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LAG Düsseldorf, Urteil vom 03.11.2010, 12 Sa 974/10
Schlagworte: | Zeugnis: Dankesformel | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Düsseldorf | |
Aktenzeichen: | 12 Sa 974/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 03.11.2010 | |
Leitsätze: | 1. Im Rahmen des § 109 GewO sind wechselseitig kleinere, ephemere Unvollkommenheiten hinzunehmen (Fortführung der Bezirksrechtsprechung seit ArbG Düsseldorf NZA 1985, 812 0 = NJW 1986, 1281). Dementsprechend hat der Arbeitgeber, dem gesetzlich die wohlwollende Betrachtung des Gesamtbildes angesonnen wird, das Arbeitsverhältnis bzw. das Arbeitszeugnis nach guter Leistung und Führung mit dem Dank an den Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit und guten Wünschen für den weiteren Berufsweg ausklingen zu lassen. 2. Es bleibt unentschieden, ob es der effizienten Ausübung des Rechts auf Elternzeit (Art 33 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegensteht, wenn der Arbeitgeber das Zeugnis ohne höfliche Schlussformel mit dem Satz abschließt, dass die Arbeitnehmerin "nach ihrer dreijährigen Elternzeit im beiderseitigen Einvernehmen aus dem Unternehmen ausscheide". |
|
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2010, 7 Ca 1575/10 | |
12 Sa 974/10
7 Ca 1575/10
Arbeitsgericht Düsseldorf
Verkündet
am 03. November 2010
Esser Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
der Frau E. X., I. str. 86, C.,
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C., L. u.a.,
B. Str. 2 - 4, C.,
g e g e n
die H. Kanzlei Consulting GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin L. I., I.-I.-Str. 28, F.,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Q. u.a.,
L. str. 34, E.,
hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 03.11.2010
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Leske und den ehrenamtlichen Richter Horstmann
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.06.2010 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, das Schlusszeugnis der Klägerin vom 31.05.2009 dahingehend zu ändern, dass im letzten Satz folgende Formulierung angefügt wird:
„Wir danken Frau X. für ihre geleistete Arbeit und wünschen ihr auf ihrem weiteren Berufsweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg.“
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Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Kosten erster Instanz tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.
Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D :
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte in das Arbeitszeugnis der Klägerin als Schlusssatz eine Dankes- und Wunschformel aufzunehmen hat.
Die Klägerin war seit dem 01.03.2003 bei der Beklagten, die als Systempartner der DATEV Steuerberater und deren Mandanten betreut, als Teamsprecherin beschäftigt.
Unter dem 19.07.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin anlässlich der Inanspruchnahme von Elternzeit wunschgemäß ein Zwischenzeugnis.
Im Jahre 2009 kam es zwischen den Parteien zu einem Rechtsstreit (ArbG Düsseldorf 11 Ca 4116/09) über die Weiterbeschäftigung der Klägerin in der Funktion der „Mitarbeiterin des Service Centers“ und einer am 30.03.2009 ausgesprochenen Änderungskündigung. Zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung berief sich die Beklagte darauf, dass während der Elternzeit der Klägerin die Position der Teamsprecherin betrieblich in Wegfall gebracht worden sei. Die Klägerin, die das Änderungsangebot abgelehnt hatte, und die Beklagte verständigten sich in einem am 19.07.2009 geschlossenen Prozessvergleich darauf, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger fristgemäßer betriebsbedingter Kündigung vom 30.03.2009 mit Ablauf des 31.05.2009 sein Ende gefunden habe. Weiterhin verpflichtet die Beklagte sich in dem Vergleich, „der Klägerin ein wohlwollendes und qualifiziertes
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Endzeugnis auf der Basis des bereits erteilten Zwischenzeugnisses vom 19.07.2006“ zu erteilen.
Das daraufhin unter dem 31.05.2009 ausgestellte Endzeugnis ist – abgesehen von der Schlussformulierung – vom Wortlaut her identisch mit dem Zwischenzeugnis. Nach der Darstellung des Aufgabenbereichs werden Leistung und Führung wie folgt beschrieben:
„Frau X. erledigte alle ihr übertragenen Aufgaben völlig selbständig zu unserer vollsten Zufriedenheit. Sie engagierte sich sehr für ihre Aufgaben und wies ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft bei guter Arbeitsqualität auf.
Aufgrund ihrer aktiven und kooperativen Mitarbeit wurde Frau X. von Vorgesetzten und Kollegen gleichermaßen geschätzt und anerkannt. Hervorzuheben ist ihr freundlicher und angenehmer Umgang mit den Kunden, der ihr für die Akquise neuer Projekte und für die Festigung langfristiger Kundenbeziehungen sehr zum Vorteil gereichte.“
Während das Zwischenzeugnis mit dem Satz endet, dass „das Zwischenzeugnis auf Wunsch von Frau W. aufgrund ihrer mehrjährigen Elternzeit ausgestellt“ werde, ist in dem Endzeugnis formuliert: „Nach ihrer dreijährigen Elternzeit scheidet Frau W. aus unserem Unternehmen im beiderseitigen Einvernehmen aus.“
Mit der im März 2010 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin eine umfängliche Änderung des Zeugnisses und u.a. die Aufnahme einer Dankes- und Wunschformel als Schlusssatz begehrt.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 08.06.2010 die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Klägerin mit dem zuletzt gestellten Antrag das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, insoweit an, als sie die Dankes- und Wunschformel in das Zeugnis aufgenommen wissen möchte.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.06.2010 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das Schlusszeugnis der Klägerin vom 31.05.2009 dahingehend zu ändern, dass im letzten Satz folgende Formulierung angefügt wird:
„Wir danken Frau X. für ihre geleistete Arbeit und wünschen ihr auf ihrem weiteren Berufswege alles Gute und weiterhin viel Erfolg.“
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
I. Die Berufung ist an sich statthaft, § 64 Abs. 1 ArbGG, nach dem Wert
des Beschwerdegegenstandes zulässig, § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG, sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt € 600,00.
1. Bei dem Zeugnisrechtsstreit handelt es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit (BAG 13.02.1984 – 7 AZB 22/83 – Juris Rn. 5). Gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG ArbGG findet gegen ein erstinstanzliches Urteil die Berufung statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes € 600,00 über-
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steigt. Die Berechnung des Beschwerdewertes erfolgt nach § 3 ZPO. Maßgeblich sind die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge (BAG 04.06.2008 – 3 AZB 37/08 – NJW 2009, 172 = Juris Rn. 11, vgl. GK-ArbGG/Vossen, § 64 Rn. 44). Die Klägerin hat sich nach teilweiser Anfechtung des klagabweisenden Urteils zuletzt auf das Verlangen nach Aufnahme einer abschließenden Dankes- und Wunschformel in das Zeugnis beschränkt.
2. Als Wert einer Klage auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses hat sich das Monatseinkommen eingebürgert (BAG 20.02.2001 – 9 AZR 44/00 – BAGE 97, 57, zu A II = Juris Rn. 12, LAG Schleswig-Holstein 19.03.2009 – 1 Ta 203/08 – JurBüro 2010, 306 = Juris Rn. 15, LAG Köln 28.04.1999 – 13 Sa 96/99 – MDR 1999, 1336 = Juris Rn. 4, GK-ArbGG/Schleusener, § 12 Rn. 338 f.). Deshalb muss sich am Monatsgehalt auch der Wert der Klage auf Berichti¬gung des Zeugnisses orientieren.
a) Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (20.02.2001 – 9 AZR 44/00 – BAGE 97, 57-63 = Juris Rn. 12) kommt es für die Bewertung des Zeugnisberichtigungsanspruchs mit einem Monatsverdienst nicht auf den Umfang der vom Arbeitnehmer verlangten Änderungen an. Das Gesetz kenne keinen Zeugnis-Berichtigungsanspruch, so dass der Arbeitnehmer mit dem Verlangen nach einem anders gefassten Zeugnis in Wahrheit einen Erfüllungsanspruch auf Erteilung eines richtigen Zeugnisses geltend mache.
Danach wäre die Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes, den das Arbeitsgericht mit einem Monatsgehalt (€ 3.059,00) angenommen hat, gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft.
b) Die Statthaftigkeit der vorliegenden Berufung steht auch dann nicht in Frage, wenn man der Abschlagstheorie folgt. Danach ist bei einem Streit nur über einzelne Änderungspunkte von dem regelmäßig anzunehmenden Monatsverdienst ein Abschlag zu machen (z.B. LAG Köln 29.12.2000 – 8 Ta 299/00 – NZA-RR 2001, 324 = Juris Rn. 19, ErfK/Koch, 11. Aufl., § 12 ArbGG Rn. 21; vgl. BAG 13.02.1984 – 7 AZB 22/83 – Juris Rn. 8) und auch sonst nach dem
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wirtschaftlichen Interesse an der Titulierung des Zeugnisanspruchs zu differenzieren (LAG Düsseldorf 28.03.2006 – 6 Ta 137/06 – Juris Rn. 2 ff., vgl. Sächsisches LAG 07.07.2009 – 4 Ta 59/09 [2] – Juris Rn. 13 ff.).
Die Kammer folgt dieser Sichtweise.
Für die Wertbemessung in der Rechtsmittelinstanz ist das Interesse des jeweiligen Rechtsmittelführers maßgebend. Legt, wie hier, die Klägerin nach Abweisung ihrer Klage in der Vorinstanz Berufung ein, dann bestimmt sich der Wert des Zeugnisberichtigungsanspruchs nach dem wirtschaftlichen Interesse, das sie an der Ausstellung eines geänderten Zeugnisses hat. Der Klägerin geht es um Erhöhung der Bewerbungschancen durch ein „besseres“ Zeugnis. Diese Werterhöhung hat das Gericht gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Anzumerken ist, dass auch aus Sicht der Arbeitgebers der „Regelwert“ von einem Monatsverdienst nicht erreicht ist, wenn es nur um die Schlussfloskel geht und den Aufwand an Zeit und Kosten für die Erstellung eines neuen Zeugnisses begrenzt.
Stehen – wie vorliegend – nur einzelne Punkte im Streit, hat als Konsequenz daraus, dass der Zeugnisrechtsstreit vermögensrechtlicher Natur ist und das insgesamt umstrittene Zeugnis mit einem Monatsgehalt ausreichend bewertet zu sein pflegt, denknotwendig der Streitwert für ein nur teilweise umstrittenes Zeugnis geringer, nämlich der Bruchteil eines Monatseinkommens, zu sein. Nach den Gesetzen der Logik wäre dieser Bruchteil anhand des wertmäßigen Verhältnisses zwischen dem streitbefangenen Änderungspunkt und dem Gesamtzeugnis zu ermitteln (vgl. HWK/Gäntgen, 3. Aufl., § 109 GewO Rn. 53 a.E.). Demgemäß hat die Kammer erkannt, dass der Streit nur über die Leistungsbeurteilung mit 1/3 des Monatsgehalts angemessen bewertet sein kann (LAG Düsseldorf 08.08.1990 – 12 Sa 816/90 – Juris Rn. 68). Allerdings fängt die Bruchrechnung die partielle Mangelhaftigkeit des Gesamtakts „Zeugnis“ nicht immer ein und leuchtet dann nur spotlichtartig den Spielraum des freien Ermessens (§ 3 ZPO) aus. So kann sich eine abweichende Quotierung im Einzelfall aus dem höheren oder geringeren wirtschaftlichen Interesse des Arbeit-
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nehmers an einzelnen Zeugnispunkten ergeben oder die Unzulänglichkeit eines singulären Zeugnismangels das Zeugnis übermäßig in seinem Gesamtwert beeinträchtigen. Gerichtliche Kleinlichkeit würde – auch wenn dies kein rechtlich durchschlagender Aspekt ist – dem anwaltlichen Aufwand mit Prozess und eigener Partei nicht gerecht werden und gerade in Zeugnisrechtsstreitigkeiten als unangemessen erscheinen.
c) Im Streitfall ist das mit Ausnahme der Schlussformulierung ordnungsgemäß erteilte Zeugnis für die Klägerin durchaus von Wert und bei Bewerbungen verwendbar. Die Abänderung des Zeugnisses durch Einfügung der Dankes-und Zukunftsformel dient der Erhöhung der Bewerbungschancen mittels eines „besseren“ Zeugnisses. In diesem Licht hat die Kammer den Streit um die freundliche Schlussfloskel mit 20 % des Monatsverdienstes, d.h. € 611,80, bewertet. Damit ist die Wertgrenze des § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG überwunden.
II. Die Berufung ist begründet. Die Beklagte ist gemäß § 109 GewO verpflichtet, die in dem Berufungsantrag vorformulierte Dankes- und Wunschformel in das Schlusszeugnis aufzunehmen.
1. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung ausgeführt, dass grundsätzlich kein Anspruch auf Aufnahme eines derartigen Schlusssatzes bestehe und auch der Prozessvergleich vom 19.07.2009 die Beklagte hierzu nicht verpflichte. „Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 20.02.2001 (9 AZR 44/00) entschieden, dass solche Schlusssätze nicht zum gesetzlich geschuldeten Inhalt eines Arbeitszeugnisses gehören. Das Fehlen solcher Schlusssätze macht ein Zeugnis nicht unvollständig. Dem Arbeitgeber obliegt die Formulierung und Gestaltung des Zeugnisses. Ein Zeugnis ohne Schlusssatz wird nicht zwingend entwertet. Ohne gesetzliche Grundlage kann ein Arbeitgeber nicht verurteilt werden, Dank oder Bedauern auszudrücken und dem Arbeitnehmer solche Gefühle schriftlich zu bescheinigen. Die vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf in der Entscheidung vom 21.05.2008 (12 Sa 505/08) erhobenen Bedenken sind bereits in der Entschei-
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dung vom 20.02.2001 vom Bundesarbeitsgericht berücksichtigt worden. Vor diesem Hintergrund schließt sich die Kammer der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an.“
2. Dem folgt die Kammer nicht. Sie ist – unter Anknüpfung an ihr Urteil vom
12.05.2008 – 12 Sa 505/08 – NZA-RR 2009, 177 = LAGE Nr. 5 zu § 630 BGB 2002 = Juris Rn. 30 – der Auffassung, dass die Verpflichtung zur Aufnahme einer Dankes- und Zukunftsformel insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die dem Arbeitnehmer zustehende Leistungs- und Verhaltensbewertung über ein "befriedigend" signifikant hinausgeht und Inhalt und Form des vorgelegten Arbeitszeugnisses bei Bewerbungen bzw. der Bewerberauswahl relevant zu sein pflegen. In dieser Konstellation stellt das Fehlen einer Schlussformulierung, mit der der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit dankt und alles Gute und Erfolg für den weiteren Berufsweg wünscht, eine nach § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO unzulässige Abwertung der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung dar. Mit einem ohne abschließende freundliche Schlussfloskel (clausula comis benevolentiae) ausgestellten Zeugnis genügt der Arbeitgeber nicht dem allgemeinen zeugnisrechtlichen „Wohlwollensgebot“. Danach muss das Zeugnis von verständigem Wohlwollen gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein und darf dessen weiteres Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren (BAG 21.06.2005 – 9 AZR 352/04 – BAGE 115, 133 = Juris Rn. 22, 10.05.2005 – 9 AZR 261/04 – BAGE 114, 322 = Juris Rn. 16, vgl. BAG 12.08.2008 – 9 AZR 632/07 – BAGE 127, 237 = Juris Rn. 19; an die „altehrwürdige Fürsorgepflicht [§ 242 BGB]“ erinnernd: ArbG Berlin 07.03.2003 – 88 Ca 604/03 – AR-Blattei ES 1850 Nr .45 = Juris Rn. 56). Das „Wohlwollensgebot“ ergibt sich aus dem Gesetzeszweck, wonach – im Rahmen der Zeugniswahrheitspflicht – das Zeugnis dem Interesse des Arbeitnehmers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung tragen soll (LAG Hamburg 06.12.2007 – 8 Sa 51/07 –, Juris Rn. 54/68, HWK/Gäntgen, § 109 GewO, Rn. 36 [gegen einen konstitutionell überspannten Objektivismus]; kritisch Preis/Bender, NZA 2005, 1327 MüArbR/Wank, 3. Aufl., § 105 Rn. 20 [18], die aber vernachlässigen, dass „Wahrheitsliebe sich darin zeigt, daß man überall das Gute zu finden und zu
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schätzen weiß“ (Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre II. Buch, Betrachtungen im Sinne der Wanderer - - 2).
Im Einzelnen:
3. Das Zeugnis soll dem Arbeitnehmer als Unterlage für eine neue Bewerbung dienen und somit einen Dritten, der die Einstellung des Zeugnisinhabers erwägt, unterrichten. Indem es dazu bestimmt ist, in Unternehmen oder Verwaltungen, bei denen der Arbeitnehmer sich bewirbt, den zuständigen Personen einen Eindruck über die bisherige berufliche Tätigkeit des Bewerbers, dessen Qualifikation und Leistungs- und Führungsverhalten zu verschaffen, kommt es nicht darauf an, welche Vorstellungen der Zeugnisverfasser mit seiner Wortwahl und Zeugnisgestaltung verbindet. Vielmehr ist maßgebend die Sicht des Zeugnislesers (BAG 21.06.2005, a.a.O., Rn. 21 ff.). Dieses Verständnis ist geprägt von den Gebräuchlichkeiten des jeweiligen Rechtskreises. Damit sind, was Erscheinungsbild und Inhalt des Zeugnisses anbelangt, die Gepflogenheiten im Arbeitsleben zu berücksichtigen. Hier hat sich seit langem eine eigene Kultur standardisierter Gestaltungsformen und –inhalte in besonderer stilistischer Blüte entwickelt und – über gesellschaftliche Sprach- und Höflichkeitsformen hinaus – eine eigene Semantik der Zeugnissprache herausgebildet (vgl. BAG, a.a.O., Rn. 23). So darf ein Zeugnis nichts auslassen, was der Leser eines Zeugnisses erwarten darf (LAG Düsseldorf 03.05.2005 – 3 Sa 359/05 – DB 2005, 1799 = Juris Rn. 33), oder hinter einer zweideutigen Wortwahl Tadel verstecken (dazu, dass etwa einem Metzgerlehrling, der Knochen entwendet habe, nicht bescheinigt werden dürfe, er sei korrekt bis auf die Knochen, vgl. LAG Hamm 27.04.2000 – 4 Sa 1018/99 – Juris Rn. 71). Das Zeugnis darf keine fehlerhaften Angaben z.B. zur Person enthalten und sollte Rechtschreibefehler vermeiden (BAG 21.06.2005 – 9 AZR 352/04 – Juris Rn. 14, unter explizitem Hinweis ArbG Düsseldorf 19.12.1984 – 6 Ca 5682/84 – NJW 1986, 1281 = NZA 1985, 812, ferner BAG 03.03.1993 – 5 AZR 182/92 – NJW 1993, 2197 = Juris 12 f.). Arbeitnehmer müssen aber kleinere, nicht ins Gewicht fallende Unvollkommenheiten ihrer Arbeitgeber hinnehmen, gleiches gilt auch dann umgekehrt (cum legere voles ArbG Düsseldorf 19.12.1984, a.a.O.).
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4. Indem das Zeugnis typischerweise verwendet wird für Bewerbungen in Deutschland und namentlich in der Region des bisherigen Wohn- und Arbeitsortes, kommt es darauf an, was ein potentieller Arbeitgeber im deutschen und – wie hier – im rheinischen Kultur- und Sprachraum in Kenntnis der Gebräuchlichkeiten nach Form, Inhalt und Sprache von einem Arbeitszeugnis erwartet. Dazu zählt die Wahrung von Höflichkeitsformeln.
Höflichkeit ist Rheinkultur. Ebenso wird sie stets und zu Recht als ein Grundwert der deutschen Leitkultur u.a. neben Disziplin, Pünktlichkeit und Rücksichtnahme genannt. Höflichkeit manifestiert sich in freundlicher Konzilianz: „Die wahre Höflichkeit besteht darin, dass man einander mit Wohlwollen entgegenkommt. Sobald es uns an diesem nicht gebricht, tritt sie ohne Mühe hervor“ (Rousseau, Émile 2,4).
5. Am Schluss eines Endzeugnisses findet Höflichkeit ihren üblichen Ausdruck in der Danksagung für die geleistete Arbeit und Wünschen für die Zukunft.
Wäre es so, dass in der freundlichen Schlussfloskel das Bestehen von Gefühlen wie Wertschätzung, Anteilnahme und Bedauern schriftlich bescheinigt werden solle, würde allerdings das „Wohlwollensgebot“ die Verurteilung des Arbeitgebers zu derartigen Aussagen über seine persönliche Empfindungen nicht bzw. erst nach entsprechender gesetzlicher Konkretisierung legitimieren (zutreffend BAG 20.02.2001 – 9 AZR 44/00 – BAGE 97, 62 zu = Juris Rn. 26; skeptisch auch Goethe, zu Eckermann, 12. 3. 1828: „Wie soll einer gegen andere Wohlwollen empfinden und ausüben, wenn es ihm selber nicht wohl ist ?“). Es ist aber nicht so. Weder schuldet der Arbeitgeber im Arbeitszeugnis Emotionsarbeit, noch werden im Zeugnisrechtsstreit von ihm als Gefühlsausdruck formulierte Aussagen auf Echtheit des Gefühls nachgeprüft und am tatsächlichen oder rechtlich schutzwürdigen Vorhandensein desselben gemessen.
Die freundliche (Schluss-)Formel ist mithin nicht Kundgabe wirklicher oder vorgeblicher Empfindungen. Nicht anders als bei der Leistungswertung nach der sog. Zufriedenheitsskala (oder auch bei allgemeinen Grußformeln) äußert der
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Arbeitgeber in der Schlussformulierung nicht seine subjektiv aufrichtigen Gefühle, sondern wahrt gerade und nur allgemeine Standards und Höflichkeitsformen. Das Weglassen solcher Formeln kann dementsprechend als Distanzierung und Brüskierung des beurteilten Mitarbeiters aufgefasst werden (Kammer 21.05.2008, Juris Rn. 29 mwN.; vgl. zum Ganzen: Hessisches LAG 17.06.1999 – 14 Sa 1157/98 – BB 2000, 155 = Juris Rn. 46 f., LAG Köln 29.02.2008 – 4 Sa 1315/07 – Juris Rn. 22, LAG Niedersachsen 13.03.2007 – 9 Sa 1835/06 – Juris Rn. 29, 118, LAG Hamm 12.07.1994 – 4 Sa 564/94 – LAGE Nr. 26 zu § 630 BGB, ErfK/Müller-Glöge, § 109 GewO Rn. 46, MüKo-BGB/Henssler, 5. Aufl., § 630 BGB Rn. 45, Küttner/Reinecke, Personalbuch 2010, Rn. 34, HWK/ Gäntgen, § 109 GewO Rn. 28, Stück, MDR 2006, 795, Kokemoor, jurisPR-ArbR 16/2009 Anm. 3, Fuchs BeckOK BGB § 630 Rn. 7a).
6. Umso mehr ist dann, wenn – wie hier – eine überdurchschnittlich positive
Beurteilung des Leistungs- und Führungsverhaltens des Arbeitnehmers erfolgt ist, das Weglassen der Schlussformel geeignet, die Beurteilung abzuwerten und Misstrauen zu erregen. Das Fehlen der Dankes– und Wunschformel kann den Zeugnisleser zudem veranlassen, Nachfrage bei dem früheren Arbeitgeber zu halten und positiv klingenden Auskünften Skepsis entgegenzubringen.
Dagegen lässt sich nicht einwenden, dass der Zeugnisleser das Fehlen der Dankes- und Zukunftsformel als persönliche Eigenheit des Zeugnisausstellers oder dessen Unkenntnis der Zeugnissprache abtun könnte. Eine solche Einschätzung des Ausstellers könnte nämlich den Zeugnisleser auf den Gedanken bringen, dass es auch sonst mit der Kompetenz des früheren Arbeitgebers womöglich nicht zum Besten bestellt gewesen sei, und dementsprechend das erteilte Zeugnis entwerten.
III. Im Licht der vorerwähnten Rechtsgrundsätze moniert die Klägerin zu Recht das Fehlen einer Dankes- und Wunschformel im Endzeugnis.
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1. Der ebenso schlichte wie lieblose Schlusssatz, dass die Klägerin nach dreijähriger Elternzeit in beiderseitigem Einvernehmen aus dem Unternehmen ausscheide, steht in auffälligem Widerspruch zu der überdurchschnittlich positiven Leistungs- und Führungsbewertung und entwertet schon deshalb die Gesamtaussage des vorausgehenden Zeugnistextes. Das Auslassen einer Dankes- und Wunschformel kann nach dem objektiven Empfängerhorizont des Lesers des Zeugnisses als beredtes Schweigen und Hinweis auf Unstimmigkeiten oder Enttäuschungen im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstanden werden.
Auf die Dankes- und Wunschformel kann vorliegend umso weniger verzichtet werden, als der Umstand, dass in dem voraufgehenden Text Beendigungstatbestand „beiderseitiges Einvernehmen“ angegeben wird, bei dem Zeugnisleser, der den betriebsbedingten Auflösungsgrund nicht kennt bzw. einschätzen kann, leicht der Eindruck entstehen kann, dass es anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zuzurechnende negative Begleitumstände im Anschluss an die in Anspruch genommene Elternzeit gab. Indem die Formel diesen Eindruck verwischt, hat die Kammer sich nicht mehr die unionsrechtlich brisante Frage vorzulegen, ob die (dreijährige) Elternzeit als eine wesentliche tatsächliche Unterbrechung der Beschäftigung im Zeugnis erwähnt werden darf oder gemäß § 7 Abs. 1, § 1, § 3 Abs. 2 AGG (Art. 3 Abs. 1 c EGRL 78/2000) zu beanstanden wäre (dazu BAG 10.05.2005, a.a.O., Rn. 35, LAG Köln 30.08.2007 – 10 Sa 482/07 – AE 2008, 276 = Juris Rn. 42).
2. Das Zeugnis (mit der begehrten Schlussformel) ist für die Klägerin eine bei künftigen Bewerbungen wichtige Unterlage, insbesondere wenn es um Stellen geht, bei denen der mögliche künftige Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die „völlig selbständige“ Aufgabenerledigung mit Projekt- und Mitarbeiterverantwortung (was die Beklagte der Klägerin in der Funktion der Teamsprecherin des Service-Centers attestierte) erwartet. Hier kann das Zeugnis Grundlage für die Personal(vor)auswahl sein. Die Dankes- und Wunschformel gehört dann, wie ausgeführt, zu einem anständigen Zeugnis.
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IV. Da sich die beanspruchte Zeugnisergänzung bereits aus dem § 109 GewO immanenten „Wohlwollensgebot“ ergibt, kann dahinstehen, ob der Prozessvergleich vom 28.07.2009 die gesteigerte Obliegenheit der Beklagten zu einer „wohlwollenden“ Abfassung des Zeugnisinhalts begründet.
V. Die im Klageantrag formulierte Dankes- und Wunschformel liegt im Rahmen zeugnisüblicher Höflichkeit und ist das Mindeste, was ein Arbeitgeber einem überdurchschnittlich beurteilten Arbeitnehmer schuldet. Die Beklagte hat auch keine konkreten Einwände gegen die streitgegenständliche Formulierung erhoben.
N e b e n e n t s c h e i d u n g e n
Die Kosten der Berufung sind gemäß § 92 Abs. 1 (§ 97 Abs. 1) ZPO gegeneinander aufzuheben, die Kosten erster Instanz gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu 4/5 der überwiegend mit der Klage unterlegenen Klägerin und zu 1/5 der Beklagten aufzuerlegen.
Die Kammer hat für die Beklagte die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen. Der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Außerdem besteht Divergenz zu dem – allerdings zu § 630 BGB ergangenen – BAG-Urteil vom 20.02.2001 (a.a.O.).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
R E V I S I O N
eingelegt werden.
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Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
Fax: 0361-2636 2000
eingelegt werden.
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
Dr. Plüm
Leske
Horstmann
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