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Nachgewährung von Urlaub wegen Pflege des kranken Kindes?
20.07.2010. Wer Urlaub hat, soll sich erholen. Aber wer krank ist, kann sich nicht erholen, sondern muss erst einmal wieder gesund werden.
Nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) werden daher durch ärztliches Attest nachgewiesene Krankheitstage während des Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Der Urlaub kann also nachgeholt werden. Außerdem bekommt man während Erkrankung gemäß § 3 Abs.1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) ebenso wie für die Dauer des nachzugewährenden Urlaubs (§ 7 BUrlG) den vollen Lohn.
Ob § 9 BUrlG auch dann gilt, wenn das Kind im Urlaub erkrankt, musste vor kurzem das Arbeitsgericht Berlin entscheiden: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 17.06.2010, 2 Ca 1648/10.
- Was passiert, wenn Urlaub mit anderen Freistellungsansprüchen zusammenfällt?
- Der Fall: Arbeitnehmerin verlangt Nachgewährung von Urlaub wegen ihres erkrankten Kindes
- ArbG Berlin: Keine Nachgewährung von Urlaub bei Erkrankung des Kindes - Keine Vergütung bei Inanspruchnahme des Freistellungsanspruches aus § 45 Abs. 3 SGB V
Was passiert, wenn Urlaub mit anderen Freistellungsansprüchen zusammenfällt?
Der Urlaub soll eigentlich nur die schönste Zeit des Jahres sein. Eine Zeit der Erholung, ohne fremdbestimmte Arbeit, dem Arbeitnehmer zur freien Gestaltung überlassen. Rechtlich ist Urlaub allerdings nicht ganz so unkompliziert. Urlaub ist schuldrechtlich gesehen ein Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber bzw. eine Freistellungspflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber hat seine Pflicht erfüllt, sobald er den Urlaub bewilligt hat, in der Regel also lange bevor der Urlaub angetreten wird. Sobald er dies getan hat, trägt der Arbeitnehmer grundsätzlich das Risiko, dass er den Urlaub auch tatsächlich nehmen kann.
Wenn sich der Arbeitnehmer also ohne Verschulden des Arbeitgebers in der freigestellten Zeit nicht (mehr) erholen kann, dann verliert er seinen Urlaubsanspruch dennoch. Der Arbeitgeber hat nämlich durch die Bewilligung des Urlaubs alles getan, wozu er verpflichtet war.
Ein praktisch wichtiger Fall, in dem es dem Arbeitnehmer unmöglich wird, seinen Urlaub tatsächlich zu nutzen (und sich zu erholen), ist eine im Urlaub auftretende Krankheit. Wer während des Urlaubs krank wird, kann nicht mehr aufgrund des Urlaubs von der Arbeitspflicht befreit sein, er ist ja schon wegen der Krankheit nicht zur Arbeit verpflichtet (§ 275 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB).
Trotzdem hätte der Arbeitgeber seine Pflicht zur Urlaubsgewährung möglicherweise erfüllt und wäre deshalb nicht zur Nachgewährung von Urlaub verpflichtet. Hier schafft § 9 BUrlG Klarheit. Danach werden Zeiten, in denen der Arbeitnehmer während des Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt, nicht auf den Jahresurlaub angerechnet, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Attest nachgewiesen wird.
Andere Fälle erfasst § 9 BUrlG seinem Wortlaut nach allerdings nicht. So wird die Inanspruchnahme des Urlaubs z.B. unmöglich, wenn Urlaub und Schwangerschaft zusammenfallen, jedenfalls dann, wenn die Schwangerschaft soweit fortgeschritten ist, dass bereits ein Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz greift. Auch wer während des Urlaubs aufgrund einer Dienstverpflichtung als Katastrophenhelfer beim THW eingesetzt wird, ist schon deshalb von seiner Arbeitspflicht frei. In solchen Fällen ist die Rechtsprechung gefragt. So hat das Bundesarbeitsgericht einmal entschieden, dass Urlaub, der mit Schwangerschaft zusammenfällt, nicht nachgeholt werden kann, Urlaub, der mit einer Verpflichtung als Katastrophenhelfer zusammenfällt, aber sehr wohl.
Auch wer ein krankes Kind pflegen muss, ist von seiner Arbeitspflicht befreit, nämlich nach § 275 Abs. 3 BGB, und behält für einige Tage seinen Lohnanspruch gemäß 616 BGB, weil es unzumutbar ist zu arbeiten, wenn das Kind gepflegt werden muss. Der Arbeitgeber muss das Gehalt dann gemäß § 616 BGB weiterzahlen (nach der Rechtsprechung für maximal fünf Tage). Danach hat man einen Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse gemäß § 45 Abs.1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Unter diesen Voraussetzungen hat man auch einen Anspruch auf Freistellung gegen den Arbeitgeber nach § 45 Abs.3 SGB V.
Das Arbeitsgericht Berlin hat nun entschieden, dass Urlaub, der mit Krankheit des Kindes zusammenfällt, nicht nachgeholt werden kann. Die Entscheidung zeigt darüber hinaus, dass man Krankengeld nach § 45 Abs. 1 SGB V im Urlaub besser nicht beantragen sollte (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 17.06.2010, 2 Ca 1648/10).
Der Fall: Arbeitnehmerin verlangt Nachgewährung von Urlaub wegen ihres erkrankten Kindes
Die Arbeitnehmerin und spätere Klägerin hatte im September des Jahres 2009 sechs Tage Urlaub, der seit langem festgelegt war. Die sechs Tage waren die letzten ihres Jahresurlaubs. Just in dieser Zeit erkrankte ihr Kind. Sie beantragte daraufhin bei der Krankenkasse Krankengeld nach § 45 Abs. 1 SGB V.
Nachdem ihr Kind wieder gesund und ihr Urlaub vorbei war, beantragte sie erneut Erholungsurlaub vom 23.12. bis zum 31.12.2009. Der Arbeitgeber verweigerte die Gewährung und wies daraufhin, dass der Jahresurlaub im September verbraucht worden war.
Daraufhin klagte die Arbeitnehmerin vor dem Arbeitsgericht Berlin. Sie war der Meinung, dass der Urlaub, der wegen Erkrankung des Kindes nicht verbraucht worden war und ihr deshalb noch sechs Tage Urlaub aus dem Jahr 2009 zustünden.
ArbG Berlin: Keine Nachgewährung von Urlaub bei Erkrankung des Kindes - Keine Vergütung bei Inanspruchnahme des Freistellungsanspruches aus § 45 Abs. 3 SGB V
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.
Durch die Erkrankung des Kindes, war die Arbeitnehmerin nach § 45 Abs.3 SGB V freigestellt. Die Inanspruchnahme des Urlaubs war deshalb unmöglich geworden. Aber nur wenn eine eigene Erkrankung des Arbeitnehmers und Urlaub zusammenfallen, besteht nach Ansicht des Gerichts ein Recht auf Nachgewährung des Urlaubs nach § 9 BUrlG. Diese Vorschrift hat, so die Berliner Richter, Ausnahmecharakter und kann deshalb nicht auf andere Fälle angewendet werden.
Nach Ansicht des Gerichts trägt daher im Allgemeinen der Arbeitnehmer das Risiko „urlaubsstörender Ereignisse“. Der Urlaub fiel deshalb ersatzlos weg. Eine indirekte Nachgewährung als Schadensersatz - wie er für Katastrophenhelfer üblich ist - kam auch nicht in Betracht. Erforderlich ist nämlich stets, dass es einen Paragraphen gibt, der das Risiko der Urlaubsstörung ausnahmsweise auf den Arbeitgeber überträgt. Dies sei bei § 45 Abs.3 SGB V aber nicht der Fall, weil die Freistellung hier ausdrücklich unbezahlt ist.
Hätte die Arbeitnehmerin aber, so das Gericht, ihren Anspruch nach § 45 Abs.1 SGB V nicht geltend gemacht, dann wäre sie auch nicht nach § 45 Abs.3 SGV unbezahlt freigestellt gewesen. Sie wäre dann weiter „im Urlaub“ gewesen, hätte ihr Kind daher nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich „im Urlaub“ gepflegt, und hätte demzufolge ihre übliche Urlaubsvergütung nach § 11 BUrlG bekommen.
Im Ergebnis bedeutet das: Wenn man bei Erkrankung des Kindes im Urlaub seinen Freistellungsanspruch nach § 45 Abs.3 SGB V im Urlaub geltend macht, hat man doppelt verloren. Der Urlaub wird nicht nachgewährt und auch nicht vergütet, man erhält lediglich Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des Einkommens. Wenn man hingegen nichts tut, ist der Urlaub vielleicht ebenso wenig erholsam, er wird aber immerhin voll bezahlt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 17.06.2010, 2 Ca 1648/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Sonderurlaub aus persönlichen Gründen
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub
- Arbeitsrecht aktuell: 11/103 Kind erkrankt im Urlaub - Urlaubstage sind verbraucht
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg über den Fall entschieden und das Urteil des Arbeitsgerichts bestätigt. Das LAG-Urteil und eine kurze Kommentierung finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.11.2010, 11 Sa 1475/10
- Arbeitsrecht aktuell: 11/103 Kind erkrankt im Urlaub - Urlaubstage sind verbraucht
Letzte Überarbeitung: 4. Juni 2019
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