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Außerordentliche Kündigung wegen privater Ausdrucke
Es entsteht der Eindruck, das Arbeitgeber zunehmend mehr oder weniger belanglose Vorfälle zum Anlass nehmen, auch langjährige Arbeitsverhältnisse wegen einer mit der jeweiligen Pflichtverletzung verbundenen "nachhaltigen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses" außerordentlich und fristlos zu beenden.
Ob es auch objektiv betrachtet vermehrt zu solchen Kündigungen kommt und inwieweit diese jeweils überhaupt von Dauer sind, ist -jedenfalls in jüngster Zeit- augenscheinlich nicht empirisch untersucht worden.
So hatte sich jüngst das Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein mit der außerordentlichen Kündigung einer Bürokraft zu beschäftigen, der wegen privater Ausdrucke auf dem Firmendrucker fristlos gekündigt worden war, LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.07.2009, 3 Sa 61/09.
- Bagatellkündigung als neuer Trend?
- 138 private Ausdrucke als Kündigungsgrund?
- Wann ist die Spitze des Eisbergs erreicht?
Bagatellkündigung als neuer Trend?
Die derzeitige Tendenz Bagatellkündigungen auszusprechen dürfte nicht zuletzt auf die Gerichte selbst zurückgehen. Sensibilisiert durch das große Interesse der Allgemeinheit -oder jedenfalls der Presse- veröffentlichen sie nach wie vor Pressemitteilungen und Urteile zu thematisch passenden Kündigungsstreitigkeiten. Verwunderlich ist dabei, dass die Entscheidungen rechtlich wenig Neues bieten und in ihren teilweise doch arg knapp gehaltenen Begründungen eher für Unverständnis und Empörung als für Einsicht sorgen. Der sicherlich notwendig gewordenen sachlichen Diskussion um eine Weiterentwicklung des Kündigungsrechts im Bagatell- und Vertrauensbereich ist damit wenig gedient.
Im Übrigen greift die Fixierung auf belanglose Bagatellen als Kündigungsgrund zu kurz. Solche Kündigungen sind nicht selten nur ruhmlose Versuche, konfliktbeladene Arbeitsverhältnisse schnell zu beenden. Schwächen im Leistungsbereich einerseits, Fehler in der Personalführung andererseits und persönliche Differenzen auf beiden Seiten sind meist der -in der allgemeinen Berichterstattung vernachlässigte- wahre Auslöser solcher Entwicklungen.
Sinnvollerweise sollte deshalb auch darüber nachgedacht werden, wie die Entstehung und Eskalation von typischen Konflikten in Arbeitsverhältnissen vermieden werden kann.
Das LAG Schleswig-Holstein veröffentlichte kürzlich eine Entscheidung, die diese Überlegungen anschaulich demonstriert (Urteil vom 15.07.2009, 3 Sa 61/09) . Die mittlerweile geradezu klassische Frage, ob ein vergleichsweise geringfügiges Vergehen "an sich" eine außerordentliche Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung rechtfertigt (hier: 138maliger Ausdruck einer Datei), nimmt dabei deutlich weniger Raum ein als Gedanken dazu, wie Arbeitnehmer bei einer erkennbaren Überschreitung geduldeten Verhaltens handeln sollten.
138 private Ausdrucke als Kündigungsgrund?
Die Klägerin, die seit sechs Jahren von der Beklagten in Teilzeit als Bürokraft beschäftigt wurde, war im August und September 2008 arbeitsunfähig erkrankt. Der Geschäftsführer der beklagten Arbeitgeberin hatte aus Anlass der Installation eines Servers in dieser Zeit "mehr oder weniger zufällig" Zugriff auf den Inhalt des Dienst-PCs der Arbeitnehmerin. Auf diesem fand er unter anderem private Korrespondenz und Hinweise auf eine Teilnahme an einem Marathon während der Zeit der Krankschreibung. Vier Tage später kündigte er der Arbeitnehmerin außerordentlich.
Es kam zu einem Kündigungsschutzprozess, in dem die Arbeitgeberin -wohl wegen der mit der Ausspähung privater Daten verbundenen prozessualen Probleme- ihre Kündigung zuletzt auf folgenden Sachverhalt stützte: Sie legte ein aus dem Mai 2008 stammendes Druckerjournal vor, laut dem über den PC der Arbeitnehmerin insgesamt 138 mal eine einzige Datei ausgedruckt worden war. Da es sich um eine passwortgeschützte Datei handelte, deren Passwort nur die Arbeitnehmerin kannte, konnte ihr der Vorgang eindeutig zugeordnet werden.
Das in erster Instanz zuständige Arbeitsgericht Lübeck (Urteil vom 28.01.2009, 5 Ca 2289/08) hielt die außerordentliche Kündigung zwar für unwirksam. Dies lag jedoch an "formalen" Gründen. Denn das Arbeitsgericht ging davon aus, dass die Arbeitgeberin von den Ausdrucken bereits im Mai Kenntnis hatte und daher die bei außerordentlichen Kündigungen zu beachtende Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs.2 Satz 1 BGB bereits abgelaufen war. Es deutete die Kündigung jedoch in eine ordentliche Kündigung um und sah dabei in den Privatausdrucken einen ausreichenden Kündigungsgrund.
Da das Gericht über die Frage, wann die Arbeitgeberin von den Privatausdrucken Kenntnis erlangt hatte, nicht Beweis erhoben hatte, ging die Arbeitgeberin in Berufung. In dieser Instanz stellte die klagende Arbeitnehmerin klar, tatsächlich die Ausdrucke vorgenommen zu haben. Ihr privater PC habe die ausgedruckte Datei nicht öffnen können und sie habe unter Zeitdruck gestanden. Der Geschäftsführer habe zudem das Erstellen privater Ausdrucke über Jahre geduldet.
Wann ist die Spitze des Eisbergs erreicht?
Die dritte Kammer des LAG Schleswig-Holstein gab der Berufung nach erfolgter Beweisaufnahme statt, d.h. gab der Arbeitgeberin in vollem Umfang recht. Der Arbeitgeberin war der Beweis gelungen, dass der Geschäftsführer von dem Kündigungsgrund erst anlässlich der Serverinstallation und nicht schon Monate zuvor Kenntnis erlangt hatte. Die außerordentliche Kündigung war also fristgerecht erfolgt.
Im Übrigen folgte die Kammer der Begründung der ersten Instanz zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Ohne Weiteres nimmt das LAG dabei an, dass die Anfertigung von 138 privaten Ausdrucken ein "wichtiger Grund" im Sinne des § 626 Abs.1 BGB ist.
Auch die bei einem "an sich" vorliegenden wichtigen Grund gebotene Abwägung im Einzelfall ging zu Lasten der Arbeitnehmerin aus. Hieran änderte selbst ihr Vortrag zur Duldung privater Ausdrucke nichts. Der Arbeitnehmerin hätte klar sein müssen, dass derartig viele Ausdrucke in jedem Fall über das geduldete Maß hinausgehen. Statt die Arbeitgeberin beispielsweise vorher um Erlaubnis zu fragen und die Bezahlung der Kopien anzubieten oder wenigstens nachher um Genehmigung zu bitten, hat sie die Ausdrucke nicht offen gelegt. In diesem Verhalten sah das LAG eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses, die eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Eine Beschäftigung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist war der Arbeitgeberin aus Sicht des Gerichtes nicht zumutbar, da die Arbeitnehmerin "noch bei jeder Gelegenheit zu ihren Gunsten Zugriff auf das Eigentum der Beklagten für private Zwecke nehmen" könnte.
In seinen Entscheidungsgründen deutet das LAG an, dass der letztlich angeführte Kündigungsgrund nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs ist. Offenbar ging der Kündigung eine längere Vorgeschichte voraus, die -wie so oft- Differenzen zwischen Kollegen beinhaltete. Augenscheinlich wurden Druckerjournale sonst als Schmierpapier gesammelt, hier aber von dem in der Beweisaufnahme befragten Zeuge aussortiert, "um sie ggf. nochmals zu verwenden". Dies deutete die dritte Kammer des LAG als Sammeln von Belegen gegen die Arbeitnehmerin. Es kommentiert diesen Vorgang mit den Worten: "Die Kammer erspart sich eine Bewertung derartigen kollegialen Umgangs miteinander, zumal dazu immer mehrere Seiten gehören."
Fazit: Der zentrale, vom LAG so auch ausdrücklich benannte Grundgedanke dieser Entscheidung ist, dass offene Kommunikation besser gewesen wäre - sicherlich ein nicht nur im Arbeitsrecht grundsätzlich sinnvoller Ansatz. Angesichts einer -nach wie vor- ständigen Rechtsprechung, die häufig schon nach kleinsten Vergehen ohne größere Reflexion eine "nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses" annimmt, sollten Arbeitnehmer in der Tat vor der Umsetzung privater Interessen am Arbeitsplatz Rücksprache mit ihren Vorgesetzten halten. Diesen wiederum kommt die Aufgabe zu, durch klare Vorgaben und Grenzen für eine sichere Rechtslage zu sorgen. Die ebenso weit verbreitete wie nebulöse Praxis, Privates so lange unkommentiert hinzunehmen, bis der betreffende Arbeitnehmer "ein Dorn im Auge" ist, wird dem naturgemäß nicht gerecht. Typische, alltägliche Konfliktsituationen durch gemeinsam geschaffene Regeln zu vermeiden ist dementsprechend eine oft nur unzureichend genutzte Möglichkeit, zum Betriebsfrieden beizutragen. Betriebsräte können hierbei insbesondere durch Betriebsvereinbarungen im Interesse eines guten Arbeitsklimas steuernd tätig werden.
Nähere Informationen finden sie hier:
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.07.2009, 3 Sa 61/09
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Website)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/232 Kündigung wegen Diebstahl
- Arbeitsrecht aktuell: 09/202 Fristlose Kündigung wegen Diebstahls von sechs Maultaschen
Letzte Überarbeitung: 23. November 2015
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