3) vor dem Hintergrund des schon mehrere Tage währenden Hauptstreiks durch die Ankündigung des sechsstündigen Unterstützungsstreiks zu Lasten der Klägerin Flugbewegungen gestrichen oder umgeleitet haben und die behaupteten Erlösausfälle sich dadurch erhöht haben. Betrachtet man die erstinstanzlich von den Klägerinnen vorgetragenen Zahlen, sind am 16. Febr. 2012 streikbedingt 137 Flüge mit der Folge von Erlösausfällen von EUR 424.700 ausgefallen, am 17. Febr. 204 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 768.000, am 18. Febr. 14 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 43.400, am 20. Febr. 228 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 706.800, am 21. Febr. 184 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 706.800, am 22. Febr. 129 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 449.000, am 23. Febr. 139 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 455.700, am 26. Febr. 9 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 27.900, am 27. Febr. 148 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 458.800, am 28. Febr. 171 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 530.100 und am 29. Febr. 228 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 706.800. Nach der Ankündigung des Unterstützungsstreiks vom 28. Febr. 2012 für den 29. Febr. von 5 bis 11 Uhr haben sich zwar die behaupteten Erlösausfälle gegenüber dem 28. Febr. 2012 erhöht, sie waren aber nicht höher als z.B. am 17. Febr. oder am 20. Febr., als ein Unterstützungsstreik noch nicht angekündigt war. Eine Erhöhung der Erlösausfälle durch den angekündigten Unterstützungsstreik lässt sich daraus nicht herleiten. Abgesehen davon wäre ein erhöhter Schaden durch den angekündigten Unterstützungsstreik dem Beklagten unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht zuzurechnen gewesen, denn er hätte diesen ebenso wie den Hauptarbeitskampf auch ohne die beanstandeten Tarifforderungen geführt. Die für den Hauptarbeitskampf genannten Indizien gelten insoweit gleichermaßen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 100 Abs. 2 ZPO .
Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG angesichts der Frage der Schadensersatzansprüche von Drittbetroffenen eines Arbeitskampfes und zur weiteren rechtlichen Klärung des Einwandes des rechtmäßigen Alternativverhaltens im Arbeitskampf wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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