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Zulässigkeit gewerkschaftlicher E-Mail-Werbung an dienstliche E-Mail-Adressen
17.02.2009. Eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft darf sich über betriebliche E-Mail-Adressen mit Werbung und Informationen an die Arbeitnehmer wenden. Dieses Recht ist durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) geschützt.
Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Gebrauch der betrieblichen E-Mail-Zugänge für Privatzwecke verboten hat. Auch auf möglicherweise beeinträchtigte datenschutzrechtliche Belange seiner Mitarbeiter kann sich der Arbeitgeber nicht berufen.
Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung klargestellt: BAG, Urteil vom 20.01.2009, 1 AZR 515/08.
- Dürfen Gewerkschaften ohne das OK des Arbeitgebers Informations- oder Werbematerial an die dienstlichen E-Mail-Adressen von Arbeitnehmern senden?
- Der Streitfall: Gewerkschaft verschickt in einem Großbetrieb 3.000 E-Mails an dienstliche E-Mail-Adressen von Arbeitnehmern
- BAG: Die im Grundgesetz geschützte Betätigungsfreiheit der Gewerkschaft überwiegt bei E-Mail-Werbung die Belange des Arbeitgebers
Dürfen Gewerkschaften ohne das OK des Arbeitgebers Informations- oder Werbematerial an die dienstlichen E-Mail-Adressen von Arbeitnehmern senden?
Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) schützt Arbeitgebervereinigungen und Gewerkschaften in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen.
Zu den grundrechtlich geschützten Betätigungsrechten der Gewerkschaften gehört auch die Mitgliederwerbung, da sie die Aufgabenerfüllung und den weiteren Bestand der Organisation sichert. Letztlich können Gewerkschaften ohne die Anwerbung neuer Mitglieder aufgrund rückläufiger Mitgliederzahl und Verhandlungsstärke ihren verfassungsrechtlich erwünschten Beitrag zur „Wahrung und Förderung der Wirtschaftsbedingungen“ nicht mehr leisten.
Von besonderer Bedeutung für die Gewerkschaften ist dabei traditionell die Mitgliederwerbung in den Betrieben. Nach allgemeiner Ansicht ist es den Gewerkschaften erlaubt, zu Werbezwecken die Betriebe zu betreten und gewerkschaftliche Werbe- und Informationsmaterialen während der Pausen zu verteilen.
Fraglich ist allerdings, ob die Gewerkschaften auch unaufgefordert Informations- oder Werbematerial an die dienstlichen E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer senden dürfen. Zu dieser Frage hat nunmehr das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 20.01.2009 (1 AZR 515/08) Stellung genommen.
Der Streitfall: Gewerkschaft verschickt in einem Großbetrieb 3.000 E-Mails an dienstliche E-Mail-Adressen von Arbeitnehmern
Der Arbeitgeber, ein Dienstleistungsunternehmen, plante Anfang 2007 umfassende Restrukturierungsmaßnahmen. Dies nahm eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft zum Anlass, unaufgefordert mehr als 3.000 gleichlautende E-Mails an dienstliche E-Mail-Adressen der Mitarbeiter der Klägerin zu versenden.
Die E-Mail informierte u.a. über den gewerkschaftlichen Standpunkt zu dem Umstrukturierungskonzept der Klägerin und über die Verhandlungsziele der Gewerkschaft. Darüber hinaus befand sich am Ende des Textes ein Link, mit dem sich der Empfänger automatisch aus dem Verteiler löschen konnte.
Der Arbeitgeber hatte der Gewerkschaft die E-Mail-Adressen selbst nicht zur Verfügung gestellt. Wie die Gewerkschaft an die Mitabeiternamen und die dazu gehörigen E-Mail-Adressen gelangte, blieb in dem gerichtlichen Verfahren ungeklärt.
Für den Betrieb galt eine Gesamtbetriebsvereinbarung, wonach betriebliche E-Mail-Accounts ausschließlich zu dienstlichen Zwecken genutzt werden durften. Allerdings erlaubte die Betriebsvereinbarung den Arbeitnehmern die private Nutzung des Internet in angemessenem Umfang, so dass sie über den dienstlichen Internetzugang auf ihre privaten Postfächer zugreifen konnten.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingereichten Klage verklagte der Arbeitgeber die Gewerkschaft auf Unterlassung. Konkret sollte das Gericht der Gewerkschaft untersagen, E-Mails an die dienstlichen E-Mail-Adressen ihrer Arbeitnehmer ohne vorheriges OK der Arbeitnehmer zu versenden. Sowohl das Arbeitsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 06.09.2007, 21 Ca 4489/07) als auch das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) gaben dem Arbeitgeber recht (Urteil vom 30.04.2008, 18 Sa 1724/07).
Nach Ansicht des LAG hatte die Gewerkschaft mit der Versendung der werbenden E-Mails in das Recht des Arbeitgebers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen, da die Mailingaktion als privat im Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung zu bewerten sei. Darüber hinaus sei mit der Inanspruchnahme der betrieblichen Kommunikationsmittel das Eigentumsrecht betroffen.
Dieser Eingriff sei nicht durch die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit gerechtfertigt. Zwar müsse man in Fällen der vorliegenden Art zwischen der grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften und den Rechtspositionen des Arbeitgebers abwägen.
Eine solche Abwägung konnte im vorliegenden Fall aber nach Ansicht des LAG ausnahmsweise unterbleiben, da die E-Mail-Versendung bereits wegen eines Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) rechtswidrig sei. Die Namen der Mitarbeiter und der dazugehörige Internet-Name der klagenden Arbeitgeberin stellten personenbezogene Daten dar, die die beklagte Gewerkschaft ohne Rechtsgrundlage erhoben und zum Zwecke der weiteren Nutzung gespeichert habe. Hierzu habe weder ein Einverständnis der Mitarbeiter vorgelegen noch könne ein solches unterstellt werden.
Zudem verletze die Werbeaktion die Rechte der Mitarbeiter, da erst am Ende des E-Mail-Textes ein Link zur Löschung aus dem Verteiler angegeben wurde, so dass die Arbeitnehmer zunächst den Inhalt der E-Mail zur Kenntnis nehmen mussten, bis sie sich aus dem Verteiler löschen konnten.
BAG: Die im Grundgesetz geschützte Betätigungsfreiheit der Gewerkschaft überwiegt bei E-Mail-Werbung die Belange des Arbeitgebers
Die Revision der Beklagten vor dem BAG hatte Erfolg. Anders als die Vorinstanzen bejahte das BAG die Zulässigkeit der E-Mail-Versendungen und wies daher die Klage der Arbeitgeberin ab. Die Entscheidungsgründe sind derzeit noch nicht bzw. nur ansatzweise auf der Grundlage einer Pressemeldung des BAG bekannt.
Zunächst stellte das BAG klar, dass eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft das Recht habe, sich über betriebliche E-Mail-Adressen an die Arbeitnehmer des Betriebes mit Werbung und Informationen zu wenden. Dieses Recht sei Teil ihrer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Betätigungsfreiheit. Dies gilt nach Ansicht des BAG auch dann, wenn der Arbeitgeber den Gebrauch der E-Mail-Adressen zu privaten Zwecken verboten habe.
Weiterhin führt das BAG in Übereinstimmung mit dem LAG aus, dass man in Fällen der vorliegenden Art, in denen die Betätigungsfreiheit der Gewerkschaft mit widerstreitenden Rechten des Arbeitgebers in Konflikt gerät, eine Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen vorzunehmen habe. Anders als das LAG kommt das BAG allerdings zu dem Ergebnis, dass das Recht des Arbeitgebers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegenüber dem Betätigungsrecht der Gewerkschaft zurückzutreten habe, solange der E-Mail-Versand nicht zu nennenswerten Betriebsablaufstörungen führe oder spürbare, durch den E-Mail-Versand verursachte wirtschaftliche Belastungen nach sich ziehe. Solche konkreten organisatorischen oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen hatte die Klägerin im vorliegenden Fall nicht vorgetragen.
Entgegen der Vorinstanz vertrat das BAG zudem die Ansicht, dass sich die Arbeitgeberin im Rahmen des Unterlassungsanspruchs nicht auf eine Persönlichkeitsverletzung ihrer Mitarbeiter berufen könne.
Dem Urteil des BAG ist zuzustimmen. Es zieht die richtigen Konsequenzen aus der grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften. Hätten Gewerkschaften nicht die rechtlich geschützte Möglichkeit, unter Nutzung betrieblicher Einrichtungen und damit „nahe am Arbeitsplatz“ für ihre Organisation und ihre Forderungen zu werben, wäre ihre Betätigungsfreiheit im Kern betroffen.
Solche Formen der Gewerkschaftsarbeit greifen allerdings aufgrund des Eigentumsrechts des Arbeitgebers an seinen betrieblichen Einrichtungen immer in dessen - ebenfalls grundrechtlich, nämlich durch Art. 14 GG geschützten - Rechtspositionen ein.
Fazit: Vor diesem Hintergrund dieses BAG-Urteils ist nicht danach zu fragen, welche formalen Erlaubnisse der Privatkommunikation sich aus einer Betriebsvereinbarung ergeben, sondern nach dem Ausmaß der konkreten Beeinträchtigungen, die die Gewerkschaftstätigkeit im Betrieb möglicherweise anrichtet. Gibt es solche Beeinträchtigungen nicht oder sind sie sehr gering, muss der Arbeitgeber die durch die Gewerkschaftstätigkeit (immer!) bedingten Beeinträchtigungen seiner Rechtspositionen hinnehmen. Schließlich kann sich der Arbeitgeber auch nicht auf die durch etwaige Datenschutzverstöße beeinträchtigten Persönlichkeitsrechte der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer, d.h. auf Rechte Dritter berufen.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.01.2009, 1 AZR 515/08
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 30.04.2008, 18 Sa 1724/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 15. September 2016
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