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Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 11.09.2008, 6 Sa 384/08

   
Schlagworte: Gleichbehandlung
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 6 Sa 384/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 11.09.2008
   
Leitsätze:

Die Kündigung ist im Streitfall unwirksam, weil der Arbeitgeber nach substantiiertem Vortrag des Arbeitnehmers anderen Arbeitnehmern wegen gleichartiger Pflichtverletzung (Missbrauch Payback-Punkte) nicht gekündigt hat und Gründe für eine differenzierende Behandlung nicht ersichtlich und vorgetragen sind.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte nicht unzumutbar ist.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt am Main
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hes­sen
Urt. v. 10.09.2008, Az.: 6 Sa 384/08

 

Te­nor:

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 11. De­zem­ber 2007 – 18/5 Ca 5068/07 – wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten über den durch ei­ne außer­or­dent­li­che, hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten an­ge­grif­fe­nen Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses.

Die am 24. Fe­bru­ar 1955 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te Kläge­rin ist seit 01. De­zem­ber 1994 bei der Be­klag­ten, die zahl­rei­che SB-Wa­renhäuser führt, mit ei­nem mo­nat­li­chen Ge­halt von € 1.471,00 brut­to bei ei­ner wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 27,5 St­un­den als Mit­ar­bei­te­rin im SB-Wa­ren­haus in ... beschäftigt.

Die Be­klag­te kündig­te das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en mit Schrei­ben vom 15. Ju­ni 2007
außer­or­dent­lich, hilfs­wei­se or­dent­lich zum 31. De­zem­ber 2007.

Hier­ge­gen wen­det sich die Kläge­rin mit der vor­lie­gen­den Kündi­gungs­schutz­kla­ge.

Kündi­gungs­grund ist der Miss­brauch ei­nes Pay­back-Son­der­cou­pons über 500 Pay­back-Punk­te (ent­spricht ei­nem Wert von € 5,00) bzw. der da­hin­ge­hen­de drin­gen­de Tat­ver­dacht. Im Jahr 2007 wur­de im Rah­men des Ver­kaufs von Kon­zert­kar­ten für ein Kon­zert von Her­bert Gröne­mey­er der Kon­zert­kar­te ein Pay­back-Cou­pon im Wert von 500 Punk­ten an­gehängt. Die­ser Cou­pon konn­te bis zum 31. Ju­li 2007 bei al­len Pay­back-Part­ner­un­ter­neh­men (auch der Be­klag­ten) bei ei­nem Ein­kauf ein­gelöst wer­den.

Bei dem Pay­back-Sys­tem han­delt es sich um ein Kun­den­bin­dungs­in­stru­ment. Mit der Pay­back-Kar­te er­hal­ten Kun­den je nach getätig­tem Um­satz Ra­batt­punk­te, die ge­gen

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Wa­ren­prämi­en, Gut­schei­ne oder in Bar­geld ein­ge­tauscht wer­den können. Die Er­fas­sung der Pay­back-Punk­te er­folgt beim Kas­sie­ren des Ein­kaufs an der Kas­se, in dem der Kun­de ei­ne Pay­back-Kar­te vor­legt, die Da­ten die­ser Pay­back-Kar­te ein­ge­scannt wer­den und über die­ses Ein­scan­nen die Gut­schrift der Ra­batt­punk­te er­folgt. Zusätz­lich zu die­ser Form der Gut­schrift von Ra­batt­punk­ten gibt es im Rah­men spe­zi­el­ler Kun­den­bin­dungs- und Mar­ke­ting­ak­ti­vitäten sog. Pay­back-Son­der­cou­pons, die ei­ne Mul­ti­pli­ka­ti­on der nor­ma­len Ra­batt­punk­te vor­se­hen bzw. höhe­re Punktsätze be­inhal­ten. Sol­che Son­der­cou­pons wer­den zum ei­nen den Pay­back-Kar­ten­in­ha­bern im Rah­men von Mai­ling-Ak­tio­nen zu­ge­sandt bzw. wer­den ver­bun­den mit dem Kauf be­stimm­ter Ar­ti­kel bzw. Dienst­leis­tun­gen den Kun­den über­las­sen. Sämt­li­che Cou­pons im Zu­sam­men­hang mit dem Pay­pack-Sys­tem sind je­weils nur ein­ma­lig ver­wend­bar.

Der der Kon­zert­kar­te für ein Kon­zert von Her­bert Gröne­mey­er bei­gefügte Pay­back-Son­der­cou­pon, der eben­falls grundsätz­lich nur ein­mal ver­wend­bar sein soll­te, ent­hielt al­ler­dings - an­ders als bei manch an­de­rem Pay­back-Son­der­cou­pon - selbst nicht den Hin­weis auf die­se Ver­wend­bar­keit. Auf dem Son­der­cou­pon auf­ge­druckt war le­dig­lich der Hin­weis auf den Gültig­keits­zeit­raum. Die Mehr­fach­einlösung des Son­der­cou­pons war auch tech­nisch nicht aus­ge­schlos­sen. Die Über­tra­gung der Pay­back-Son­der­cou­pons war grundsätz­lich er­laubt. Die Be­trei­be­rin des Ra­batt­sys­tems, die Pay­back-Loya­li­ty-GmbH, hat­te die Möglich­keit zur Einlösung von Cou­pons aus der Gröne­mey­er-Ak­ti­on al­ler­dings pro Pay­back-Kar­te auf 6 mal be­grenzt.

Mit­ar­bei­ter der Re­vi­si­ons­ab­tei­lung stell­ten in der Fol­ge fest, dass ei­ne Rei­he von Ar­beit­neh­me­rin­nen des Mark­tes ... der Be­klag­ten auf ih­rer Pay­back-Kar­te bzw. der Pay­back-Kar­te von
Fa­mi­li­en­an­gehöri­gen ei­ne Gut­schrift von 500 Pay­back-Punk­ten aus dem Son­der­cou­pon der Gröne­mey­er Kon­zert­kar­te von zwi­schen 3 bis 50 mal auf­wie­sen.

Die Kläge­rin soll 25 Gut­schrif­ten von je 500 Pay­back-Punk­ten über ih­re Pay­back-Kar­te in der Zeit vom 14. Fe­bru­ar bis 14. Mai 2007 aus dem Son­der­cou­pon des Her­bert Gröne­mey­er Kon­zerts er­wirkt ha­ben. 

Der Markt­lei­ter soll hier­von am 30. Mai 2007 Kennt­nis er­langt ha­ben.

In Ih­rer Anhörung vor Aus­spruch der Kündi­gung - wie im Pro­zess - lässt sich die Kläge­rin wie folgt ein:

Als sie fest­ge­stellt ha­be, dass sie ih­ren vor­ge­leg­ten Cou­pon zurück­er­hielt, ha­be sie ihn wie­der­holt ver­wandt. Selbst die stell­ver­tre­ten­de Markt­lei­te­rin ha­be Cou­pons vor­ge­legt und, nach­dem sie ihn von der Kas­sie­re­rin zurück­er­hal­ten ha­be, auch ein­ge­steckt.

Die Ar­beit­neh­me­rin­nen ver­wei­sen dar­auf, dass ent­ge­gen der von der Be­klag­ten vor­ge­leg­ten Or­ga­ni­sa­ti­ons­an­wei­sung vom 01. No­vem­ber 2006, die den Kas­sie­re­rin­nen durch die Team­lei­te­rin Kas­se ... im No­vem­ber 2006 zur Kennt­nis ge­bracht wor­den sein soll, ei­ne all­ge­mei­ne Ver­un­si­che­rung im Um­gang mit den Son­der­cou­pons des Her­bert Gröne­mey­er Kon­zerts be­stan­den ha­be. So ha­be die ge­nann­te Team­lei­te­rin Kas­se ... auf An­fra­ge erklärt, dass die Cou­pons an Kun­den zurück­zu­ge­ben sei­en, wenn die­se es - mit Hin­weis auf die Gültig­keits­dau­er - so ver­lan­gen. In glei­cher Wei­se ha­be sich der Markt­lei­ter selbst geäußert.

Die Or­ga­ni­sa­ti­ons­an­wei­sung vom 01. No­vem­ber 2006 lau­tet da­bei wie folgt:

„Sehr ge­ehr­te Da­men und Her­ren, für die kom­men­de Deutsch­land-Tour­nee wird Pay­back ei­ne Wer­be­ko­ope­ra­ti­on mit dem Mu­si­ker Her­bert Gröne­mey­er ein­ge­hen. Hier­bei können Kun­den ei­nen Cou­pon von 500 Pay­back-Punk­ten u.a. bei Re­al einlösen. Die Ab­wick­lung/An­nah­me der Cou­pons er­folgt wie ge­wohnt. Hin­weis: Auf­grund der ho­hen Wer­tig­keit ist dar­auf zu ach­ten, dass die an­ge­nom­me­nen Cou­pons so­fort bei An­nah­me vom Mit­ar­bei­ter Kas­se durch

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„Zer­reißen“ ent­wer­tet wer­den.“

Die Ar­beit­neh­me­rin­nen ver­wei­sen wei­ter auch dar­auf, dass die Ar­beit­ge­be­rin in an­de­ren Fällen (na­ment­lich ge­nannt wer­den 11 Ar­beit­neh­mer u.a. die Team­lei­te­rin Kas­se ... und die stell­ver­tre­ten­de Markt­lei­te­rin ... ) trotz eben­falls fest­ge­stell­ter mehr­ma­li­ger Einlösung des Son­der­cou­pons über 500 Pay­back-Punk­te kein Kündi­gungs­ver­fah­ren durch­geführt ha­be.

Die Ar­beit­ge­be­rin ist der An­sicht, dass sich die Ar­beit­neh­me­rin durch die Mehr­fach­einlösung des Son­der­cou­pons ei­nen rechts­wid­ri­gen Vor­teil zu ih­ren Las­ten er­schli­chen ha­be bzw. er­schlei­chen woll­te, so­dass die Kündi­gung auch als Ver­dachtskündi­gung ge­recht­fer­tigt sei.

Die Kläge­rin ist der An­sicht, dass ein Kündi­gungs­grund, sei es ein wich­ti­ger Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung, sei es ein ver­hal­tens­be­ding­ter Kündi­gungs­grund für ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung, so­wohl für ei­ne Tat-, als auch für ei­ne Ver­dachtskündi­gung nicht be­ste­he.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 11. De­zem­ber 2007 der Kla­ge statt­ge­ge­ben.

Das Ar­beits­ge­richt hat an­ge­nom­men, ein wich­ti­ger Grund für ei­ne Tat- wie auch für ei­ne Ver­dachtskündi­gung be­ste­he nicht, da nicht aus­ge­schlos­sen sei, dass die Kläge­rin mehr­fach von drit­ter Sei­te in den Be­sitz ei­nes Son­der­cou­pons ge­kom­men sei und die­sen - weil über­trag­bar - je­weils be­rech­tig­ter­wei­se zum Er­rei­chen der Gut­schrift ein­ge­setzt ha­be. Aus den glei­chen Gründen er­wei­se sich die or­dent­li­che, ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung der Be­klag­ten nach An­sicht des Ar­beits­ge­richts als so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens so­wie der erst­in­stanz­li­chen Anträge und der wei­te­ren Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts wird auf die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung Be­zug ge­nom­men.

Ge­gen die­se Ent­schei­dung hat die die Be­klag­te in­ner­halb der in der Sit­zungs­nie­der­schrift der öffent­li­chen Sit­zung vom 10. Sep­tem­ber 2008 fest­ge­stell­ten und dort er­sicht­li­chen Fris­ten Be­ru­fung ein­ge­legt. 

Die Be­klag­te ver­folgt ih­ren Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag wei­ter.

Die Be­klag­te ist der An­sicht, dass es Sa­che der Kläge­rin sei, dar­zu­le­gen, wie sie rechtmäßig in den Be­sitz der zahl­rei­chen Pay­back-Son­der­cou­pons ge­langt sein will. Sie rügt wei­ter, dass das Ar­beits­ge­richt ver­kannt ha­be, dass die Kläge­rin teil­wei­se ein­geräumt ha­be Son­der­cou­pons mehr­fach ein­ge­setzt zu ha­ben.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

un­ter Auf­he­bung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 11. De­zem­ber 2007 - 18/5 Ca 5068/07 - die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

We­gen des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf den vor­ge­tra­ge­nen In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen und den übri­gen Ak­ten­in­halt ver­wie­sen.

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Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung ist un­be­gründet. Der Be­klag­ten ist im Aus­gangs­punkt zu­zu­stim­men. Die außer­or­dent­li­che, wie die or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses kann rechtmäßig sein, wenn der Ar­beit­neh­mer ei­ne straf­ba­re Hand­lung im Be­trieb be­geht, die zum Nach­teil des Ar­beit­ge­bers wirkt. Da­bei kann nicht nur ei­ne er­wie­se­ne Straf­tat, son­dern auch ein drin­gen­der Tat­ver­dacht auf das Vor­lie­gen ei­ner sol­chen Straf­tat das für die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en un­wie­der­bring­lich zerstören, so­dass im Ein­zel­fall ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung gem. § 626 BGB ge­recht­fer­tigt bzw. ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung nach § 1 KSchG so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist. Da­bei soll an die­ser Stel­le nicht ver­tieft wer­den, ob ein ar­beits­ver­trag­li­cher Be­zug ei­nes un­ge­recht­fer­tig­ten Ver­hal­tens der Ar­beit­neh­me­rin hier des­halb zu ver­nei­nen wäre, weil sie sich ggf. den Vor­teil ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Punk­te­gut­schrift auf der Pay­back-Kar­te als Kun­din der Part­ner­un­ter­neh­men der Pay­back-Loya­li­ty-GmbH er­schli­chen hätte. Auch nicht ver­tieft wer­den soll, ob und wel­chen Scha­den die Be­klag­te hat, wenn man berück­sich­tigt - wie teil­wei­se von der Ar­beit­neh­mer­sei­te vor­ge­tra­gen -, dass auf­grund des Um­stan­des, dass die Punk­te nur im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Ein­kauf bei der Be­klag­ten ein­gelöst wur­den, die Be­klag­te zusätz­li­chen Um­satz er­zielt hat.

Die Kam­mer ist aber un­ter zwei Ge­sichts­punk­ten zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass in An­wen­dung des ul­ti­ma-ra­tio-Grund­sat­zes vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ei­ne Ab­mah­nung er­for­der­lich ge­we­sen wäre. Oh­ne die­se er­for­der­li­che Ab­mah­nung ist da­her we­der die außer­or­dent­li­che Kündi­gung gem. § 626 BGB noch erst recht die or­dent­li­che Kündi­gung nach § 1 KSchG ge­recht­fer­tigt. Ein Ge­sichts­punkt, dass ein un­ter­stell­tes Fehl­ver­hal­ten der Kläge­rin, sich durch wie­der­hol­te Vor­la­ge ei­nes Son­der­cou­pons des Her­bert Gröne­mey­er Kon­zerts un­ge­recht­fer­tig­te Punk­te­gut­schrif­ten ver­schafft zu ha­ben, nicht für ei­ne Kündi­gung oh­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung aus­reicht, ist der schon vom Ar­beits­ge­richt an­ge­spro­che­ne Um­stand, dass nämlich ein der­ar­ti­ges un­ter­stell­tes Fehl­ver­hal­ten der Ar­beit­neh­me­rin nur zum Er­folg führen konn­te, weil die Kas­sie­re­rin­nen der Be­klag­ten den Son­der­cou­pon nicht - wie es er­for­der­lich wäre - ver­nich­tet ha­ben. Die Be­klag­te hat aber nicht dar­ge­legt, dass ei­ne ent­spre­chen­de An­wei­sung aus No­vem­ber 2006 auch kon­se­quent durch­ge­setzt wur­de. Um ei­nen Miss­brauch zu ver­mei­den hätte dann nämlich es den Ar­beit­neh­me­rin­nen auch un­ter­sagt wer­den müssen, Son­der­cou­pons von Kun­den oder Kol­le­gin­nen über­haupt an­zu­neh­men, da dies im­mer die Ge­fahr mit sich bringt, dass ein be­reits ver­wen­de­ter Son­der­cou­pon wei­ter­ge­ge­ben und dann eben nicht ver­nich­tet wird. Auch hätte es in­so­weit dann kei­ne Aus­nah­men ge­genüber Kun­den ge­ben dürfen. Hier hat die Be­klag­te - so teil­wei­se die Ein­las­sung der Ar­beit­neh­mer­sei­te, der die Be­klag­te nicht sub­stan­ti­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten ist - Aus­nah­men ge­macht. Ein wei­te­rer Ge­sichts­punkt für die Er­for­der­lich­keit ei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung ist, dass die Be­klag­te selbst zu er­ken­nen ge­ge­ben hat, dass ei­ne un­ter­stell­te Pflicht­ver­let­zung der Kläge­rin nicht so schwer­wie­gend ge­we­sen ist, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht fort­ge­setzt wer­den kann. Die Ar­beit­neh­mer­sei­te hat nämlich - oh­ne dass die Be­klag­te dem sub­stan­ti­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten wäre - un­ter na­ment­li­cher Nen­nung von Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mern vor­ge­tra­gen, dass auch in an­de­ren Fällen ei­ne Mehr­fach­ver­wen­dung des Son­der­cou­pons nicht zu ei­ner Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses geführt hat. Da­bei ver­kennt die Kam­mer nicht, dass nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz bei der Be­ur­tei­lung ei­ner Kündi­gung nicht un­mit­tel­bar an­zu­wen­den ist, weil der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz mit dem Ge­bot der um­fas­sen­den Abwägung der Umstände des je­wei­li­gen Ein­zel­falls - wie er für ei­ne Kündi­gung er­for­der­lich ist - nur be­schränkt zu ver­ein­ba­ren ist. Je­doch kann der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz mit­tel­ba­re Wir­kun­gen er­zie­len. Er schließt ei­ne um­fas­sen­de Abwägung al­ler Umstände des Ein­zel­falls nicht aus, son­dern ist als ein maßgeb­li­cher Ge­sichts­punkt in die Abwägung ein­zu­be­zie­hen. Wer­den meh­re­re Kündi­gun­gen we­gen ei­nes gleich­ar­ti­gen Kündi­gungs­grun­des aus­ge­spro­chen, hängt es von den bei je­der Kündi­gung zu berück­sich­ti­gen­den Be­son­der­hei­ten, z. B. der kürze­ren oder länge­ren Be­triebs­zu­gehörig­keit ab, ob die Kündi­gung al­ler Ar­beit­neh­mer ge­recht­fer­tigt ist oder ist. Bei glei­cher Aus­gangs­la­ge muss je­doch der Ar­beit­ge­ber, der nach ei­ner selbst ge­setz­ten Re­gel verfährt, dar­le­gen, wes­halb er in ei­nem Fall hier­von ab­weicht. Zum Bei­spiel darf der Ar­beit­ge­ber nicht oh­ne sach­li­che Dif­fe­ren­zie­rungs­gründe bei ei­nem von meh­re­ren Ar­beit­neh­mern ge­mein­sam be­gan­ge­nen Prämi­en­be­trug nur zwei Ar­beit­neh­mern kündi­gen und es bei dem an­de­ren, eben­so be­las­te­ten Ar­beit­neh­mer bei ei­ner Ver­war­nung be­las­sen. Im Er­geb­nis muss der Ar­beit­ge­ber die Gründe dar­le­gen, die ei­ne dif­fe­ren­zie­ren­de Be­hand­lung meh­re­rer Ar­beit­neh­mer im Lich­te des Kündi­gungs­schut­zes sach­lich recht­fer­ti­gen (vgl. ErfK zum Ar­beits­recht,

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8. Aufl. 2008, Müller-Glöge, § 626 BGB Rn 199, m.w.N.). Hier­an fehlt es im Streit­fall. Auch sonst lässt sich ei­ne ent­spre­chen­de Re­gel der Ar­beit­ge­be­rin nicht er­ken­nen. Die Ar­beit­ge­be­rin geht hier mit der Kündi­gung ge­gen Ar­beit­neh­mer vor, die seit den 90er Jah­ren beschäftigt sind eben­so wie ge­genüber Ar­beit­neh­mern, die „erst“ seit 2000, 2001 bzw. 2004 bei ihr beschäftigt sind und so­gar ge­gen ei­ne Ar­beit­neh­me­rin, die seit 1968 bei ihr beschäftigt ist.

Auch die An­zahl der be­haup­te­ten un­ge­recht­fer­tigt er­schli­che­nen Punk­te durch Mehr­fach­ver­wen­dung des Son­der­cou­pons ist in ei­ner Band­brei­te von 3- bzw. 4-ma­li­ger Mehr­fach­ver­wen­dung über 8 , 10- bzw. 11-fa­che Mehr­fach­ver­wen­dung bis hin zu ei­ner 25- bzw. 50-fa­chen Mehr­fach­ver­wen­dung so, dass nicht er­sicht­lich ist, dass sich die Be­klag­te von ei­ner be­stimm­ten Re­gel für ei­ne Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses aus­ge­gan­gen ist. Ob es wei­te­re Umstände gibt, die es ge­recht­fer­tigt er­schei­nen las­sen, dass aus sach­li­chen Dif­fe­ren­zie­rungs­gründen hin­sicht­lich der von der Ar­beit­neh­mer­sei­te an­ge­spro­che­nen Ar­beit­neh­mern kei­ne Kündi­gung aus­ge­spro­chen wur­de, ist man­gels Sach­vor­trag der Ar­beit­ge­be­rin nicht er­sicht­lich.

Die Be­klag­te hat die Kos­ten ih­res ein­ge­leg­ten er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels nach § 97 Abs. 1 ZPO zu
tra­gen.

Ei­ne ge­setz­lich be­gründe­te Ver­an­las­sung zur Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­steht nicht.

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