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BAG, Ur­teil vom 29.06.2016, 5 AZR 716/15

   
Schlagworte: Mindestlohn, Bereitschaftsdienst
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 5 AZR 716/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 29.06.2016
   
Leitsätze: Bereitschaftszeit ist mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 21.04.2015, 1 Ca 448/15 h
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 15.10.2015, 8 Sa 540/15
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

5 AZR 716/15
8 Sa 540/15
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Köln

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
29. Ju­ni 2016

UR­TEIL

Klei­nert, Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Fünf­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 29. Ju­ni 2016 durch den Vi­ze­präsi­den­ten des Bun­des­ar­beits­ge­richts Dr. Müller-Glöge, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt We­ber und Dr. Volk so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Feld­mei­er und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Rein­ders für Recht er­kannt:

 

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1. Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln vom 15. Ok­to­ber 2015 - 8 Sa 540/15 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Der Kläger hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Vergütung von Be­reit­schafts­zei­ten. 

Die Be­klag­te be­treibt ei­nen Ret­tungs­dienst. Der Kläger ist bei ihr als Ret­tungs­as­sis­tent beschäftigt. Er leis­tet im Rah­men ei­ner Vier-Ta­ge-Wo­che mit Zwölf­stun­den­schich­ten ein­sch­ließlich Be­reit­schafts­zei­ten durch­schnitt­lich 48 St­un­den wöchent­lich zu ei­nem mo­nat­li­chen Brut­to­ge­halt von zu­letzt 2.680,31 Eu­ro nebst Zu­la­gen.

Dem Ar­beits­verhält­nis liegt ein schrift­li­cher Ar­beits­ver­trag zu­grun­de, der ua. be­stimmt:

„Auf­grund der Überführung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses auf die ta­rif­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen des Ta­rif­ver­tra­ges für den öffent­li­chen Dienst (TVöD) tre­ten zum 01.01.2012 an die Stel­le der be­ste­hen­den Ar­beits­be­din­gun­gen fol­gen­de ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen:

§ 1

Herr ... wird un­ter Ein­grup­pie­rung in Ent­gelt­grup­pe 5, Stu­fe 6, TVöD als voll­beschäftig­ter Ret­tungs­as­sis­tent un­be­fris­tet wei­ter­beschäftigt. ...

§ 2

Das Ar­beits­verhält­nis be­stimmt sich nach den Vor­schrif­ten des Ta­rif­ver­tra­ges für den öffent­li­chen Dienst (TVöD) und den die­sen ergänzen­den oder ändern­den Ta­rif­verträgen.
...

 

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§ 3

Bei Beschäftig­ten im Ret­tungs­dienst fal­len re­gelmäßig und in nicht un­er­heb­li­chem Um­fang Be­reit­schafts­zei­ten an. Aus die­sem Grun­de wird die wöchent­li­che Ar­beits­zeit un­ter An­wen­dung der Son­der­re­ge­lung im An­hang zu § 9 TVöD auf durch­schnitt­lich 48 St­un­den fest­ge­setzt. ...“

Der Ta­rif­ver­trag für den öffent­li­chen Dienst vom 13. Sep­tem­ber 2005 idF des Ände­rungs­ta­rif­ver­trags vom 1. April 2014 (im Fol­gen­den TVöD) re­gelt ua.:

§ 6

Re­gelmäßige Ar­beits­zeit

(1) Die re­gelmäßige Ar­beits­zeit beträgt aus­sch­ließlich der Pau­sen für
a) die Beschäftig­ten des Bun­des durch­schnitt­lich 39 St­un­den wöchent­lich,
b) die Beschäftig­ten der Mit­glie­der ei­nes Mit­glieds­ver­ban­des der VKA im Ta­rif­ge­biet West durch­schnitt­lich 39 St­un­den wöchent­lich, ...
...

(2) Für die Be­rech­nung des Durch­schnitts der re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit ist ein Zeit­raum von bis zu ei­nem Jahr zu­grun­de zu le­gen. ...
...

§ 9
Be­reit­schafts­zei­ten

(1) Be­reit­schafts­zei­ten sind die Zei­ten, in de­nen sich die/der Beschäftig­te am Ar­beits­platz oder ei­ner an­de­ren vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Stel­le zur Verfügung hal­ten muss, um im Be­darfs­fall die Ar­beit selbständig, ggf. auch auf An­ord­nung, auf­zu­neh­men und in de­nen die Zei­ten oh­ne Ar­beits­leis­tung über­wie­gen. Für Beschäftig­te, in de­ren Tätig­keit re­gelmäßig und in nicht un­er­heb­li­chem Um­fang Be­reit­schafts­zei­ten fal­len, gel­ten fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

 

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a) Be­reit­schafts­zei­ten wer­den zur Hälf­te als ta­rif­li­che Ar­beits­zeit ge­wer­tet (fak­to­ri­siert).
b) Sie wer­den in­ner­halb von Be­ginn und En­de der re­gelmäßigen tägli­chen Ar­beits­zeit nicht ge­son­dert aus­ge­wie­sen.
c) Die Sum­me aus den fak­to­ri­sier­ten Be­reit­schafts­zei­ten und der Vol­l­ar­beits­zeit darf die Ar­beits­zeit nach § 6 Abs. 1 nicht über­schrei­ten.
d) Die Sum­me aus Vol­l­ar­beits- und Be­reit­schafts­zei­ten darf durch­schnitt­lich 48 St­un­den wöchent­lich nicht über­schrei­ten.
...

§ 15
Ta­bel­len­ent­gelt

(1) Die/Der Beschäftig­te erhält mo­nat­lich ein Ta­bel­len­ent­gelt. Die Höhe be­stimmt sich nach der Ent­gelt­grup­pe, in die sie/er ein­grup­piert ist, und nach der für sie/ihn
gel­ten­den Stu­fe. ...
...
An­hang zu § 9
...
B. Be­reit­schafts­zei­ten im Ret­tungs­dienst und in Leit­stel­len
(1) Für Beschäftig­te im Ret­tungs­dienst und in den Leit­stel­len, in de­ren Tätig­keit re­gelmäßig und in nicht un­er­heb­li­chem Um­fang Be­reit­schafts­zei­ten fal­len, gel­ten fol­gen­de be­son­de­re Re­ge­lun­gen zu § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD:

Die Sum­me aus den fak­to­ri­sier­ten Be­reit­schafts­zei­ten und der Vol­l­ar­beits­zeit darf die Ar­beits­zeit nach § 6 Abs. 1 nicht über­schrei­ten. Die Sum­me aus Vol­l­ar­beits- und Be­reit­schafts­zei­ten darf durch­schnitt­lich 48 St­un­den wöchent­lich nicht über­schrei­ten. Be­reit­schafts­zei­ten sind die Zei­ten, in de­nen sich die/der Beschäftig­te am Ar­beits­platz oder ei­ner an­de­ren vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Stel­le zur Verfügung hal­ten muss, um im Be­darfs­fall die Ar­beit selbständig, ggf. auch auf An­ord­nung, auf­zu­neh­men und in de­nen die Zei­ten oh­ne Ar­beits­leis­tung über­wie­gen. Be­reit­schafts­zei­ten wer­den zur Hälf­te als ta­rif­li­che Ar­beits­zeit ge­wer­tet(fak­to­ri­siert). Be­reit­schafts­zei­ten wer­den in­ner­halb von Be­ginn und En­de der re-

 

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gelmäßigen tägli­chen Ar­beits­zeit nicht ge­son­dert aus­ge­wie­sen.
(2) Die zulässi­ge tägli­che Höchst­ar­beits­zeit beträgt zwölf St­un­den zuzüglich der ge­setz­li­chen Pau­sen.
(3) Die all­ge­mei­nen Re­ge­lun­gen des TVöD zur Ar­beits­zeit blei­ben im Übri­gen un­berührt.
...“

Nach er­folg­lo­ser Gel­tend­ma­chung wei­te­rer Vergütung von Be­reit­schafts­zei­ten hat der Kläger im Fe­bru­ar 2015 Zah­lungs­kla­ge er­ho­ben, wel­che die Mo­na­te Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2015 um­fasst.

Der Kläger meint, die Be­klag­te vergüte die Be­reit­schafts­zei­ten nicht mit dem ge­setz­li­chen Min­dest­lohn. Die ar­beits­ver­trag­lich ein­be­zo­ge­ne ta­rif­li­che Vergütungs­re­ge­lung sei auf­grund des In­kraft­tre­tens des Min­dest­l­ohn­ge­set­zes un­wirk­sam ge­wor­den. Fol­ge sei ein An­spruch auf die übli­che Vergütung in Höhe des ta­rif­li­chen Ta­bel­len­ent­gelts von 15,81 Eu­ro brut­to/St­un­de

Der Kläger hat be­an­tragt, 

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 1.237,30 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen iHv. fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus je­weils 618,65 Eu­ro ab 1. Fe­bru­ar und 1. März 2015 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt. Der An­spruch auf ge­setz­li­chen Min­dest­lohn sei erfüllt. Das Ta­bel­len­ent­gelt vergüte die Ar­beits­leis­tung des Klägers, die aus Vol­l­ar­beit und Be­reit­schafts­zeit be­ste­he.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit der zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­nen Zah­lungs­an­trag wei­ter.

 

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Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on des Klägers ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zu Recht zurück­ge­wie­sen. Der An­spruch des Klägers auf Vergütung der Be­reit­schafts­zei­ten ist erfüllt.

I. Die Zah­lungs­kla­ge ist zulässig, ins­be­son­de­re hin­rei­chend be­stimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie ist auf kon­kre­te Vergütungs­dif­fe­ren­zen über ei­ne Zeit von zwei Mo­na­ten ge­rich­tet. Die Kla­ge ist für den streit­be­fan­ge­nen Zeit­raum als ab­sch­ließen­de Ge­samt­kla­ge zu ver­ste­hen (vgl. BAG 23. Sep­tem­ber 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 12).

II. Die Kla­ge ist un­be­gründet. 

1. Sie ist be­reits un­schlüssig, weil der Kläger sei­ne For­de­rung nicht nach den tatsächlich ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den, son­dern an­hand ei­nes St­un­den­durch­schnitts be­gründet hat. Der An­spruch auf den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn ent­steht mit je­der ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­de (§ 1 Abs. 2 iVm. §§ 20, 1 Abs. 1 Mi­LoG). Dies er­for­dert die schlüssi­ge Dar­le­gung der tatsächlich ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den. Die Be­haup­tung ei­ner aus dem Durch­schnitt ei­nes Zeit­raums er­mit­tel­ten St­un­den­zahl er­setzt die­sen Vor­trag nicht (vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 19). Der Se­nat braucht aber nicht auf ei­ne ent­spre­chen­de Ergänzung des Vor­trags des Klägers hin­zu­wir­ken, weil der Zah­lungs­an­trag in je­dem Fall un­be­gründet ist.

2. Der Kläger kann für Be­reit­schafts­zei­ten kei­ne wei­te­re Zah­lung von 7,90 Eu­ro brut­to pro St­un­de for­dern. Ein An­spruch auf die übli­che Vergütung
nach § 612 Abs. 2 BGB be­steht nicht.

a) Nach § 612 Abs. 2 BGB wird die übli­che Vergütung ge­schul­det, wenn die ar­beits­ver­trag­li­che Ent­gel­tab­re­de im Streit­zeit­raum un­wirk­sam war oder un­wirk­sam ge­wor­den ist. Denn bei Un­wirk­sam­keit ei­ner Vergütungs­ver­ein­ba­rung ist die Höhe der für die ver­spro­che­nen Diens­te vom Ar­beit­ge­ber zu leis­ten­den Vergütung (§ 611 Abs. 1 BGB) nicht (mehr) be­stimmt, so dass der Ar­beit­neh-

 

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mer An­spruch auf die übli­che Vergütung hat (vgl. BAG 19. Au­gust 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 23, BA­GE 152, 228).

b) Die ar­beits­ver­trag­lich ein­be­zo­ge­ne ta­rif­li­che Vergütungs­re­ge­lung ist nicht we­gen des In­kraft­tre­tens des Min­dest­l­ohn­ge­set­zes un­wirk­sam ge­wor­den.

aa) Auf das Ar­beits­verhält­nis des Klägers fin­det nach § 2 Ar­beits­ver­trag der TVöD An­wen­dung. Der Kläger ist gemäß § 1 Ar­beits­ver­trag in die Ent­gelt­grup­pe 5, Stu­fe 6 TVöD ein­grup­piert.

bb) Der Min­dest­lohn­an­spruch aus § 1 Abs. 1 Mi­LoG ist ein ge­setz­li­cher An­spruch, der ei­genständig ne­ben den ar­beits- oder ta­rif­ver­trag­li­chen Ent­gelt­an­spruch tritt (hM Rie­chert/Nim­mer­jahn Mi­LoG § 1 Rn. 2; Bay­reu­ther in Thüsing Mi­LoG 2. Aufl. § 1 Rn. 4; BT-Drs. 18/1558 S. 34). Das Min­dest­l­ohn­ge­setz greift in die Ent­gelt­ver­ein­ba­run­gen der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en und an­wend­ba­rer Ent­gelt­ta­rif­verträge nur in­so­weit ein, als sie den An­spruch auf Min­dest­lohn un­ter­schrei­ten. § 3 Mi­LoG führt bei Un­ter­schrei­ten des ge­setz­li­chen Min­dest­lohns zu ei­nem Dif­fe­renz­an­spruch (vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22).

Er­reicht die vom Ar­beit­ge­ber tatsächlich ge­zahl­te Vergütung den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn nicht, be­gründet dies von Ge­set­zes we­gen ei­nen An­spruch auf Dif­fe­renz­vergütung, wenn der Ar­beit­neh­mer in der Ab­rech­nungs­pe­ri­ode für die ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den im Er­geb­nis nicht min­des­tens den in § 1 Abs. 2 Satz 1 Mi­LoG vor­ge­se­he­nen Brut­to­lohn erhält (BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 24 mwN; vgl. zu ei­nem ta­rif­li­chen Min­dest­lohn BAG 8. Ok­to­ber 2008 - 5 AZR 8/08 - Rn. 28, BA­GE 128, 119).

c) § 612 Abs. 2 BGB gibt dem Kläger kei­nen An­spruch auf wei­te­re Vergütung für Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2015. Die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Norm lie­gen nicht vor. Das Min­dest­l­ohn­ge­setz hat we­der die ar­beits­ver­trag­li­che noch die ta­rif­ver­trag­li­che Vergütungs­re­ge­lung in ih­rer Wirk­sam­keit berührt. Viel­mehr re­gelt es ei­genständig die Rechts­fol­ge ei­ner Un­ter­schrei­tung des ge­setz­li­chen Min­dest­lohns, in­dem mit § 1 Abs. 1 Mi­LoG ei­ne An­spruchs­grund­la­ge for­mu­liert

 

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wird (vgl. Rie­chert/Nim­mer­jahn Mi­LoG § 1 Rn. 4; ErfK/Fran­zen 16. Aufl. § 3 Mi­LoG Rn. 1a).

3. Der An­spruch des Klägers auf den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn nach § 1 Abs. 1 Mi­LoG ist durch Erfüllung er­lo­schen.

a) Der Ar­beit­ge­ber hat den An­spruch auf den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn erfüllt, wenn die für ei­nen Ka­len­der­mo­nat ge­zahl­te Brut­to­vergütung den Be­trag er­reicht, der sich aus der Mul­ti­pli­ka­ti­on der An­zahl der in die­sem Mo­nat tatsächlich ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den mit 8,50 Eu­ro er­gibt (BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 26).

b) Erfüllung iSv. § 362 Abs. 1 BGB tritt beim An­spruch auf den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn - wie in je­dem Schuld­verhält­nis - ein, wenn die ge­schul­de­te Leis­tung be­wirkt wird. Die­se Leis­tung liegt in der Zah­lung des Brut­to­ar­beits­ent­gelts, denn der ge­setz­li­che Min­dest­lohn ist das als Ge­gen­leis­tung für die Ar­beit (min­des­tens) zu er­brin­gen­de Ent­gelt (BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 27). Aus­ge­hend von dem in § 1 Abs. 1 Mi­LoG ver­wen­de­ten Be­griff des Min­dest­lohns und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 Mi­LoG be­stimm­ten Höhe in Form ei­nes Brut­to­be­trags, han­delt es sich um ei­ne Brut­to­ent­gelt­schuld des Ar­beit­ge­bers (zur Aus­le­gung vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 28 f.).

c) Der Ar­beit­ge­ber schul­det den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn für je­de tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beits­stun­de. Der Min­dest­lohn ist für al­le St­un­den, während de­rer der Ar­beit­neh­mer die gemäß § 611 Abs. 1 BGB ge­schul­de­te Ar­beit er­bringt, zu zah­len.

aa) Die Ar­beits­zeit des Klägers rich­tet sich nach § 3 Ar­beits­ver­trag iVm. § 9 Abs. 1 Satz 2 TVöD iVm. dem An­hang zu § 9 B TVöD. Da­nach wird die in § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD ge­re­gel­te Ar­beits­zeit für Mit­ar­bei­ter im Ret­tungs­dienst mo­di­fi­ziert. Die Be­reit­schafts­zei­ten wer­den zur Hälf­te als ta­rif­li­che Ar­beits­zeit ge­wer­tet (fak­to­ri­siert), wo­bei die Sum­me aus die­sen fak­to­ri­sier­ten Be­reit­schafts­zei­ten und sog. Vol­l­ar­beit nicht die in § 6 Abs. 1 TVöD ge­nann­ten 39 St­un­den pro Wo­che über­schei­ten darf. Darüber hin­aus darf die Sum­me aus Vol­l­ar­beit

 

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und Be­reit­schafts­zeit durch­schnitt­lich 48 St­un­den pro Wo­che nicht über­schrei­ten.

Die Tätig­keit als Ret­tungs­as­sis­tent um­fasst ei­nen ge­wis­sen An­teil an Be­reit­schafts­zei­ten iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 TVöD (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Ar­beits­ver­trag). Es han­delt sich da­bei um Zei­ten, in de­nen sich der Kläger am Ar­beits-platz oder an ei­ner an­de­ren von der Be­klag­ten be­stimm­ten Stel­le zur Verfügung hal­ten muss, um im Be­darfs­fall die Ar­beit selbständig, ggf. auf An­ord­nung auf­zu­neh­men, und in de­nen Zei­ten oh­ne Ar­beits­leis­tung über­wie­gen.

bb) Be­reit­schafts­zeit ist mit dem ge­setz­li­chen Min­dest­lohn zu vergüten. 

Be­reit­schafts­zeit ist nicht nur ar­beits­schutz­recht­lich Ar­beits­zeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1a Arb­ZG), son­dern vergütungs­pflich­ti­ge Ar­beit iSv. § 611 Abs. 1 BGB. Denn da­zu zählt nicht nur je­de Tätig­keit, die als sol­che der Be­frie­di­gung ei­nes frem­den Bedürf­nis­ses dient, son­dern auch ei­ne vom Ar­beit­ge­ber ver­an­lass­te Untätig­keit, während de­rer der Ar­beit­neh­mer am Ar­beits­platz oder ei­ner vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Stel­le an­we­send sein muss und nicht frei über die Nut­zung des Zeit­raums be­stim­men kann, er al­so we­der ei­ne Pau­se (§ 4 Arb­ZG) noch Frei­zeit hat. Die­se Vor­aus­set­zung ist bei der Be­reit­schafts­zeit, die ge­mein­hin be­schrie­ben wird als Zeit wa­cher Auf­merk­sam­keit im Zu­stand der Ent­span­nung, ge­ge­ben. Der Ar­beit­neh­mer muss sich an ei­nem vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Ort (in­ner­halb oder außer­halb des Be­triebs) be­reit­hal­ten, um im Be­darfs­fal­le die Ar­beit auf­zu­neh­men (vgl. BAG 19. No­vem­ber 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 16 mwN, BA­GE 150, 82).

Die ge­setz­li­che Vergütungs­pflicht des Min­dest­l­ohn­ge­set­zes dif­fe­ren­ziert nicht nach dem Grad der tatsächli­chen In­an­spruch­nah­me (Thüsing/Bay­reu­ther Mi­LoG 2. Aufl. § 1 Rn. 50; Lembke NZA 2015, 70, 76; ders. NZA 2016, 1, 5; Schu­bert/Jer­chel/Düwell Das neue Min­dest­l­ohn­ge­setz Rn. 96; Vie­then NZA-Bei­la­ge 2014, 143, 146; aA Rie­chert/Nim­mer­jahn Mi­LoG § 1 Rn. 66; ErfK/Fran­zen 16. Aufl. § 1 Mi­LoG Rn. 4a; diff. Thüsing/Hütter NZA 2015, 970, 973). Leis­tet der Ar­beit­neh­mer vergütungs­pflich­ti­ge Ar­beit, gibt das Ge­setz ei­nen un­ge­schmäler­ten An­spruch auf den Min­dest­lohn. Das Min­dest­l­ohn­ge­setz enthält kei­ne ab­wei­chen­de Re­ge­lung. Ins­be­son­de­re ist auf ei­ne Re­ge­lung ver-

 

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zich­tet wor­den, wie sie die zum 1. Ja­nu­ar 2015 in Kraft ge­tre­te­ne Zwei­te Ver­ord­nung über zwin­gen­de Ar­beits­be­din­gun­gen für die Pfle­ge­bran­che (2. Pfle­ge­ArbbV) vom 27. No­vem­ber 2014 ver­wen­det hat (§ 2 Abs. 3 für Be­reit­schafts­diens­te und § 2 Abs. 4 für Ruf­be­reit­schaft), über de­ren Ver­ein­bar­keit mit dem Min­dest­l­ohn­ge­setz (§ 1 Abs. 3, § 24 Abs. 1 Satz 2 Mi­LoG) hier nicht zu ent­schei­den ist. Oh­ne ei­ne sol­che im Ge­setz selbst nie­der­ge­leg­te Staf­fe­lung fehlt es an ei­ner Le­gi­ti­ma­ti­on, Ar­beits­zeit im vergütungs­recht­li­chen Sin­ne mit we­ni­ger als dem ge­setz­li­chen Min­dest­lohn zu vergüten. Zu­mal das Bun­des­recht mit der 2. Pfle­ge­ArbbV zeigt, wie ei­ne der­ar­ti­ge Re­ge­lung aus­ge­stal­tet sein könn­te.

Wer­den Be­reit­schafts­zei­ten ta­rif­lich oder ar­beits­ver­trag­lich nur an­tei­lig als Ar­beits­zeit berück­sich­tigt, ändert dies nichts dar­an, dass je­de so er­brach­te Zeit­stun­de mit dem ge­setz­li­chen Min­dest­lohn zu vergüten ist. Der ge­setz­li­che Min­dest­lohn ist zwin­gend und kann nicht ein­zel- oder ta­rif­ver­trag­lich ge­min­dert oder ab­be­dun­gen wer­den (§ 3 Mi­LoG). Folg­lich ver­mag ei­ne ab­wei­chen­de ar­beits- oder ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lung nicht den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn zu er­fas­sen.

d) Die Be­klag­te hat den Min­dest­lohn­an­spruch des Klägers für die Mo­na­te Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2015 be­reits durch die all­mo­nat­li­che Zah­lung des Brut­to­ge­halts iHv. 2.680,31 Eu­ro erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).

In die­sen Mo­na­ten über­schritt die ge­zahl­te Brut­to­vergütung iHv. 2.680,31 Eu­ro das Pro­dukt der nach Be­haup­tung des Klägers je­weils - ein­sch­ließlich Be­reit­schafts­zeit - ge­leis­te­ten 208,7 Ar­beits­stun­den mul­ti­pli­ziert mit 8,50 Eu­ro (= 1.773,95 Eu­ro brut­to). Dies gilt selbst im Fall der denk­ba­ren 228 Ar­beits­stun­den, die der Kläger in dem für ihn ge­re­gel­ten Ar­beits­zeit­mo­dell mit Vol­l­ar­beit und Be­reit­schafts­zeit in ei­nem Ka­len­der­mo­nat an 19 Ar­beits­ta­gen ma­xi­mal leis­ten kann. Auch dann über­steigt die Mo­nats­vergütung den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn (228 St­un­den zu 8,50 Eu­ro = 1.938,00 Eu­ro brut­to), wo­mit in je­dem Fall sein Min­dest­lohn­an­spruch erfüllt ist.

 

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III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten der er­folg­lo­sen Re­vi­si­on zu tra­gen.

Müller-Glöge 

We­ber 

Volk

Feld­mei­er 

Rein­ders

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