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Kein Klagerecht bei Fristversäumung durch Rechtsanwalt
27.01.2009. Nach § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) hat ein gekündigter Arbeitnehmer nur drei Wochen Zeit, eine Kündigungsschutzklage einzureichen.
Nach Fristablauf ist eine Klage zwar immer noch zulässig, aber meist chancenlos.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer aktuellen Entscheidung zugunsten der Arbeitgeber klargestellt, dass die Versäumung der Dreiwochenfrist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dem Arbeitnehmer auch dann zur Last fällt, wenn ein von ihm beauftragter Rechtsanwalt die Fristversäumung verschuldet hat: BAG, Urteil vom 11.12.2008, 2 AZR 472/08.
- Ist der Arbeitnehmer der Dumme, wenn ein von ihm beauftragter Anwalt die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage versäumt?
- Der Streitfall: Gekündigter Arbeitnehmer beauftragt rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist einen Anwalt, der daraufhin die Klagefrist "verbaselt"
- BAG: Versäumt der Anwalt schuldhaft die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage, ist die Fristversäumung dem gekündigten Arbeitnehmer zuzurechnen
Ist der Arbeitnehmer der Dumme, wenn ein von ihm beauftragter Anwalt die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage versäumt?
Ein gekündigter Arbeitnehmer muss sich nach § 4 Satz 1 KSchG binnen drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung gegen diese durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht (ArbG) wehren, will er die Kündigung nicht auf sich beruhen lassen.
Wird nicht oder nicht fristgemäß Klage erhoben, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam, § 7 KSchG.
War der Arbeitnehmer allerdings trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Dinge zuzumutenden Umstände darin gehindert, diese Frist einzuhalten, gibt § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Ereignisses, das ihn an der Klageerhebung gehindert hat, einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage zu stellen.
Hat der Arbeitnehmer dagegen die ihm bei Wahrung der Klagefrist obliegende Sorgfalt nicht beachtet und daher die Versäumung der Klagefrist verschuldet, kann die Klage nicht nachträglich zugelassen werden. Daher stellt sich die Frage, wie der Fall zu beurteilen ist, dass ein vom Arbeitnehmer mit der Klageerhebung beauftragter Anwalt es versäumt, die Klage rechtzeitig zu erheben. Ist das Verschulden des Anwalts dem Arbeitnehmer dann zuzurechnen mit der Folge, dass eine nachträgliche Zulassung der Klage nicht möglich ist?
Dem Arbeitnehmer ist in diesem Fall zwar kein eigenes Verschulden anzulasten, doch könnte ihm möglicherweise aufgrund von § 85 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) das Verschulden seines Anwalts wie eigenes Verschulden zuzurechnen sein. Ob man dies so sehen muss, ist seit langer Zeit in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
So geht z.B. das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Versäumung einer Frist, die auf dem Verschulden eines Prozessbevollmächtigten beruht, nicht dem Arbeitnehmer nach § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet werden könne (Beschluss vom 07.05.2004, 8 Ta 6/04 m.w.N.). Diese Ansicht vertreten auch das LAG Hamm (Beschluss vom 27.02.1996, 5 Ta 106/95) sowie seit 2002 auch das Hessische LAG (Beschluss vom 10.09.2002, 15 Ta 98/02).
Demgegenüber sind das LAG Köln (Beschluss vom 03.11.2005, 7 Ta 306/05), das LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 17.01.2008, 3 Ta 258/07) sowie das LAG Niedersachsen (Beschluss vom 13.07.2005, 10 Ta 409/05) der Auffassung, dass sich ein klagender Arbeitnehmer im Verfahren auf nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage gemäß § 5 KSchG das Verschulden des Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Dieser könne nicht besser gestellt werden als ein Arbeitnehmer, der sich selbst vertrete.
Mit dieser arbeitsrechtlichen Streitfrage hatte sich im Dezember 2008 erstmals auch das BAG zu beschäftigen (Urteil vom 11.12.2008, 2 AZR 472/08). Dass es Jahrzehnte dauerte, bis das BAG zu diesem Streit Stellung nahm, hat folgenden Grund:
Nach der bis zum 01.04.2008 bestehenden Fassung des § 5 Abs. 4 KSchG entschied die Kammer des ArbG über einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung durch Beschluss. Gegen diesen Beschluss war (allein) die sofortige Beschwerde zum LAG zulässig. Gegen die Entscheidung des LAG konnte ein weiteres Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so dass das BAG die Rechtsprechung der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte zur nachträglichen Klagezulassung nicht überprüfen konnte.
Nunmehr wurde § 5 Abs. 4 KSchG durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 dahingehend geändert, dass das Verfahren über den Antrag auf nachträgliche Zulassung mit dem Klageverfahren zu verbinden ist. Daher ist eine Entscheidung über die nachträgliche Zulassung der Klage durch Zwischen- oder Endurteil zu treffen, so dass sich erstmals für das BAG bzw. im Revisionsverfahren die Möglichkeit ergibt, über die nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage zu entscheiden.
Der Streitfall: Gekündigter Arbeitnehmer beauftragt rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist einen Anwalt, der daraufhin die Klagefrist "verbaselt"
Der Arbeitgeber kündigte ein seit 2006 mit einer Arbeitnehmerin bestehende Arbeitsverhältnis durch eine schriftliche ordentliche Kündigung, die der Arbeitnemerin am 27.09.2007 zuging.
Die gekündigte Arbeitnehmerin beauftragte daraufhin rasch, nämlich schon am Tag nach dem Zugang der Kündigung einen Rechtsanwalt mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage.
Am 02.11.2007 stellte sich dann auf Nachfrage der Arbeitnehmerin bei ihrem Anwalt heraus, dass dieser es versäumt hatte, die Klage binnen drei Wochen ab Zugang der Kündigung einzureichen.
Daraufhin beauftragte die Klägerin einen anderen Rechtsanwalt, der am 20.11.2007 Kündigungsschutzklage einreichte und zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellte. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde damit begründet, dass sich die Klägerin das Verschulden des zuerst beauftragten Rechtsanwalts nicht zurechnen lassen müsse. Demgegenüber vertrat die beklagte Arbeitgeberin die Ansicht, dass der Klägerin das Anwaltsverschulden zuzurechnen sei.
Das Arbeitsgericht Mannheim wies den Antrag auf Wiedereinsetzung bzw. auf nachträgliche Klagezulassung der Klage zurück (Urteil vom 30.01.2008, 9 Ca 476/07), ebenso wie das LAG Baden-Württemberg in der Berufungsinstanz (Urteil vom 07.05.2008, 12 Sa 62/08).
Das LAG berücksichtigte dabei die zum 01.04.2008 in Kraft getretene Änderung des § 5 Abs. 4 KSchG und verband das Verfahren über die nachträgliche Klagezulassung mit der Klage in der Hauptsache.
Es entschied somit über die von der Klägerin gegen den Beschluss des ArbG Mannheim eingelegte Beschwerde nicht mehr durch Beschluss, sondern erließ nach mündlicher Verhandlung ein Urteil. Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung wurde zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wandte sich die Revision der Klägerin.
BAG: Versäumt der Anwalt schuldhaft die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage, ist die Fristversäumung dem gekündigten Arbeitnehmer zuzurechnen
Auch das Bundesarbeitsgericht wies den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurück.
Soweit der bislang vorliegenden Pressemitteilung zu entnehmen ist, hat das BAG ebenso wie die Vorinstanzen das Verschulden des zuerst beauftragten Rechtsanwalts an der Nichteinhaltung der Klagefrist gemäß § 85 Abs. 2 ZPO demjenigen der Klägerin gleichgesetzt, d.h. der Klägerin den Pflichtverstoß ihres Erstanwalts gegen die bei Wahrung der Klagefrist zu beachtende Sorgfalt zugerechnet.
Aufgrund des somit verschuldeten Versäumens der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gab auch das BAG dem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung, der ja nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG fehlendes Verschulden bei der Fristversäumung voraussetzt, nicht statt.
Fazit: Mit dieser Entscheidung ist der oben erwähnte jahrelange Streitfrage darüber, ob § 85 Abs. 2 ZPO auf § 5 KSchG anwendbar ist oder ob die Zurechnung eines Anwaltsverschuldens gekündigten Arbeitnehmern den Zugang zu den Arbeitsgerichten unzumutbar erschwere, verbindlich entschieden.
Wer als gekündigter Arbeitnehmer einen Anwalt mit einer Kündigungsschutzklage beauftragt, dem ist zu raten, das möglichst nicht erst gegen Ende der dreiwöchigen Klagefrist zu tun. Und er sollte mit dem Anwalt verbindlich absprechen, wann dieser Klage erhebt. Die Kopie der Klageschrift sollte dem Arbeitnehmer dann möglichst noch innerhalb der Klagefrist vorliegen.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.12.2008, 2 AZR 472/08
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 07.05.2008, 12 Sa 62/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 13/109 Kündigungsschutzklage ohne Kündigungsschutzprozess
- Arbeitsrecht aktuell: 13/008 Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 12/278 Kündigungsschutzklage nach Ablauf der Klagefrist
- Arbeitsrecht aktuell: 11/216 Kündigungsschutzklage Berlin: Arbeitsgericht großzügig bei Klagefristversäumung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/136 Klagezulassung bei Fristversäumung des juristischen Vertreters
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 8. Februar 2021
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