HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

ArbG Ber­lin, Ur­teil vom 29.03.2011, 50 Ca 13388/10

   
Schlagworte: Betäubungsmittelgesetz, Kündigung, Polizist
   
Gericht: Arbeitsgericht Berlin
Aktenzeichen: 50 Ca 13388/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 29.03.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Ar­beits­ge­richt Ber­lin
Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)
50 Ca 13388/10
 

Verkündet

am 29.03.2011


P.
Ge­richts­beschäftig­te/r
als Ur­kunds­be­am­ter/in
der Geschäfts­stel­le
 


Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil


In Sa­chen
 

pp.


hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin, 50. Kam­mer, auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 29.03.2011
durch die Rich­te­rin am Ar­beits­ge­richt Dr. B. als Vor­sit­zen­de
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Frau F. und Herr R.
für Recht er­kannt:


I.
Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.


II.
Die Kos­ten des Rechts­streits hat der Kläger zu tra­gen.


III.
Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird auf 7.500,00 EUR fest­ge­setzt.

 

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Tat­be­stand


Mit sei­ner Kla­ge wen­det sich der Kläger ge­gen ei­ne frist­gemäße Kündi­gung.

Der am ….1969 ge­bo­re­ne, le­di­ge Kläger ist seit 19.10.2001 beim be­klag­ten Land, das mehr als zehn Ar­beit­neh­mer beschäftigt, als An­ge­stell­ter des Zen­tra­len Ob­jekt­schut­zes ge­gen ein mo­nat­li­ches Brut­to­ent­gelt von ca. 2.500 Eu­ro tätig.

Un­ter dem 1.10.2009 er­ließ das Amts­ge­richt N. ei­nen Durch­su­chungs­be­schluss be­tref­fend die Woh­nung des Klägers. Zur Be­gründung wird aus­geführt, die­ser ha­be im Zeit­raum vom 20.2.2008 – 22.4.2009 in 5 Fällen ins­ge­samt 11250 ml GBL (Gam­ma-Bu­ty­rol­ak­ton) be­zo­gen. Un­ter Berück­sich­ti­gung der Tat­sa­che, dass ei­ne Kon­su­mein­heit GBL, das auch un­ter dem Na­men „Li­quid Ec­sta­sy“ bzw. „KO-Trop­fen“ be­kannt sei, zwi­schen 2 ml und 5 ml be­tra­ge, sei da­von aus­zu­ge­hen, dass GBL zum Ver­kauf vorrätig ge­hal­ten wer­de. Dies sei als un­er­laub­tes In­ver­kehr­brin­gen be­denk­li­cher Arz­nei­mit­tel gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG, 53 StGB straf­bar.

Am 13.1.2010 durch­such­te die Po­li­zei die Woh­nung des Klägers. Hier­bei wur­den ne­ben ver­schie­de­nen Fla­schen GBL Uten­si­li­en zur Her­stel­lung von GHB (Gam­ma-Hy­droxy­but­tersäure) - Na­tri­um­hy­droxid, In­di­ka­tor­pa­pier, An­lei­tung zu zur Her­stel­lung von GHB – ge­fun­den. Der Kläger, der sich nach dem Un­ter­su­chungs­pro­to­koll bei der Un­ter­su­chung sehr ko­ope­ra­tiv ver­hielt, erklärte, dass sich in den ecki­gen Kunst­stoff­fla­schen be­reits um­ge­wan­del­tes GHB be­fin­de. Dies wur­de durch ei­ne Un­ter­su­chung des Lan­des­kri­mi­nal­am­tes bestätigt.

Das be­klag­te Land ver­setz­te den Kläger nach Kennt­nis von den Vorwürfen in den In­nen­dienst in die Ak­ten­sam­mel­stel­le. Nach ei­nem Dro­gen­scree­ning oh­ne Be­fund wur­de der Kläger ab 24.5.2010 zunächst wie­der mit Dienst­waf­fe im Ob­jekt­schutz, ein­ge­setzt.

Un­ter dem 22.6.2010 er­hob die Staats­an­walt­schaft An­kla­ge mit dem Vor­wurf ei­nes gem. §§ 1 Abs. 1 i.V.m. An­la­ge III, 3 Abs. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2, 33 BtMG straf­ba­ren Ver­bre­chens. Der Kläger ha­be 11.250 ml GBL der Mar­ke „Mas­ter Ex“ be­zo­gen, durch Zu­ga­be von Na­tri­um­hy­droxid GHB her­ge­stellt und am 13.1.2010 noch über 328 ml 4-Hy­droxy­but­tersäure mit ei­ner Ge­samt­men­ge von 266,1 g GHB-Na­tri­um­salz

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verfügt, wo­bei er ge­wusst ha­be, dass er nicht über die zum Her­stel­len von Betäubungs­mit­teln er­for­der­li­che Er­laub­nis verfüge.

Die Dis­zi­pli­narstel­le des be­klag­ten Lan­des er­hielt am 30.6.2010 ei­ne Ko­pie der An­kla­ge­schrift. Mit Schrei­ben vom 6.7.2010, dem Kläger aus­gehändigt am 14.7.2010 teil­te das be­klag­te Land dem Kläger un­ter Ver­weis auf das Er­mitt­lungs­ver­fah­ren und die An­kla­ge mit, es be­ste­he der be­gründe­te Ver­dacht der un­er­laub­ten Her­stel­lung von Betäubungs­mit­teln in nicht ge­rin­ger Men­ge. Auf­grund die­ses Ver­dach­tes könne die wei­te­re Beschäfti­gung als An­ge­stell­ter der B. P. im Hin­blick auf die Wir­kung des Betäubungs­mit­tels und den mit dem Führen ei­ner Schuss­waf­fe ver­bun­de­nen Dienst un­zu­mut­bar sein. Im Hin­blick auf die Auf­ga­ben­stel­lung der Po­li­zei und die An­for­de­run­gen an die An­gehöri­gen die­ser Behörde könne der Ver­dacht der zur Last ge­leg­ten straf­ba­ren Hand­lung ei­nen Man­gel an persönli­cher Eig­nung für ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung be­gründen. Der Kläger er­hal­te Ge­le­gen­heit, sich in­ner­halb von 7 Ta­gen zur be­ab­sich­tig­ten Ver­dachtskündi­gung zu äußern.

Mit Schrei­ben vom 19.7.2010 teil­te der den Kläger ver­tre­ten­de Rechts­an­walt mit, ei­ne Ver­dachtskündi­gung schei­te­re an § 626 Abs. 2 S.1 BGB, da die maßge­ben­den Tat­sa­chen be­reits länger be­kannt sei­en. Ei­ne An­kla­ge der Staats­an­walt­schaft sei nicht be­kannt.

Ab 19.7.2010 setz­te das be­klag­te Land den Kläger wie­der in der Ak­ten­sam­mel­stel­le ein.

Mit Schrei­ben vom 22.7.2010, beim Per­so­nal­rat ein­ge­gan­gen am 4.8.2010 bat das be­klag­te Land un­ter Beifügung ei­nes Kündi­gungs­ent­wurfs mit Schil­de­rung des Sach­ver­halts und un­ter An­ga­be der So­zi­al­da­ten des Klägers den Per­so­nal­rat un­ter Beifügung des Vor­gangs um Zu­stim­mung zur be­ab­sich­tig­ten or­dent­li­chen Ver­dachtskündi­gung, gemäß Kündi­gungs­ent­wurf frist­gemäß zum 31.12.2010. Der Per­so­nal­rat stimm­te un­ter dem 11.8.2010 zu.

Die eben­falls an­gehörte Frau­en­ver­tre­te­rin erklärte un­ter dem 30.7.2010 ihr Ein­verständ­nis mit der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung.

Mit Schrei­ben vom 13.8.2010 erklärte das be­klag­te Land die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 31.12.2010.

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Mit sei­ner am 2.9.2010 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­nen, dem be­klag­ten Land am 8.9.2010 zu­ge­stell­ten Kla­ge macht der Kläger die Un­wirk­sam­keit die­ser Kündi­gung gel­tend.

Der Be­klag­te be­ru­fe sich aus­sch­ließlich auf ein außer­dienst­li­ches Ver­hal­ten. Ein sol­ches sei nur ge­eig­net, ei­ne Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen, wenn die­ses in un­mit­tel­ba­ren Wi­der­spruch zu der Auf­ga­be der Beschäfti­gungs­behörde ste­he. Die Her­stel­lung von Betäubungs­mit­teln ste­he je­doch nicht zwin­gend im un­mit­tel­ba­ren Wi­der­spruch zu der Auf­ga­be ei­ner Po­li­zei­behörde. Grund­vor­aus­set­zung für die Be­acht­lich­keit außer­dienst­li­cher Straf­ta­ten sei ein ge­wis­ses Ge­wicht. Al­lein aus der Tat­sa­che, dass der Po­li­zei die Wah­rung der öffent­li­chen Si­cher­heit und Ord­nung ob­lie­ge, könne nicht der Schluss ge­zo­gen wer­den, je­des straf­ba­re Ver­hal­ten ste­he im Wi­der­spruch zu den Auf­ga­ben der Po­li­zei. So­weit ein straf­ba­res Ver­hal­ten kei­ne Außen­wir­kung zei­ge, schla­ge es auch nicht auf das In­di­vi­dual­ar­beits­verhält­nis durch.

Zu­dem ge­he sei­ne Tätig­keit im Ob­jekt­schutz re­gelmäßig mit we­nig Außen­kon­takt ein­her. In­so­fern un­ter­schei­de sich sei­ne Auf­ga­be von der des Po­li­zei­voll­zugs-diens­tes. Er sei als Wach­po­li­zist vor­nehm­lich im Ob­jekt­schutz für Bot­schaf­ten und sons­ti­ge öffent­li­che Gebäude ein­ge­setzt wor­den und ha­be bei ei­nem Ein­satz im Ob­jekt­schutz ei­ne Waf­fe mit­geführt. Über ei­nem Po­li­zei­be­am­ten ver­gleich­ba­re Be­fug­nis­se verfüge er nicht.


Es tref­fe nicht zu, dass er sich aus an­geb­lich be­stell­tem GBL GHB zum tägli­chen Ei­gen­kon­sum her­ge­stellt ha­be. GBL wer­de in­dus­tri­ell in großen Men­gen her­ge­stellt und wer­de als Wirk­stoff in Rei­ni­gungs- und Lösungs­mit­teln ein­ge­setzt. Wer­de GBL oral ein­ge­nom­men, wand­le es sich mit ei­ner Halb­werts­zeit von we­ni­ger als ei­ner Mi­nu­te in GHB um. Die phar­ma­ko­lo­gi­sche Wir­kung von GBL ent­spre­che da­her der­je­ni­gen von GHB, sie tre­te al­ler­dings, da GBL im Körper bes­ser re­sor­biert wer­de, schnel­ler ein. Nach rechts­me­di­zi­ni­scher Einschätzung führe ei­ne Ein­zel­do­sis von 10 ml GBL si­cher zum Tod. Die Sub­stanz GHB wer­de in der für Anästhe­sie­zwe­cke ver­wen­de­ten In­jek­ti­onslösung Som­sa­nit und in dem Me­di­ka­ment Xy­rem zur Be­hand­lung von Schlafstörun­gen ein­ge­setzt. Die Men­ge an GHB sei zu­dem ge­ring, selbst wenn man mit der Recht­spre­chung des Land­ge­richts Würz­burg fol­ge, wer­de die Gren­ze ei­ner ge­rin­gen Men­ge – 200 mg GHB – nur ge­ringfügig über­schrit­ten.

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Er sei ursprüng­lich nicht ge­willt ge­we­sen, aus GBL GHB her­zu­stel­len. Auf die­se Möglich­keit sei er von ei­ner flüch­ti­gen Be­kann­ten hin­ge­wie­sen wor­den. Er ha­be erst dar­auf­hin die not­wen­di­gen Uten­si­li­en be­sorgt und die Her­stel­lung ein ein­zi­ges Mal aus­pro­biert. Hier­zu sei er erst seit dem 20.11.2009, dem Da­tum der Syn­the­se-An­lei­tung aus dem In­ter­net, in der La­ge ge­we­sen. Er ha­be kein GHB in den Ver­kehr ge­bracht. Auf das vor­ge­fun­de­ne GBL sei nicht zum Ver­kauf be­stimmt ge­we­sen. Auf den Be­sitz von GBL kom­me es oh­ne­hin nicht an, da die­ses nicht un­ter das Betäubungs­mit­tel­ge­setz fal­le.

Die Vorwürfe sei­en oh­ne vor­her­ge­hen­de Ab­mah­nung nicht ge­eig­net, ei­ne Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen. Hierfür spre­che auch der wei­te­re Ein­satz, auch im Ob­jekt­schutz, nach Kennt­nis von den Vorwürfen. Es sei wi­dersprüchlich, wenn sich der Be­klag­te jetzt dar­auf be­ru­fe, die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses sei nicht zu­mut­bar. Er ha­be bis zum Zu­gang der Kündi­gung dar­auf ver­traut, dass er sich er­neut bewähren könne und sei um­so über­rasch­ter ge­we­sen, als er dann die Kündi­gung er­hal­ten ha­be. Je­den­falls der wei­te­re Ein­satz in der Ak­ten­sam­mel­stel­le, d.h. oh­ne Außen­kon­takt sei oh­ne wei­te­res möglich und zu­mut­bar.

Der Per­so­nal­rat sei nicht ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den. Die Kündi­gungs­frist sei nicht mit­ge­teilt wor­den. Zu­dem könne sich der Per­so­nal­rat kein un­vor­ein­ge­nom­me­nes Bild der zu­grun­de lie­gen­den Tat­sa­chen ma­chen, wenn wie hier be­reits ein Kündi­gungs­ent­wurf bei­gefügt wer­de. Be­gründung für die Kündi­gung aus­weis­lich des Kündi­gungs­schrei­bens und ent­spre­chend auch der Mit­tei­lung an den Per­so­nal­rat sei der Ver­dacht des Kon­sums von GHB. Der schlich­te Be­sitz ei­nes Betäubungs­mit­tels recht­fer­ti­ge aber nicht den Schluss, das Betäubungs­mit­tel wer­de auch kon­su­miert. Der Be­klag­te ha­be auch kei­ner­lei An­halts­punk­te für ei­nen Ver­dacht, er ha­be un­ter Ein­fluss von GHB ge­ar­bei­tet; dies wer­de durch die sämt­lich ne­ga­ti­ven Dro­gen­scree­nings bestätigt.

Der Kläger be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die Kündi­gung mit Schrei­ben vom 13.8.2010 nicht auf­gelöst wor­den ist,

hilfs­wei­se für den Fall des Ob­sie­gens mit die­sem An­trag,

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2. den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, den Kläger bis zur Rechts­kraft der Ent­schei­dung zu un­veränder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen als An­ge­stell­ter des Zen­tra­len Ob­jekt­schut­zes wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Das be­klag­te Land be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Es lie­ge ein per­so­nen­be­ding­ter Kündi­gungs­grund vor, wenn ein Ar­beit­neh­mer auf­grund des drin­gen­den Ver­dachts ei­ner schwer­wie­gen­den Ver­feh­lung die nöti­ge Glaubwürdig­keit für die wei­te­re Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses ver­lie­re. Hier lie­ge der drin­gen­de Ver­dacht der Her­stel­lung von Betäubungs­mit­teln oh­ne die dafür er­for­der­li­che Er­laub­nis vor. An­ge­sichts der auf­ge­fun­de­nen Uten­si­li­en und Stof­fe sei da­von aus­zu­ge­hen, dass der Kläger Betäubungs­mit­tel in nicht ge­rin­ger Men­ge un­er­laubt her­ge­stellt ha­be. Nach der straf­recht­li­chen Recht­spre­chung – LG Würz­burg, Urt. v. 13.1.2004, 232 Js 1185/03 - lie­ge die nicht ge­rin­ge Men­ge von GHB bei 200g Bu­ty­rat. Da­mit be­ste­he der drin­gen­de Ver­dacht ei­nes Ver­bre­chens. Der auf nach­weis­ba­re Tat­sa­chen gestütz­te Tat­vor­wurf stel­le ein schwe­res, für das Ar­beits­verhält­nis we­sent­li­ches Fehl­ver­hal­ten dar. Gemäß dem zum Zeit­punkt der Kündi­gung gel­ten­den § 8 BAT müsse sich der An­ge­stell­te auch außer­dienst­lich so ver­hal­ten, dass das An­se­hen sei­nes Ar­beit­ge­bers nicht be­ein­träch­tigt wer­de. Wer­de ein An­ge­stell­ter der Po­li­zei verdäch­tigt, ein Ver­bre­chen be­gan­gen zu ha­ben, ste­he dies der ur­ei­ge­nen Auf­ga­be der Po­li­zei ent­ge­gen und sei ge­eig­net, das An­se­hen zu schädi­gen. Auch tref­fe es nicht zu, dass der Kläger kei­ne ho­heit­li­chen Ein­griffs­be­fug­nis­se ha­be. Viel­mehr sei­en den An­gehöri­gen der Wach­po­li­zei gemäß § 3 der Ver­ord­nung über die Wahr­neh­mung be­stimm­ter po­li­zei­li­cher Auf­ga­ben durch die Dienst­kräfte der Po­li­zei um­fas­sen­de po­li­zei­li­che Be­fug­nis­se ein­geräumt. Ei­ne Ab­mah­nung sei nicht er­for­der­lich. Auf et­wai­ge an­der­wei­ti­ge Ein­satzmöglich­kei­ten kom­me es nicht an, da der Ver­dacht ei­ner vorsätz­li­chen Straf­tat je­dem Ein­satz im Po­li­zei­dienst ent­ge­gen­ste­he. Die er­for­der­li­che vor­he­ri­ge Anhörung des Klägers sei er­folgt, ha­be aber zu kei­nen er­heb­li­chen Einwänden geführt. Im Rah­men der vor­zu­neh­men­den In­ter­es­sen­abwägung über­wie­ge das Tren­nungs­in­ter­es­se.

Zwi­schen­zeit­lich sei der Kläger auf­grund der An­kla­ge vom Schöffen­ge­richt zu ei­ner Frei­heits­stra­fe von 1,5 Jah­ren ver­ur­teilt wor­den, die zur Bewährung aus­ge­setzt wor­den sei. Das Ur­teil sei nicht rechts­kräftig.

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Der Per­so­nal­rat sei ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den. Ins­be­son­de­re sei die maßgeb­li­che Kündi­gungs­frist mit­ge­teilt wor­den, da die­se in dem über­mit­tel­ten Kündi­gungs­ent­wurf ent­hal­ten sei.

Hin­sicht­lich des wei­te­ren Sach- und Rechts­vor­tra­ges wird auf die Schriftsätze der Par­tei­en nebst An­la­gen Be­zug ge­nom­men.

 

Ent­schei­dungs­gründe

I.

Der An­trag zu 1) ist zulässig.

Das gem. § 256 ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se er­gibt sich dar­aus, dass § 4 KSchG ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge vor­sieht.

II.

Der An­trag zu 1) ist nicht be­gründet.

Die Kündi­gung vom 13.8.2010 ist wirk­sam, weil ein Kündi­gungs­grund im Sin­ne des § 1 Abs. 1, 2 KSchG vor­liegt und der beim Be­klag­ten be­ste­hen­de Per­so­nal­rat vor Aus­spruch der Kündi­gung an­gehört wur­de und die­ser zu­ge­stimmt hat. Dies ist zu prüfen, weil der Kläger mit sei­ner am 2.9.2010 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge die Frist gem. § 4 KSchG ge­wahrt hat.

1.

Die Kündi­gung ist nicht so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt, weil ein Kündi­gungs­grund im Sin­ne des gem. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG an­wend­ba­ren § 1 Abs. 2 KSchG vor­liegt.

Mit der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Recht­fer­ti­gung ei­ner Kündi­gung durch außer­dienst­li­ches Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers ge­ne­rell ei­ne kon­kre­te Be­ein­träch­ti­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­aus­setzt. Hier­bei kann bei An­ge­stell­ten des öffent­li­chen Diens­tes die dienst­li­che Ver­wend­bar­keit durch außer­dienst­li­che Vorgänge be­ein­flusst wer­den, da die

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Öffent­lich­keit das Ver­hal­ten ei­nes öffent­li­chen Be­diens­te­ten an ei­nem stren­ge­ren Maßstab misst als das­je­ni­ge pri­vat Beschäftig­ter. Des­halb er­fasst § 8 Abs. 1 Satz 1 BAT, wo­nach sich der An­ge­stell­te so zu ver­hal­ten hat, wie es von An­gehöri­gen des öffent­li­chen Diens­tes er­war­tet wird, auch das außer­dienst­li­che Ver­hal­ten des An­ge­stell­ten. Er muss sich auch außer­dienst­lich so ver­hal­ten, dass das An­se­hen des öffent­li­chen Ar­beit­ge­bers nicht be­ein­träch­tigt wird. Der An­ge­stell­te des öffent­li­chen Diens­tes hat zwar das Recht, sein Pri­vat­le­ben so zu ge­stal­ten, wie es ihm be­liebt. Er hat je­doch auch außer­halb des Diens­tes die Rechts­ord­nung zu wah­ren. Außer­dienst­lich be­gan­ge­ne Straf­ta­ten sind je­den­falls dann zur Recht-fer­ti­gung ei­ner Kündi­gung ge­eig­net, wenn sie ein ge­wis­ses Ge­wicht ha­ben. Die Re­ak­ti­ons­be­fug­nis des öffent­li­chen Ar­beit­ge­bers auf außer­dienst­li­che Straf­ta­ten ist da­bei nicht auf sol­che Ver­hal­tens­wei­sen des An­ge­stell­ten be­schränkt, die ih­rer Art nach ge­eig­net sind, das Ver­trau­en des Ar­beit­ge­bers in die kor­rek­te Ar­beits­leis­tung zu erschüttern. Die Taug­lich­keit von An­ge­stell­ten im öffent­li­chen Dienst zur Er­brin­gung ih­rer Ar­beits­leis­tung kann nicht nur durch Störun­gen des Ver­trau­ens­verhält­nis­ses zwi­schen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en selbst be­ein­träch­tigt wer­den. Viel­mehr kommt es, da sie als Re­präsen­tan­ten des Staa­tes ge­genüber der Öffent­lich­keit auf­tre­ten - abhängig von der kon­kre­ten Dienst­funk­ti­on - auch auf ihr An­se­hen in der Öffent­lich­keit an (BAG, Urt. v. 21.6.2001, 2 AZR 325/00, AP Nr. 5 zu § 54 BAT, Rn. 17 m.w.N. zur Recht­spre­chung). Die­ser ins­be­son­de­re auch auf § 8 BAT be­ru­hen­de Maßstab für das außer­dienst­li­che Ver­hal­ten ei­nes Mit­ar­bei­ters des öffent­li­chen Diens­tes ist hier her­an­zu­zie­hen. Zwar kann die­ser Maßstab nach den Neu­re­ge­lun­gen des TV-L oh­ne ent­spre­chen­de Re­ge­lung nicht oh­ne wei­te­res her­an­ge­zo­gen wer­den (s. hier­zu BAG, Urt. v. 10.9.2011, 2 AZR 257/08, AP Nr 60 zu § 1 KSchG 1969 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung, al­ler­dings un­ter Hin­weis dar­auf, dass Straf­ta­ten ei­nes im öffent­li­chen Dienst mit ho­heit­li­chen Auf­ga­ben be­trau­ten Ar­beit­neh­mers grundsätz­lich auch dann zu ei­nem Eig­nungs­man­gel führen können, wenn sie außer­dienst­lich be­gan­gen wur­den und es an ei­nem un­mit­tel­ba­ren Be­zug zum Ar­beits­verhält­nis fehlt). Hier­auf kommt es je­doch nicht an, da zum maßgeb­li­chen Zeit­punkt des Zu­gangs der Kündi­gung der BAT in Ber­lin noch nicht durch den TV-L ab­gelöst wor­den war und § 8 BAT gemäß der übli­chen ar­beits­ver­trag­li­chen Be­zug­nah­me auf die maßgeb­li­chen Ta­rif­verträge auf das Ar­beits­verhält­nis des Klägers An­wen­dung fand.

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Hier liegt der drin­gen­de Ver­dacht ei­ner außer­dienst­lich be­gan­ge­nen Straf­tat vor, die ein ge­wis­ses Ge­wicht hat und ge­eig­net ist, die Taug­lich­keit des Klägers als Mit­ar­bei­ter der Po­li­zei in die­sem Sin­ne zu be­ein­träch­ti­gen.

Mit der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist da­von aus­zu­ge­hen, dass nicht nur ei­ne er­wie­se­ne Pflicht­ver­let­zung, son­dern be­reits der Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung ein Kündi­gungs­grund sein kann, wo­bei ei­ne Ver­dachtskündi­gung nur in Be­tracht, wenn drin­gen­de, auf ob­jek­ti­ven Tat­sa­chen be­ru­hen­de schwer­wie­gen­de Ver­dachts­mo­men­te vor­lie­gen und die­se ge­eig­net sind, das für die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en bei ei­nem verständi­gen und ge­recht abwägen­den Ar­beit­ge­ber zu zerstören und der Ar­beit­ge­ber al­le zu­mut­ba­ren An­stren­gun­gen zur Aufklärung des Sach­ver­halts un­ter­nom­men hat, ins­be­son­de­re dem Ar­beit­neh­mer Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me ge­ge­ben hat (BAG, Urt. v. 27.11.2008, 2 AZR 98/07, AP Nr. 90 zu § 1 KSchG 1969 m.umf.Nw. zur st. Rspr.)

Hier liegt der drin­gen­de, auf ob­jek­ti­ven Tat­sa­chen be­ru­hen­de Ver­dacht der un­er­laub­ten Her­stel­lung und des Be­sit­zes von Betäubungs­mit­teln im Sin­ne des BTMG in nicht ge­rin­ger Men­ge vor. Dass er die in sei­ner Woh­nung auf­ge­fun­de­ne Men­ge GHB her­ge­stellt ha­be, be­strei­tet der Kläger nicht. Nach der bis­her vor­lie­gen­den Recht­spre­chung han­delt es sich hier um ei­ne nicht ge­rin­ge Men­ge; die­se Wer­tung er­scheint un­ter Berück­sich­ti­gung von Kon­su­mein­hei­ten von deut­lich we­ni­ger als 5g zu­tref­fend. Das be­klag­te Land hat dem Kläger Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me ge­ge­ben.

Die un­er­laub­te Her­stel­lung und der Be­sitz von Betäubungs­mit­teln im Sin­ne des BTMG stellt ei­ne Straf­tat mit ei­nem „ge­wis­sen Ge­wicht“ im Sin­ne der o.g. Recht­spre­chung dar. Dies wird be­reits an der ge­setz­li­chen Wer­tung als Ver­bre­chen deut­lich. Auch han­delt es sich um ein vorsätz­li­ches De­likt, das ent­spre­chen­de Vor­be­rei­tungs­hand­lun­gen vor­aus­setzt, al­so kei­ne Kurz­schluss­hand­lung auf­grund ei­ner ein­ma­li­gen Aus­nah­me­si­tua­ti­on. Sol­che Straf­ta­ten von er­heb­li­chen Ge­wicht ste­hen in un­mit­tel­ba­rem Wi­der­spruch zur der Kern­auf­ga­be der Po­li­zei, der Ver­hin­de­rung und Ver­fol­gung von Straf­ta­ten. Dies gilt auch für den Kläger, der als Mit­ar­bei­ter des Ob­jekt­schut­zes eben­falls zwecks Ver­hin­de­rung von Straf­ta­ten ein­ge­setzt ist und auf­grund die­ser Auf­ga­be mit ei­ner Dienst­waf­fe und ho­heit­li­chen Ein­griffs­be­fug­nis­sen aus­ge­stat­tet ist, die über die Be­fug­nis­se an­de­rer Mit­ar­bei­ter des öffent­li­chen Diens­tes hin­aus­ge­hen. Die­se wei­ter­ge­hen­den Ein­griffs­be­fug­nis­se

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er­for­dern - auch in den Au­gen der Öffent­lich­keit - ei­ne persönli­che Ver­trau­enswürdig­keit, mit der er­heb­li­che vorsätz­li­che Straf­ta­ten auch in der Frei­zeit nicht zu ver­ein­ba­ren sind. Auch darf der Be­klag­te hier als persönli­che Eig­nungs­an­for­de­rung er­war­ten, dass je­den­falls Straf­ta­ten, die nach der ge­setz­li­chen Wer­tung als Ver­bre­chen zu ahn­den sind, d.h. jen­seits ge­ringfügi­ger Über­schrei­tun­gen lie­gen, un­ter­blei­ben.

Ei­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung ist hier nicht er­for­der­lich. Zwar ist ei­ne Ab­mah­nung mit Rück­sicht auf das sog. Pro­gno­se­prin­zip und den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit im Kündi­gungs­schutz­recht bei steu­er­ba­rem Ver­hal­ten grundsätz­lich auch vor der or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­lich. Ent­behr­lich ist ei­ne Ab­mah­nung je­doch, wenn ei­ne Ver­hal­tensände­rung nicht er­war­tet wer­den kann oder es sich um ei­ne schwe­re Pflicht­ver­let­zung han­delt, de­ren Rechts­wid­rig­keit dem Ar­beit­neh­mer oh­ne wei­te­res er­kenn­bar ist, und ei­ne Hin­nah­me durch den Ar­beit­ge­ber of­fen­sicht­lich aus­ge­schlos­sen ist (BAG, Ur­teil vom 10.6.2010, 2 AZR 541/09, EzA § 626 BGB 2002 Nr 32, Rn. 37 m.w.N.).

Dies ist hier der Fall. Es be­steht der drin­gen­de Ver­dacht ei­nes außer­dienst­li­chen Ver­hal­tens des Klägers, das in di­rek­tem Ge­gen­satz zu den Auf­ga­ben der Dienst­behörde steht. Es ist oh­ne wei­te­res er­kenn­bar, dass die Po­li­zei er­heb­li­che Straf­ta­ten in Form von Verstößen ge­gen das Betäubungs­mit­tel­ge­setz ih­rer An­ge­stell­ten auch in de­ren Frei­zeit nicht hin­neh­men kann (s. zur Ent­behr­lich­keit ei­ner Ab­mah­nung im Fal­le des Ver­dach­tes des Dro­gen­be­sit­zes ei­ner an­ge­stell­ten Wach­po­li­zis­tin selbst bei ei­ner ge­rin­gen Men­ge LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Urt. v. 19.1.2007, 6 Sa 1726/06, ju­ris, Rn. 33).

Auch ein mögli­cher Ein­satz des Klägers oh­ne Kon­takt zur Öffent­lich­keit – soll­te es ei­nen ent­spre­chen­den frei­en Ar­beits­platz ge­ben, der nicht z.B. Mit­ar­bei­tern mit ge­sund­heit­li­chen Ein­schränkun­gen be­vor­zugt zu­zu­wei­sen ist - steht der Kündi­gung nicht ent­ge­gen. Da das Ver­hal­ten des Klägers, das den drin­gen­den Ver­dacht ei­ner er­heb­li­chen ge­eig­net ist, das Ver­trau­en des Ar­beit­ge­bers in die persönli­che Eig­nung für ei­ne Tätig­keit bei der Po­li­zei ge­ne­rell zu erschüttern, kommt es auch nicht dar­auf an, ob es dau­er­haft zur Verfügung ste­hen­de Ein­satzmöglich­kei­ten oh­ne öffent­li­che Kon­tak­te gibt. Die in­so­weit gemäß § 8 BAT maßgeb­li­che be­rech­tig­te Er­war­tung und das er­for­der­li­che Ver­trau­en des Dienst­herrn be­zieht sich nicht nur dar­auf, dass die

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Mit­ar­bei­ter der Po­li­zei, die öffent­lich auf­tre­ten, pri­vat kei­ne er­heb­li­chen Straf­ta­ten be­ge­hen, son­dern dass dies für die Po­li­zei als Dienst­behörde ins­ge­samt gilt (s. ent­spre­chend auch LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Urt. v. 19.1.2007, 6 Sa 1726/06, ju­ris, Rn. 33).

Im Rah­men der vor­zu­neh­men­den In­ter­es­sen­abwägung über­wiegt das In­ter­es­se des Be­klag­ten an der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Hier­bei war zu­guns­ten des Klägers ei­ne Beschäfti­gungs­zeit von 9 Jah­ren oh­ne Be­an­stan­dun­gen – auch für die wei­te­re Tätig­keit ab Be­kannt­wer­den der Vorwürfe - zu berück­sich­ti­gen. Wei­ter war zu­guns­ten des Klägers zu berück­sich­ti­gen, dass der Kläger sich aus­weis­lich des Pro­to­kolls bei der Haus­durch­su­chung sehr ko­ope­ra­tiv ver­hal­ten hat, d.h. hier kein wei­te­res die Ar­beit der Po­li­zei als Dienst­behörde be­las­ten­des Ver­hal­ten vor­zu­wer­fen ist. Auf Sei­ten des Be­klag­ten war zu berück­sich­ti­gen, dass hier ge­genüber dem Kläger mit ei­nem mitt­le­ren Le­bens­al­ter kei­ne frist­lo­se, son­dern ei­ne frist­gemäße Kündi­gung aus­ge­spro­chen wur­de. Auch wenn der Kläger es nach­voll­zieh­bar als wi­dersprüchlich an­sieht, dass sei­ne Beschäfti­gung für die Dau­er der Kündi­gungs­frist er­folgt, da­nach aber un­zu­mut­bar sein soll, stellt ei­ne frist­gemäße Kündi­gung ge­genüber ei­ne frist­lo­sen Kündi­gung das mil­de­re Mit­tel dar. Ent­spre­chend kann al­lein aus dem Ver­zicht auf den Aus­spruch ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung und der Ein­hal­tung der als Re­gel­fall vor­ge­se­he­nen ge­setz­li­chen Kündi­gungs­frist nicht auf die Zu­mut­bar­keit der Wei­ter­beschäfti­gung auf Dau­er ge­schlos­sen wer­den. Un­ter Berück­sich­ti­gung der er­heb­li­chen, der Tätig­keit der Po­li­zei di­rekt ent­ge­gen­ste­hen­den Vorwürfe im Be­reich des Betäubungs­mit­tel­rechts über­wiegt das Tren­nungs­in­ter­es­se für die hier al­lein aus­ge­spro­che­ne frist­gemäße Kündi­gung.

2.

Die Kündi­gung ist nicht we­gen feh­len­der Mit­be­stim­mung des Per­so­nal­rats gem. §§ 79, 87 Pers­VG Bln un­wirk­sam.

Der Per­so­nal­rat ist zu der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung an­gehört wor­den und hat der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung zu­ge­stimmt.

Mit der ständi­gen Recht­spre­chung des BAG ist da­von aus­zu­ge­hen, dass ei­ne Kündi­gung nicht nur un­wirk­sam ist, wenn der Ar­beit­ge­ber gekündigt hat, oh­ne den Per­so­nal­rat über­haupt zu be­tei­li­gen, son­dern auch dann, wenn er ihn nicht rich­tig

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be­tei­ligt hat (BAG, Urt. v. 27.11.2008, 2 AZR 98/07, 2 AZR 98/07, AP Nr. 90 zu § 1 KSchG 1969, Rn. 31 m.w.N.).

Die hier er­folg­te Anhörung des Per­so­nal­rats genügt die­sen An­for­de­run­gen. Das be­klag­te Land teil­te dem Per­so­nal­rat die So­zi­al­da­ten des Klägers und die maßgeb­li­chen Kündi­gungs­gründe mit. So­weit sich der Kläger hier dar­auf be­ruft, die Kündi­gungs­frist sei nicht mit­ge­teilt wor­den, trifft dies nicht zu, da die­se in dem bei­gefügten Kündi­gungs­ent­wurf ent­hal­ten ist. In dem Anhörungs­schrei­ben wird erläutert, dass ei­ne Ver­dachtskündi­gung aus­ge­spro­chen wer­den soll und wel­cher Ver­dacht hier be­steht, der näher dar­ge­leg­te Ver­dacht der un­er­laub­ten Her­stel­lung von Betäubungs­mit­teln in nicht ge­rin­ger Men­ge. Es wird mit­ge­teilt, dass aus Sicht des be­klag­ten Lan­des auf­grund die­ses Ver­dach­tes die persönli­che Eig­nung für ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung bei der Po­li­zei nicht mehr be­steht und das An­se­hen der Po­li­zei­behörde da­durch geschädigt wird, dass de­ren An­gehöri­ge in den Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lun­gen ge­ra­ten. Da­mit wer­den die we­sent­li­chen Kündi­gungs­gründe, auf die die Kündi­gung auch im Ver­fah­ren gestützt wird, mit­ge­teilt; die Kündi­gungs­ab­sicht wird we­der aus­sch­ließlich noch we­sent­lich dar­auf gestützt, der Kläger ha­be GHB kon­su­miert. Dass im Rah­men der Anhörung ein be­ab­sich­tig­tes Kündi­gungs­schrei­ben mit Erläute­rung der Kündi­gungs­gründe bei­gefügt wird, macht die Anhörung nicht un­wirk­sam. In­halt der Anhörung ist die An­ga­be der Gründe, die aus Sicht des Ar­beit­ge­bers die Kündi­gung recht­fer­ti­gen sol­len.

III.


Über den Hilfs­an­trag ist nicht zu ent­schei­den, da die­ser nur für den Fall des Ob­sie­gens mit dem An­trag zu 1) ge­stellt wur­de und der Kläger mit dem An­trag zu 1) nicht ob­siegt hat.

IV.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 Abs. 1 ArbGG.

Die Streit­wert­fest­set­zung be­ruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG. An­ge­setzt wer­den drei Brut­to­mo­nats­ent­gel­te des Klägers.

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung


Ge­gen die­ses Ur­teil kann von d. Kläger Be­ru­fung ein­ge­legt wer­den.

Die Be­ru­fungs­schrift muss von ei­nem Rechts­an­walt oder ei­nem Ver­tre­ter ei­ner Ge­werk­schaft bzw. ei­ner Ar­beit­ge­ber­ver­ei­ni­gung oder ei­nes Zu­sam­men­schlus­ses sol­cher Verbände ein­ge­reicht wer­den.

Die Be­ru­fungs­schrift muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

bei dem


Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg,

Mag­de­bur­ger Platz 1, 10785 Ber­lin,

ein­ge­gan­gen sein. Die Be­ru­fungs­schrift muss die Be­zeich­nung des Ur­teils, ge­gen das die Be­ru­fung ge­rich­tet wird, so­wie die Erklärung ent­hal­ten, dass Be­ru­fung ge­gen die­ses Ur­teil ein­ge­legt wer­de.

Die Be­ru­fung ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten

in glei­cher Form schrift­lich zu be­gründen.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments im Sin­ne des § 46 c ArbGG genügt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te un­ter www.ber­lin.de/erv.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­setz­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Da­bei ist zu be­ach­ten, dass das Ur­teil mit der Ein­le­gung in den Brief­kas­ten oder ei­ner ähn­li­chen Vor­rich­tung für den Pos­t­emp­fang als zu­ge­stellt gilt. Wird bei der Par­tei ei­ne schrift­li­che Mit­tei­lung ab­ge­ge­ben, dass das Ur­teil auf der Geschäfts­stel­le ei­nes Amts­ge­richts oder ei­ner von der Post be­stimm­ten Stel­le nie­der­ge­legt ist, gilt das Schriftstück mit der Ab­ga­be der schrift­li­chen Mit­tei­lung als zu­ge­stellt, al­so nicht erst mit der Ab­ho­lung der Sen­dung. Das Zu­stel­lungs­da­tum ist auf dem Um­schlag der Sen­dung ver­merkt.

Für d. Be­klag­te/n ist kei­ne Be­ru­fung ge­ge­ben.

Von der Be­gründungs­schrift wer­den zwei zusätz­li­che Ab­schrif­ten zur Un­ter­rich­tung der eh­ren­amt­li­chen Rich­ter er­be­ten.

gez. Dr. B

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