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LAG Hamm, Urteil vom 12.10.2016, 16 Sa 51/13
Schlagworte: | Urlaub: Elternzeit, Elternzeit: Urlaub, Urlaubsabgeltung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamm | |
Aktenzeichen: | 16 Sa 51/13 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 12.10.2016 | |
Leitsätze: | 1) § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG, der dem Arbeitgeber die Kürzung des Erholungsurlaubs für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit gestattet, ist europarechtlich nicht zu beanstanden. 2) Die Erklärung über die Kürzung des während des Erziehungsurlaubs entstandenen Urlaubsanspruchs kann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr abgegeben werden. |
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Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Hamm, Urteil vom 18.12.2012, 4 Ca 1729/12 L Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.05.2015, 9 AZR 725/13 |
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Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 18.12.2012 – 4 Ca 1729/12 L – teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.234,50 € brutto nebst 5 % Zinsen seit dem 05.06.2012 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 94 %, die Klägerin zu 6 %.
Die Revision wird insoweit zugelassen, als die Beklagte zur Abgeltung des Urlaubs für Zeiten des Erziehungsurlaubs verurteilt worden ist. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus den Jahren 2010 bis 2012.
Die Klägerin war vom 01.04.2007 bis zum 15.05.2012 bei der Beklagten zu einem Gehalt von monatlich 2.000,-- € brutto beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist nicht abgeschlossen worden. Ab dem 01.05.2010 bestand für sie nach Feststellung einer Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot. Am 21.12.2010 wurde ihr Sohn geboren. Nach Ablauf der Mutterschutzfristen befand sich die Klägerin bis zum15.05.2012 in Elternzeit.
Die Klägerin hatte einen jährlichen Urlaubsanspruch von 36 Tagen berechnet auf eine Fünf-Tage-Woche. Im Jahre 2010 befand sie sich vom 02. bis 09.04. im Umfang von sechs Tagen in Urlaub, sodass ein Restanspruch von 30 Urlaubstagen verblieb. Mit Anwaltsschreiben vom 24.05.2012 machte die Klägerin die Abrechnung der Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis einschließlich 2012 und die Auszahlung des sich aus der Abrechnung ergebenden Betrages gegenüber der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 04.06.2012 geltend. Die gesetzte Frist hat die Beklagte fruchtlos verstreichen lassen. Mit einer am 04.09.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Abrechnung weiter und begehrte darüber hinaus die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Urlaubsabgeltung in Höhe von 7.507,50 € brutto nebst Zinsen. Hierbei geht sie von Resturlaubsansprüchen im Umfang von 30 Tagen für das Jahr 2010, von 36 Tagen für das Jahr 2011 und – nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht – 13,5 Tagen für das Jahr 2012 aus. Die Urlaubsvergütung berechnet sie mit 91,-- € brutto.
Mit Schriftsatz vom 07.09.2012 hat die Beklagte Klageabweisung beantragt und erklärt, dass der Erholungsurlaub, der der Klägerin für das Urlaubsjahr zustehe, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 gekürzt werde.
Durch Urteil vom 18.12.2012 hat das Arbeitsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe Urlaubsansprüche erworben, die durch die Erklärung der Beklagten vom 07.09.2012 gemäß der Kürzungsbestimmung des § 17 Abs.1 Satz 1 BEEG erloschen seien. Die Kürzungserklärung sei auch nicht verspätet, da sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt auszusprechen sei und eine Erklärungsfrist gesetzlich nicht vorgesehen sei. Der Abgeltungsanspruch, der erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehe und geltend gemacht werden könne, könne erst danach durch eine entsprechende Erklärung gekürzt werden.
Gegen dieses der Klägerin am 02.01.2013 zugestellte Urteil hat diese am 07.01.2013 Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 02.04.2013 fristgerecht begründet.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kürzung des ihr zustehenden Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mangels gesetzlicher Grundlage nicht mehr möglich sei.
Sie beantragt unter Berufungsrücknahme im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 18.12.2012 – 4 Ca 1729/12 L - abzuändern und 10 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.234,50 € brutto nebst 5 % Zinsen seit dem 05.06.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend.
Zum weiteren Sachvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.
Die Klägerin hat zunächst Anspruch auf Abgeltung ihres Resturlaubs von 30 Tagen für das Jahr 2010 sowie von 4,5 Urlaubstagen bis zum 15.02.2011. Hierbei handelt es sich um die Zeiten vor Beginn der Elternzeit. Außerdem stehen ihr für Februar 2011 und Mai 2012 je weitere 1,5 Urlaubstage zu. Auf der Grundlage einer Urlaubsvergütung von 91,--€ brutto, deren Höhe zwischen den Parteien unstreitig ist, ergibt sich hieraus ein Gesamtanspruch von 3.549,-- € brutto. Da die Beklagte den Urlaubsanspruch der Klägerin für die Zeit von März 2011 bis April 2012 nicht wirksam gekürzt hat, stehen der Klägerin weitere 42 Urlaubstage zu, die mit 3.822,-- € brutto abzugelten sind. Diese Forderungen sind ab dem 05.06.2012 gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB jedenfalls mit 5 % zu verzinsen.
I
Der Anspruch der Klägerin auf Abgeltung des Urlaubs im Umfang von 34,5 Tagen ergibt sich aus §§ 7 Abs. 4 BurlG, 17 Abs. 2 und 3 BEEG in Verbindung mit der arbeitsvertraglichen Abrede der Parteien zum Umfang des Erholungsurlaubs. Hierbei ist die Zeit bis zum Beginn der Elternzeit am 16.02.2012 berücksichtigt.
1) Dieser Anspruch der Klägerin ist nicht wegen der Kürzungsmöglichkeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG erloschen. Danach kann der Arbeitgeber nur den Urlaub kürzen, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, der während der Elternzeit entsteht. Nach § 17 Abs. 2 BEEG hat der Arbeitgeber den Urlaub, den der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten hat, nach der Elternzeit im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dieser Urlaub nach Absatz 3 der Vorschrift abzugelten. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine gesetzliche Sonderregelung zu der Verfallvorschrift des § 7 Abs. 3 BurlG. Auch für den aus dem Jahre 2010 resultierenden Urlaubsanspruch kommt es deshalb vorliegend nicht darauf an, welche Übertragungsfristen gegebenenfalls gelten würden. Die Befristung in § 17 Abs. 2 BEEG, wonach der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren hat, ist vorliegend eingehalten (vgl. zu dieser Fragestellung BAG vom 28.07.1992, 9 AZR 340/91, DB 1993, 642; vom 23.04.1996, 9 AZR 165/95, NZA 1997, 44).
2) Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass sie den Urlaubsanspruch wegen der Beschäftigungsverbote nach §§ 3, 6 MuSchG nicht hat realisieren können. Ausfallzeiten wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote gelten nach § 17 Satz 1 MuSchG für den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub als Beschäftigungszeiten. Es entfällt lediglich die Pflicht zur Arbeitsleistung. Die Arbeitnehmerin hat Anspruch auf Weitergewährung ihres bisherigen Durchschnittsverdienstes, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots mit der Arbeit aussetzt. Es besteht für die gesamte Dauer des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots ein Anspruch auf Mutterschutzlohn. Damit kommt es nicht zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Insoweit unterscheiden sich Zeiten mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote von der Elternzeit, in der das Arbeitsverhältnis ruht (vgl. auch BAG vom 17.05.2011, 9 AZR 197/10, juris).
3) Auch wenn der Elternurlaub Mitte des Monats Februar 2012 begonnen hat, so besteht der Urlaubsanspruch für den vollen Kalendermonat, somit für weitere 1,5 Tage. Hieraus ergibt sich ein Urlaubsabgeltungsanspruch von 136,50 € brutto. Die Kürzungsmöglichkeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG bezieht sich auf jeden vollen „Kalendermonat" der Elternzeit, anders als § 5 Abs. 1 BUrlG nicht auf jeden vollen „Monat". Ein Kalendermonat unterscheidet sich von einem Monat dadurch, dass dieser einem der Monatsnamen des Jahres zugeordnet wird. Beginnt oder endet die Elternzeit im Laufe eines Kalendermonats, kommen diese Kalendermonate für die Kürzung nicht in Betracht. Hieraus folgt auch, dass der Klägerin für den Monat Mai 2012 ein anteiliger Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs im Umfang von 1,5 Urlaubstagen, das sind 136,50 € brutto, zusteht (ErfKom/Gallner, 13. Aufl., § 17 BEEG, Rdnr. 3).
II
Die Klägerin besitzt vorliegend jedoch auch für die Zeiträume, für die die Beklagte grundsätzlich nach § 17 Abs. 1 BEEG berechtigt war, ihren Urlaub wegen des in Anspruch genommenen Elternurlaubs zu kürzen, einen Urlaubsanspruch, der abzugelten ist. Hierbei handelt es sich um in den Monaten März bis Dezember 2011 und Januar bis April 2012 entstandene Urlaubsansprüche im Umfang von 42 Urlaubstagen zu einer Urlaubsvergütung von 3.822,-- €.
1) Die Kürzungsvorschrift des § 17 Abs. 1 BEEG verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben.
a) Zwar gewährt Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 2003/88/EG jedem Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Dieser Anspruch darf nicht restriktiv ausgelegt werden. Er kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass Arbeitnehmer während des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet haben. Dennoch gilt dieser Grundsatz nicht in jedem Fall. So hat der EuGH in seinem Urteil vom 08.11.2012 (Heimann und Toltschin, C-229/11 und C-230/11, NZA 2012, 1273) die Kürzung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub für Fälle der Kurzarbeit zugelassen. Er hat Arbeitnehmer in Kurzarbeit als „vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer" angesehen und auf die am 06.06.1997 geschlossene Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG vom 15.12.1997 hingewiesen. Nach § 4 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit gilt der Pro-rata-temporis-Grundsatz für die Beschäftigungsbedingungen von Teilzeitbeschäftigten, wo dies angemessen ist. Für den Anspruch eines Kurzarbeiters auf bezahlten Jahresurlaub bedeutet dies, dass er entsprechend diesem Grundsatz gekürzt werden kann.
b) Auch Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis während der Elternzeit unter Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten ruht, sind mit aktiv Beschäftigten grundsätzlich nicht vergleichbar. So hat der EuGH entschieden, dass eine Weihnachtsgratifikation leistungsmindernd für Zeiten des Erziehungsurlaubs berücksichtigt werden kann (Urteil vom 21.10.1999, Lewen, C-333/97, NZA 1999, 1325). Mit Urteil vom 22.10.2009 (Meerts, C-116/08, NZA 2010, 29) hat er § 2 Nr. 6 und 7 der am 14.12.1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 96/34/EG ausgelegt. Zum einen bestimmt § 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, dass die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben. Zum anderen verweist § 2 Nr. 7 der Rahmenvereinbarung jedoch auf die Mitgliedstaaten, wenn es darum geht, den Status des Arbeitsvertrages oder Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum des Elternurlaubs zu bestimmen. Hierzu gehört auch, in welchem Maß der Arbeitnehmer während dieses Zeitraums weitere Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber erwerben kann. Allerdings darf durch die Ausgestaltung dieser Ansprüche nicht in die nach § 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung erworbenen Rechte eingegriffen werden.
c) Dem nationalen Gesetzgeber ist es somit erlaubt, Ansprüche für die Elternzeit in vollem Umfang zu regeln, solange die Grenze des § 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung eingehalten und nicht in bereits bestehende oder im Erwerb befindliche Ansprüche eingegriffen wird. Indem § 7 Abs. 1 Satz 1 BEEG den Arbeitgeber berechtig, während der Elternzeit entstandene Urlaubsansprüche für jeden vollen Kalendermonat zu kürzen, sind diese Grenzen gewahrt. Die Vorschrift als solche ist europarechtlich nicht zu beanstanden.
d) Die Richtlinie 96/34/EG ist zwar mit Wirkung vom 08.03.2012 aufgehoben und durch die Richtlinie 2010/18/EU vom 08.03.2010 ersetzt worden, deren Umsetzungsfrist am 08.03.2012 ablief. Die Richtlinie 2010/18/EU enthält im Anhang eine umfangreich überarbeitete Rahmenvereinbarung zum Elternurlaub. Jedoch entspricht § 5 Nr. 2 und 3 im Wortlaut § 2 Nr. 6 und 7 der Vorgängerrichtlinie.
2) Auch wenn die Kürzung des Elternurlaubs nach alledem rechtlich zulässig ist, so ist sie im vorliegenden Fall jedoch verspätet erklärt worden und damit unwirksam.
a) Allerdings enthält § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG keine Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Kürzungserklärung. Es ist nur eine empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung erforderlich, um den Anspruch auf Erholungsurlaub herabzusetzen. Diese Erklärung kann ausdrücklich oder stillschweigend abgegeben werden. Insbesondere enthält die gesetzliche Vorschrift keinen Zeitpunkt, zu dem diese Erklärung abgegeben werden muss (vgl. auch BAG vom 28.07.1992, 9 AZR 340/91, aaO.). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber den Urlaub auch noch nach Ende des Arbeitsverhältnisses, zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits ein Urlaubsabgeltungsanspruch entstanden ist, kürzen.
b) Diese Rechtsprechung beruht jedoch auf der zwischenzeitlich aufgegebenen sogenannten Surrogatstheorie, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch Surrogat des Urlaubsanspruchs sei. Sei es möglich, den Erholungsurlaub nach § 17 Abs. 1 BEEG zu kürzen, könne der Arbeitgeber ebenso das Surrogat des Urlaubs, die Urlaubsabgeltung kürzen. Der Arbeitnehmer erhielte dann die im Umfang verminderte Urlaubsabgeltung (BAG vom 28.07.1992, 9 AZR 340/91, aaO. Rdnr. 20). Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner Rechtsprechungsänderung im Anschluss an die Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH vom 20.01.2009 (C-315/06 und 520/06, NZA 2009, 135) die Surrogatstheorie in vollem Umfang aufgegeben. Es sieht den Abgeltungsanspruch nunmehr als reinen Geldanspruch an, der auch nicht dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes unterliegt (BAG vom 19.06.2012, 9 AZR 652/10, NZA 2012, 1087). Die völlige Aufgabe der Surrogatstheorie hat zur Folge, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nunmehr stets einen auf eine finanzielle Vergütung im Sinne des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG gerichteten reinen Geldanspruch darstellt. Dieser entsteht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird nach § 271 BGB sofort fällig (so schon BAG vom 09.08.2011, 9 AZR 365/10, NZA 2011, 1421). Der mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.05.2010 entstandene und fällige Geldanspruch konnte durch die Erklärung der Beklagten vom 07.09.2012 nicht mehr nachträglich gekürzt werden.
III
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO, 516 Abs. 3 ZPO.
Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG hat das Gericht die Revision insoweit zugelassen, als die Beklagte für Zeiten des Erziehungsurlaubs zur Abgeltung der entstandenen Urlaubsansprüche verurteilt worden ist. Dies betrifft Urlaubsansprüche von je 1,5 Urlaubstagen für Februar 2011 und Mai 2012 sowie Urlaubsansprüche von 30 Tagen für die Zeit von April bis Dezember 2011 und 12 Tagen für die Zeit von Januar bis April 2012. Soweit die Urlaubsansprüche in der Zeit vor Beginn der Elternzeit entstanden sind, besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.
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