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BAG, Ur­teil vom 12.12.2007, 10 AZR 97/07

   
Schlagworte: Bonus, Zielvereinbarung, Gehalt: Bonus
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 10 AZR 97/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 12.12.2007
   
Leitsätze:

1. Hat der Arbeitnehmer auf Grund einer Rahmenvereinbarung im Arbeitsvertrag Anspruch auf einen Bonus in bestimmter Höhe, wenn er die von den Arbeitsvertragsparteien für jedes Kalenderjahr gemeinsam festzulegenden Ziele erreicht, steht ihm wegen entgangener Bonuszahlung Schadensersatz zu, wenn aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen für ein Kalenderjahr keine Zielvereinbarung getroffen wurde.

2. Der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus bildet die Grundlage für die Schadensermittlung.

3. Trifft auch den Arbeitnehmer ein Verschulden am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung, ist dieses Mitverschulden angemessen zu berücksichtigen.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 24.05.2006, 76 Ca 364/06 u. 76 Ca 6717/06
Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 13.12.2006, 15 Sa 1135/06 u. 15 Sa 1168/06, 15 Sa 1135/06, 15 Sa 1168/06
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


10 AZR 97/07
15 Sa 1135/06
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ber­lin

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
12. De­zem­ber 2007

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Zehn­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der Be­ra­tung vom 12. De­zem­ber 2007 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Frei­tag, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Mar­quardt und den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Brühler so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Bit­tel­mey­er und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Trümner für Recht er­kannt:


1. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 13. De­zem­ber 2006 - 15 Sa

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1135/06 - auf­ge­ho­ben, so­weit die Be­klag­te ver­ur­teilt wur­de, an den Kläger 11.420,00 Eu­ro brut­to zu zah­len.


2. Die Sa­che wird in­so­weit zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!


Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten in der Re­vi­si­on noch über die Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, an den Kläger für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ei­nen an­tei­li­gen Bo­nus zu zah­len.


Die Be­klag­te ent­wi­ckelt für die Gas­tro­no­mie Soft­ware für Kas­sen­sys­te­me und ver­kauft sie zu­sam­men mit den ent­spre­chen­den Kas­sen an Gas­tro­no­men. Der Kläger war bei ihr auf Grund ei­nes schrift­li­chen Ar­beits­ver­trags vom 19. April 2005 ab dem 1. Mai 2005 ge­gen ei­ne mo­nat­li­che Brut­to­vergütung von 6.250,00 Eu­ro als Lei­ter „Mar­ket De­ve­lop­ment“ beschäftigt. Zusätz­lich zum Fest­ge­halt war ei­ne er­folgs­abhängi­ge Vergütung (Bo­nus) von jähr­lich 50.000,00 Eu­ro brut­to bei 100 %iger Er­rei­chung der für das Ka­len­der­jahr fest­ge­leg­ten Zie­le ver­ein­bart. In der vom Kläger ge­lei­te­ten Ab­tei­lung Ver­trieb und Mar­ke­ting wa­ren außer ihm noch zwei wei­te­re Ar­beit­neh­mer tätig. Beim Ver­kauf der Kas­sen war der Kläger Ver­mitt­lungs­ver­tre­ter der Be­klag­ten. Zum selbständi­gen Ab­schluss von Geschäften war er grundsätz­lich nicht be­rech­tigt. In § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags hat sich die Be­klag­te vor­be­hal­ten, dem Kläger ei­ne an­de­re oder zusätz­li­che Tätig­keit zu über­tra­gen. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 des Ar­beits­ver­trags war die Be­klag­te be­rech­tigt, den Kläger un­ter Fort­zah­lung der Bezüge mit Aus­spruch ei­ner Kündi­gung un­ter An­rech­nung rest­li­cher Ur­laubs­ansprüche von der Ar­beits­leis­tung frei­zu­stel­len. In § 9 des Ar­beits­ver­trags heißt es zur Bo­nus­zah­lung:

„§ 9


Pro­vi­si­on


(1) Der Ar­beit­neh­mer erhält für je­des Geschäfts­jahr ein­mal pro Jahr ei­ne er­folgs­abhängi­ge Vergütung (Bo­nus). Die­se ist fällig bis zum 31.03. des Fol­ge­jah­res. Die Prämie wird an­hand von für das Ka­len­der­jahr fest­zu­le­gen­den Zie­len aus­ge­zahlt und soll bei ei­ner 100% Er­rei­chung der Zie­le EUR 50.000 brut­to be­tra­gen. Im ers­ten Jahr wird der Bo­nus ent­spre­chend der Beschäfti­gungs­dau­er des
 


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Ar­beit­neh­mer pro ra­ta tem­po­ris ge­rin­ger aus­fal­len. Ei­ne Un­ter- oder Übe­r­erfüllung des de­fi­nier­ten Zie­les wird mit der glei­chen Quo­te auf die Ziel­pro­vi­si­on auf­ge­schla­gen oder von ihr ab­ge­schla­gen.


(2) Die Zie­le für das ers­te Ka­len­der­jahr wer­den ge­mein­sam mit dem Mit­ar­bei­ter bis zum En­de der Pro­be­zeit fest­ge­legt.

(3) Der Mit­ar­bei­ter erhält von die­sem Bo­nus mo­nat­lich 2.050 Eu­ro brut­to als Ab­schlag mit der Lohn­ab­rech­nung aus­ge­zahlt; die­se Vor­aus­zah­lung wird auf den Bo­nus an-ge­rech­net und die Aus­zah­lung im Fol­ge­jahr ver­rin­gert sich ent­spre­chend.

(4) En­det das Ar­beits­verhält­nis in der Pro­be­zeit, hat der Mit­ar­bei­ter kei­nen An­spruch auf den va­ria­blen Ge­halts­an­teil. Bei Be­en­di­gung die­ses Ver­tra­ges wird der Bo­nus gemäß den vor­ste­hen­den Absätzen pro ra­ta tem­po­ris ge­zahlt. Ein An­spruch auf den Bo­nus für Zeiträume nach Be­en­di­gung des Ver­tra­ges be­steht nicht.

...“

Die Be­klag­te zahl­te dem Kläger für die Mo­na­te Mai bis Au­gust 2005 gemäß der in § 9 Abs. 3 des Ar­beits­ver­trags ge­trof­fe­nen Re­ge­lung als Bo­nus­vor­aus­zah­lung je­weils 2.050,00 Eu­ro brut­to. Am 1. Sep­tem­ber 2005 be­en­de­ten die Par­tei­en in ei­ner schrift­li­chen Ergänzungs­ver­ein­ba­rung zum Ar­beits­ver­trag die Pro­be­zeit und ver­min­der­ten die mo­nat­li­che Vergütung des Klägers auf 5.000,00 Eu­ro brut­to. Darüber hin­aus ho­ben sie die Ab­re­de über die Bo­nus­vor­aus­zah­lung auf und ver­ein­bar­ten, dass die Bo­nus­zah­lung nicht mehr am 31. März, son­dern erst am 30. Ju­ni des Fol­ge­jah­res fällig ist. Die in § 9 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen änder­ten sie nicht.

In ei­nem Er­geb­nis­pro­to­koll „Mar­ket De­ve­lop­ment“ vom 26. Sep­tem­ber 2005 sind ua. Zie­le für den Ver­trieb und für den Kläger für das Ka­len­der­jahr 2005 auf-geführt. Als Team­ziel ist in die­sem Pro­to­koll der Ver­kauf von 140 Kas­sen ge­nannt. Am 31. Ok­to­ber 2005 wur­den die Zie­le für den Ver­trieb für das Jahr 2005 neu de­fi­niert. Im Er­geb­nis­pro­to­koll „Mar­ket De­ve­lop­ment“ vom 31. Ok­to­ber 2005 heißt es be­zo­gen auf den Kläger zur Zie­ler­ar­bei­tung und Ziel­ab­stim­mung:


„Als Zie­le für den in­di­rek­ten Ver­trieb, G, wur­den ab­ge­stimmt:
Jah­res­zie­le:


• 140 Kas­sen


• Durchführung ei­nes Gastro­fo­rums in P im De­zem­ber

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• Fi­na­li­sie­rung der Vor­be­rei­tung für ein Gastro­fo­rum in B im Ja­nu­ar 2006

• Or­ga­ni­sa­ti­on Kun­den wer­ben Kun­den Ak­ti­on im No­vem­ber

• Veröffent­li­chung von 3 Pres­se­ar­ti­keln (wo­von ei­ner be­reits er­schie­nen ist)

• Veröffent­li­chung ei­nes Ar­ti­kels im Bi Ma­ga­zin

• Ver­ein­ba­rung ei­nes LOI mit Bi

• Pro­duk­ti­on ei­nes Star­ter­kits

Wo­chen­zie­le:

• 30 Kon­tak­te

• 15 neue Leads

• 5 Ter­mi­ne

• 3 An­ge­bo­te

• 1,5 Ab­schlüsse

• 3 Kas­sen

Vor­han­den Op­por­tu­nities wer­den in der Re­gel 1 Mal pro Wo­che kon­tak­tiert, min. 1 Mal al­le 2 Wo­chen.

Re­gio­na­ler Schwer­punkt: B und M“

Bis zum En­de des Jah­res 2005 wur­den von der Be­klag­ten ins­ge­samt 134 Kas­sen ver­kauft. Mit ei­nem Schrei­ben vom 17. De­zem­ber 2005 kündig­te die Be­klag­te ihr Ar­beits­verhält­nis mit dem Kläger or­dent­lich zum 31. März 2006. En­de des Jah­res 2005 löste die Be­klag­te die Ab­tei­lung Ver­trieb und Mar­ke­ting auf und über­ließ ab Ja­nu­ar 2006 selbständi­gen Han­dels­ver­tre­tern den Ver­kauf der Kas­sen. Für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 tra­fen die Par­tei­en kei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung. Die Be­klag­te stell­te den Kläger ab dem 8. März 2006 bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung frei.


Der Kläger hat die An­sicht ver­tre­ten, für die Mo­na­te Mai bis De­zem­ber 2005 stünden ihm 8/12 der Jah­res­bo­nus­zah­lung von 50.000,00 Eu­ro brut­to und so­mit 33.333,33 Eu­ro brut­to zu. Für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ha­be er An­spruch auf ei­nen an­tei­li­gen Bo­nus iHv. 12.500,00 Eu­ro brut­to. Er ha­be die für das Jahr 2005 ver­ein­bar­ten Zie­le zu 100 % er­reicht. Im Ja­nu­ar 2006 ha­be er den Geschäftsführer der Be­klag­ten wie­der­holt auf­ge­for­dert, Zie­le zu nen­nen und mit ihm ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ab­zu­sch­ließen. Dem sei der Geschäftsführer der Be­klag­ten je­doch nicht nach-ge­kom­men. Im Übri­gen ha­be es der Be­klag­ten ob­le­gen, die Initia­ti­ve bezüglich des Ab­schlus­ses ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2006 zu er­grei­fen. Die Auf­ga­ben, die


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ihm die Be­klag­te nach dem Weg­fall sei­nes Auf­ga­ben­be­reichs als Lei­ter der Ab­tei­lung Ver­trieb und Mar­ke­ting über­tra­gen ha­be, ha­be er zu 100 % erfüllt. Es sei rechts­miss­bräuch­lich, wenn die Be­klag­te als Ar­beit­ge­be­rin ei­ner­seits ih­rer Initia­tiv­pflicht für den Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung nicht nach­kom­me und sich an­de­rer­seits dar­auf be­ru­fe, er ha­be kei­nen An­spruch auf ei­ne Bo­nus­zah­lung, weil er man­gels ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung kei­ne Zie­le ha­be er­rei­chen können.

Der Kläger hat, so­weit für die von ihm be­an­spruch­te Bo­nus­zah­lung von Be­deu­tung, be­an­tragt,

1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn für den Zeit­raum vom 1. Mai 2005 bis zum 31. De­zem­ber 2005 Pro­vi­si­on in Höhe von 25.133,33 Eu­ro brut­to mit Fällig­keit zum 30. Ju­ni 2006 zu zah­len,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn für den Zeit­raum vom 1. Ja­nu­ar 2006 bis zum 31. März 2006 Pro­vi­si­on in Höhe von 12.500,00 Eu­ro brut­to mit Fällig­keit zum 30. Ju­ni 2007 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat zu ih­rem Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag die Auf­fas­sung ver­tre­ten, nach der Neu­de­fi­ni­ti­on der Zie­le am 31. Ok­to­ber 2005 sei der Ver­kauf von 140 Kas­sen bis En­de des Jah­res 2005 ein persönli­ches Ziel des Klägers ge­we­sen. Die­ses Ziel ha­be der Kläger mit nur vier von ihm selbst ver­kauf­ten Kas­sen nicht er­reicht und des­halb in­so­weit kei­nen An­spruch auf ei­nen Bo­nus. Auch für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ste­he dem Kläger ein an­tei­li­ger Bo­nus nicht zu. Für die­sen Zeit­raum sei ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung nicht ge­trof­fen wor­den. Ei­ne sol­che könne den Par­tei­en auch nicht im We­ge ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung rück­wir­kend auf­ge­zwun­gen wer­den. Der Zweck je­der Ziel­ver­ein­ba­rung, das Set­zen ei­nes Leis­tungs­an­rei­zes, sei nicht mehr er­reich­bar. Je­den­falls bei ei­nem jun­gen Un­ter­neh­men wie ih­rem könn­ten schon auf Grund ständi­ger per­so­nel­ler Verände­run­gen auch nicht die im Vor­jahr fest­ge­leg­ten Zie­le er­neut her­an­ge­zo­gen wer­den. Hin­zu kom­me, dass die Ab­tei­lung Ver­trieb und Mar­ke­ting En­de des Jah­res 2005 ge­schlos­sen wor­den sei und so­mit das im Jah­re 2005 für die Mit­ar­bei­ter in die­ser Ab­tei­lung we­sent­li­che Ziel, so vie­le Kas­sen wie möglich zu ver­kau­fen, weg­ge­fal­len sei. Des­halb hätten die Par­tei­en für das Jahr 2006 völlig neue Zie­le fest­le­gen müssen, die mit dem Ver­kauf von Kas­sen nichts zu tun ge­habt hätten. Da der Kläger ei­ne Bo­nus­zah­lung be­an­spru­che, hätte es ihm ob­le­gen, an­hand von Tat­sa­chen dar­zu­le­gen, wel­cher Art die neu­en Zie­le hätten sein können und in wel­chem Um­fang er die­se erfüllt hätte. Der Ar­beits­ver­trag wei­se kei­ner Par­tei ei­ne Initia­tiv­pflicht bezüglich des Ab­schlus­ses ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung zu. Des­halb ha­be es dem Kläger ob­le­gen, die Initia­ti­ve zu er­grei­fen und Zie­le für ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung zu
 


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nen­nen, wenn er ei­ne Bo­nus­zah­lung er­hal­ten und des­halb Zie­le ver­ein­ba­ren woll­te. Die­ser Ob­lie­gen­heit sei der Kläger nicht nach­ge­kom­men. Je­den­falls tref­fe ihn ein Mit-ver­schul­den dar­an, dass kei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ab­ge­schlos­sen wor­den sei. We­gen der von ihr ge­leis­te­ten Bo­nus­vor­aus­zah­lun­gen ha­be der Kläger an sie 3.295,33 Eu­ro zurück­zu­zah­len.


Die Be­klag­te hat im We­ge der Wi­der­kla­ge be­an­tragt, 


den Kläger zu ver­ur­tei­len, an sie 3.295,33 Eu­ro nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 3. April 2006 zu zah­len.


Der Kläger hat die Ab­wei­sung der Wi­der­kla­ge der Be­klag­ten be­an­tragt. 


Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge in Höhe ei­nes Be­tra­ges von 14.420,05 Eu­ro brut­to statt­ge­ge­ben, so­weit der Kläger für die Mo­na­te Mai bis De­zem­ber 2005 ei­ne rest­li­che Bo­nus­zah­lung iHv. 25.133,33 Eu­ro brut­to ver­langt hat. Im Übri­gen hat es die Kla­ge und die Wi­der­kla­ge der Be­klag­ten ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts zurück­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Klägers hat es das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts teil­wei­se ab­geändert, dem Kläger für die Mo­na­te Mai bis De­zem­ber 2005 ei­ne wei­te­re Bo­nus­zah­lung iHv. 7.829,94 Eu­ro brut­to so­wie für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ei­nen an­tei­li­gen Bo­nus iHv. 11.420,00 Eu­ro brut­to zu­ge­spro­chen und die Be­ru­fung des Klägers im Übri­gen zurück­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Re­vi­si­on für die Be­klag­te zu­ge­las­sen, so­weit es die­se zur Bo­nus­zah­lung iHv. 11.420,00 Eu­ro brut­to für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ver­ur­teilt hat. Mit ih­rer Re­vi­si­on ver­folgt die Be­klag­te in­so­weit die Wie­der­her­stel­lung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts. Der Kläger be­an­tragt, die Re­vi­si­on der Be­klag­ten zurück­zu­wei­sen.


Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist be­gründet. Sie führt zur teil­wei­sen Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­ge­be­nen Be­gründung kann dem Kläger für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ein an­tei­li­ger Bo­nus iHv. 11.420,00 Eu­ro brut­to nicht zu­ge­spro­chen wer­den. Der Se­nat kann in der Sa­che nicht selbst ent­schei­den. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat kei­ne aus­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen, in­wie­weit



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der Kläger we­gen der ent­gan­ge­nen an­tei­li­gen Bo­nus­zah­lung An­spruch auf Scha­dens­er­satz hat.


A. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat an­ge­nom­men, ei­nem An­spruch des Klägers auf ei­nen Bo­nus für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ste­he nicht ent­ge­gen, dass die Par­tei­en für die­sen Zeit­raum kei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ab­ge­schlos­sen hätten. Eben­so wie für die Mo­na­te Mai bis De­zem­ber 2005 hätten die Par­tei­en Zie­le nur ge­mein­sam fest­le­gen können. In Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur sei um­strit­ten, was gel­te, wenn die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ih­rer Ver­pflich­tung aus dem Ar­beits­ver­trag zum Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung nicht nach­ge­kom­men sei­en. Maßge­bend sei, dass der Ar­beit­ge­ber kraft sei­nes Di­rek­ti­ons­rechts dem Ar­beit­neh­mer Wei­sun­gen er­tei­len könne, wie die­ser sei­ne Ar­beits­auf­ga­ben zu erfüllen ha­be. Die­ses Wei­sungs­recht des Ar­beit­ge­bers schla­ge sich auch in der Ziel­ver­ein­ba­rung nie­der. Bei den Ver­hand­lun­gen über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung le­ge in der Re­gel der Ar­beit­ge­ber die Zie­le fest, während sich der Ar­beit­neh­mer dar­auf be­schränke, die quan­ti­ta­ti­ven An­for­de­run­gen auf ein rea­lis­ti­sches Maß zu be­gren­zen. Man­gels des Vor­lie­gens an­de­rer An­halts­punk­te sei des­halb da­von aus­zu­ge­hen, dass es der Be­klag­ten als Ar­beit­ge­be­rin ob­le­gen ha­be, die Initia­ti­ve zu er­grei­fen und mit dem Kläger ein Gespräch über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 zu führen. Da­her kom­me es nicht dar­auf an, ob die Be­haup­tung des Klägers zu­tref­fe, wo­nach er den Geschäftsführer der Be­klag­ten im Ja­nu­ar 2006 wie­der­holt zum Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung auf­ge­for­dert ha­be. Nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode sei die Höhe der dem Ar­beit­neh­mer zu­ste­hen­den Bo­nus­zah­lung zu schätzen und bezüglich der von ihm zu er­rei­chen­den Zie­le ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung vor­zu­neh­men. Hier­bei sei da­von aus­zu­ge­hen, dass die Par­tei­en, un­abhängig von den Re­ge­lun­gen im De­tail, Zie­le ver­ein­bart hätten, die der Ar­beit­neh­mer ähn­lich wie im Vor­jahr hätte erfüllen können. Ei­ne Ab­wei­chung von die­ser Ver­trags­ergänzung kom­me nur in Be­tracht, wenn die Par­tei­en zu ih­ren Guns­ten Tat­sa­chen für ei­nen ab­wei­chen­den Ge­sche­hens­ver­lauf dar­ge­legt und nach­ge­wie­sen hätten. Dar­an feh­le es. Da der Kläger im Jahr 2006 nur in den ers­ten drei Mo­na­ten beschäftigt ge­we­sen sei, stünde ihm ma­xi­mal ein an­tei­li­ger Bo­nus iHv. 12.500,00 Eu­ro brut­to zu. Der Ziel­er­rei­chungs­grad von 91,36 % im Jahr 2005 führe zu ei­nem Bo­nus­an­spruch des Klägers iHv. 11.420,00 Eu­ro brut­to für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006.


B. Die­se Ausführun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts hal­ten den An­grif­fen der Re­vi­si­on nicht stand. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat al­ler­dings zu­tref­fend er­kannt, dass die Zah­lungs­kla­ge, so­weit sie den An­spruchs­zeit­raum Ja­nu­ar bis März 2006 be­trifft,


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nicht schon des­halb ab­zu­wei­sen ist, weil für die­sen Zeit­raum ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung fehlt. Der Ar­beit­ge­ber kann bei ei­ner nicht ab­ge­schlos­se­nen Ziel­ver­ein­ba­rung nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1, § 252 BGB ver­pflich­tet sein, dem Ar­beit­neh­mer we­gen der ent­gan­ge­nen Bo­nus­zah­lung Scha­dens­er­satz zu leis­ten.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Bo­nus­re­ge­lung mit Recht als Ab­re­de über den Ab­schluss von Ziel­ver­ein­ba­run­gen und nicht als Rah­men­ver­ein­ba­rung über von der Be­klag­ten als Ar­beit­ge­be­rin ein­sei­tig zu tref­fen­de Ziel­vor­ga­ben aus­ge­legt (vgl. zur Ab­gren­zung zwi­schen Ziel­ver­ein­ba­run­gen und Ziel­vor­ga­ben: Deich Die recht­li­che Be­ur­tei­lung von Ziel­ver­ein­ba­run­gen im Ar­beits­verhält­nis S. 56 f.; Preis/Preis Der Ar­beits-ver­trag 2. Aufl. II Z 5 Rn. 2; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 12. Aufl. § 77 Rn. 4 und 5; Plan­der ZTR 2002, 155, 157 f.; Rie­sen­hu­ber/von St­ein­au-St­einrück NZA 2005, 785, 786; Her­genröder in AR-Blat­tei SD Nr. 1855 Rn. 10 ff.). Die Un­ter­schei­dung ist für die ge­richt­li­che Kon­trol­le und die Fra­ge von Be­deu­tung, wer die Initia­ti­ve zur Fest­le­gung von Zie­len zu er­grei­fen hat.

1. Ei­ne Ziel­vor­ga­be, mit der ein Ar­beit­ge­ber ein­sei­tig die Zie­le in Ausübung sei­nes Di­rek­ti­ons­rechts be­stimmt (Münch­KommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 611 Rn. 769), un­ter­liegt der Bil­lig­keits­kon­trol­le nach § 315 Abs. 3 BGB. Ist ver­ein­bart, dass die Zah­lung des Bo­nus durch die Er­rei­chung von Zie­len in­ner­halb ei­ner Ziel­pe­ri­ode auf­schie­bend be­dingt ist (§ 158 Abs. 1 BGB), und sind nach der ver­trag­li­chen Re­ge­lung die Zie­le von den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ge­mein­sam fest­zu­le­gen, un­ter­liegt die­se Ver­ein­ba­rung als Ent­gelt­re­ge­lung grundsätz­lich kei­ner all­ge­mei­nen Bil­lig­keits- oder In­halts­kon­trol­le nach den §§ 307 ff. BGB (vgl. An­nuß NZA 2007, 290; Schaub/Linck § 77 Rn. 4). Es fin­den die Grundsätze über die freie Ent­gelt­ver­ein­ba­rung un­ein­ge­schränkt An­wen­dung (Bau­er/Dil­ler/Göpfert BB 2002, 882, 884; Bau­er FA 2002, 295, 297). Al­ler­dings muss die Ziel­ver­ein­ba­rung dem Trans­pa­renz­ge­bot (§ 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ent­spre­chen (Däubler ZIP 2004, 2209, 2212).


2. Die Un­ter­schei­dung zwi­schen ei­ner Ziel­vor­ga­be und ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung ist auch von Be­deu­tung, wenn ent­ge­gen ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Ab­re­de für ei­ne be­stimm­te Pe­ri­ode kei­ne Zie­le fest­ge­legt wor­den sind (Röder FS AR­GE Ar­beits­recht im Deut­schen An­walt­ver­ein S. 147). Hat al­lein der Ar­beit­ge­ber vor Be­ginn ei­ner Ziel­pe­ri­ode Zie­le auf­zu­stel­len, be­darf es an­ders als bei ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Ab­re­de über Ziel­ver­ein­ba­run­gen kei­ner Mit­wir­kung des Ar­beit­neh­mers. Gibt der Ar­beit­ge­ber


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kei­ne Zie­le vor, ver­letzt der Ar­beit­neh­mer bei ei­ner Rah­men­ver­ein­ba­rung der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en über Ziel­vor­ga­ben kei­ne ei­ge­nen Pflich­ten, wenn er den Ar­beit­ge­ber nicht auf­for­dert, ihm Zie­le vor­zu­ge­ben. Die Initia­tiv­last trägt al­lein der Ar­beit­ge­ber. Ist für die Fest­le­gung von Zie­len ei­ne Zeit nach dem Ka­len­der be­stimmt und gibt der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer kei­ne Zie­le vor, be­darf es für den Ver­zug des Ar­beit­ge­bers auch kei­ner Mah­nung des Ar­beit­neh­mers (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).


3. Zwar spricht § 9 Abs. 1 Satz 3 des Ar­beits­ver­trags im Ge­gen­satz zu der für das ers­te Ka­len­der­jahr in § 9 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags ge­trof­fe­nen Re­ge­lung nicht aus­drück­lich da­von, dass die Zie­le von den Par­tei­en „ge­mein­sam“ fest­ge­legt wer­den, son­dern nur von „für das Ka­len­der­jahr fest­zu­le­gen­den Zie­len“. Die Aus­le­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die Par­tei­en hätten die ge­mein­sa­me Fest­le­gung von Zie­len nicht nur für das ers­te Ka­len­der­jahr, son­dern auch für die künf­ti­gen Jah­re ver­ein­bart, ist je­doch möglich und re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Die Be­klag­te hat die Aus­le­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts auch nicht mit Re­vi­si­onsrügen an­ge­grif­fen. Hätte es ent­ge­gen der Aus­le­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts nach der Bo­nus­re­ge­lung der Be­klag­ten ob­le­gen, dem Kläger ein­sei­tig für je­des Ka­len­der­jahr Zie­le vor­zu­ge­ben, bestünde auch kein Zwei­fel an der Initia­tiv­pflicht. In die­sem Fall hätte der Kläger der Be­klag­ten von vorn­her­ein nicht Zie­le vor­schla­gen oder die Be­klag­te auch nur zu Ver­hand­lun­gen über den Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung auf­for­dern müssen. Nur die Be­klag­te wäre ver­pflich­tet ge­we­sen, für je­de Ziel­pe­ri­ode kon­kre­te Zie­le auf­zu­stel­len.


II. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist auch zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass ei­nem Bo­nus­an­spruch des Klägers nicht ent­ge­gen­steht, dass die­ser nicht im ge­sam­ten Ka­len­der­jahr 2006 beschäftigt war. In § 9 Abs. 3 Satz 2 der Ergänzungs­ver­ein­ba­rung ha­ben die Par­tei­en ge­re­gelt, dass der Bo­nus bei Be­en­di­gung des Ver­trags „pro ra­ta tem­po­ris“ ge­zahlt wird. Auf Grund die­ser Ab­re­de steht dem Kläger grundsätz­lich auch bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses während des Ka­len­der­jah­res ein an­tei­li­ger Bo­nus zu.


III. Hat sich der Ar­beit­ge­ber im Ar­beits­ver­trag ver­pflich­tet, dem Ar­beit­neh­mer un­ter der Be­din­gung ei­nen Bo­nus zu zah­len, dass die­ser die ver­ein­bar­ten Zie­le er­reicht, und kommt ei­ne Ver­ein­ba­rung der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en über die vom Ar­beit­neh­mer in­ner­halb ei­ner Ziel­pe­ri­ode zu er­rei­chen­den Zie­le nicht zu­stan­de, ist in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur um­strit­ten, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen und in wel­cher
 


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Höhe dem Ar­beit­neh­mer ein Bo­nus zu­steht oder die­ser An­spruch auf Scha­dens­er­satz hat.

1. Weit­ge­hend Ei­nig­keit be­steht al­ler­dings darüber, dass al­lein das Feh­len ei­ner Ziel­vor­ga­be oder Ziel­ver­ein­ba­rung noch nicht stets da­zu führt, dass der Ar­beit­neh­mer den Bo­nus nicht be­an­spru­chen kann (vgl. BSG 23. März 2006 - B 11a AL 29/05 R - NZA-RR 2007, 101; BGH 9. Mai 1994 - II ZR 128/93 - ZIP 1994, 1017; LAG Köln 1. Sep­tem­ber 2003 - 2 Sa 471/03 -; Mau­er NZA 2002, 540, 547; Schmiedl BB 2004, 329, 330; aA für den Fall, dass der Ar­beit­neh­mer nicht zum Ab­schluss der kon­kre­ten Ziel­ver­ein­ba­rung auf­ge­for­dert hat: Bau­er/Dil­ler/Göpfert BB 2002, 882, 883; Ber­wan­ger BB 2003, 1499, 1503; Deich S. 266; für den Fall, dass ei­ne Ei­ni­gung auf ein Ziel nicht möglich ist: Bau­er FA 2002, 295, 296). An­sons­ten hätte es der Ar­beit­ge­ber in der Hand, durch die Ver­wei­ge­rung ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung den An­spruch des Ar­beit­neh­mers auf den Bo­nus zu be­sei­ti­gen. Ei­ne der­ar­ti­ge Möglich­keit wi­derspräche dem Grund­satz, dass vor­be­halt­los ver­ein­bar­te Vergütungs­ansprüche des Ar­beit­neh­mers vom Ar­beit­ge­ber nicht ein­sei­tig geändert oder wi­der­ru­fen wer­den können (BSG 23. März 2006 - B 11a AL 29/05 R - aaO).


2. Die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en können al­ler­dings ei­ne Rah­men­ver­ein­ba­rung über 22 Ziel­ver­ein­ba­run­gen grundsätz­lich still­schwei­gend auf­he­ben und da­mit be­wusst von der Fest­le­gung von Zie­len ab­se­hen. Dies kann ins­be­son­de­re dann an­zu­neh­men sein, wenn ein in Aus­sicht ge­stell­ter Bo­nus im Ver­gleich zur nicht er­folgs­abhängi­gen Vergütung des Ar­beit­neh­mers ge­ring ist und der Ar­beit­neh­mer während meh­re­rer Ziel­pe­ri­oden die ver­ein­bar­ten Zie­le deut­lich ver­fehlt hat. In ei­nem sol­chen Fall kann die un­ter­blie­be­ne Fest­le­gung von Zie­len trotz des da­mit ver­bun­de­nen Ver­zichts auf den in Aus­sicht ge­stell­ten Bo­nus auch im In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers lie­gen, wenn die­ser zB befürch­tet, der Ar­beit­ge­ber könn­te an sei­nen Leis­tun­gen zwei­feln oder gar das Ar­beits­verhält­nis auf Grund ei­ner Min­der­leis­tung be­en­den wol­len, wenn er ver­ein­bar­te Zie­le wie­der nicht er­reicht (zur Zulässig­keit ar­beits­recht­li­cher Maßnah­men bei Nicht­er­rei­chen ver­ein­bar­ter Leis­tungs­zie­le vgl. Plan­der ZTR 2002, 402, 405). Ein sol­cher Aus­nah­me­fall liegt hier je­doch nicht vor.

IV. Nach ei­ner in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen Auf­fas­sung soll bei ei­ner un­ter­blie­be­nen Auf­stel­lung von Zie­len die Fest­le­gung der Zie­le bei Ziel­vor­ga­ben gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und bei Ziel­ver­ein­ba­run­gen in ana­lo­ger An­wen­dung die­ser Vor­schrift durch Ur­teil er­fol­gen (vgl. Hes­si­sches LAG 29. Ja­nu­ar 2002 - 7 Sa

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836/01 - AiB 2002, 575; ArbG Düssel­dorf 13. Au­gust 2003 - 10 Ca 10348/02 - DB 2004, 1103; Kütt­ner/Grie­se Per­so­nal­buch 2006 Stich­wort Ziel­ver­ein­ba­rung Rn. 14; Mau­er aaO; Brors RdA 2004, 273, 277; Rie­sen­hu­ber/von St­ein­au-St­einrück NZA 2005, 785, 791; Beh­rens/Rins­dorf NZA 2006, 830, 835; dies. FS AR­GE Ar­beits­recht im Deut­schen An­walt­ver­ein S. 449, 466 für den Fall un­wirk­sa­mer Ziel­vor­ga­ben ge­genüber Vorständen). § 315 Abs. 1 BGB re­gelt, dass die Be­stim­mung nach bil­li­gem Er­mes­sen zu tref­fen ist, wenn die Leis­tung durch ei­nen Ver­trags­sch­ließen­den be­stimmt wer­den soll. Ent­spricht die ge­trof­fe­ne Be­stim­mung nicht der Bil­lig­keit, so wird sie nach § 315 Abs. 3 Satz 2 1. Alt. BGB durch Ur­teil ge­trof­fen; das Glei­che gilt gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. BGB, wenn die Be­stim­mung verzögert wird. Zur Be­gründung der di­rek­ten oder ana­lo­gen An­wen­dung von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB wird viel­fach auf ei­ne Ent-schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs zur Be­stim­mung der Be­mes­sungs­grund­la­ge ei­ner Tan­tie­me zurück­ge­grif­fen, wenn die­se ent­ge­gen der ver­trag­li­chen Ab­re­de nicht „er-ar­bei­tet“ wur­de (9. Mai 1994 - II ZR 128/93 - ZIP 1994, 1017). Dem Ar­beit­ge­ber wird bei Ziel­vor­ga­ben da­bei al­ler­dings zum Teil auch dann noch das Leis­tungs-be­stim­mungs­recht zu­ge­stan­den, wenn die Ziel­pe­ri­ode be­reits ab­ge­lau­fen und we­gen der Bo­nus­zah­lung ein Rechts­streit anhängig ist (LAG Düssel­dorf 29. Ok­to­ber 2003 - 12 Sa 900/03 -; An­nuß NZA 2007, 290, 295). Ob bei un­ter­blie­be­nen Ziel­vor­ga­ben das Ge­richt die Zie­le gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auch nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode noch zu be­stim­men hat, ist hier nicht zu ent­schei­den. Bei un­ter­blie­be­nen Ziel­ver­ein­ba­run­gen sind nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode die Zie­le und de­ren Ge­wich­tung nicht in ent­spre­chen­der An­wen­dung von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Ur­teil fest­zu­le­gen.

1. Ha­ben die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ver­ein­bart, die Zie­le und de­ren Ge­wich­tung ge­mein­sam auf­zu­stel­len, ent­spricht es nicht ih­rem Wil­len, dass die Zie­le durch ei­nen der Ver­trags­sch­ließen­den al­lein be­stimmt wer­den. Die in § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ge­re­gel­te rich­ter­li­che Er­satz­leis­tungs­be­stim­mung ist nicht für ei­ne all­ge­mei­ne rich­ter­li­che Ver­trags­hil­fe nutz­bar zu ma­chen. Die Ver­trags­hil­fe des § 315 BGB greift nur dort, wo die Par­tei­en das ver­ein­bart ha­ben, sich al­so au­to­nom der rich­ter­li­chen Sch­lich­tung durch Er­satz­leis­tungs­be­stim­mung un­ter­wor­fen ha­ben (Stau­din­ger/Rieb­le BGB (2001) § 315 Rn. 46; Rie­sen­hu­ber/von St­ein­au-St­einrück NZA 2005, 785, 792; Schmiedl BB 2004, 329, 331). Dies ist bei ei­ner Rah­men­ver­ein­ba­rung, die re­gelt, dass die Zie­le und de­ren Ge­wich­tung ge­mein­sam fest­ge­legt wer­den, nicht der Fall.


2. Ei­ne Fest­set­zung von Zie­len nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode durch Ur­teil wird auch dem Mo­ti­va­ti­ons­ge­dan­ken nicht ge­recht, der für Ziel­ver­ein­ba­run­gen maßge­bend


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ist. Zweck von Ziel­bo­nus­sys­te­men ist die Förde­rung der Mit­ar­bei­ter­mo­ti­va­ti­on. Der für den Fall der Ziel­er­rei­chung zu­ge­sag­te Bo­nus als zusätz­li­che Vergütung dient als An­reiz. Die­se Funk­ti­on kann ein an das Er­rei­chen von Zie­len ge­knüpfter Bo­nus nur erfüllen, wenn der Ar­beit­neh­mer die von ihm zu ver­fol­gen­den Zie­le be­reits bei Ausübung sei­ner Tätig­keit kennt.


3. Es kommt hin­zu, dass die nachträgli­che Er­mitt­lung an­ge­mes­se­ner, fall­be­zo­ge­ner Zie­le durch die Ge­rich­te an­ge­sichts der Viel­zahl und der un­ter­schied­li­chen Ge­wich­tung mögli­cher Zie­le und auf Grund sich ständig ändern­der Rah­men­be­din­gun­gen in der Re­gel zu­min­dest mit er­heb­li­chen Schwie­rig­kei­ten ver­bun­den oder über­haupt nicht möglich ist. Die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en können Un­ter­neh­mens­zie­le und da­mit Zie­le fest­le­gen, die an den Er­folg des Un­ter­neh­mens, zB den Ge­winn oder den Um­satz, an­knüpfen. Sie können be­stim­men, dass für die Ziel­er­rei­chung der Er­folg ei­ner Ab­tei­lung oder ei­nes „Teams“ maßge­bend sein soll. Ge­gen­stand ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung können aber auch persönli­che Zie­le sein, die in­di­vi­du­el­le Leis­tun­gen im Blick ha­ben. Den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en steht es auch frei, ob sie so­ge­nann­te „har­te“ Zie­le fest­le­gen, de­ren Er­rei­chung ob­jek­tiv mess­bar ist, oder so­ge­nann­te „wei­che“ Zie­le, die ähn­lich wie un­be­stimm­te Rechts­be­grif­fe bei der Fest­stel­lung der Ziel­er­rei­chung im kon­kre­ten Fall ausfüllungsfähi­ge und ausfüllungs­bedürf­ti­ge Be­ur­tei­lungs­spielräume las­sen, in­dem sie zB auf die Re­pu­ta­ti­on des Un­ter­neh­mens oder die Mo­ti­va­ti­on der Mit­ar­bei­ter ab­stel­len (zu die­sen und wei­te­ren Ziel­ty­pen vgl. Beh­rens/Rins­dorf FS AR­GE Ar­beits­recht im Deut­schen An­walt­ver­ein S. 450 ff.; Röder FS AR­GE Ar­beits­recht im Deut­schen An­walt­ver­ein S. 141 ff.). Dass ei­ne nachträgli­che, an den Be­son­der­hei­ten des je­wei­li­gen Fal­les aus­ge­rich­te­te Er­mitt­lung bil­li­gem Er­mes­sen ent­spre­chen­der Zie­le und de­ren Ge­wich­tung für ei­ne be­stimm­te Ziel­pe­ri­ode durch die Ge­rich­te nicht möglich sein kann, wird ins­be­son­de­re dann deut­lich, wenn, wie im Ent­schei­dungs­fall, der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer auch während ei­ner Ziel­pe­ri­ode nicht nur an­de­re oder zusätz­li­che Tätig­kei­ten über­tra­gen kann, son­dern den Ar­beit­neh­mer nach Aus­spruch ei­ner Kündi­gung bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auch von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung frei­stel­len darf und von die­sen Be­fug­nis­sen Ge­brauch macht. Hätte die Be­klag­te den Kläger be­reits un­mit­tel­bar nach Aus­spruch der Kündi­gung vom 17. De­zem­ber 2005 oder so­fort nach der Sch­ließung der vom Kläger ge­lei­te­ten Ab­tei­lung Ver­trieb und Mar­ke­ting En­de des Jah­res 2005 und nicht erst ab dem 8. März 2006 von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung frei­ge­stellt, wäre die Er­mitt­lung bil­li­gem Er­mes­sen ent­spre­chen­der Zie­le und de­ren Ge­wich­tung
 


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von vorn­her­ein nicht möglich. Die Be­stim­mung von Zie­len und de­ren Ge­wich­tung setzt je­den­falls die Kennt­nis der vom Ar­beit­neh­mer zu ver­rich­ten­den Tätig­keit vor­aus.


4. Aus dem Ur­teil des Bun­des­ge­richts­hofs vom 9. Mai 1994 (- II ZR 128/93 - ZIP 1994, 1017) folgt nichts an­de­res. In die­ser Ent­schei­dung ging es um ei­ne ei­nem Geschäftsführer zu­ge­sag­te Tan­tie­me, für de­ren Höhe die Ge­sell­schaft erst noch ei­ne Be­mes­sungs­grund­la­ge zu „er­ar­bei­ten“ hat­te. Wenn der Bun­des­ge­richts­hof ent­schie­den hat, dass in ei­nem sol­chen Fall die Höhe der Tan­tie­me gemäß § 315 BGB nach bil­li­gem Er­mes­sen zu be­stim­men ist, so­lan­ge es an ei­ner Aus­ge­stal­tung der Be­mes­sungs­grund­la­ge fehlt, kann dar­aus nicht ab­ge­lei­tet wer­den, dass auch von den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ge­mein­sam fest­zu­le­gen­de Zie­le und de­ren Ge­wich­tung nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode nach die­ser Vor­schrift zu be­stim­men sind, wenn die Auf­stel­lung von Zie­len un­ter­blie­ben ist.

V. An­de­re Auf­fas­sun­gen in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur wol­len wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Zie­le nachträglich im We­ge ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung be­stim­men (vgl. LAG Köln 23. Mai 2002 - 7 Sa 71/02 - DB 2003, 451; 1. Sep­tem­ber 2003 - 2 Sa 471/03 -; 14. März 2006 - 9 Sa 1152/05 -; LAG Hamm 24. No­vem­ber 2004 - 3 Sa 1325/04 - LAG­Re­port 2005, 165; Hümme­rich NJW 2006, 2294, 2298; Schmiedl BB 2004, 329, 331; Deich S. 274 für den Fall, dass kei­ner Par­tei das Leis­tungs­be­stim­mungs­recht zu­ge­wie­sen ist; Klein NZA 2006, 1129, 1130 für den Fall, dass die Par­tei­en zwar über Zie­le ver­han­del­ten, ei­ne Ver­ein­ba­rung je­doch nicht zu­stan­de kam). Un­abhängig da­von, dass ei­ne erst nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode er­folg­te Be­stim­mung der Zie­le dem Mo­ti­va­ti­ons­ge­dan­ken und da­mit dem Zweck von Ziel­bo­nus­sys­te­men nicht ge­recht wird, ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts und die­ser in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen An­sicht in al­ler Re­gel ei­ne nachträgli­che Be­stim­mung der Zie­le im We­ge ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung je­doch nicht möglich.

1. Ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung setzt ei­ne un­be­wuss­te Lücke ei­ner ver­trag­li­chen Re­ge­lung vor­aus. Bei ih­rer Sch­ließung ist zu fra­gen, was die Par­tei­en ver­ein­bart hätten, wenn ih­nen die Lücke be­wusst ge­we­sen wäre, wo­bei nicht die sub­jek­ti­ve Vor­stel­lung ei­ner Ver­trags­par­tei maßge­bend ist, son­dern das, was die Par­tei­en bei an­ge­mes­se­ner Abwägung ih­rer In­ter­es­sen nach Treu und Glau­ben als red­li­che Ver­trags­part­ner ver­ein­bart hätten (BAG 11. Ok­to­ber 2006 - 5 AZR 721/05 - AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; 12. Ja­nu­ar 2005 - 5 AZR 364/04 -

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BA­GE 113, 140). Bei der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung muss die Ant­wort auf die­se Fra­ge in­ner­halb des durch den Ver­trag selbst ge­zo­ge­nen Rah­mens ge­sucht wer­den (BAG 24. Ok­to­ber 2007 - 10 AZR 825/06 -). Das Er­geb­nis ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung darf nicht im Wi­der­spruch zu dem im Ver­trag aus­ge­drück­ten Par­tei­wil­len ste­hen (BAG 13. No­vem­ber 2002 - 4 AZR 393/01 - BA­GE 103, 364 mwN).


2. Kommt ei­ne nach der ar­beits­ver­trag­li­chen Rah­men­re­ge­lung ab­zu­sch­ließen­de Ziel­ver­ein­ba­rung zwi­schen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en bis zum Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode nicht zu­stan­de, fehlt es an ei­ner un­be­wuss­ten, ausfüllungs­bedürf­ti­gen Lücke im Ar­beits­ver­trag. Ha­ben die Par­tei­en im Ar­beits­ver­trag ei­ne Rah­men­ver­ein­ba­rung bezüglich der Bo­nus­zah­lung ge­trof­fen und be­wusst da­von ab­ge­se­hen, be­reits im Ar­beits-ver­trag Zie­le zu nen­nen, weil sie die­se und de­ren Ge­wich­tung für je­de Ziel­pe­ri­ode ge­son­dert ver­ein­ba­ren woll­ten, ha­ben sie deut­lich zwi­schen der all­ge­mei­nen Re­ge­lung im Ar­beits­ver­trag und den für je­de Ziel­pe­ri­ode ge­son­dert ab­zu­sch­ließen­den Ziel­ver­ein­ba­run­gen un­ter­schie­den (vgl. Mohn­ke Ziel­ver­ein­ba­run­gen im Ar­beits­verhält­nis S. 316; ähn­lich Gehl­haar NZA-RR 2007, 113, 115). Le­gen die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ent­ge­gen der im Ar­beits­ver­trag ge­trof­fe­nen Rah­men­ver­ein­ba­rung kei­ne Zie­le fest, sei es aus Ver­gess­lich­keit oder weil sie sich nicht auf Zie­le verständi­gen können, wird da­durch der Ar­beits­ver­trag nicht nachträglich lücken­haft. Ei­ne nachträgli­che Be­stim­mung von Zie­len im Rah­men des durch den Ar­beits­ver­trag ge­zo­ge­nen Rah­mens ist nicht möglich, wenn die Fest­le­gung der Zie­le nach dem Wil­len der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en be­wusst nicht im Ar­beits­ver­trag er­folgt ist. Das wird auch aus der Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts deut­lich. Die­ses legt sei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung nicht den Ar­beits­ver­trag oder die Ergänzungs­ver­ein­ba­rung der Par­tei­en zu Grun­de. Es stellt viel­mehr für die für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 zu be­stim­men­den Zie­le auf die von den Par­tei­en für das Jahr 2005 zu­letzt ge­trof­fe­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ab, wenn es an­nimmt, bei der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung sei da­von aus­zu­ge­hen, dass die Par­tei­en un­abhängig von den Re­ge­lun­gen im De­tail Zie­le ver­ein­bart hätten, die der Kläger ähn­lich wie im Vor­jahr hätte erfüllen können.


a) Ha­ben die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en bei der Bo­nus­re­ge­lung be­wusst zwi­schen der Rah­men­ver­ein­ba­rung im Ar­beits­ver­trag und den Ziel­ver­ein­ba­run­gen für die je­wei­li­gen Ziel­pe­ri­oden un­ter­schie­den, ist die­ser Wil­le zu ach­ten. Hätten sie für al­le Ziel­pe­ri­oden die­sel­ben Zie­le ver­ein­ba­ren wol­len, hätte es die­ser Dif­fe­ren­zie­rung nicht be­durft. Ha­ben sie Zie­le und de­ren Ge­wich­tung nur für ei­ne be­stimm­te Ziel­pe­ri­ode ge­mein­sam fest­ge­legt, be­zieht sich ih­re Verständi­gung auch nur auf den Zeit­raum die­ser
 


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Pe­ri­ode. Ei­ne sol­che für ei­ne be­stimm­te Zeit ab­ge­schlos­se­ne Ziel­ver­ein­ba­rung enthält kei­ne un­be­wuss­te Lücke für die Zeit nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode, die durch ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung ge­schlos­sen wer­den könn­te und müss­te. Hal­ten Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer es für an­ge­mes­sen, an den bis­he­ri­gen Zie­len und de­ren Ge­wich­tung auch in der nach­fol­gen­den Ziel­pe­ri­ode fest­zu­hal­ten, wer­den sie sich in der Re­gel dar­auf verständi­gen und ei­ne ent­spre­chen­de Ziel­ver­ein­ba­rung ab­sch­ließen. Be­steht da­ge­gen, wie im Ent­schei­dungs­fall, über den In­halt ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung für ei­ne ab­ge­lau­fe­ne Ziel­pe­ri­ode und den Grad der Ziel­er­rei­chung Streit, kann bei ei­ner un­ter­blie­be­nen Ziel­fest­set­zung für die nach­fol­gen­de Pe­ri­ode re­gelmäßig nicht an­ge­nom­men wer­den, dass die Par­tei­en die­sel­ben oder ähn­li­che Zie­le ver­ein­bart hätten. Es kann auch nicht aus dem Grad der Ziel­er­rei­chung ge­fol­gert wer­den, der Ar­beit­neh­mer hätte in der nach­fol­gen­den Ziel­pe­ri­ode ver­ein­bar­te Zie­le im sel­ben Um­fang er­reicht.


b) Ge­gen die Her­an­zie­hung des letz­ten Ziel­er­rei­chungs­gra­des für die Be­rech­nung der Bo­nus­zah­lung spricht im Ent­schei­dungs­fall schon, dass der Kläger nach der Sch­ließung der von ihm ge­lei­te­ten Ab­tei­lung Ver­trieb und Mar­ke­ting En­de des Jah­res 2005 ab dem 1. Ja­nu­ar 2006 bis zu sei­ner Frei­stel­lung mit an­de­ren Tätig­kei­ten beschäftigt wur­de.

aa) Auch wenn zwi­schen den Par­tei­en darüber Streit be­steht, wie vie­le von den ins­ge­samt 134 im Jahr 2005 ver­kauf­ten Kas­sen der Kläger selbst ver­kauft hat, be­steht doch Ei­nig­keit, dass es im Jahr 2005 an­ders als in den Mo­na­ten Ja­nu­ar bis März 2006 Haupt­auf­ga­be des Klägers war, zu­sam­men mit den zwei an­de­ren in der Ab­tei­lung Ver­trieb und Mar­ke­ting beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern möglichst vie­le Kas­sen zu ver­kau­fen. Es kommt hin­zu, dass die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en für die Ein­ar­bei­tungs­zeit in den ers­ten Mo­na­ten des Ar­beits­verhält­nis­ses häufig an­de­re, meist we­ni­ger an­spruchs­vol­le Zie­le fest­le­gen oder berück­sich­ti­gen, dass sich die Ent­schei­dun­gen des Ar­beit­neh­mers und die von ihm ge­trof­fe­nen Maßnah­men in der ers­ten Ziel­pe­ri­ode oft noch nicht aus­wir­ken und sein Er­folg oder Miss­er­folg noch durch die Tätig­keit ei­nes Vorgängers be­stimmt ist. Denk­bar ist auch, dass sich die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en auf Grund veränder­ter äußerer Be­din­gun­gen, zB ei­nem verschärf­ten Wett­be­werb, oder auf Grund ei­ner veränder­ten in­ner­be­trieb­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­on auf im Ver­gleich zur ab­ge­lau­fe­nen Ziel­pe­ri­ode we­ni­ger ehr­gei­zi­ge Zie­le verständi­gen. Da Ziel­ver­ein­ba­run­gen re­gelmäßig für ei­nen länge­ren Zeit­raum ab­ge­schlos­sen wer­den, kann es schon vor Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode da­zu kom­men, dass die Par­tei­en fest­stel­len müssen, dass die fest­ge­leg­ten
 


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Zie­le auf Grund der Dy­na­mik der Zie­le bis zum En­de der Ziel­pe­ri­ode nicht rea­li­sier­bar sind oder ih­re Rea­li­sie­rung kei­nen Sinn mehr macht (Preis/Preis II Z 5 Rn. 36; zur Er­for­der­lich­keit ei­ner Ziel­an­pas­sung oder Ziel­kor­rek­tur vgl. auch Her­genröder in AR-Blat­tei SD Nr. 1855 Rn. 94).


bb) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat nicht berück­sich­tigt, dass die Par­tei­en nach sei­nen ei­ge­nen Fest­stel­lun­gen für das Jahr 2005 un­ter­schied­li­che Zie­le fest­ge­legt hat­ten. Sie ha­ben die am 26. Sep­tem­ber 2005 für den Ver­trieb ver­ein­bar­ten Jah­res­zie­le be­reits am 31. Ok­to­ber 2005 neu de­fi­niert. Mit Er­folg rügt die Be­klag­te, das Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­be zu Un­recht für den an­tei­li­gen Bo­nus für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 auf den von ihm für das Ka­len­der­jahr 2005 an­ge­nom­me­nen Ziel­er­rei­chungs­grad von 91,36 % ab­ge­stellt. Die­ser ist eben­so wie die für das Jahr 2005 zu­letzt ge­trof­fe­ne Ziel­ver­ein­ba­rung für ei­nen an­tei­li­gen Bo­nus für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 oh­ne Be­deu­tung. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf Grund sei­ner An­nah­me, der Ver­kauf von 140 Kas­sen im Jahr 2005 sei ein Un­ter­neh­mens­ziel ge­we­sen, kei­ne Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen, wie vie­le von den ins­ge­samt 134 im Jahr 2005 ver­kauf­ten Kas­sen der Kläger selbst ver­kauft hat. Soll­te die Be­haup­tung der Be­klag­ten zu­tref­fen, wo­nach der Kläger nur vier Kas­sen ver­kauft hat, käme es nach der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts letzt­lich für die Ziel­pe­ri­ode Ja­nu­ar bis März 2006 gar nicht ent­schei­dend dar­auf an, ob und in wel­chem Um­fang der Kläger im Jahr 2005 Zie­le er­reicht hat, son­dern nur dar­auf, dass in die­sem Jahr das Un­ter­neh­mens­ziel „Ver­kauf von 140 Kas­sen“ mit 134 ver­kauf­ten Kas­sen weit­ge­hend er­reicht wor­den ist.


VI. Ent­ge­gen der von ei­nem an­de­ren Teil der Recht­spre­chung und der Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen Auf­fas­sung muss auf den in § 162 Abs. 1 BGB zum Aus­druck kom­men­den Rechts­ge­dan­ken, dass nie­mand aus sei­nem treu­wid­ri­gen Ver­hal­ten Vor­tei­le zie­hen darf, nicht zurück­ge­grif­fen wer­den, wenn die Par­tei­en kei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung für ei­ne Ziel­pe­ri­ode ge­trof­fen ha­ben (vgl. zu die­sem Rück­griff auf den Ge­dan­ken der Be­din­gungs­ver­ei­te­lung bei un­ter­las­se­nen Ziel­vor­ga­ben und nicht ab­ge­schlos­se­nen Ziel­ver­ein­ba­run­gen LAG Köln 23. Mai 2002 - 7 Sa 71/02 - DB 2003, 451; LAG Düssel­dorf 28. Ju­li 2006 - 17 Sa 465/06 - LA­GE BGB 2002 § 611 Tan­tie­me Nr. 2; Kolm­hu­ber Ar­bRB 2003, 117, 119; Röder FS AR­GE Ar­beits­recht im Deut­schen An­walt­ver­ein S. 148; Bau­er FA 2002, 295, 296; Bau­er/Dil­ler/Göpfert BB 2002, 882, 883; Ber­wan­ger aaO; Her­genröder in AR-Blat­tei SD Nr. 1855 Rn. 48; Klein aaO; Preis/Preis II Z 5 Rn. 38; Deich S. 267).
 


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1. Ei­ne un­mit­tel­ba­re An­wen­dung von § 162 Abs. 1 BGB kommt von vorn­her­ein nicht in Be­tracht.

a) Bei ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung han­delt es sich nicht um ei­ne Be­din­gung im Sin­ne die­ser Vor­schrift (so auch LAG Köln 14. März 2006 - 9 Sa 1152/05 -). Be­din­gung iSd. §§ 158 ff. BGB ist die durch den Par­tei­wil­len in ein Rechts­geschäft ein­gefügte Be­stim­mung, die die Rechts­wir­kun­gen des Geschäfts von ei­nem zukünf­ti­gen un­ge­wis­sen Er­eig­nis abhängig macht (Pa­landt/Hein­richs BGB 66. Aufl. Einf v § 158 Rn. 1; Münch­KommBGB/H. P. Wes­ter­mann § 158 Rn. 10; Mohn­ke S. 313). Beim Ab­schluss ei­ner Rah­men­ver­ein­ba­rung über Ziel­ver­ein­ba­run­gen ge­hen die Par­tei­en je­doch da­von aus, dass sie sich über Zie­le verständi­gen wer­den. Un­ge­wiss ist nur, wel­che Zie­le ver­ein­bart wer­den und ob die­se vom Ar­beit­neh­mer er­reicht oder ver­fehlt wer­den. Die Rechts­wir­kun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung selbst sol­len nicht von ei­nem zukünf­ti­gen un­ge­wis­sen Er­eig­nis abhängig sein.


b) Zu­dem ha­ben die Re­ge­lun­gen der §§ 158 ff. BGB die Wirk­sam­keit ei­nes Rechts­geschäfts als Gan­zes zum Ge­gen­stand (Klein aaO). Feh­len­de Ziel­ver­ein­ba­run­gen wir­ken sich da­ge­gen nur auf ei­nen ein­zel­nen An­spruch in­ner­halb des ver­ein­bar­ten Ar­beits­ver­trags aus (vgl. Kolm­hu­ber aaO; Mohn­ke S. 31; Deich S. 267; aA Rieb­le/Gut­zeit JbAr­bR Bd. 37 S. 41, 46, wo­nach auch dann ei­ne Be­din­gung iSd. §§ 158 ff. BGB vor­liegt, wenn nicht das Rechts­geschäft, son­dern sein In­halt be­dingt wird).


2. Für ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 162 Abs. 1 BGB fehlt es an ei­ner Re­ge­lungslücke.

a) Es trifft zwar zu, dass die Re­ge­lung in § 162 Abs. 1 BGB Aus­druck des all­ge­mei­nen Rechts­ge­dan­kens ist, dass nie­mand aus ei­nem von ihm treu­wid­rig her­bei­geführ­ten Er­eig­nis Vor­tei­le her­lei­ten darf (Pa­landt/Hein­richs § 162 Rn. 6; Stau­din­ger/Bork BGB (2003) § 162 Rn. 2; Münch­KommBGB/H. P. Wes­ter­mann § 162 Rn. 18; Schmiedl BB 2004, 329, 331). Auch ist nicht zu ver­ken­nen, dass Fälle denk­bar sind, in de­nen der Ar­beit­ge­ber nur des­halb nicht zum Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung be­reit ist, um die für den Fall der Ziel­er­rei­chung zu­ge­sag­te zusätz­li­che Vergütung nicht zah­len zu müssen. So liegt die Zah­lung ei­ner zusätz­li­chen Vergütung nach ei­ner Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses und während ei­ner Frei­stel­lung des Ar­beit­neh­mers von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses re­gelmäßig nicht im In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers. Dann be­steht zwar ei­ne In­ter­es­sen-
 


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la­ge, die mit der bei treu­wid­ri­ger Ver­hin­de­rung des Ein­tritts ei­ner Be­din­gung durch ei­ne Par­tei, zu de­ren Nach­teil der Ein­tritt der Be­din­gung ge­rei­chen würde, ver­gleich­bar ist. In al­ler Re­gel lie­gen ei­ne zusätz­li­che Mo­ti­va­ti­on des Ar­beit­neh­mers und das Er­rei­chen der ver­ein­bar­ten Zie­le aber vor al­lem auch im In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers. Dies leuch­tet nicht nur bei Un­ter­neh­mens­zie­len ein, die an den Ge­winn oder Um­satz an­knüpfen, son­dern auch bei persönli­chen Zie­len. Auch in­di­vi­du­el­le Leis­tun­gen des Ar­beit­neh­mers kom­men letzt­lich dem Ar­beit­ge­ber zu­gu­te. Ein treu­wid­ri­ges Han­deln iSv. § 162 BGB liegt vor, wenn das Ver­hal­ten bei Würdi­gung von An­lass, Zweck und Be­weg­grund ge­gen Treu und Glau­ben verstößt. Hat ein Ar­beit­ge­ber mit ei­nem Ar­beit­neh­mer ei­ne Rah­men­ver­ein­ba­rung über Ziel­ver­ein­ba­run­gen ab­ge­schlos­sen, wird er nur in sel­te­nen Aus­nah­mefällen wi­der Treu und Glau­ben nicht be­reit sein, ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung mit dem Ar­beit­neh­mer ab­zu­sch­ließen. Das Er­rei­chen der auf­ge­stell­ten Zie­le ge­reicht dem Ar­beit­ge­ber in al­ler Re­gel nicht zu sei­nem Nach­teil, son­dern zu sei­nem Vor­teil. Das gilt auch dann, wenn berück­sich­tigt wird, dass es den An­spruch des Ar­beit­neh­mers auf den ver­spro­che­nen Bo­nus auslöst.


b) Selbst wenn zur An­nah­me ei­nes treu­wid­ri­gen Ver­hal­tens iSv. § 162 Abs. 1 BGB ein ob­jek­ti­ver Ver­s­toß ge­gen Treu und Glau­ben aus­reich­te und schuld­haf­tes Ver­hal­ten nicht zu for­dern wäre (Pa­landt/Hein­richs § 162 Rn. 3), könn­te in ei­nem Fall treu­wid­rig ver­hin­der­ter Ziel­ver­ein­ba­run­gen in ent­spre­chen­der An­wen­dung von § 162 Abs. 1 BGB nur die un­ter­blie­be­ne Fest­le­gung von Zie­len, nicht aber oh­ne wei­te­res auch ei­ne vollständi­ge Ziel­er­rei­chung an­ge­nom­men wer­den (vgl. Mohn­ke S. 316; Gehl­haar aaO). Über den Grad der Ziel­er­rei­chung wäre da­mit bei ei­ner ana­lo­gen An­wen­dung von § 162 Abs. 1 BGB noch kei­ne Aus­sa­ge ge­trof­fen (vgl. LAG Hamm 24. No­vem­ber 2004 - 3 Sa 1325/04 - LAG­Re­port 2005, 165; LAG Köln 14. März 2006 - 9 Sa 1152/05 -; Gehl­haar aaO; Schmiedl BB 2004, 329, 331). Würde un­ge­ach­tet be­son­de­rer Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Außer­acht­las­sung ei­nes et­wai­gen Mit­ver­schul­dens des Ar­beit­neh­mers bei nicht zu­stan­de ge­kom­me­nen Ziel­ver­ein­ba­run­gen stets der Bo­nushöchst­be­trag zu­ge­spro­chen, würde § 162 BGB ein Sank­ti­ons­cha­rak­ter bei­ge­mes­sen, der die­ser Be­stim­mung nicht zu­kommt (Schmiedl BB 2004, 329, 331).

c) Ge­gen ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 162 Abs. 1 BGB spricht ent­schei­dend, dass ei­ne un­ter­blie­be­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch des Ar­beit­neh­mers auslösen kann und ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 162 Abs. 1 BGB zur Sch­ließung ei­ner un­be­wuss­ten Re­ge­lungslücke des­halb nicht er­for­der­lich ist.
 


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VII. Die Fra­ge, ob ein Ar­beit­neh­mer bei nicht ge­trof­fe­ner Ziel­ver­ein­ba­rung ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen der ihm ent­gan­ge­nen er­folgs­abhängi­gen Vergütung hat, kann oh­ne die Berück­sich­ti­gung der Gründe für das Nicht­zu­stan­de­kom­men der Ziel­ver­ein­ba­rung nicht ent­schie­den wer­den (vgl. BSG 23. März 2006 - B 11a AL 29/05 R - NZA-RR 2007, 101).

1. Ob­lag es dem Ar­beit­ge­ber, die Initia­ti­ve zur Führung ei­nes Gesprächs mit dem Ar­beit­neh­mer über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung zu er­grei­fen und hat er ein sol­ches Gespräch nicht an­be­raumt, hat er ei­ne ver­trag­li­che Ne­ben­pflicht ver­letzt. Die­se Pflicht­ver­let­zung kann ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch des Ar­beit­neh­mers be­gründen (vgl. LAG Köln 23. Mai 2002 - 7 Sa 71/02 - DB 2003, 451; ArbG Frank­furt 11. De­zem­ber 2002 - 2 Ca 2816/02 - ZTR 2003, 577; Rie­sen­hu­ber/von St­ein­au-St­einrück NZA 2005, 785, 792; Klein aaO; Deich S. 269; Mohn­ke S. 317 ff; Lisch­ka Ar­beits­recht­li­che Ziel­ver­ein­ba­run­gen S. 130 f., dies. BB 2007, 552, 554). Auch wenn der Ar­beit­ge­ber nicht al­lein die Initia­tiv­pflicht hat, ver­letzt er ei­ne ver­trag­li­che Ne­ben­pflicht und kann des­halb zur Leis­tung von Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet sein, wenn er der Auf­for­de­rung des Ar­beit­neh­mers nicht nach­kommt, mit ihm ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ab­zu­sch­ließen.


a) Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubi­ger Er­satz des hier­aus ent­ste­hen­den Scha­dens ver­lan­gen, wenn der Schuld­ner ei­ne Pflicht aus dem Schuld­verhält­nis ver­letzt. Dies gilt nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, wenn der Schuld­ner die Pflicht­ver­let­zung nicht zu ver­tre­ten hat. Die­se Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers zur Leis­tung von Scha­dens­er­satz sind erfüllt, wenn die­ser sei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung, für je­de Ziel­pe­ri­ode ge­mein­sam mit dem Ar­beit­neh­mer Zie­le fest­zu­le­gen, nicht nach­kommt und nicht gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nach­weist, dass er es nicht zu ver­tre­ten hat, dass ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung nicht zu­stan­de ge­kom­men ist. Für ei­nen Ent­las­tungs­be­weis des Ar­beit­ge­bers ist es da­bei un­zu­rei­chend, wenn er von Ver­hand­lun­gen über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ab­ge­se­hen hat, weil der Ar­beit­neh­mer bis­her die fest­ge­leg­ten Zie­le nie er­reicht hat.


b) Der Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB tritt al­ler­dings im Ge­gen­satz zu den Ansprüchen aus den §§ 281 bis 283 BGB nicht an die Stel­le, son­dern ne­ben den Erfüllungs­an­spruch (Bam­ber­ger/Roth/Un­berath BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 280 Rn. 29; Er­man/H. P. Wes­ter­mann BGB 11. Aufl. § 280 Rn. 20; Pa­landt/Hein­richs § 280 Rn. 18). Um ei­nen Erfüllungs­an­spruch geht es aber nicht, wenn der Ar­beit­neh­mer nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode den ihm für den Fall der Ziel­er­rei­chung zu-


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ge­sag­ten Bo­nus ver­langt. Der Ar­beit­neh­mer be­an­sprucht nicht die ge­mein­sa­me Fest­le­gung von Zie­len und ver­folgt da­mit nicht ei­nen Erfüllungs­an­spruch. Er be­gehrt statt der Leis­tung Scha­dens­er­satz. Die­ser steht ihm gemäß § 280 Abs. 3 BGB nur un­ter den zusätz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 281 BGB, des § 282 BGB oder des § 283 BGB zu. Ein Ver­s­toß des Ar­beit­ge­bers ge­gen sei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Ver­pflich­tung, mit dem Ar­beit­neh­mer für ei­ne Ziel­pe­ri­ode Zie­le fest­zu­le­gen, an de­ren Er­rei­chen ei­ne Bo­nus­zah­lung ge­knüpft ist, löst je­den­falls nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode nach § 280 Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch aus.


aa) Nach Ab­lauf der Zeit, für die ein Ar­beit­ge­ber mit ei­nem Ar­beit­neh­mer Zie­le zu ver­ein­ba­ren hat­te, ist die Fest­le­gung von Zie­len nicht mehr möglich. Zie­le können zwar an sich auch für ei­nen ver­gan­ge­nen Zeit­raum for­mu­liert wer­den. Ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung, die bei Ziel­er­rei­chung ei­nen An­spruch des Ar­beit­neh­mers auf ei­nen Bo­nus be­gründet, kann ent­spre­chend dem Mo­ti­va­ti­ons­ge­dan­ken ih­re An­reiz­funk­ti­on aber nur dann erfüllen, wenn der Ar­beit­neh­mer be­reits bei der Ausübung sei­ner Tätig­keit die von ihm zu ver­fol­gen­den Zie­le kennt und weiß, auf das Er­rei­chen wel­cher persönli­cher oder un­ter­neh­mens­be­zo­ge­ner Zie­le der Ar­beit­ge­ber in dem je­wei­li­gen Zeit­raum be­son­de­ren Wert legt und des­halb be­reit ist, bei Er­rei­chen die­ser Zie­le den zu­ge­sag­ten Bo­nus zu zah­len. Ei­ne dem Mo­ti­va­ti­ons­ge­dan­ken und da­mit dem Sinn und Zweck ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung ge­recht wer­den­de Auf­stel­lung von Zie­len für ei­nen ver­gan­ge­nen Zeit­raum ist nicht möglich. Die Fest­le­gung von Zie­len wird je­den­falls mit Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode unmöglich iSv. § 275 Abs. 1 BGB, so dass der Ar­beit­neh­mer nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB statt der Fest­le­gung von Zie­len Scha­dens­er­satz ver­lan­gen kann.


bb) Der Um­fang des zu er­set­zen­den Scha­dens rich­tet sich nach den §§ 249 ff. BGB. Gemäß § 252 Satz 1 BGB um­fasst der zu er­set­zen­de Scha­den auch den ent­gan­ge­nen Ge­winn. Da­zu gehört auch ent­gan­ge­ner Ver­dienst aus abhängi­ger Ar­beit und da­mit auch ei­ne Bo­nus­zah­lung (vgl. Pa­landt/Hein­richs § 252 Rn. 8). Als ent­gan­gen gilt gemäß § 252 Satz 2 BGB der Ge­winn, wel­cher nach dem gewöhn­li­chen Lauf der Din­ge oder nach den be­son­de­ren Umständen, ins­be­son­de­re nach den ge­trof­fe­nen An­stal­ten und Vor­keh­run­gen, mit Wahr­schein­lich­keit er­war­tet wer­den konn­te. Die­se Be­stim­mung enthält für den Geschädig­ten ei­ne § 287 ZPO ergänzen­de Be­wei­ser­leich­te­rung. Die­ser hat nur die Umstände dar­zu­le­gen und in den Gren­zen des § 287 ZPO zu be­wei­sen, aus de­nen sich nach dem gewöhn­li­chen Ver­lauf der Din­ge oder den be­son­de­ren Umständen des Fal­les die Wahr­schein­lich­keit des Ge­winn­ein­tritts er­gibt
 


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(BGH 18. Fe­bru­ar 2002 - II ZR 355/00 - NJW 2002, 2553). Da die Be­wei­ser­leich­te­rung der §§ 252 BGB, 287 ZPO auch die Dar­le­gungs­last der­je­ni­gen Par­tei min­dert, die Er­satz des ent­gan­ge­nen Ge­winns ver­langt, dürfen in­so­weit kei­ne zu stren­gen An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den (BGH 18. Fe­bru­ar 2002 - II ZR 355/00 - aaO).


cc) Dem An­wen­dungs­be­reich des § 287 Abs. 1 ZPO un­ter­lie­gen so­wohl die Fest­stel­lung des Scha­dens als auch des­sen Höhe (vgl. BGH 28. April 1982 - IVa ZR 8/81 - NJW 1983, 998). Die Vor­schrift dehnt für die Fest­stel­lung der Scha­denshöhe das rich­ter­li­che Er­mes­sen über die Schran­ken des § 286 ZPO aus (BGH 17. April 1997 - X ZR 2/96 - NJW-RR 1998, 331). Das Ge­setz nimmt in Kauf, dass das Er­geb­nis der Schätzung mit der Wirk­lich­keit viel­fach nicht übe­rein­stimmt (BAG 20. Sep­tem­ber 2006 - 10 AZR 439/05 - AP HGB § 60 Nr. 13 = EzA BBiG § 10 Nr. 12). Al­ler­dings soll die Schätzung möglichst na­he an die­se her­anführen. Über be­strit­te­ne Aus­gangs- bzw. An­knüpfungs­tat­sa­chen hat das Ge­richt Be­weis zu er­he­ben (BAG 20. Sep­tem­ber 2006 - 10 AZR 439/05 - aaO; BGH 15. März 1988 - VI ZR 81/87 - NJW 1988, 3016; 17. April 1997 - X ZR 2/96 - aaO).

dd) Hat der Ar­beit­ge­ber schuld­haft kein Gespräch mit dem Ar­beit­neh­mer über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung geführt, ist der für den Fall der Ziel­er­rei­chung zu­ge­sag­te Bo­nus bei der abs­trak­ten Scha­dens­be­rech­nung nach § 252 Satz 2 BGB Grund­la­ge für die Er­mitt­lung des dem Ar­beit­neh­mer zu er­set­zen­den Scha­dens. Zwar müssen Ziel­ver­ein­ba­run­gen nicht stets die in Aus­sicht ge­stell­te Bo­nus­zah­lung auslösen. Sie ver­feh­len je­doch ih­ren Mo­ti­va­ti­ons­zweck und wer­den ih­rer An­reiz­funk­ti­on nicht ge­recht, wenn die fest­ge­leg­ten Zie­le vom Ar­beit­neh­mer von vorn­her­ein nicht er­reicht wer­den können. Auch kann sich ein Ar­beit­ge­ber der in der Rah­men­ver­ein­ba­rung zu­ge­sag­ten Bo­nus­zah­lung nicht da­durch ent­zie­hen, dass er vom Ar­beit­neh­mer Unmögli­ches ver­langt und nur be­reit ist, Zie­le zu ver­ein­ba­ren, die kein Ar­beit­neh­mer er­rei­chen kann. Dem ist bei der Er­mitt­lung des Scha­dens nach § 287 Abs. 1 ZPO Rech­nung zu tra­gen. Es ist grundsätz­lich da­von aus­zu­ge­hen, dass ein Ar­beit­neh­mer ver­ein­bar­te Zie­le er­reicht hätte, wenn nicht be­son­de­re Umstände die­se An­nah­me aus­sch­ließen. Sol­che be­son­de­ren Umstände hat der Ar­beit­ge­ber dar­zu­tun und ge­ge­be­nen­falls nach­zu­wei­sen.

2. Al­ler­dings be­darf es an­ders als bei ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Ab­re­de über Ziel­vor­ga­ben des Ar­beit­ge­bers bei Ziel­ver­ein­ba­run­gen der Mit­wir­kung des Ar­beit­neh­mers bei der Auf­stel­lung der Zie­le für die je­wei­li­ge Ziel­pe­ri­ode. Die Fest­le­gung der Zie­le ist da­mit nicht al­lein Auf­ga­be des Ar­beit­ge­bers. Der Ar­beit­neh­mer ver­letzt ei­ne
 


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ver­trag­li­che Ne­ben­pflicht und hat we­der ei­nen An­spruch auf den Bo­nus noch ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen ent­gan­ge­ner Bo­nus­zah­lung, wenn al­lein aus sei­nem Ver­schul­den ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung nicht zu­stan­de ge­kom­men ist, weil er zB zu ei­nem Gespräch mit dem Ar­beit­ge­ber über mögli­che Zie­le nicht be­reit war.

3. Ist in der Rah­men­ver­ein­ba­rung nicht aus­drück­lich ge­re­gelt, dass der Ar­beit­ge­ber die Initia­ti­ve zur Führung ei­nes Gesprächs mit dem Ar­beit­neh­mer über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung zu er­grei­fen hat, und führt auch die Aus­le­gung der Bo­nus­re­ge­lung nicht zu ei­ner al­lei­ni­gen Pflicht des Ar­beit­ge­bers, die Ver­hand­lun­gen über die Ziel­ver­ein­ba­rung ein­zu­lei­ten, ist ent­ge­gen der An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts bei ei­ner nicht zu­stan­de ge­kom­me­nen Ziel­ver­ein­ba­rung nicht stets da­von aus­zu­ge­hen, dass nur der Ar­beit­ge­ber die Initia­ti­ve zu er­grei­fen und auf Grund sei­nes Di­rek­ti­ons­rechts ein Gespräch mit dem Ar­beit­neh­mer über mögli­che Zie­le und de­ren Ge­wich­tung an­zu­be­rau­men hat­te.

a) Zwar trifft die Erwägung des Lan­des­ar­beit­ge­richts zu, dass der Ar­beit­ge­ber grundsätz­lich nach § 106 Satz 1 Ge­wO ua. den In­halt der Ar­beits­leis­tung nach bil­li­gem Er­mes­sen näher be­stim­men und dem Ar­beit­neh­mer da­mit in den Gren­zen des Ar­beits­ver­trags kraft sei­nes Di­rek­ti­ons­rechts Auf­ga­ben zu­wei­sen kann. Maßge­bend ist je­doch, dass der Ar­beit­ge­ber bei ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Ab­re­de über Ziel­ver­ein­ba­run­gen an­ders als bei Ziel­vor­ga­ben die Zie­le nicht ein­sei­tig fest­le­gen kann. Auch wenn da­von aus­ge­gan­gen wird, dass bei den Ver­hand­lun­gen über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung in der Re­gel zunächst der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer mögli­che Zie­le vor­schlägt, auf die er be­son­de­ren Wert legt, während der Ar­beit­neh­mer häufig nur in quan­ti­ta­ti­ver Hin­sicht re­agiert, wie dies das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men hat, liegt doch nicht nur ei­ne Pflicht­ver­let­zung des Ar­beit­ge­bers, son­dern auch ei­ne sol­che des Ar­beit­neh­mers vor, wenn nicht ge­re­gelt ist, dass nur der Ar­beit­ge­ber den An­s­toß für die Ver­hand­lun­gen über die Ziel­ver­ein­ba­rung ge­ben muss, sol­che Ver­hand­lun­gen nicht geführt wer­den und ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung des­halb nicht zu­stan­de kommt. Der Ar­beit­neh­mer muss dem Ar­beit­ge­ber kei­ne mögli­chen Zie­le nen­nen, wenn auch er die Ver­hand­lun­gen über die Ziel­ver­ein­ba­rung an­zu­re­gen hat. Es reicht aus, wenn er den Ar­beit­ge­ber zu Ver­hand­lun­gen über die Ziel­ver­ein­ba­rung auf­for­dert. Das hat auch der Kläger so ge­se­hen. Er hat be­haup­tet, im Ja­nu­ar 2006 den Geschäftsführer der Be­klag­ten mehr­fach zu ei­nem Gespräch über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung auf­ge­for­dert zu ha­ben. Dass er da­bei von sich aus mögli­che Zie­le vor­ge­schla­gen hat, hat er nicht dar­ge­tan.
 


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b) Be­ruht das Nicht­zu­stan­de­kom­men ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung auf Gründen, die so­wohl der Ar­beit­ge­ber als auch der Ar­beit­neh­mer zu ver­tre­ten ha­ben, ist ein Scha­dens­er­satz­an­spruch des Ar­beit­neh­mers we­gen der ent­gan­ge­nen er­folgs-abhängi­gen Vergütung nicht aus­ge­schlos­sen (aA Bau­er/Dil­ler/Göpfert BB 2002, 882, 883). Dies gilt je­den­falls dann, wenn der Ar­beit­ge­ber nicht erst durch ei­ne Mah­nung des Ar­beit­neh­mers mit den von ihm zu führen­den Ver­hand­lun­gen über die Ziel­ver­ein­ba­rung in Ver­zug gerät, son­dern die Ziel­ver­ein­ba­rung nach der ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung vor Be­ginn der Ziel­pe­ri­ode ab­zu­sch­ließen ist oder für den Ab­schluss der Ziel­ver­ein­ba­rung ei­ne an­de­re Zeit nach dem Ka­len­der be­stimmt ist (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Trifft auch den Ar­beit­neh­mer ein Ver­schul­den dar­an, dass ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung un­ter­blie­ben ist, ist die­ses Mit­ver­schul­den des Ar­beit­neh­mers nach § 254 BGB an­ge­mes­sen zu berück­sich­ti­gen.


VIII. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf Grund sei­ner un­zu­tref­fen­den An­nah­me, die Be­klag­te sei schon auf Grund ih­res Di­rek­ti­ons­rechts ver­pflich­tet ge­we­sen, die Ver­hand­lun­gen über die Ziel­ver­ein­ba­rung zu in­iti­ie­ren, nicht ge­prüft, ob die Aus­le­gung der ver­trag­li­chen Bo­nus­re­ge­lung zu ei­ner al­lei­ni­gen Initia­tiv­pflicht der Be­klag­ten führt oder bei­de Par­tei­en zu Ver­hand­lun­gen über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 an­zu­re­gen hat­ten. Die­se Prüfung hat es je­den­falls dann nach­zu­ho­len, wenn der Kläger sei­ne Be­haup­tung nicht nach­weist, wo­nach er im Ja­nu­ar 2006 den Geschäftsführer der Be­klag­ten mehr­fach zum Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung auf­ge­for­dert hat. Für ei­ne al­lei­ni­ge Initia­tiv­pflicht der Be­klag­ten könn­te spre­chen, dass die Zie­le „ge­mein­sam mit dem Mit­ar­bei­ter“ und nicht „ge­mein­sam mit dem Ar­beit­ge­ber“ fest­zu­le­gen wa­ren. So­fern nach Ausschöpfung der in Be­tracht kom­men­den Aus­le­gungs­me­tho­den ein nicht be­heb­ba­rer Zwei­fel bezüglich der Initia­tiv­pflicht bleibt, kommt auch ein Rück­griff auf die Un­klar­hei­ten­re­gel des § 305c Abs. 2 BGB in Be­tracht, so­fern die Be­klag­te die Bo­nus­re­ge­lung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB vor­for­mu­liert ha­ben soll­te. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird fer­ner zu be­ur­tei­len ha­ben, ob nach der ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung für den Ab­schluss der Ziel­ver­ein­ba­rung für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März 2006 ei­ne Zeit nach dem Ka­len­der be­stimmt war. War dies der Fall und ob­lag al­lein der Be­klag­ten die Initia­tiv­pflicht, liegt ein Mit­ver­schul­den des Klägers an der un­ter­blie­be­nen Ziel­ver­ein­ba­rung auch dann nicht vor, wenn er nicht nach­weist, dass er den Geschäftsführer der Be­klag­ten im Ja­nu­ar 2006 zum Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung auf­ge­for­dert hat. Be­durf­te es ei­ner Mah­nung des Klägers und weist die­ser die von ihm be­haup­te­te Auf­for­de­rung des Geschäftsführers der Be­klag­ten
 


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nicht nach, wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt gemäß § 254 Abs. 1 BGB bei der Er­mitt­lung des Scha­dens nach den §§ 252 BGB, 287 ZPO ein Mit­ver­schul­den des Klägers zu berück­sich­ti­gen ha­ben.

Dr. Frei­tag 

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