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BAG, Ur­teil vom 26.04.2006, 5 AZR 403/05

   
Schlagworte: Ausschlussfrist, Kündigungsschutzprozess, Annahmeverzugslohn
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 5 AZR 403/05
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 26.04.2006
   
Leitsätze: Der vom Arbeitgeber vor der Antragstellung im Kündigungsschutzprozess schriftsätzlich angekündigte Klageabweisungsantrag stellt eine schriftliche Ablehnung der mit der Kündigungsschutzklage vom Arbeitnehmer geltend gemachten Annahmeverzugsansprüche dar. Eine ausdrückliche schriftliche Ablehnungserklärung ist nicht erforderlich, wenn die Verfallklausel nur eine schriftliche Ablehnung verlangt (Bestätigung von BAG 20. März 1986 - 2 AZR 295/85 - EzA BGB § 615 Nr. 48, zu B II 2 b der Gründe; Aufgabe von BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 510/00 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 145).
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Dessau, Urteil vom 27.10.2004, 5 Ca 187/04
Landesarbeitsgeicht Halle (Saale), Urteil vom 9.06.2005, 7 Sa 21/05
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


5 AZR 403/05
7 Sa 21/05
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Sach­sen-An­halt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

26. April 2006

UR­TEIL

Met­ze, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Fünf­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 26. April 2006 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Müller-Glöge, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Mi­kosch und Dr. Linck so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Müller und St­ein­mann für Recht er­kannt:



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1. Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Sach­sen-An­halt vom 9. Ju­ni 2005 - 7 Sa 21/05 - wird zurück­ge­wie­sen.


2. Der Kläger hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Ansprüche aus An­nah­me­ver­zug


Der Kläger ist seit dem 1. De­zem­ber 1995 bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin als Sach­be­ar­bei­ter beschäftigt. Auf das Ar­beits­verhält­nis fin­det kraft Be­zug­nah­me im Ar­beits­ver­trag der Man­tel­ta­rif­ver­trag für die Ar­beit­neh­mer der Lau­sit­zer und Mit­tel­deut­schen Braun­koh­len­in­dus­trie (MTV) An­wen­dung.


Mit Schrei­ben vom 10. De­zem­ber 2002 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis zum 31. März 2003. Das Ar­beits­ge­richt gab der vom Kläger er­ho­be­nen Kündi­gungs­schutz­kla­ge statt. Die hier­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung der Be­klag­ten wur­de durch rechts­kräfti­ges Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 1. April 2004 zurück­ge­wie­sen.


Während der Dau­er des Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses war der Kläger ar­beits­los und be­zog Ar­beits­lo­sen­geld.

Mit Schrei­ben vom 6. April 2004, das der Be­klag­ten am 13. April 2004 zu­ging, mach­te der Kläger rückständi­ge Vergütung ab dem 1. April 2003 gel­tend. Die Be­klag­te er­teil­te dem Kläger dar­auf­hin am 25. Mai 2004 ei­ne Ab­rech­nung für die Zeit ab dem 13. Ja­nu­ar 2004 und zahl­te ihm die sich dar­aus er­ge­ben­de Net­to­ar­beits­vergütung nach. Die wei­ter­ge­hen­den Ansprüche lehn­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 8. Ju­ni 2004 un­ter Hin­weis auf die ta­rif­li­chen Aus­schluss­fris­ten ab. Im MTV ist be­stimmt:
„...

§ 24
Aus­schluss­fris­ten


(1) Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis können nur in­ner­halb ei­ner Aus­schluss­frist von drei Mo­na­ten vom Fällig­keits­ta­ge ab gel­tend ge­macht wer­den.
 


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(2) Wenn Ansprüche schrift­lich ab­ge­lehnt wer­den, sind sie in­ner­halb ei­ner wei­te­ren Frist von drei Mo­na­ten im Kla­ge­we­ge gel­tend zu ma­chen.
...“


Mit sei­ner am 9. Ju­li 2004 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat der Kläger die Zah­lung von An­nah­me­ver­zugs­vergütung für die Zeit vom 1. April 2003 bis zum 12. Ja­nu­ar 2004 be­gehrt. Im ers­ten Rechts­zug hat die Be­klag­te Ansprüche für die Zeit vom 1. bis zum 12. Ja­nu­ar 2004 an­er­kannt.


Der Kläger hat - so­weit für die Re­vi­si­on noch von Be­deu­tung - be­an­tragt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 32.341,91 Eu­ro brut­to abzüglich er­hal­te­nen Ar­beits­lo­sen­gelds in Höhe von 14.349,50 Eu­ro net­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins in ge­staf­fel­ter Höhe zu zah­len.


Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat gel­tend ge­macht, die er­ho­be­nen Ansprüche sei­en ver­fal­len.


Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge in dem in der Re­vi­si­on noch anhängi­gen Um­fang statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge in­so­weit ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sein Zah­lungs­be­geh­ren wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on ist nicht be­gründet. Der Kläger kann von der Be­klag­ten nicht die Zah­lung der be­gehr­ten An­nah­me­ver­zugs­vergütung ver­lan­gen.

I. Die vom Kläger er­ho­be­nen Ansprüche auf An­nah­me­ver­zugs­vergütung sind gemäß § 611 iVm. § 615 Satz 1 BGB ent­stan­den. Die Be­klag­te ist durch die un­wirk­sa­me Kündi­gung vom 10. De­zem­ber 2002 nach Ab­lauf der Kündi­gungs­frist am 31. März 2003 ab dem 1. April 2003 in An­nah­me­ver­zug ge­ra­ten. Der An­nah­me­ver­zug hat mit der Ar­beits­auf­nah­me des Klägers An­fang Mai 2004 ge­en­det.

II. Die ent­stan­de­nen An­nah­me­ver­zugs­ansprüche sind in Höhe der noch anhängi­gen Kla­ge­for­de­rung gem. § 24 MTV ver­fal­len.
 


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1. Die Aus­schluss­frist un­ter­liegt gem. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht der In­halts­kon­trol­le nach §§ 307 ff. BGB, weil sie in dem auf das Ar­beits­verhält­nis kraft Be­zug­nah­me im Ar­beits­ver­trag an­wend­ba­ren Haus­ta­rif­ver­trag der Be­klag­ten ent­hal­ten ist.

2. Der Kläger hat mit sei­ner im Vor­pro­zess er­ho­be­nen Kündi­gungs­schutz­kla­ge die streit­ge­genständ­li­chen Ansprüche auf An­nah­me­ver­zugs­vergütung iSv. § 24 Abs. 1 MTV außer­ge­richt­lich gel­tend ge­macht.

a) Die Kündi­gungs­schutz­kla­ge be­inhal­tet die wirk­sa­me Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen aus An­nah­me­ver­zug, wenn die Ver­fall­klau­sel nur die Gel­tend­ma­chung der Ansprüche for­dert. Da­bei wird nicht zwi­schen form­lo­sem und schrift­li­chem Ver­lan­gen un­ter­schie­den (BAG 9. Au­gust 1990 - 2 AZR 579/89 - AP BGB § 615 Nr. 46 = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 88, zu B II 2 a der Gründe; 7. No­vem­ber 1991 - 2 AZR 34/91 - AP TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 114 = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 93, zu B II 2 a aa der Gründe; 11. De­zem­ber 2001 - 9 AZR 510/00 - EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 145, zu II 1 a der Gründe; 10. Ju­li 2003 - 6 AZR 283/02 - EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 168, zu 6 der Gründe). Das Ge­samt­ziel der Kündi­gungs-schutz­kla­ge ist in der Re­gel nicht auf den Er­halt des Ar­beits­plat­zes be­schränkt, son­dern zu­gleich auch auf die Si­che­rung der Ansprüche ge­rich­tet, die durch den Ver­lust der Ar­beits­stel­le mögli­cher­wei­se ver­lo­ren­ge­hen. Mit der Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs-schutz­kla­ge ist der Ar­beit­ge­ber aus­rei­chend vom Wil­len des Ar­beit­neh­mers un­ter­rich­tet, die durch die Kündi­gung be­droh­ten Ein­zel­ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis auf­recht­zu­er­hal­ten (BAG 7. No­vem­ber 1991 - 2 AZR 34/91 - aaO; 13. Fe­bru­ar 2003 - 8 AZR 236/02 - AP BGB § 613a Nr. 244 = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 162, zu II 1 der Gründe; 10. Ju­li 2003 - 6 AZR 283/02 - aaO).


b) Rich­tet sich der gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Geld, ist die Kündi­gungs­schutz­kla­ge al­ler­dings nicht ge­eig­net, ei­ne Aus­schluss­frist zu wah­ren, mit der die ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen ver­langt wird. Die ge­richt­li­che Ver­fol­gung von Vergütungs­ansprüchen setzt die Ein­rei­chung ei­ner Kla­ge vor­aus, de­ren Streit­ge­gen­stand die­se Ansprüche sind. Ge­gen­stand ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist dem­ge­genüber die Wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung. Sie enthält auch dann kei­ne ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung von Zah­lungs­ansprüchen, wenn die­se vom Be­ste­hen des Ar­beits­verhält­nis­ses abhängen (BAG 8. Au­gust 2000 - 9 AZR 418/99 - AP TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 151 = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 133, zu I 2 a der Gründe; 21. März 1991 - 2 AZR 577/90 - AP BGB § 615 Nr. 49 = EzA BGB § 615 Nr. 68, zu II 3 a der

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Gründe; 8. Au­gust 1985 - 2 AZR 459/84 - AP TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 94 = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 69). Mit der Kündi­gungs­schutz­kla­ge hat der Kläger sei­ne Ansprüche da­her nicht iSv. § 24 Abs. 2 MTV ge­richt­lich gel­tend ge­macht.

3. Die Be­klag­te hat mit dem im Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren in der Kla­ge­er­wi­de­rung vom 4. März 2003 an­gekündig­ten Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Ansprüche auf An­nah­me­ver­zugs­vergütung schrift­lich ab­ge­lehnt (§ 24 Abs. 2 MTV).

a) Der vom Ar­beit­ge­ber vor der An­trag­stel­lung im Kündi­gungs­schutz­pro­zess schriftsätz­lich an­gekündig­te und dem Ar­beit­neh­mer bzw. sei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten zu­ge­gan­ge­ne Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag stellt ei­ne schrift­li­che Ab­leh­nung der mit der Kündi­gungs­schutz­kla­ge vom Ar­beit­neh­mer gel­tend ge­mach­ten Vergütungs­ansprüche dar. Ei­ne aus­drück­li­che schrift­li­che Ab­leh­nungs­erklärung ist nicht er­for­der­lich, wenn die Ver­fall­klau­sel nur ei­ne schrift­li­che Ab­leh­nung ver­langt (BAG 20. März 1986 - 2 AZR 295/85 - EzA BGB § 615 Nr. 48, zu B II 2 b der Gründe). Eben­so wie der Ar­beit­ge­ber ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ent­neh­men muss, dass der Ar­beit­neh­mer Zah­lungs­ansprüche, die sich aus dem fort­be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis er­ge­ben, gel­tend ma­chen will, hat der Ar­beit­neh­mer den Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag da­hin zu ver­ste­hen, dass der Ar­beit­ge­ber die­se Ansprüche zurück­weist und ih­re Erfüllung ab­lehnt. Mit dem Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag macht der Ar­beit­ge­ber hin­rei­chend deut­lich, dass er ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers die Kündi­gung für wirk­sam hält und von ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch die Kündi­gung aus­geht. Da­mit lehnt er zu­gleich die mit der Kündi­gungs­schutz­kla­ge vom Ar­beit­neh­mer gel­tend ge­mach­ten Ent­gelt­ansprüche ab, die vom Fort­be­ste­hen des Ar­beits­verhält­nis­ses abhängen. Der Zweck von Aus­schluss­fris­ten, über das Be­ste­hen von Ansprüchen nach Frist­ab­lauf nicht mehr strei­ten zu müssen, be­steht für bei­de Ver­trags­par­tei­en in glei­cher Wei­se. Der je­wei­li­ge Schuld­ner soll sich dar­auf ver­las­sen können, dass nach Ab­lauf der Aus­schluss­frist ge­gen ihn kei­ne Ansprüche mehr er­ho­ben wer­den (Se­nat 14. Au­gust 2002 - 5 AZR 341/01 - BA­GE 102, 161, 164, zu II 2 b bb der Gründe; ErfK/Preis 6. Aufl. §§ 194 bis 218 BGB Rn. 32; Wank in Wie­de­mann 6. Aufl. § 4 TVG Rn. 721). Der Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag genügt al­ler­dings dann nicht, wenn die Ver­fall­klau­sel ei­ne „aus­drück­li­che“ schrift­li­che Ab­leh­nungs­erklärung for­dert (Se­nat 4. Mai 1977 - 5 AZR 187/76 - BA­GE 29, 152, 156 f., zu 2 b der Gründe).
 


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b) Der schriftsätz­lich an­gekündig­te Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers im Kündi­gungs­schutz­pro­zess genügt dem in Aus­schluss­klau­seln ent­hal­te­nen Schrift­for­mer­for­der­nis für die Ab­leh­nung. Die Erklärung, mit der gel­tend ge­mach­te Ansprüche ab­ge­lehnt wer­den, ist eben­so wie die Gel­tend­ma­chung kei­ne Wil­lens­erklärung, son­dern ei­ne geschäftsähn­li­che Hand­lung. Hier­auf fin­den die Vor­schrif­ten über Wil­lens­erklärun­gen nur ent­spre­chend ih­rer Ei­gen­art ana­lo­ge An­wen­dung (Se­nat 14. Au­gust 2002 - 5 AZR 341/01 - BA­GE 102, 161, 163 f., zu II 2 b aa der Gründe; 26. Fe­bru­ar 2003 - 5 AZR 223/02 - BA­GE 105, 181, 184, zu II 3 a der Gründe). Der Zweck der Schrift­form für die Gel­tend­ma­chung und Ab­leh­nung von An­nah­me­ver­zugs­ansprüchen er­for­dert nicht die Wie­der­ga­be der Ori­gi­nal­un­ter­schrift des An­spruch­stel­lers bzw. An­spruch­geg­ners oder des be­vollmäch­tig­ten Ver­tre­ters in dem not­wen­di­gen Schrei­ben. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass der schrift­li­chen Erklärung die Er­he­bung bzw. Zurück­wei­sung be­stimm­ter Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis durch Le­sen ei­ner text­li­chen Nach­richt ent­nom­men wer­den kann (Se­nat 11. Ok­to­ber 2000 - 5 AZR 313/99 - BA­GE 96, 28, 32, zu II 2 c der Gründe, zur Gel­tend­ma­chung). Da­mit wird der Be­weis- und Warn­funk­ti­on des Schrift­for­mer­for­der­nis­ses für die Gel­tend­ma­chung und Zurück­wei­sung von Ansprüchen genügt. Lässt der Ar­beit­neh­mer die Kündi­gungs­schutz­kla­ge durch ei­nen Be­vollmäch­tig­ten er­he­ben und macht er da­mit sei­ne Ansprüche aus An­nah­me­ver­zug gel­tend, ist der Ver­tre­ter zu­gleich be­vollmäch­tigt, die Ab­leh­nungs­erklärung des Ar­beit­ge­bers ent­ge­gen­zu­neh­men.

c) Die Be­klag­te hat im Kündi­gungs­schutz­pro­zess mit der Kla­ge­er­wi­de­rung vom 4. März 2003 aus­drück­lich Ab­wei­sung der Kla­ge be­an­tragt und da­mit zu­gleich die vom Kläger mit der Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­be­nen Ansprüche auf An­nah­me­ver­zugs­vergütung schrift­lich iSv. § 24 Abs. 2 MTV ab­ge­lehnt. Die Kla­ge­er­wi­de­rung der Be­klag­ten wur­de dem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Klägers vom Ar­beits­ge­richt am 7. März 2003 zu­ge­lei­tet. Der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te des Klägers hat den Schrift­satz der Be­klag­ten vor sei­nem Frist­verlänge­rungs­an­trag vom 26. März 2003, mit dem er we­gen des Um­fangs der Kla­ge­er­wi­de­rung ei­ne Verlänge­rung der Er­wi­de­rungs­frist be­gehrt hat, er­hal­ten. Mit Zu­gang der im Schrift­satz der Be­klag­ten vom 4. März 2003 ent­hal­te­nen Ab­leh­nung der gel­tend ge­mach­ten Ansprüche auf An­nah­me­ver­zugs­vergütung be­gann für den Kläger die Frist von drei Mo­na­ten zur ge­richt­li­chen Gel­tend­ma­chung zu lau­fen. Die­se Frist war zum Zeit­punkt des Ein­gangs der vor­lie­gen­den Zah­lungs­kla­ge beim Ar­beits­ge­richt am 9. Ju­li 2004 für die noch streit­ge­genständ­li­chen Ansprüche ver­stri­chen. Die er­ho­be­nen An­nah­me­ver­zugs­ansprüche sind des­halb ver­fal­len.
 


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4. So­weit der Neun­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts im Ur­teil vom 11. De­zem­ber 2001 (- 9 AZR 510/00 - EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 145) die Auf­fas­sung ver­tre­ten hat, durch den Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers im Kündi­gungs­rechts­streit wer­de bei ei­ner zwei­stu­fi­gen Aus­schluss­frist die Kla­ge­frist nicht in Lauf ge­setzt, wenn hierfür die schrift­li­che Ab­leh­nung der Ansprüche we­gen An­nah­me­ver­zugs er­for­der­lich sei, wird hier­an nicht fest­ge­hal­ten. Der Se­nat schließt sich viel­mehr der zu­vor vom Zwei­ten Se­nat ver­tre­te­nen Auf­fas­sung an (20. März 1986 - 2 AZR 295/85 - EzA BGB § 615 Nr. 48, zu B II 2 b der Gründe).


5. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne An­ru­fung des Großen Se­nats nach § 45 Abs. 3 ArbGG lie­gen nicht vor.


a) Die ent­schei­den­de Rechts­fra­ge ist, ob der Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag in ei­nem Kündi­gungs­schutz­pro­zess zu­gleich die schrift­li­che Ab­leh­nung zu­vor vom Ar­beit­neh­mer mit der Kündi­gungs­schutz­kla­ge gel­tend ge­mach­ter Vergütungs­ansprüche dar­stellt, de­ren Be­ste­hen von ei­nem Ob­sie­gen des Ar­beit­neh­mers im Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren abhängt. Sol­che Ansprüche be­ru­hen auf dem An­nah­me­ver­zug des Ar­beit­ge­bers. Für Fra­gen des An­nah­me­ver­zugs ist der Neun­te Se­nat nicht mehr zuständig, son­dern gem. Tz. 5.1.5 Geschäfts­ver­tei­lungs­plan 2006 (GVP 2006) al­lein der er­ken­nen­de Se­nat.


b) So­weit der Neun­te Se­nat gem. Tz. 9.1 GVP 2006 für die Rechts­ge­bie­te Er­ho­lungs-, Bil­dungs-, Son­der- und Er­zie­hungs­ur­laub/El­tern­zeit zuständig ist, gel­ten nach der Recht­spre­chung des Neun­ten Se­nats Be­son­der­hei­ten. In ei­ner Kündi­gungs­schutz-kla­ge ist da­nach nicht die Gel­tend­ma­chung von Ur­laubs­ansprüchen ent­hal­ten. Auch im gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis ob­lie­ge es dem Ar­beit­neh­mer, die für die Fest­le­gung des Ur­laubs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG maßgeb­li­chen Ur­laubswünsche zu äußern (21. Sep­tem­ber 1999 - 9 AZR 705/98 - BA­GE 92, 299, 301 f., zu I 2 b und c der Gründe). Sind Ur­laubs­ansprüche nach Maßga­be die­ser An­for­de­run­gen gel­tend ge­macht, wird da­mit auch ei­ne ta­rif­li­che Aus­schluss­frist ge­wahrt, wel­che die schrift­li­che Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen ver­langt (zu ta­rif­li­chen Aus­schluss­fris­ten und Ur­laubs­ansprüchen vgl. BAG 25. Au­gust 1992 - 9 AZR 329/91 - AP BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 60 = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 101). Ei­ne schrift­li­che Mah­nung des Ar­beit­neh­mers, ihm Ur­laub zu gewähren, wahrt ta­rif­li­che Aus­schluss­fris­ten auch für den nach Ab­lauf des Ur­laubs­jah­res oder des Über­tra­gungs­zeit­rau­mes ent­ste­hen­den Scha­dens­er­satz­an­spruch, der ent­we­der auf Gewährung von Ur­laub (Er­satz­ur­laubsan-
 


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spruch) oder auf Zah­lung ge­rich­tet ist (BAG 24. No­vem­ber 1992 - 9 AZR 549/91 - AP BUrlG § 1 Nr. 23 = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 102, zu 6 der Gründe). Ent­spre­chen­des gilt für den Ab­gel­tungs­an­spruch (BAG 16. März 1999 - 9 AZR 428/98 - AP BUrlG § 7 Über­tra­gung Nr. 25 = EzA BUrlG § 7 Nr. 107, zu II 3 der Gründe). Ist nach der Recht­spre­chung des Neun­ten Se­nats zur Wah­rung von Aus­schluss­fris­ten für Ur­laubs­ansprüche ei­ne aus­drück­li­che Gel­tend­ma­chung der Ansprüche er­for­der­lich, kann dem­ent­spre­chend auch ei­ne aus­drück­li­che Ab­leh­nung der Ansprüche ver­langt wer­den. We­gen der vom Neun­ten Se­nat be­ton­ten Be­son­der­hei­ten des Ur­laubs­an­spruchs können die­se Grundsätze je­doch nicht auf An­nah­me­ver­zugs­ansprüche über­tra­gen wer­den.

III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen. 


Müller-Glöge 

Mi­kosch 

Linck

Müller 

St­ein­mann

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