- -> zur Mobil-Ansicht
- Arbeitsrecht aktuell
- Tipps und Tricks
- Handbuch Arbeitsrecht
- Gesetze zum Arbeitsrecht
- Urteile zum Arbeitsrecht
- Urteile 2023
- Urteile 2021
- Urteile 2020
- Urteile 2019
- Urteile 2018
- Urteile 2017
- Urteile 2016
- Urteile 2015
- Urteile 2014
- Urteile 2013
- Urteile 2012
- Urteile 2011
- Urteile 2010
- Urteile 2009
- Urteile 2008
- Urteile 2007
- Urteile 2006
- Urteile 2005
- Urteile 2004
- Urteile 2003
- Urteile 2002
- Urteile 2001
- Urteile 2000
- Urteile 1999
- Urteile 1998
- Urteile 1997
- Urteile 1996
- Urteile 1995
- Urteile 1994
- Urteile 1993
- Urteile 1992
- Urteile 1991
- Urteile bis 1990
- Arbeitsrecht Muster
- Videos
- Impressum-Generator
- Webinare zum Arbeitsrecht
-
Kanzlei Berlin
030 - 26 39 62 0
berlin@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Frankfurt
069 - 71 03 30 04
frankfurt@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hamburg
040 - 69 20 68 04
hamburg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hannover
0511 - 89 97 701
hannover@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Köln
0221 - 70 90 718
koeln@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei München
089 - 21 56 88 63
muenchen@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Nürnberg
0911 - 95 33 207
nuernberg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Stuttgart
0711 - 47 09 710
stuttgart@hensche.de
AnfahrtDetails
LAG Köln, Urteil vom 02.12.2011, 10 Sa 1229/10
Schlagworte: | Befristung: Missbrauch, Kettenbefristung, Befristung: Kettenbefristung, Befristung: Verlängerung, Befristung: Tarifvertrag | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Köln | |
Aktenzeichen: | 10 Sa 1229/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 02.12.2011 | |
Leitsätze: | Zum "Zuvorbeschäftigungsverbot" im Rahmen des Einsatzes bei der "ARGE". | |
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 22.06.2010, 6 Ca 4305/10 Nachfolgend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2014, 7 AZR 243/12 |
|
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.06.2010 – 6 Ca 4305/10 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger schloss mit der Beklagten im April 2008 zunächst einen für den Zeitraum vom 05.05.2008 bis 31.12.2008 befristeten Arbeitsvertrag als Vollbeschäftigter. § 2 dieses Arbeitsvertrages regelt, dass das Arbeitsverhältnis sich nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung bestimmt. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages aus April 2008 folgte die Eingruppierung des Klägers in die Tätigkeitsebene IV gemäß § 14 Abs. 1 TV-BA in die Entwicklungsstufe 01. In der Folgezeit schlossen die Parteien eine Änderungsvereinbarung unter dem 02.12.2009, mit der die Weiterbeschäftigung des Klägers als Vollzeitbeschäftigter bis 04.05.2010 vereinbart wurde.
Gemäß Schreiben der Beklagten vom 23.04.2008 wurde dem Kläger für die Dauer seines befristeten Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit als Sachbearbeiter in der Bearbeitungsstelle SGG im Bereich SGB II in der Agentur für Arbeit K übertragen. Zur Erledigung dieser Aufgaben bildet die Beklagte gemeinsam mit der Stadt K eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) gemäß § 44 b SGB II.
Nachdem die Stadt K mit Schreiben vom 03.05.2010 dem Kläger die Absicht mitgeteilt hatte, ihn in der Tätigkeit als Verwaltungsangestellten bei der ARGE ab dem 05.05.2010 befristet bis 31.12.2010 zu beschäftigen, schlossen der Kläger und die Stadt Keinen entsprechenden befristeten Arbeitsvertrag unter dem 04.05.2010.
Mit seiner Klage vom 25.05.2010, die am selben Tag beim Arbeitsgericht in Köln per Telefax eingegangen ist, hat der Kläger das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten über den 04.05.2010 hinaus und die entsprechende Weiterbeschäftigung bei der Beklagten geltend gemacht.
Er hat die Rechtsauffassung vertreten, durch den Vertragsschluss mit der Stadt K hinsichtlich eines bis 31.12.2010 grundlos befristeten Arbeitsverhältnisses liege eine rechtsmissbräuchliche Umgehung des TzBfG vor. In einer Informationsveranstaltung für die Mitarbeiter der Bearbeitungsstelle SGG habe die Beklagte am 09.02.2010 den Abschluss von den sachgrundbefristeten Arbeitsverträgen bis 31.12.2013 gegenüber den gleichermaßen wie den Kläger betroffenen Arbeitnehmern angekündigt. Ein entsprechender Mitarbeiterbrief vom 10.03.2010 sei seitens der Beklagten an die betroffenen Mitarbeiter übersandt worden. Wegen der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 17.03.2010 (7 AZR 843/08) habe die Beklagte von diesem Vorhaben Abstand genommen. In der Folge seien dann nur noch neue sachgrundlose Befristungen über die Stadt K angeboten worden, obgleich tatsächlich weiter unbefristeter Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten bestehe.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag von April 2008 in der Fassung vom 02.12.2009 nicht am 04.05.2010 endete, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht;
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht 10 auf Grund anderer Beendigungstatbestände endet, sondern über den 04.05.2010 hinaus fortbesteht;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 04.05.2010 hinaus zu unveränderten Bedingungen in der Agentur für Arbeit Köln, Arbeitsgemeinschaft Köln als Sachbearbeiter in der Bearbeitungsstelle Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Bereich Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 22.06.2010 – 6 Ca 4305/10 – die Klage, soweit das Arbeitsgericht diese nicht für unzulässig gehalten hat, als unbegründet abgewiesen. Hierzu hat das Arbeitsgericht imwesentlichen ausgeführt, die vom Kläger erhobene Entfristungsklage sei gemäß § 17 TzBfG zulässig, aber unbegründet. Die mit der Beklagten vereinbarte Befristung vom 02.12.2009 bis 04.05.2010 sei sachgrundlos gerechtfertigt gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG. Der sich daran anschließende befristete Arbeitsvertrag mit der Stadt K führe nicht dazu, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten anzunehmen, welches dieser die Berufung auf § 14 Abs. 2 TzBfG verwehre. Ohnehin komme allenfalls die Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung mit der Stadt K in Betracht, nicht aber das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten.
Gegen dieses ihm am 09.09.2010 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Köln hat der Kläger am 04.10.2010 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 09.12.2010 am 02.12.2010 begründet.
Er beruft sich weiterhin auf eine rechtsmissbräuchliche Umgehung des § 14 Abs. 2 TzBfG durch die Beklagte. Dies gelte insbesondere mit Rücksicht darauf, dass 87,4 % der Personalkosten, die innerhalb der ARGE entstünden, von der Beklagten aus dem Bundeshaushalt entnommen würden – unabhängig von der Frage, wie viele Beschäftigte bei der Stadt K angestellt seien. Die Beklagte weise zudem alle Arbeitnehmer, auch die Beschäftigten der Stadt K unmittelbar an und übe daher weiter ein arbeitgeberseitiges Direktionsrecht gegenüber diesen aus. Die Beklagte als Träger der ARGE neben der Stadt K bestimme gemäß § 44 SGB II die nähere Ausgestaltung und Organisation der ARGE. Der Geschäftsführer sei ein Mitarbeiter der Beklagten, während dessen Stellvertreter ein Mitarbeiter der Stadt K sei. Die gemeinsam gebildete Trägerversammlung beschließe über die personelle Ausstattung des Jobcenters in K . 3 Mitglieder dieser Trägerversammlung stelle jeweils die Beklagte sowie die Stadt K . Im Rahmen der Besetzung der Stelle durch die Stadt K sei von dieser keine Stellungausschreibung veröffentlicht, kein Stellenprofil erstellt und auch kein Bewerbungsgespräch mit dem Kläger geführt worden. Die vertragliche Gestaltung mit der Stadt K sei hinsichtlich der Durchführung des Arbeitsverhältnisses identisch gegenüber den vertraglichen Regeln mit der Beklagten. Der Kläger übe dieselben Tätigkeiten wie seit dem 05.05.2008 auch im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses mit der Stadt K aus. Die Probezeit mit der Stadt K sei im Rahmen des neuen Arbeitsverhältnisses vom 04.05.2010 lediglich formal vereinbart worden, was sich auch daran zeige, dass der Kläger bereits ab dem ersten Beschäftigungstag bei der Stadt K Prozessvollmacht in vollem Umfang erhalten habe.
Der Kläger beantragt,
wir werden beantragen, das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.06.2010 (AZ.: 6 18 Sa 4305/10) aufzuheben bzw. abzuändern und
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag von April 2008 in der Fassung vom 02.12.2009 nicht am 04.05.2010 endete, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht;
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht 20 aufgrund anderer Beendigungstatbestände beendet, sondern über den 04.05.2010 hinaus fortbesteht;
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 04.05.2010 hinaus zu unveränderten 21 Bedingungen in der Agentur für Arbeit K, Arbeitsgemeinschaft K, als Sachbearbeiter in der Bearbeitungsstellung Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Bereich Sozialgesetzbuch II. Buch (SGB II) weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Rechtsansicht, die sachgrundlose Befristung mit der Stadt K sei nach § 24 14 Abs. 2 TzBfG als wirksam anzusehen. Wie im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen sei hier in Gestalt der Stadt K ein neuer Vertragsarbeitgeber gegeben. Durch die Beklagte liege kein Rechtsmissbrauch oder ein Verstoß gegen das Anschlussverbot vor. Es existierten mit der Stadt K keinerlei Absprachen, sich die Arbeitskraft des Klägers durch Umgehung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu erhalten. Selbst wenn eine Umgehung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes beabsichtigt gewesen wäre, dann sei der Kläger gehalten, sich an seinen aktuellen Vertragsarbeitgeber – die Stadt K – zu wenden. Innerhalb der ARGE sei die Geschäftsleitung verantwortlich, den jeweiligen Personalbedarf zu decken. Bei erkennbarem Personalbedarf wende sich die Geschäftsleitung an beide Träger der ARGE. Demzufolge sei die Geschäftsleitung laufend über die bei den Trägern vorliegenden Bewerbungen unterrichtet. Auf Grund dieser Informationen wende sich die Geschäftsleitung dann an den jeweiligen Träger, der die größere Gewähr für die Deckung des Personalbedarfs biete. Vorliegend sei der Geschäftsleitung bekannt gewesen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bei der Beklagten zum 04.05.2010 wegen Fristablaufs ende und hierdurch Personalbedarf in diesem Beschäftigungsbereich gegeben sei. Diesen habe dann die Geschäftsleitung der ARGE über den Träger Stadt K durch Anstellung des Klägers decken wollen. Die Beklagte sei hierbei ohne jeglichen Einfluss gewesen. Da zwei unterschiedliche Vertragsarbeitgeber vorlägen, sei nicht auf einen Rechtsmissbrauch zu schließen. Der Kläger habe auch auf einen unveränderten Einsatz bei der Stadt K nicht vertrauen können, da bei dieser tarifliche Versetzungsvorschriften gelten würden. Der Kläger sei daher in anderem Rahmen als bei der Beklagten versetzbar. Der Kläger erhalte zudem eine andere Vergütung bei der Stadt K nach der Entgeltgruppe 10 TVÜ-VKA, während er bei der Beklagten nach § 14 Abs. 1 TV-BA in die Tätigkeitsebene IV Entwicklungsstufe 01 eingruppiert gewesen sei. Insgesamt seien unterschiedliche Tarifwerke bei der Beklagten bzw. der Stadt K anwendbar (TV-BA bzw. TVöD-VKA). Auch die höchstmögliche Befristungsdauer sei bei der Stadt K nicht ausgeschöpft worden. Zudem sei eine sechswöchtige Probezeit bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit der Stadt Köln vom 04.05.2010 vereinbart worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst den zu den Akten gereichten Anlagen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig, weil sie statthaft und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden ist (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II. Sie ist jedoch unbegründet, da das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten durch die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2009 wirksam sein Ende zum Ablauf der vereinbarten Befristung zum 04.05.2010 gefunden hat.
1. Die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung zum 04.05.2010 ist allerdings nicht zu fingieren gemäß § 17 TzBfG, da die Entfristungsklage vom 25.05.2010 am selben Tag per Telefax beim Arbeitsgericht in Köln eingegangen und daher die in § 17 TzBfG für die Klageeinreichung geregelte Dreiwochenfrist gewahrt worden ist.
2. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Diese Voraussetzungen sind bei der von den Parteien gewählten Vertragsgestaltung durch Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages aus April 2008, der zunächst die Befristung für den Zeitraum vom 05.05.2008 bis 31.12.2008 vorsah, und dem Änderungsvertrag vom 02.12.2008, der die Weiterbeschäftigung bis 04.05.2010 regelte, eingehalten, da die Gesamtbefristungsdauer den zulässigen Zweijahreszeitraum nicht überschreitet.
3. Der Beklagten ist die Berufung auf die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht verwehrt, da durch die gewählte Vertragsgestaltung unter Einbeziehung der anschließenden Befristungsvereinbarung mit der Stadt K das Zuvorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht in einer mit den Grundsätzen von Treu und Glauben oder mit unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbaren Weise umgangen wird.
a. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen. Die sich aus einem Rechtsinstitut oder einer Rechtsnorm an sich ergebenden Rechtsfolgen müssen zurücktreten, wenn sie zu einem mit Treu und Glauben unvereinbaren Ergebnis führen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Vertragsgestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinander reihen zu können. In diesem Zusammenhang sind unionsrechtliche Vorgaben, insbesondere die der RL 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 zu der EGB-UNICE-CEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18.03.1999 zu beachten.
b. Selbst wenn davon auszugehen ist, der Vertrag mit der Stadt K sei nur wegen des Ziels abgeschlossen worden, dem Kläger wieder in der ARGE mit demselben Tätigkeitsbereich zu betrauen, ist nicht hinreichend ersichtlich, dass der Wechsel des Vertragsarbeitgebers ausschließlich deshalb erfolgte, um das Zuvorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zu umgehen.
aa. Zwar liegen mit der Beklagten und der Stadt K als Träger der ARGE mehrere rechtlich und tatsächlich durch § 44 b SGB II verbundene Arbeitgeber vor. Auch spricht die Ausgestaltung und die Organisation der ARGE durch die Träger gemäß § 44 b Abs. 2 SGB II für ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bei der gegenüber dem Kläger getroffenen Personalentscheidung. Aus den Verlautbarungen der Beklagten in der Mitgliederversammlung vom 09.02.2010 und im Mitarbeiterbrief von 10.03.2010 hinsichtlich der Ankündigung des Abschlusses von Sachgrundbefristungen und der Abkehr hiervon nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.03.2010 (7 AZR 843/08) spricht auch viel für die entsprechende Motivation des Arbeitgeberwechsels, nämlich der Unmöglichkeit, mit dem bisherigen Vertragsarbeitgeber erneut einen befristeten Arbeitsvertrag wirksam abschließen zu können.
bb. Jedoch liegen ausreichende Indizien, die gegen eine solche ausschließliche Umgehungsabsicht sprechen, vor. Die Vertragsgestaltung der Arbeitsverträge des Klägers mit der Beklagten einerseits und der Stadt K andererseits unterscheiden sich erheblich. Für den Kläger war klar erkennbar, dass ihm auf Arbeitgeberseite ein anderer Vertragspartner zugeordnet wurde. Im neuen Arbeitsvertrag mit der Stadt K vom 04.05.2010 ist in § 2 geregelt, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bestimmt und dementsprechend die tariflichen Versetzungsmöglichkeiten gegenüber dem Kläger im Rahmen des Beschäftigungsbereichs der Stadt K gelten. Dementsprechend konnte der Kläger kein Vertrauen mehr auf einen unveränderten Einsatz in seinem bisherigen Aufgabenbereich in der ARGE haben. Weiterhin gilt für den Kläger im Rahmen seines neuen Arbeitsvertrages mit der Stadt K eine andere Vergütungsregelung. Nun ist der Kläger in die Entgeltgruppe 10 des TVöD-VKA eingruppiert, während er zuvor bei der Beklagten eine Vergütung gemäß § 14 Abs. 1 TV-BA gewährt erhielt. Zudem ist die Höchstbefristungsdauer im Arbeitsvertrag mit der Stadt K von zwei Jahren nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht ausgeschöpft worden. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 09.03.2011 ( 7 AZR 657/09 -, NZA 2011, Seite 1147 ff ) ist auf Grund der vorangestellten Indizien nicht hinreichend davon auszugehen, dass die Beklagte mit der Stadt K das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG planvoll umgehen wollte.
Hinzu kommt, dass es sich bei dem Tätigkeitsbereich innerhalb der ARGE nicht um einen eigenen Beschäftigungsbereich der Beklagten handelt, sondern diese lediglich neben der Stadt Köln als Träger der ARGE beteiligt ist. Mit der weiteren befristeten Anstellung des Klägers sollte daher kein eigener Beschäftigungsbedarf der Beklagten gedeckt werden wie etwa bei dem Einsatz von befristet weiterbeschäftigten Leiharbeitnehmern beim Beschäftigungsarbeitsgeber. Daher ist vorliegend schon unter diesem Gesichtspunkt nicht von der Konstellation auszugehen, in der der bisherige Arbeitgeber trotz bestehenden eigenen Beschäftigungsbedarfs sich eines Dritten bedient, um das Anschlussbefristungsverbot nach § 14 Abs. 2 TzBfG zu umgehen.
c. Da nicht von einem rechtsmissbräuchlichen Handeln der Beklagten auszugehen ist, kann die Frage nach der sich aus einem Rechtsmissbrauch ergebenden Rechtsfolge dahingestellt bleiben. Während das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 18.10.2006 (7 AZR 749/05) aus einem möglichen Rechtsmissbrauch folgert, dass allenfalls in Betracht komme, dass sich der Folgearbeitgeber auf die von ihm abgeschlossene Anschlussbefristung nicht berufen könne, vertritt die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln im Urteil vom 25.03.2011 (4 Sa 1399/10) die Auffassung, dass die Folgen des Rechtsmissbrauchs den ursprünglichen Beschäftigungsarbeitgeber treffen müssten, da der Rechtsmissbrauch gerade darin liege, dass sich der bisherige Arbeitgeber, obwohl bei ihm weiterer Beschäftigungsbedarf bestehe, der rechtsmissbräuchlichen Konstruktion und der Hilfe des Folgearbeitgebers bediene, um den Normzweck zu umgehen, der gerade darin bestehe, nach Ausschöpfung der durch § 14 Abs. 2 Satz 1 und 2 TzBfG gegebenen Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung den Arbeitnehmer entweder unbefristet oder im Rahmen einer Sachgrundbefristung weiter zu beschäftigen oder bei weiter bestehendem vorübergehenden Arbeitsbedarf einen anderen Arbeitnehmer befristet einzustellen.
Nach alledem erweist sich die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten zum 04.05.2010 durch die Änderungsvereinbarungen vom 02.12.2009 als rechtswirksam, so dass der Kläger das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nicht geltend machen kann. Ebenso wenig begründet ist der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den 04.05.2010 hinaus.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der unterlegene Kläger nach § 97 ZPO.
Die Kammer hat die Revision gemäß § 72 ArbGG wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung – hierbei insbesondere mit Rücksicht auf die Geltung des § 14 Abs. 2 TzBfG im Rahmen der von verschiedenen Trägern getragenen ARGE nach § 44 b SGB II – zugelassen.
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |