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Kün­di­gung oh­ne Voll­macht

Kün­di­gung durch "Con­tact Cen­ter Ma­na­ger" oh­ne schrift­li­che Voll­macht kann zu­rück­ge­wie­sen wer­den: Lan­des­ar­beits­ge­richt Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Ur­teil vom 28.02.2012, 2 Sa 290/11
Dokument mit Unterschriftenzeile und Füller Bei Kün­di­gun­gen muss man auf vie­le For­ma­li­tä­ten ach­ten

07.06.2012. Wenn über die Recht­mä­ßig­keit ei­ner Kün­di­gung ge­strit­ten wird, geht es meist um in­halt­li­che Fra­gen, al­so dar­um, ob ei­ne or­dent­li­che Kün­di­gung so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist oder ob es für ei­ne frist­lo­se Kün­di­gung ei­nen wich­ti­gen Grund gibt. Auf sol­che Fra­gen kommt es aber gar nicht an, wenn die Kün­di­gung schon we­gen ei­nes Form­feh­lers un­wirk­sam ist.

Be­son­ders wenn der Ar­beit­ge­ber nicht selbst kün­digt, son­dern die Kün­di­gung durch ei­nen Stell­ver­tre­ter aus­spre­chen lässt, be­steht die­ses Ri­si­ko. Denn ist die Voll­macht des Ver­tre­ters nicht klar er­kenn­bar, kann der Ar­beit­neh­mer die Kün­di­gung we­gen feh­len­der Ori­gi­nal­voll­macht zu­rück­wei­sen. Das gilt je­den­falls dann, wenn ein "Con­tact Cen­ter Ma­na­ger" die Kün­di­gung er­klärt, so das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Meck­len­burg-Vor­pom­mern in ei­ner ak­tu­el­len Ent­schei­dung (Ur­teil vom 28.02.2012, 2 Sa 290/11).

Wann kann ei­ne Kündi­gung we­gen Feh­lens ei­ner Voll­macht zurück­ge­wie­sen wer­den?

Kündi­gun­gen müssen schrift­lich erklärt wer­den, d.h. ei­genhändig mit Na­mens­un­ter­schrift un­ter­zeich­net wer­den (§623 und § 126 Abs.1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch - BGB). Der Ar­beit­ge­ber kann das auch ei­nem Stell­ver­tre­ter (vgl. § 164 Abs.1 BGB) über­las­sen. Der Ver­tre­ter soll­te er dann aber sorgfältig vor­ge­hen. Denn es be­steht die Ge­fahr, dass der gekündig­te Ar­beit­neh­mer die Kündi­gung "un­verzüglich" (al­so so­fort oder we­ni­ge Ta­ge später) zurück­weist, weil dem Kündi­gungs­schrei­ben kei­ne Ori­gi­nal­voll­macht bei­gefügt ist. Dann ist Kündi­gung un­wirk­sam, selbst wenn tatsächlich ei­ne wirk­sa­me Voll­macht be­stand.

Mit die­sem in § 174 Satz 1 BGB ge­re­gel­ten Zurück­wei­sungs­recht soll der Ar­beit­neh­mer vor der Un­ge­wiss­heit geschützt wer­den, ob der Stell­ver­tre­ter des Ar­beit­ge­bers zur Kündi­gung be­rech­tigt war oder nicht. Die­sen Schutz braucht er nicht, wenn ihn der Ar­beit­ge­ber be­reits zu­vor vor auf an­de­re Wei­se über die Be­vollmäch­ti­gung in Kennt­nis ge­setzt hat. Ei­ne sol­che In­for­ma­ti­on kann dar­in lie­gen, dass der Ar­beit­ge­ber ei­nen Nie­der­las­sungs­lei­ter ein­setzt, der in "sei­ner" Nie­der­las­sung für al­le Ar­beits­verträge und für al­le Kündi­gun­gen zuständig ist. Denn dann ist für die Ar­beit­neh­mer klar, dass der Nie­der­las­sungs­lei­ter ei­ne Kündi­gungs­voll­macht hat.

Das gilt aber nicht un­be­dingt für ei­nen „Con­tact Cen­ter Ma­na­ger“ (CCM), denn wel­che Be­fug­nis­se mit ei­ner sol­che Stel­le ver­bun­den sind, ist nicht je­dem Ar­beit­neh­mer klar.

LAG: Die Kündi­gungs­be­fug­nis ei­nes Con­tact Cen­ter Ma­na­ger ist nicht für al­le of­fen­kun­dig

Ei­ner Te­le­fo­nis­tin wur­de mehr­fach gekündigt. Während ihr Ar­beits­ver­trag von ei­nem „Fa­ci­li­ty Di­rec­tor“ un­ter­schrie­ben wor­den war, hat­te die Kündi­gun­gen ein CCM un­ter­zeich­net. Er war der Nie­der­las­sungs­lei­ter des Be­trie­bes, was man ei­ner eng­lisch­spra­chi­gen Stel­len­be­schrei­bung im be­trieb­li­chen In­tra­net ent­neh­men konn­te.

Die Te­le­fo­nis­tin wies die Kündi­gun­gen man­gels Voll­machts­vor­la­ge zurück und er­hob Kündi­gungs­schutz­kla­ge. Das Ar­beits­ge­richt Ros­tock (Ur­teil vom 04.08.2011, 2 Ca 409/11) und das LAG hiel­ten die Kündi­gun­gen für un­wirk­sam. Zwar muss ein Ar­beit­neh­mer wis­sen, dass mit der Be­set­zung der Stel­le ei­nes „Nie­der­las­sungs­lei­ters“ ty­pi­scher­wei­se auch ei­ne Kündi­gungs­voll­macht ver­bun­den ist. Al­ler­dings hat­te der Kläge­rin vor der Kündi­gung nie­mand mit­ge­teilt, wer die­se Po­si­ti­on ge­ra­de be­setzt oder wie sie das her­aus­fin­den kann. Eng­lisch­spra­chi­ge Stel­len­be­zeich­nun­gen bzw. -be­schrei­bun­gen wa­ren für sie man­gels ent­spre­chen­der Sprach­kennt­nis­se be­deu­tungs­los.

Fa­zit: Ar­beit­neh­mer müssen wis­sen, wer ih­nen im Na­men ih­res Ar­beit­ge­bers ei­ne Kündi­gung aus­spre­chen kann. Die­se In­for­ma­ti­on kann in ei­ner Ori­gi­nal­voll­macht be­ste­hen, die der Kündi­gung bei­liegt, oder auch durch die Be­set­zung von Stel­len, die "übli­cher­wei­se" mit ei­ner Kündi­gungs­be­rech­ti­gung ver­bun­den sind, wenn der Ar­beit­neh­mer si­cher weiß, wel­che kon­kre­te Per­son ei­ne sol­che Stel­le be­klei­det.

An­dern­falls kann der Ar­beit­neh­mer ei­ne Kündi­gung zurück­wei­sen, wenn die Kündi­gung durch ei­nen Stell­ver­tre­ter des Ar­beit­ge­bers erklärt wur­de und der Kündi­gung kei­ne Voll­macht bei­gefügt wur­de. Ei­ne sol­che Kündi­gungs­zurück­wei­sung kann auch ein vom Ar­beit­neh­mer ein­ge­schal­te­ter An­walt erklären, der dann aber sei­ner Zurück­wei­sungs­erklärung un­be­dingt ei­ne Ori­gi­nal­voll­macht des Ar­beit­neh­mers beifügen soll­te. Denn sonst kann der Ar­beit­ge­ber die Zurück­wei­sung der Kündi­gung sei­ner­seits zurück­wei­sen...

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Letzte Überarbeitung: 5. Oktober 2016

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