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BAG, Beschluss vom 11.10.2016, 1 ABR 49/14
Schlagworte: | Betriebsrat | |
Gericht: | Bundesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 1 ABR 49/14 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 11.10.2016 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Chemnitz, Beschluss vom 13.02.2014, 3 BV 44/13 Sächsisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.07.2014, 2 TaBV 11/14 |
|
BUNDESARBEITSGERICHT
1 ABR 49/14
2 TaBV 11/14
Sächsisches
Landesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
11. Oktober 2016
BESCHLUSS
Kleinert, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten
1.
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
2.
Rechtsbeschwerdeführer,
hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Anhörung vom 11. Oktober 2016 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richterin am Bundesarbeitsgericht K. Schmidt, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Treber sowie die ehrenamtlichen Richter Schuster und Fritz für Recht erkannt:
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1. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Juli 2014 - 2 TaBV 11/14 - wird, soweit sie sich gegen die Entscheidung über den Antrag zu 1. richtet, zurückgewiesen.
2. Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Von Rechts wegen!
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Versetzung und zur Umgruppierung eines Arbeitnehmers sowie zur vorläufigen Durchführung dieser Maßnahmen.
Die Arbeitgeberin betreibt Einrichtungshäuser. In ihrem Betrieb in C mit mehr als 20 Arbeitnehmern ist der beteiligte Betriebsrat gebildet. Bei ihr besteht eine Gesamtbetriebsvereinbarung „Mitarbeiterbeurteilungen, -gespräche, -entwicklung“ (nachfolgend GBV), die ua. folgenden Inhalt hat: „I. Präambel
...
Zur Unterstützung der Mitarbeiter in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung werden interne und externe Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie Personalentwicklungsinstrumente von I angeboten.
...
IV. Regelungsinhalt
Die Gesamtbetriebsvereinbarung bezieht sich auf alle ... durchzuführenden Beurteilungen.
Sie gibt die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen vor, die bei der Durchführung von Beurteilungen, Gesprächen und der weiteren Entwicklung der Mitarbeiter beachtet werden müssen.
Der jeweilige Regelungsgegenstand wird als Anlage zu dieser Rahmenvereinbarung erstellt. ...
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...
Anlage 6
I Förderprogramm
‚Business & Leadership Competence’
...
1. Hintergrund und Ziel des I-Förderprogramms
Das I Förderprogramm ‚Business & Leadership Competence' hat zum Ziel, Mitarbeiter zum Teamleiter zu entwickeln. Bestandteil dieser Vereinbarung ist die Stellungnahme von P vom 4.4.2011 ‚Entwicklungsprogramm vom TA zum TL und Beschreibung der Entwicklung vom Mitarbeiter zum TA‘.
2. Zielgruppe
Potenzielle Teilnehmer sind Mitarbeiter aus den Einrichtungshäusern und anderen I Einheiten, die sich beruflich weiterentwickeln wollen. Die Teilnahme ist freiwillig.“
In der Stellungnahme der Frau P heißt es:
„Business & Leadership Competence
Entwicklungsprogramm vom TA zum TL und Beschreibung der Entwicklung vom Mitarbeiter zum TA
1. Fester Bestandteil der Personalstruktur im Einrichtungshaus sind Teamassistenten (TA) und Teamleiter (TL).
2. Die Entwicklung vom Mitarbeiter zum TA erfolgt individuell im EH. ...
3. Die Entwicklung vom TA zum TL erfolgt durch das BLC Programm. Teilnehmer des BLC haben also bereits eine TA Funktion inne.
4. ... “
Auf eine von der Arbeitgeberin ausgeschriebene Stelle „Teamleiter/in“ bewarb sich der als Teamassistent beschäftigte Arbeitnehmer R. Dieser hatte nicht an einem Förderprogramm „Business & Leadership Competence“ (BLC) teilgenommen.
Mit Schreiben vom 20. September 2013 beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung und zur Umgruppierung des
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Arbeitnehmers ab dem 1. Oktober 2013. Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 23. September 2013 seine Zustimmung. Aufgrund fehlender Unterlagen gehe er davon aus, der Arbeitnehmer habe noch nicht das Förderprogramm BLC absolviert. Die Arbeitgeberin wiederholte unter Vorlage weiterer Informationen am 23. Oktober 2013 ihr Zustimmungsbegehren und wies darauf hin, der Arbeitnehmer sei bereits zuvor in einem anderen Unternehmen in einer Führungsposition tätig gewesen, weshalb ein individueller Entwicklungsplan genüge. Der Betriebsrat stimmte mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 erneut nicht zu. Die Teilnahme am Förderprogramm BLC sei für die Tätigkeit als Teamleiter erforderlich. Ein Antrag der Arbeitgeberin vom 30. Oktober 2013 auf Zustimmung des Betriebsrats zur vorläufigen Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers blieb ebenfalls erfolglos.
Die Arbeitgeberin hat sinngemäß beantragt,
1. die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers R in den Arbeitsbereich Teamleiter Verkauf HFB 01/02/03, verbunden mit der Umgruppierung von der Gehaltsgruppe K 3 im 2. Berufsjahr in die K 4 b im 1. Berufsjahr des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzel- und Versandhandel im Freistaat Sachsen, in Sachsen-Anhalt und im Freistaat Thüringen zu ersetzen;
2. festzustellen, dass die durchgeführte vorläufige Versetzung des Arbeitnehmers R in den Arbeitsbereich Teamleiter Verkauf HFB 01/02/03, verbunden mit der Umgruppierung von der Gehaltsgruppe K 3 im 2. Berufsjahr in die K 4 b im 1. Berufsjahr des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzel- und Versandhandel im Freistaat Sachsen, in Sachsen-Anhalt und im Freistaat Thüringen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
Der Betriebsrat hat die Abweisung der Anträge beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und den Anträgen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeits-
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gericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung und zur Umgruppierung zu Recht ersetzt. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag zu 2.
I. Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung und zur Umgruppierung des Arbeitnehmers R ist begründet. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu Unrecht verweigert. Die Voraussetzungen des allein noch geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG liegen nicht vor.
1. Gegenstand des vorliegenden Zustimmungsersetzungsverfahrens sind 11 die personellen Einzelmaßnahmen der Versetzung und der Umgruppierung des Arbeitnehmers R, die die Arbeitgeberin mit ihrem Schreiben vom 20. September 2013 beantragt hat. Die hierzu verweigerte Zustimmung des Betriebsrats soll ersetzt werden. Mit ihrem Schreiben vom 23. Oktober 2013 hat die Arbeitgeberin, auch wenn sie den Betriebsrat erneut um Zustimmung ersucht hat, keine eigenständigen, neuen personellen Maßnahmen eingeleitet (dazu BAG 9. Oktober 2013 - 7 ABR 1/12 - Rn. 28 mwN). Der in diesem Schreiben genannte abweichende Versetzungstermin zum 1. November 2013 steht dem nicht entgegen. Damit hat die Arbeitgeberin die Versetzung lediglich dem zwischenzeitlichen Zeitablauf angepasst.
2. Der Betriebsrat konnte seine Zustimmungsverweigerung in Bezug auf 12 die Versetzung des Arbeitnehmers nicht auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG stützen. Dessen Beschäftigung als Teamleiter verstößt nicht gegen die GBV. Diese setzt eine Teilnahme am Förderprogramm BLC für die Tätigkeit nicht voraus.
a) Dem Wortlaut der Anlage 6 zur GBV lässt sich nicht entnehmen, dass nur derjenige Arbeitnehmer als Teamleiter beschäftigt werden kann, der zuvor das Förderprogramm BLC erfolgreich durchlaufen hat. Die GBV handelt von „Mitarbeiterbeurteilungen, -gespräche, -entwicklung“ und soll - wie es bereits in
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der Präambel zum Ausdruck kommt - die Mitarbeiter in „ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung“ ua. durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen fördern. Für die Entwicklung der Mitarbeiter vom Teamassistenten zum Teamleiter wird dies in der Anlage 6 vor allem durch ein Auswahlverfahren und den Ablauf des Förderprogramms geregelt. Die Anlage 6 zur GBV enthält demgegenüber keine Regelungen im Sinne einer Auswahlrichtlinie nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (vgl. BAG 26. Juli 2005 - 1 ABR 29/04 - Rn. 18, BAGE 115, 239), unter welchen Voraussetzungen eine personelle Einzelmaßnahme „Beschäftigung als Teamleiter“ erfolgen darf. Ein weiter gehender Regelungswille kann entgegen der Auffassung des Betriebsrats auch nicht der Stellungnahme der Frau P entnommen werden. Diese bezieht sich auf die Anlage 6 zur GBV. Im Rahmen des dort beschriebenen „Entwicklungsprogramms“ verläuft die Entwicklung „vom TA zum TL ... durch das BLC Programm“. Auch insoweit fehlt es an Anhaltspunkten, wonach die Personalauswahlentscheidung der Arbeitgeberin bei der Beschäftigung von Teamleitern durch Auswahlkriterien eingeschränkt werden sollte.
b) Für dieses Ergebnis sprechen auch Sinn und Zweck der GBV als Mittel der Aus- und Weiterbildung. Anderenfalls müssten auch diejenigen Arbeitnehmer das 18-monatige Förderprogramm BLC zwingend durchlaufen, die bereits aufgrund anderer Umstände - etwa vorangegangener Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber - über die erforderliche Qualifikation für eine Beschäftigung als Teamleiter verfügen oder für die - wie bei dem Arbeitnehmer R - ein individueller Entwicklungsplan während der Teamleitertätigkeit ausreichend ist.
c) Die Rüge des Betriebsrats, das Landesarbeitsgericht hätte über den wirklichen Willen der Betriebsparteien bei Abschluss der GBV Beweis erheben müssen, ist - ihre Zulässigkeit unterstellt - ohne Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die geforderte Beweisaufnahme zu Recht unterlassen. Betriebsvereinbarungen sind objektiv auszulegen. Der subjektive Regelungswille ist nur insoweit zu berücksichtigen, wie er in der betreffenden Regelung erkennbaren Ausdruck gefunden hat (vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 1 AZR 544/12 - Rn. 23). Ein
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Verständnis der Betriebsparteien, als Teamleiter dürfe nur beschäftigt werden, wer das Förderprogramm BLC absolviert hat, findet im Wortlaut der GBV iVm. der Anlage 6 aber keine Stütze (oben B I 2 a).
3. Infolge der zu Unrecht verweigerten Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers ist auch dessen Zustimmung zur Umgruppierung zu ersetzen. Die maßgebende tarifliche Eingruppierung steht im Fall einer zulässigen Versetzung zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
II. Hinsichtlich des Antrags zu 2. war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 81 Abs. 2 Satz 2, § 83a Abs. 2 Satz 1 ArbGG einzustellen. Eine Entscheidung über den Antrag des Arbeitgebers auf vorläufige Durchführung einer personellen Maßnahme iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG kommt regelmäßig nicht mehr in Frage, wenn rechtskräftig über den Zustimmungsersetzungsantrag entschieden worden ist (BAG 30. September 2014 - 1 ABR 79/12 - Rn. 44 mwN). Ob ein solcher Antrag bei Ein- und Umgruppierungen überhaupt Anwendung finden kann (dazu BAG 27. Januar 1987 - 1 ABR 66/85 - zu B IV 2 der Gründe, BAGE 54, 147), bedarf keiner Entscheidung.
Schmidt
Richterin am Bundesarbeitsgericht K. Schmidt ist wegen Krankheit an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schmidt
Fritz N.
Schuster
Treber
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