HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

EuGH, Ur­teil vom 21.02.2018, C-518/15 - Matz­ak

   
Schlagworte: Arbeitszeit, Rufbereitschaft
   
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-518/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.02.2018
   
Leitsätze:

1. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf bestimmte Kategorien von bei öffentlichen Feuerwehrdiensten beschäftigten Feuerwehrleuten nicht von allen Verpflichtungen aus der Richtlinie, einschließlich deren Art. 2, in dem insbesondere die Begriffe „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ definiert sind, abweichen dürfen.
2. Art. 15 der Richtlinie 2003/88 ist dahin auszulegen, dass er es den Mitgliedstaaten nicht gestattet, eine weniger restriktive Definition des Begriffs „Arbeitszeit“ beizubehalten oder einzuführen als die in Art. 2 der Richtlinie.
3. Art. 2 der Richtlinie 2003/88 ist dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, das Arbeitsentgelt für Bereitschaftszeiten zu Hause wie die im Ausgangsverfahren fraglichen in Abhängigkeit davon festzulegen, ob diese Zeiten zuvor als „Arbeitszeit“ oder als „Ruhezeit“ eingestuft wurden.
4. Art. 2 der Richtlinie 2003/88 ist dahin auszulegen, dass die Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringt und während deren er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb von acht Minuten Folge zu leisten, wodurch die Möglichkeit, anderen Tätigkeiten nachzugehen, erheblich eingeschränkt ist, als „Arbeitszeit“ anzusehen ist.

Vorinstanzen:
   

UR­TEIL DES GERICH­TSHOFS (Fünf­te Kam­mer)

21. Fe­bru­ar 2018(*)

„Vor­la­ge zur Vor­ab­ent­schei­dung - Richt­li­nie 2003/88/EG - Schutz der Si­cher­heit und der Ge­sund­heit der Ar­beit­neh­mer - Ar­beits­zeit­ge­stal­tung - Art. 2 - Be­grif­fe ‚Ar­beits­zeit‘ und ‚Ru­he­zeit‘ - Art. 17 - Ab­wei­chun­gen - Feu­er­wehr­leu­te - Be­reit­schafts­zeit - Be­reit­schafts­dienst zu Hau­se“

In der Rechts­sa­che C-518/15

be­tref­fend ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 267 AEUV, ein­ge­reicht von der Cour du tra­vail de Bru­xel­les (Ar­beits­ge­richts­hof Brüssel, Bel­gi­en) mit Ent­schei­dung vom 14. Sep­tem­ber 2015, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 28. Sep­tem­ber 2015, in dem Ver­fah­ren

Vil­le de Ni­vel­les

ge­gen

Ru­dy Matz­ak

erlässt

DER GERICH­TSHOF (Fünf­te Kam­mer)

un­ter Mit­wir­kung des Kam­mer­präsi­den­ten J. L. da Cruz Vi­laça, der Rich­ter E. Le­vits (Be­richt­er­stat­ter) und A. Borg Bart­het, der Rich­te­rin M. Ber­ger so­wie des Rich­ters F. Bilt­gen,

Ge­ne­ral­anwältin: E. Sharps­ton,

Kanz­ler: V. Gi­a­cob­bo-Pey­ron­nel, Ver­wal­tungsrätin,

auf­grund des schrift­li­chen Ver­fah­rens und auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 15. De­zem­ber 2016,

un­ter Berück­sich­ti­gung der Erklärun­gen

- der Stadt Ni­vel­les, ver­tre­ten durch L. Mar­key, avo­ca­te,

- von Herrn Matz­ak, ver­tre­ten durch P. Jo­as­sart, A. Per­cy und P. Kna­epen, avo­cats,

- der bel­gi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch M. Ja­cobs und L. Van den Bro­eck als Be­vollmäch­tig­te im Bei­stand von F. Ba­ert und J. Cles­se, avo­cats,

- der französi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch D. Co­las und R. Coe­s­me als Be­vollmäch­tig­te,

- der nie­derländi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch M. K. Bul­ter­man, M. No­ort und J. Lan­ger als Be­vollmäch­tig­te,

- der Re­gie­rung des Ver­ei­nig­ten König­reichs, ver­tre­ten durch G. Brown, S. Sim­mons und D. Ro­bert­son als Be­vollmäch­tig­te im Bei­stand von R. Hill und B. Lask, Bar­rist­ers,

- der Eu­ropäischen Kom­mis­si­on, ver­tre­ten durch D. Mar­tin und J. Tom­kin als Be­vollmäch­tig­te,

nach Anhörung der Schluss­anträge der Ge­ne­ral­anwältin in der Sit­zung vom 26. Ju­li 2017

fol­gen­des

Ur­teil

1 Das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen be­trifft die Aus­le­gung von Art. 2 und Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii der Richt­li­nie 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung (ABl. 2003, L 299, S. 9).
2 Es er­geht im Rah­men ei­nes Rechts­streits zwi­schen der Stadt Ni­vel­les und Herrn Ru­dy Matz­ak über das Ar­beits­ent­gelt für Leis­tun­gen, die im Feu­er­wehr­dienst der Stadt er­bracht wur­den.

Recht­li­cher Rah­men

Uni­ons­recht

3 In Art. 1 der Richt­li­nie 2003/88 heißt es:

„(1) Die­se Richt­li­nie enthält Min­dest­vor­schrif­ten für Si­cher­heit und Ge­sund­heits­schutz bei der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung.

(2) Ge­gen­stand die­ser Richt­li­nie sind

a) die tägli­chen und wöchent­li­chen Min­destru­he­zei­ten, der Min­dest­jah­res­ur­laub, die Ru­he­pau­sen und die wöchent­li­che Höchst­ar­beits­zeit so­wie

b) be­stimm­te As­pek­te der Nacht- und der Schicht­ar­beit so­wie des Ar­beits­rhyth­mus.

(3) Die­se Richt­li­nie gilt un­be­scha­det ih­rer Ar­ti­kel 14, 17, 18 und 19 für al­le pri­va­ten oder öffent­li­chen Tätig­keits­be­rei­che im Sin­ne des Ar­ti­kels 2 der Richt­li­nie 89/391/EWG [des Ra­tes vom 12. Ju­ni 1989 über die Durchführung von Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Si­cher­heit und des Ge­sund­heits­schut­zes der Ar­beit­neh­mer bei der Ar­beit (ABl. 1989, L 183, S. 1)].

(4) Die Be­stim­mun­gen der Richt­li­nie 89/391 … fin­den un­be­scha­det stren­ge­rer und/oder spe­zi­fi­scher Vor­schrif­ten in der vor­lie­gen­den Richt­li­nie auf die in Ab­satz 2 ge­nann­ten Be­rei­che voll An­wen­dung.“

4 Art. 2 („Be­griffs­be­stim­mun­gen“) der Richt­li­nie 2003/88 sieht in den Nrn. 1 und 2 vor:

„Im Sin­ne die­ser Richt­li­nie sind:

1. Ar­beits­zeit: je­de Zeit­span­ne, während der ein Ar­beit­neh­mer gemäß den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten ar­bei­tet, dem Ar­beit­ge­ber zur Verfügung steht und sei­ne Tätig­keit ausübt oder Auf­ga­ben wahr­nimmt;

2. Ru­he­zeit: je­de Zeit­span­ne außer­halb der Ar­beits­zeit“.

5 Art. 15 („Güns­ti­ge­re Vor­schrif­ten“) die­ser Richt­li­nie lau­tet:

„Das Recht der Mit­glied­staa­ten, für die Si­cher­heit und den Ge­sund­heits­schutz der Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Rechts- und Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten an­zu­wen­den oder zu er­las­sen oder die An­wen­dung von für die Si­cher­heit und den Ge­sund­heits­schutz der Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­ren Ta­rif­verträgen oder Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen den So­zi­al­part­nern zu fördern oder zu ge­stat­ten, bleibt un­berührt.“

6 In Art. 17 („Ab­wei­chun­gen“) der Richt­li­nie 2003/88 heißt es:

„(1) Un­ter Be­ach­tung der all­ge­mei­nen Grundsätze des Schut­zes der Si­cher­heit und der Ge­sund­heit der Ar­beit­neh­mer können die Mit­glied­staa­ten von den Ar­ti­keln 3 bis 6, 8 und 16 ab­wei­chen …

(3) Gemäß Ab­satz 2 die­ses Ar­ti­kels sind Ab­wei­chun­gen von den Ar­ti­keln 3, 4, 5, 8 und 16 zulässig:

b) für den Wach- und Sch­ließdienst so­wie die Dienst­be­reit­schaft, die durch die Not­wen­dig­keit ge­kenn­zeich­net sind, den Schutz von Sa­chen und Per­so­nen zu gewähr­leis­ten, und zwar ins­be­son­de­re in Be­zug auf Wach­per­so­nal oder Haus­meis­ter oder Wach- und Sch­ließun­ter­neh­men;

c) bei Tätig­kei­ten, die da­durch ge­kenn­zeich­net sind, dass die Kon­ti­nuität des Diens­tes oder der Pro­duk­ti­on gewähr­leis­tet sein muss, und zwar ins­be­son­de­re bei

iii) Pres­se-, Rund­funk-, Fern­seh­diens­ten oder ki­ne­ma­to­gra­fi­scher Pro­duk­ti­on, Post oder Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­on, Am­bu­lanz-, Feu­er­wehr- oder Ka­ta­stro­phen­schutz­diens­ten,

…“

Bel­gi­sches Recht

7 Die Loi du 14 décem­bre 2000 fixant cer­ta­ins as­pects de l’aménage­ment du temps de tra­vail dans le sec­teur pu­blic (Ge­setz vom 14. De­zem­ber 2000 zur Fest­le­gung be­stimm­ter As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung im öffent­li­chen Sek­tor, Bel­gi­sches Staats­blatt vom 5. Ja­nu­ar 2001, S. 212) setzt die Richt­li­nie 2003/88 im öffent­li­chen Dienst um.
8 Art. 3 des Ge­set­zes be­stimmt:

„Für die An­wen­dung des vor­lie­gen­den Ge­set­zes ver­steht man un­ter:

1. Ar­beit­neh­mern: Per­so­nen, die im Rah­men ei­nes sta­tu­ta­ri­schen oder ver­trag­li­chen Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter der Au­to­rität ei­ner an­de­ren Per­son Ar­beits­leis­tun­gen er­brin­gen, ein­sch­ließlich der Per­so­nal­mit­glie­der auf Pro­be und der zeit­wei­li­gen Per­so­nal­mit­glie­der,

2. Ar­beit­ge­bern: Per­so­nen, die die in Nr. 1 erwähn­ten Per­so­nen beschäfti­gen.“

9 Nach Art. 8 des Ge­set­zes ist un­ter „Ar­beits­zeit“ „die Zeit zu ver­ste­hen, während de­ren der Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­ge­ber zur Verfügung steht“.
10 Art. 186 der Loi du 30 décem­bre 2009 portant des dis­po­si­ti­ons di­ver­ses (Ge­setz vom 30. De­zem­ber 2009 über ver­schie­de­ne Be­stim­mun­gen, Bel­gi­sches Staats­blatt vom 31. De­zem­ber 2009, S. 82925) be­stimmt:

„Ar­ti­kel 3 des Ge­set­zes vom 14. De­zem­ber 2000 zur Fest­le­gung be­stimm­ter As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung im öffent­li­chen Sek­tor ist da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass die Frei­wil­li­gen der öffent­li­chen Feu­er­wehr­diens­te und der im Ge­setz vom 15. Mai 2007 über die zi­vi­le Si­cher­heit vor­ge­se­he­nen Hil­fe­leis­tungs­zo­nen und die Frei­wil­li­gen der Ein­satz­ein­hei­ten des Zi­vil­schut­zes nicht un­ter die De­fi­ni­ti­on der Ar­beit­neh­mer fal­len.“

11 Das Règle­ment or­ga­ni­que du ser­vice d’in­cen­die de la vil­le de Ni­vel­les (Ver­ord­nung über die Or­ga­ni­sa­ti­on des Feu­er­wehr­diens­tes von Ni­vel­les), das zur Durchführung des Arrêté roy­al du 6 mai 1971 fixant les ty­pes de règle­ments com­mu­naux re­la­tifs à l’or­ga­ni­sa­ti­on des ser­vices com­mu­naux d’in­cen­die (König­li­cher Er­lass vom 6. Mai 1971 zur Be­stim­mung der Mus­ter von Ge­mein­de­ver­ord­nun­gen über die Or­ga­ni­sa­ti­on der kom­mu­na­len Feu­er­wehr­diens­te, Bel­gi­sches Staats­blatt vom 19. Ju­ni 1971, S. 7891) er­las­sen wur­de, enthält Re­ge­lun­gen be­tref­fend die Mit­glie­der der Feu­er­wehr­diens­te.
12 Die­se Ver­ord­nung enthält ei­ge­ne Be­stim­mun­gen für Be­rufs­mit­glie­der und für frei­wil­li­ge Mit­glie­der. Hin­sicht­lich der An­wer­bung, de­ren Vor­aus­set­zun­gen für bei­de Ka­te­go­ri­en gleich sind, be­stimmt ihr Art. 11a Nr. 1:

„Nach Ab­lauf des ers­ten Jahrs der Pro­be­zeit muss das frei­wil­li­ge Mit­glied auf Pro­be … hin­sicht­lich sei­nes Wohn­sit­zes fol­gen­des Er­for­der­nis erfüllen:

1. Das Per­so­nal, das zur Ka­ser­ne von Ni­vel­les gehört

Muss sei­nen Wohn­sitz oder sei­nen Auf­ent­halt an ei­nem Ort ha­ben, von dem aus die Ka­ser­ne von Ni­vel­les bei nor­ma­lem Ver­kehrs­fluss und un­ter Ein­hal­tung der Straßen­ver­kehrs­ord­nung in höchs­tens acht Mi­nu­ten er­reicht wer­den kann.

Während der Zei­ten der Ruf­be­reit­schaft muss je­des für die Feu­er­wehr­ka­ser­ne von Ni­vel­les täti­ge frei­wil­li­ge Mit­glied:

sich je­der­zeit in ei­ner Ent­fer­nung von der Feu­er­wehr­ka­ser­ne auf­hal­ten, die es ihm er­laubt, sie bei nor­ma­lem Ver­kehrs­fluss in höchs­tens acht Mi­nu­ten zu er­rei­chen;

be­son­ders dar­auf ach­ten, für die ver­schie­de­nen tech­ni­schen Mit­tel emp­fangs­be­reit zu sein, die für die Ein­be­ru­fung des Per­so­nals ver­wen­det wer­den, und bei der Ein­be­ru­fung des Per­so­nals im Ruf­be­reit­schafts­dienst so­fort mit dem ge­eig­nets­ten Mit­tel auf­zu­bre­chen“.

13 In Be­zug auf das Ar­beits­ent­gelt und die Entschädi­gung des Per­so­nals be­stimmt Art. 39 der Ver­ord­nung über die Or­ga­ni­sa­ti­on des Feu­er­wehr­diens­tes von Ni­vel­les, dass die Be­rufs­mit­glie­der des Feu­er­wehr­diens­tes nach den Be­din­gun­gen be­zahlt wer­den, die im Fi­nanz­sta­tut für das Per­so­nal der Stadt Ni­vel­les fest­ge­legt sind.
14 Die frei­wil­li­gen Mit­glie­der des Feu­er­wehr­diens­tes er­hal­ten die in Art. 40 der Ver­ord­nung näher be­stimm­ten Bezüge. Die­se wer­den an­tei­lig zu den ge­leis­te­ten St­un­den be­rech­net. Für ih­ren „Be­reit­schafts­dienst zu Hau­se“ wird ei­ne jähr­li­che Entschädi­gung fest­ge­setzt. Sie ent­spricht der der Be­rufs­mit­glie­der.

Aus­gangs­ver­fah­ren und Vor­la­ge­fra­gen

15 Der Feu­er­wehr­dienst von Ni­vel­les um­fasst Be­rufs­feu­er­wehr­leu­te und frei­wil­li­ge Feu­er­wehr­leu­te.
16 Die frei­wil­li­gen Feu­er­wehr­leu­te neh­men an den Einsätzen teil. Zu den wei­te­ren ih­nen über­tra­ge­nen Auf­ga­ben gehören u. a. die Wahr­neh­mung der Wach- und Be­reit­schafts­diens­te in der Ka­ser­ne, de­ren Zeit­plan zu Jah­res­be­ginn fest­ge­legt wird.
17 Herr Matz­ak trat am 1. Au­gust 1980 in den Dienst der Stadt Ni­vel­les ein und wur­de ein Jahr später frei­wil­li­ger Feu­er­wehr­mann. Außer­dem ist er An­ge­stell­ter ei­nes Pri­vat­un­ter­neh­mens.
18 Am 16. De­zem­ber 2009 streng­te Herr Matz­ak ein Ge­richts­ver­fah­ren mit dem Ziel an, die Ver­ur­tei­lung der Stadt Ni­vel­les zu er­rei­chen, ihm ei­nen vorläufi­gen Be­trag von ei­nem Eu­ro als Scha­dens­er­satz dafür zu zah­len, dass ihm in sei­nen Dienst­jah­ren kein Ar­beits­ent­gelt für sei­ne Leis­tun­gen als frei­wil­li­ger Feu­er­wehr­mann, ins­be­son­de­re sei­nen Be­reit­schafts­dienst zu Hau­se, ge­zahlt wor­den sei.
19 Mit Ur­teil vom 22. März 2012 gab das Tri­bu­nal du tra­vail de Ni­vel­les (Ar­beits­ge­richt Ni­vel­les, Bel­gi­en) der Kla­ge von Herrn Matz­ak weit­ge­hend statt.
20 Die Stadt Ni­vel­les leg­te ge­gen die­ses Ur­teil Rechts­mit­tel bei der Cour du tra­vail de Bru­xel­les (Ar­beits­ge­richts­hof Brüssel, Bel­gi­en) ein.
21 Das vor­le­gen­de Ge­richt gab dem Rechts­mit­tel mit Ur­teil vom 14. Sep­tem­ber 2015 teil­wei­se statt. Es fragt sich im Hin­blick auf das Ar­beits­ent­gelt, das für die Be­reit­schafts­diens­te zu Hau­se ge­for­dert wird, die Herrn Matz­ak zu­fol­ge als Ar­beits­zeit ein­zu­ord­nen sind, ob sol­che Be­reit­schafts­diens­te un­ter die De­fi­ni­ti­on der Ar­beits­zeit im Sin­ne der Richt­li­nie 2003/88 fal­len.
22 Un­ter die­sen Umständen hat die Cour du tra­vail de Bru­xel­les (Ar­beits­ge­richts­hof Brüssel) das Ver­fah­ren aus­ge­setzt und dem Ge­richts­hof die fol­gen­den Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt:

1. Ist Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen, dass die Mit­glied­staa­ten be­stimm­te Ka­te­go­ri­en von Feu­er­wehr­leu­ten, die bei öffent­li­chen Feu­er­wehr­diens­ten beschäftigt sind, vollständig von den Vor­schrif­ten zur Um­set­zung die­ser Richt­li­nie, ein­sch­ließlich der Vor­schrift, in der die Ar­beits­zeit und die Ru­he­zeit de­fi­niert wer­den, aus­neh­men dürfen?

2. Ist die Richt­li­nie 2003/88, da sie nur Min­dest­stan­dards re­gelt, da­hin aus­zu­le­gen, dass sie den na­tio­na­len Ge­setz­ge­ber nicht dar­an hin­dert, ei­ne we­ni­ger re­strik­ti­ve De­fi­ni­ti­on der Ar­beits­zeit bei­zu­be­hal­ten oder ein­zuführen?

3. Ist Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 un­ter Berück­sich­ti­gung des Art. 153 Abs. 5 AEUV und der Ziel­set­zun­gen die­ser Richt­li­nie, so­weit er die Grund­be­grif­fe der Richt­li­nie, ins­be­son­de­re die Be­grif­fe „Ar­beits­zeit“ und „Ru­he­zeit“ de­fi­niert, da­hin aus­zu­le­gen, dass er nicht für den Ar­beits­zeit­be­griff gilt, der für die Be­stim­mung des für den Be­reit­schafts­dienst zu Hau­se ge­schul­de­ten Ar­beits­ent­gelts maßgeb­lich ist?

4. Ver­bie­tet es die Richt­li­nie 2003/88, die Be­reit­schafts­zeit zu Hau­se als Ar­beits­zeit zu wer­ten, wenn die Be­schränkun­gen, de­nen der Ar­beit­neh­mer, ob­wohl der Be­reit­schafts­dienst bei ihm zu Hau­se statt­fin­det, während die­ser Zeit un­ter­liegt (wie et­wa die Ver­pflich­tung, ei­nem Ruf des Ar­beit­ge­bers zum Ein­satz in­ner­halb ei­ner Frist von acht Mi­nu­ten Fol­ge zu leis­ten), die Möglich­keit, an­de­ren Tätig­kei­ten nach­zu­ge­hen, er­heb­lich ein­schränken?

Zu den Vor­la­ge­fra­gen

Ein­lei­tung

23 Ein­lei­tend ist ers­tens dar­auf hin­zu­wei­sen, dass so­wohl die Stadt Ni­vel­les als auch die Eu­ropäische Kom­mis­si­on gel­tend ma­chen, dass die Vor­la­ge­fra­gen, so­weit sie sich auf den Be­griff des Ar­beits­ent­gelts be­zie­hen, un­zulässig sei­en. Die auf Art. 153 Abs. 2 AEUV be­ru­hen­de Richt­li­nie 2003/88 sei nämlich nach Abs. 5 die­ses Ar­ti­kels nicht auf das Ar­beits­ent­gelt der von ih­rem Gel­tungs­be­reich er­fass­ten Ar­beit­neh­mer an­wend­bar. Ge­gen­stand des Rechts­streits im Aus­gangs­ver­fah­ren sei je­doch die Ent­schei­dung über die Fra­ge des Ar­beits­ent­gelts von Herrn Matz­ak für die als frei­wil­li­ger Feu­er­wehr­mann der Stadt Ni­vel­les er­brach­ten Be­reit­schafts­diens­te zu Hau­se.
24 In­so­weit ist fest­zu­stel­len, dass sich die Richt­li­nie 2003/88 mit Aus­nah­me des in ih­rem Art. 7 Abs. 1 ge­re­gel­ten be­son­de­ren Fal­les des be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs dar­auf be­schränkt, be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung zu re­geln, um den Schutz der Si­cher­heit und der Ge­sund­heit der Ar­beit­neh­mer zu gewähr­leis­ten, so dass sie grundsätz­lich kei­ne An­wen­dung auf die Vergütung der Ar­beit­neh­mer fin­det (Ur­teil vom 26. Ju­li 2017, Hälvä u. a., C-175/16, EU:C:2017:617, Rn. 25 so­wie die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
25 Die­se Fest­stel­lung be­deu­tet je­doch nicht, dass die Fra­gen, die dem Ge­richts­hof hier zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­lie­gen, nicht zu be­ant­wor­ten wären.
26 Wie die Ge­ne­ral­anwältin in Nr. 20 ih­rer Schluss­anträge aus­geführt hat, geht aus der Vor­la­ge­ent­schei­dung nämlich her­vor, dass das na­tio­na­le Ge­richt wis­sen möch­te, wie Art. 2 und Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii der Richt­li­nie 2003/88 aus­zu­le­gen sind, was sei­ner Auf­fas­sung nach er­for­der­lich ist, um den bei ihm anhängi­gen Rechts­streit zu ent­schei­den. Dar­auf, dass es in die­sem Rechts­streit letzt­lich um ei­ne Fra­ge des Ar­beits­ent­gelts geht, kommt es in die­sem Zu­sam­men­hang nicht an, da es Sa­che des na­tio­na­len Ge­richts und nicht des Ge­richts­hofs ist, die­se Fra­ge im Rah­men des Aus­gangs­rechts­streits zu ent­schei­den.
27 Zwei­tens hat der Ge­richts­hof ent­schie­den, dass die Richt­li­nie 2003/88 auf die Tätig­kei­ten der Feu­er­wehr auch dann an­wend­bar ist, wenn die­se Tätig­kei­ten – un­abhängig da­von, ob sie der Brand­bekämp­fung oder ei­ner an­de­ren Hil­fe­leis­tung die­nen – von Kräften im Ein­satz­dienst aus­geübt wer­den, so­fern sie nur un­ter gewöhn­li­chen Umständen gemäß der dem be­tref­fen­den Dienst über­tra­ge­nen Auf­ga­be aus­geübt wer­den, und zwar selbst dann, wenn die Einsätze, die mit die­sen Tätig­kei­ten ver­bun­den sein können, ih­rer Na­tur nach nicht vor­her­seh­bar sind und die ein­ge­setz­ten Ar­beit­neh­mer hier­bei be­stimm­ten Ge­fah­ren für ih­re Si­cher­heit und/oder Ge­sund­heit aus­ge­setzt sein können (Be­schluss vom 14. Ju­li 2005, Per­so­nal­rat der Feu­er­wehr Ham­burg, C-52/04, EU:C:2005:467, Rn. 52).
28 Drit­tens ist im Hin­blick auf die Ein­ord­nung von Herrn Matz­ak als „Ar­beit­neh­mer“ dar­auf hin­zu­wei­sen, dass der Ar­beit­neh­mer­be­griff für die Zwe­cke der An­wen­dung der Richt­li­nie 2003/88 nicht nach Maßga­be der na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen un­ter­schied­lich aus­ge­legt wer­den kann, son­dern ei­ne ei­genständi­ge uni­ons­recht­li­che Be­deu­tung hat (Ur­teil vom 14. Ok­to­ber 2010, Uni­on syn­di­ca­le So­li­dai­res Isère, C-428/09, EU:C:2010:612, Rn. 28). Nach ein­schlägi­ger ständi­ger Recht­spre­chung ist als „Ar­beit­neh­mer“ je­der an­zu­se­hen, der ei­ne tatsächli­che und ech­te Tätig­keit ausübt, wo­bei Tätig­kei­ten außer Be­tracht blei­ben, die ei­nen so ge­rin­gen Um­fang ha­ben, dass sie sich als völlig un­ter­ge­ord­net und un­we­sent­lich dar­stel­len. Das we­sent­li­che Merk­mal, das ein Ar­beits­verhält­nis de­fi­niert, bleibt, dass je­mand während ei­ner be­stimm­ten Zeit für ei­nen an­de­ren nach des­sen Wei­sung Leis­tun­gen er­bringt, für die er als Ge­gen­leis­tung ei­ne Vergütung erhält (Ur­teil vom 26. März 2015, Fe­noll, C-316/13, EU:C:2015:200, Rn. 27 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
29 Fer­ner hat der Ge­richts­hof fest­ge­stellt, dass die Rechts­na­tur ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nach na­tio­na­lem Recht kei­ne Be­deu­tung für die Ar­beit­neh­mer­ei­gen­schaft im Sin­ne des Uni­ons­rechts ha­ben kann (Ur­teil vom 20. Sep­tem­ber 2007, Ki­iski, C-116/06, EU:C:2007:536, Rn. 26 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
30 So­mit ist es in Be­zug auf das Aus­gangs­ver­fah­ren für die Ein­ord­nung von Herrn Matz­ak als „Ar­beit­neh­mer“ im Sin­ne der Richt­li­nie 2003/88 oh­ne Be­deu­tung, dass er nach na­tio­na­lem Recht nicht den Sta­tus ei­nes Be­rufs­feu­er­wehr­manns, son­dern ei­nes frei­wil­li­gen Feu­er­wehr­manns hat.
31 Vor die­sem Hin­ter­grund ist ei­ne Per­son, die sich in der La­ge von Herrn Matz­ak be­fin­det, als „Ar­beit­neh­mer“ im Sin­ne der Richt­li­nie 2003/88 ein­zu­ord­nen, da aus den dem Ge­richts­hof zur Verfügung ste­hen­den In­for­ma­tio­nen her­vor­geht, dass Herr Matz­ak in den Feu­er­wehr­dienst der Stadt Ni­vel­les auf­ge­nom­men wur­de und für die­sen be­stimm­te tatsächli­che und ech­te Tätig­kei­ten, die vergütet wur­den, auf Wei­sung ei­ner an­de­ren Per­son aus­geübt hat. Ob dies zu­trifft, hat das vor­le­gen­de Ge­richt zu prüfen.
32 Vier­tens ist die vom Ge­richts­hof vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung der Art. 1 bis 8 der Richt­li­nie 93/104/EG des Ra­tes vom 23. No­vem­ber 1993 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung (ABl. 1993, L 307, S. 18) in der Fas­sung der Richt­li­nie 2000/34/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 22. Ju­ni (ABl. 2000, L 195, S. 41) auf die Art. 1 bis 8 der Richt­li­nie 2003/88 über­trag­bar, da de­ren Wort­laut im We­sent­li­chen iden­tisch ist (Be­schluss vom 4. März 2011, Gri­go­re, C-258/10, nicht veröffent­licht, EU:C:2011:122, Rn. 39 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).

Zur ers­ten Fra­ge

33

Mit sei­ner ers­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass die Mit­glied­staa­ten im Hin­blick auf be­stimm­te Ka­te­go­ri­en von bei öffent­li­chen Feu­er­wehr­diens­ten beschäftig­ten Feu­er­wehr­leu­ten von al­len Ver­pflich­tun­gen aus der Richt­li­nie, ein­sch­ließlich de­ren Art. 2, in dem ins­be­son­de­re die Be­grif­fe „Ar­beits­zeit“ und „Ru­he­zeit“ de­fi­niert sind, ab­wei­chen dürfen.

34 Hier­zu hat der Ge­richts­hof ent­schie­den, dass Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 nicht zu den Be­stim­mun­gen der Richt­li­nie gehört, von de­nen ab­ge­wi­chen wer­den darf (Be­schluss vom 4. März 2011, Gri­go­re, C-258/10, nicht veröffent­licht, EU:C:2011:122, Rn. 45).
35 Nach dem Wort­laut von Art. 17 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 können die Mit­glied­staa­ten nämlich von den Art. 3 bis 6, 8 und 16 der Richt­li­nie ab­wei­chen, und Art. 17 Abs. 3 der Richt­li­nie stellt klar, dass für die dar­in ge­nann­ten Diens­te, dar­un­ter die der Feu­er­wehr, Ab­wei­chun­gen von den Art. 3, 4, 5, 8 und 16 der Richt­li­nie zulässig sind.
36 Der Wort­laut von Art. 17 der Richt­li­nie 2003/88 selbst ge­stat­tet so­mit kei­ne Ab­wei­chung von de­ren Art. 2, der die zen­tra­len Be­grif­fe die­ser Richt­li­nie de­fi­niert.
37 Zu­dem gibt es, wie die Ge­ne­ral­anwältin in Nr. 27 ih­rer Schluss­anträge aus­geführt hat, kei­nen Raum für ei­ne wei­te Aus­le­gung von Art. 17 der Richt­li­nie, die über den aus­drück­li­chen Wort­laut der dar­in ge­stat­te­ten Aus­nah­men hin­aus­ge­hen könn­te.
38 Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs zu den in der Richt­li­nie 2003/88, ins­be­son­de­re ih­rem Art. 17, vor­ge­se­he­nen Ab­wei­chungsmöglich­kei­ten müssen nämlich die­se Ab­wei­chun­gen als Aus­nah­men von der Uni­ons­re­ge­lung über die Ar­beits­zeit­ge­stal­tung so aus­ge­legt wer­den, dass ihr An­wen­dungs­be­reich auf das zur Wah­rung der In­ter­es­sen, de­ren Schutz sie ermögli­chen, un­be­dingt Er­for­der­li­che be­grenzt wird (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 14. Ok­to­ber 2010, Uni­on syn­di­ca­le So­li­dai­res Isère, C-428/09, EU:C:2010:612, Rn. 39 und 40).
39 Nach den vor­ste­hen­den Erwägun­gen ist auf die ers­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass die Mit­glied­staa­ten im Hin­blick auf be­stimm­te Ka­te­go­ri­en von bei öffent­li­chen Feu­er­wehr­diens­ten beschäftig­ten Feu­er­wehr­leu­ten nicht von al­len Ver­pflich­tun­gen aus der Richt­li­nie, ein­sch­ließlich de­ren Art. 2, in dem ins­be­son­de­re die Be­grif­fe „Ar­beits­zeit“ und „Ru­he­zeit“ de­fi­niert sind, ab­wei­chen dürfen.

Zur zwei­ten Fra­ge

40 Mit sei­ner zwei­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 15 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er es den Mit­glied­staa­ten ge­stat­tet, ei­ne we­ni­ger re­strik­ti­ve De­fi­ni­ti­on des Be­griffs „Ar­beits­zeit“ bei­zu­be­hal­ten oder ein­zuführen als die in Art. 2 der Richt­li­nie.
41 Zur Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge ist der Wort­laut von Art. 15 der Richt­li­nie 2003/88 mit Blick auf das von der Richt­li­nie ge­schaf­fe­ne Sys­tem und de­ren Ziel­set­zung zu prüfen.
42 Nach dem Wort­laut von Art. 15 der Richt­li­nie 2003/88 bleibt das Recht der Mit­glied­staa­ten un­berührt, für die Si­cher­heit und den Ge­sund­heits­schutz der Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Rechts- und Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten an­zu­wen­den oder zu er­las­sen. Aus die­sem Ar­ti­kel folgt, dass es sich bei den na­tio­na­len Be­stim­mun­gen, auf die er Be­zug nimmt, um sol­che han­delt, die mit de­nen der Richt­li­nie 2003/88 über die Si­cher­heit und den Ge­sund­heits­schutz der Ar­beit­neh­mer ver­gleich­bar sind.
43 Da­bei kann es sich nur um Be­stim­mun­gen han­deln, die durch ih­re Funk­ti­on und Ziel­set­zung da­zu be­stimmt sind, ein Min­dest­ni­veau für den Schutz der Si­cher­heit und der Ge­sund­heit der Ar­beit­neh­mer fest­zu­le­gen. Bei den Be­stim­mun­gen der Ka­pi­tel 2 und 3 der Richt­li­nie ist dies der Fall. Die Be­stim­mun­gen von Ka­pi­tel 1 der Richt­li­nie, das ih­re Art. 1 und 2 um­fasst, sind hin­ge­gen an­de­rer Art. Sie le­gen nämlich we­der Min­destru­he­zei­ten fest, noch be­tref­fen sie an­de­re As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung, son­dern sie ent­hal­ten die De­fi­ni­tio­nen, die er­for­der­lich sind, um den Ge­gen­stand und den Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie 2003/88 ab­zu­gren­zen.
44 So­mit er­gibt sich aus dem Wort­laut von Art. 15 der Richt­li­nie 2003/88 im Licht des durch die­se Richt­li­nie ge­schaf­fe­nen Sys­tems, dass sich das in die­ser Vor­schrift vor­ge­se­he­ne Recht nicht auf die De­fi­ni­ti­on des Be­griffs „Ar­beits­zeit“ in Art. 2 der Richt­li­nie er­streckt.
45 Die­se Fest­stel­lung wird durch die Ziel­set­zung der Richt­li­nie 2003/88 bestätigt. Wie die Ge­ne­ral­anwältin in Nr. 33 ih­rer Schluss­anträge dar­ge­legt hat, soll die Richt­li­nie nämlich auf den Ge­bie­ten, die ih­rem Gel­tungs­be­reich un­ter­fal­len, ei­nen Min­dest­schutz si­cher­stel­len, der für al­le Ar­beit­neh­mer in der Uni­on gilt. Zu die­sem Zweck und um die vol­le Wirk­sam­keit der Richt­li­nie si­cher­zu­stel­len, dürfen die De­fi­ni­tio­nen in ih­rem Art. 2 nicht abhängig vom na­tio­na­len Recht un­ter­schied­lich aus­ge­legt wer­den, son­dern ha­ben, wie in Rn. 28 des vor­lie­gen­den Ur­teils für den Be­griff „Ar­beit­neh­mer“ klar­ge­stellt, ei­ne ei­genständi­ge uni­ons­recht­li­che Be­deu­tung (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 1. De­zem­ber 2005, Del­las u. a., C-14/04, EU:C:2005:728, Rn. 44 so­wie die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
46 In die­sem Kon­text ist je­doch klar­zu­stel­len, dass die Mit­glied­staa­ten zwar nicht das Recht ha­ben, die De­fi­ni­ti­on der „Ar­beits­zeit“ im Sin­ne von Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 zu ändern, ih­nen aber, wie in Rn. 42 des vor­lie­gen­den Ur­teils aus­geführt, frei­steht, in ih­rem je­wei­li­gen na­tio­na­len Recht Re­ge­lun­gen zu tref­fen, die güns­ti­ge­re Ar­beits- und Ru­he­zei­ten für Ar­beit­neh­mer vor­se­hen als die in der Richt­li­nie fest­ge­leg­ten.
47 Dem­nach ist auf die zwei­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 15 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er es den Mit­glied­staa­ten nicht ge­stat­tet, ei­ne we­ni­ger re­strik­ti­ve De­fi­ni­ti­on des Be­griffs „Ar­beits­zeit“ bei­zu­be­hal­ten oder ein­zuführen als die in Art. 2 der Richt­li­nie.

Zur drit­ten Fra­ge

48 Mit sei­ner drit­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er die Mit­glied­staa­ten ver­pflich­tet, das Ar­beits­ent­gelt für Be­reit­schafts­zei­ten zu Hau­se wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen in Abhängig­keit da­von fest­zu­le­gen, ob die­se Zei­ten als „Ar­beits­zeit“ oder als „Ru­he­zeit“ ein­ge­stuft wer­den.
49 Hier­zu ist übe­rein­stim­mend mit dem vor­le­gen­den Ge­richt dar­auf hin­zu­wei­sen, dass fest­steht, dass die Richt­li­nie 2003/88 nicht die Fra­ge des Ar­beits­ent­gelts für Ar­beit­neh­mer re­gelt, da die­ser As­pekt nach Art. 153 Abs. 5 AEUV außer­halb der Zuständig­keit der Uni­on liegt.
50 So­mit ha­ben die Mit­glied­staa­ten zwar das Recht, das Ar­beits­ent­gelt der Ar­beit­neh­mer im Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie 2003/88 ent­spre­chend den De­fi­ni­tio­nen der Be­grif­fe „Ar­beits­zeit“ und „Ru­he­zeit“ in Art. 2 der Richt­li­nie fest­zu­le­gen, ver­pflich­tet sind sie da­zu aber nicht.
51 Die Mit­glied­staa­ten können so­mit in ih­rem na­tio­na­len Recht be­stim­men, dass das Ar­beits­ent­gelt ei­nes Ar­beit­neh­mers für die „Ar­beits­zeit“ von dem für die „Ru­he­zeit“ ab­weicht, und dies so­gar so weit, dass für letz­te­re Zei­ten gar kein Ar­beits­ent­gelt gewährt wird.
52 In An­be­tracht des­sen ist auf die drit­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er die Mit­glied­staa­ten nicht ver­pflich­tet, das Ar­beits­ent­gelt für Be­reit­schafts­zei­ten zu Hau­se wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen in Abhängig­keit da­von fest­zu­le­gen, ob die­se Zei­ten als „Ar­beits­zeit“ oder als „Ru­he­zeit“ ein­ge­stuft wer­den.

Zur vier­ten Fra­ge

53 Mit sei­ner vier­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass die Be­reit­schafts­zeit, die ein Ar­beit­neh­mer zu Hau­se ver­bringt und während de­ren er der Ver­pflich­tung un­ter­liegt, ei­nem Ruf des Ar­beit­ge­bers zum Ein­satz in­ner­halb von acht Mi­nu­ten Fol­ge zu leis­ten, wo­durch die Möglich­keit, an­de­ren Tätig­kei­ten nach­zu­ge­hen, er­heb­lich ein­ge­schränkt ist, als „Ar­beits­zeit“ an­zu­se­hen ist.
54 In die­sem Zu­sam­men­hang ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass der Ge­richts­hof be­reits Ge­le­gen­heit hat­te, sich zu der Fra­ge zu äußern, ob Be­reit­schafts­zei­ten, die Ar­beit­neh­mer leis­ten, die in den Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie 2003/88 fal­len, als „Ar­beits­zeit“ oder als „Ru­he­zeit“ ein­zu­ord­nen sind.
55 In die­sem Kon­text hat der Ge­richts­hof zunächst klar­ge­stellt, dass die Be­grif­fe „Ar­beits­zeit“ und „Ru­he­zeit“ ein­an­der aus­sch­ließen (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­tei­le vom 3. Ok­to­ber 2000, Si­map, C-303/98, EU:C:2000:528, Rn. 47, so­wie vom 10. Sep­tem­ber 2015, Fe­der­a­ción de Ser­vici­os Pri­va­dos del sin­di­ca­to Co­mi­sio­nes obre­ras, C-266/14, EU:C:2015:578, Rn. 26 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung). So­mit ist fest­zu­stel­len, dass beim der­zei­ti­gen Stand des Uni­ons­rechts die Be­reit­schafts­zeit, die ein Ar­beit­neh­mer im Rah­men sei­ner für sei­nen Ar­beit­ge­ber er­brach­ten Tätig­kei­ten ver­bringt, ent­we­der als „Ar­beits­zeit“ oder als „Ru­he­zeit“ ein­zu­ord­nen ist.
56 Außer­dem gehören zu den we­sent­li­chen Merk­ma­len des Be­griffs „Ar­beits­zeit“ im Sin­ne von Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 nicht die In­ten­sität der vom Ar­beit­neh­mer ge­leis­te­ten Ar­beit oder des­sen Leis­tung (Ur­teil vom 1. De­zem­ber 2005, Del­las u. a., C-14/04, EU:C:2005:728, Rn. 43).
57 Des Wei­te­ren wur­de ent­schie­den, dass die persönli­che An­we­sen­heit und die Verfügbar­keit des Ar­beit­neh­mers am Ar­beits­platz während des Be­reit­schafts­diens­tes zur Er­brin­gung sei­ner be­ruf­li­chen Leis­tun­gen als Be­stand­teil der Wahr­neh­mung sei­ner Auf­ga­ben an­zu­se­hen ist, auch wenn die tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beit von den Umständen abhängt (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 3. Ok­to­ber 2000, Si­map, C-303/98, EU:C:2000:528, Rn. 48).
58 Fie­le nämlich der Be­reit­schafts­dienst in Form persönli­cher An­we­sen­heit am Ar­beits­platz nicht un­ter den Be­griff „Ar­beits­zeit“, würde das Ziel der Richt­li­nie 2003/88 gefähr­det, die Si­cher­heit und Ge­sund­heit der Ar­beit­neh­mer zu gewähr­leis­ten, in­dem ih­nen Min­destru­he­zei­ten so­wie an­ge­mes­se­ne Ru­he­pau­sen zu­ge­stan­den wer­den (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 3. Ok­to­ber 2000, Si­map, C-303/98, EU:C:2000:528, Rn. 49).
59 Außer­dem ist nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs für die Ein­ord­nung als „Ar­beits­zeit“ im Sin­ne der Richt­li­nie 2003/88 ent­schei­dend, dass sich der Ar­beit­neh­mer an dem vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Ort auf­hal­ten und die­sem zur Verfügung ste­hen muss, um ge­ge­be­nen­falls so­fort die ge­eig­ne­ten Leis­tun­gen er­brin­gen zu können. Die­se Ver­pflich­tun­gen, auf­grund de­ren der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer sei­nen Auf­ent­halts­ort während der Be­reit­schafts­zei­ten nicht frei be­stim­men kann, sind als Be­stand­teil der Wahr­neh­mung sei­ner Auf­ga­ben an­zu­se­hen (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 9. Sep­tem­ber 2003, Ja­e­ger, C-151/02, EU:C:2003:437, Rn. 63, so­wie Be­schluss vom 4. März 2011, Gri­go­re, C-258/10, nicht veröffent­licht, EU:C:2011:122, Rn. 53 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
60 Sch­ließlich ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass et­was an­de­res gilt, wenn der Ar­beit­neh­mer ei­nen Be­reit­schafts­dienst nach dem Sys­tem der Ruf­be­reit­schaft er­bringt, die sei­ne ständi­ge Er­reich­bar­keit, nicht je­doch zu­gleich sei­ne An­we­sen­heit am Ar­beits­platz er­for­dert. Selbst wenn er sei­nem Ar­beit­ge­ber in dem Sin­ne zur Verfügung steht, dass er er­reich­bar sein muss, kann er in die­ser Si­tua­ti­on frei­er über sei­ne Zeit verfügen und ei­ge­nen In­ter­es­sen nach­ge­hen. Un­ter die­sen Umständen ist nur die Zeit, die für die tatsächli­che Er­brin­gung von Leis­tun­gen auf­ge­wandt wird, als „Ar­beits­zeit“ im Sin­ne der Richt­li­nie 2003/88 an­zu­se­hen (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 9. Sep­tem­ber 2003, Ja­e­ger, C-151/02, EU:C:2003:437, Rn. 65 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
61 Im Rechts­streit des Aus­gangs­ver­fah­rens muss­te Herr Matz­ak nach den dem Ge­richts­hof zur Verfügung ste­hen­den In­for­ma­tio­nen, de­ren Über­prüfung Sa­che des vor­le­gen­den Ge­richts ist, während sei­nes Be­reit­schafts­diens­tes nicht nur er­reich­bar sein. Zum ei­nen war er ver­pflich­tet, ei­nem Ruf sei­nes Ar­beit­ge­bers zum Ein­satz­ort in­ner­halb von acht Mi­nu­ten Fol­ge zu leis­ten, und zum an­de­ren muss­te er an ei­nem von sei­nem Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Ort persönlich an­we­send sein. Je­doch han­del­te es sich bei die­sem Ort um sei­nen Wohn­sitz und nicht, wie in den Rechts­sa­chen, die zu der oben in den Rn. 57 bis 59 des vor­lie­gen­den Ur­teils ge­nann­ten Recht­spre­chung geführt ha­ben, um sei­nen Ar­beits­platz.
62 In­so­weit er­gibt sich aus der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs, dass die Be­grif­fe „Ar­beits­zeit“ und „Ru­he­zeit“ im Sin­ne der Richt­li­nie 2003/88 uni­ons­recht­li­che Be­grif­fe dar­stel­len, die an­hand ob­jek­ti­ver Merk­ma­le un­ter Berück­sich­ti­gung des Re­ge­lungs­zu­sam­men­hangs und des Zwecks der Richt­li­nie zu be­stim­men sind, der dar­in be­steht, Min­dest­vor­schrif­ten zur Ver­bes­se­rung der Le­bens- und Ar­beits­be­din­gun­gen der Ar­beit­neh­mer auf­zu­stel­len (Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2015, Fe­der­a­ción de Ser­vici­os Pri­va­dos del sin­di­ca­to Co­mi­sio­nes obre­ras, C-266/14, EU:C:2015:578, Rn. 27).
63 Die Ver­pflich­tung, persönlich an dem vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Ort an­we­send zu sein, so­wie die Ein­schränkung, die sich aus geo­gra­fi­scher und zeit­li­cher Sicht aus dem Er­for­der­nis er­gibt, sich in­ner­halb von acht Mi­nu­ten am Ar­beits­platz ein­zu­fin­den, können ob­jek­tiv die Möglich­kei­ten ei­nes Ar­beit­neh­mers in Herrn Matz­aks La­ge ein­schränken, sich sei­nen persönli­chen und so­zia­len In­ter­es­sen zu wid­men.
64 An­ge­sichts die­ser Ein­schränkun­gen un­ter­schei­det sich die Si­tua­ti­on von Herrn Matz­ak von der ei­nes Ar­beit­neh­mers, der während sei­nes Be­reit­schafts­diens­tes ein­fach nur für sei­nen Ar­beit­ge­ber er­reich­bar sein muss.
65 Un­ter die­sen Umständen ist der Be­griff „Ar­beits­zeit“ in Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen, dass ei­ne Si­tua­ti­on dar­un­ter fällt, in der ein Ar­beit­neh­mer ver­pflich­tet ist, die Zeit des Be­reit­schafts­diens­tes zu Hau­se zu ver­brin­gen, für sei­nen Ar­beit­ge­ber verfügbar zu sein und sich in­ner­halb von acht Mi­nu­ten an sei­nem Ar­beits­platz ein­fin­den zu können.
66 Nach al­le­dem ist auf die vier­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass die Be­reit­schafts­zeit, die ein Ar­beit­neh­mer zu Hau­se ver­bringt und während de­ren er der Ver­pflich­tung un­ter­liegt, ei­nem Ruf des Ar­beit­ge­bers zum Ein­satz in­ner­halb von acht Mi­nu­ten Fol­ge zu leis­ten, wo­durch die Möglich­keit, an­de­ren Tätig­kei­ten nach­zu­ge­hen, er­heb­lich ein­ge­schränkt ist, als „Ar­beits­zeit“ an­zu­se­hen ist.

Kos­ten

67 Für die Par­tei­en des Aus­gangs­ver­fah­rens ist das Ver­fah­ren ein Zwi­schen­streit in dem beim vor­le­gen­den Ge­richt anhängi­gen Rechts­streit; die Kos­ten­ent­schei­dung ist da­her Sa­che die­ses Ge­richts. Die Aus­la­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter für die Ab­ga­be von Erklärun­gen vor dem Ge­richts­hof sind nicht er­stat­tungsfähig.

Aus die­sen Gründen hat der Ge­richts­hof (Fünf­te Kam­mer) für Recht er­kannt:

1. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii der Richt­li­nie 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung ist da­hin aus­zu­le­gen, dass die Mit­glied­staa­ten im Hin­blick auf be­stimm­te Ka­te­go­ri­en von bei öffent­li­chen Feu­er­wehr­diens­ten beschäftig­ten Feu­er­wehr­leu­ten nicht von al­len Ver­pflich­tun­gen aus der Richt­li­nie, ein­sch­ließlich de­ren Art. 2, in dem ins­be­son­de­re die Be­grif­fe „Ar­beits­zeit“ und „Ru­he­zeit“ de­fi­niert sind, ab­wei­chen dürfen.

2. Art. 15 der Richt­li­nie 2003/88 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er es den Mit­glied­staa­ten nicht ge­stat­tet, ei­ne we­ni­ger re­strik­ti­ve De­fi­ni­ti­on des Be­griffs „Ar­beits­zeit“ bei­zu­be­hal­ten oder ein­zuführen als die in Art. 2 der Richt­li­nie.

3. Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er die Mit­glied­staa­ten nicht ver­pflich­tet, das Ar­beits­ent­gelt für Be­reit­schafts­zei­ten zu Hau­se wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen in Abhängig­keit da­von fest­zu­le­gen, ob die­se Zei­ten zu­vor als „Ar­beits­zeit“ oder als „Ru­he­zeit“ ein­ge­stuft wur­den.

4. Art. 2 der Richt­li­nie 2003/88 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass die Be­reit­schafts­zeit, die ein Ar­beit­neh­mer zu Hau­se ver­bringt und während de­ren er der Ver­pflich­tung un­ter­liegt, ei­nem Ruf des Ar­beit­ge­bers zum Ein­satz in­ner­halb von acht Mi­nu­ten Fol­ge zu leis­ten, wo­durch die Möglich­keit, an­de­ren Tätig­kei­ten nach­zu­ge­hen, er­heb­lich ein­ge­schränkt ist, als „Ar­beits­zeit“ an­zu­se­hen ist.

Un­ter­schrif­ten

* Ver­fah­rens­spra­che: Französisch.

Quel­le: Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on (EuGH), http://cu­ria.eu­ro­pa.eu

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