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ArbG Berlin, Beschluss vom 08.09.2011, 63 BV 9415/08
Schlagworte: | Tarifunfähigkeit, CGZP | |
Gericht: | Arbeitsgericht Berlin | |
Aktenzeichen: | 63 BV 9415/08 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 08.09.2011 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Arbeitsgericht Berlin
Geschäftszeichen (bitte immer angeben)
63 BV 9415/08
Verkündet
am 08.09.2011
als Urkundsbeamter/in
der Geschäftsstelle
Beschluss
In Sachen
- Antragsteller und Beteiligter zu 1) -
- Beteiligte zu 2) -
- Beteiligte/r zu 3) -
- Beteiligte/r zu 4) -
- Beteiligte/r zu 5) -
- Beteiligte/r zu 6) -
- Beteiligte/r zu 7) -
- Beteiligte/r zu 8) -
- 2 -
- Beteiligte/r zu 9) -
- Beteiligte/r zu 10) -
- Beteiligte/r zu 11) -
- Beteiligte/r zu 12) -
- Beteiligte/r zu 13) -
zu 3)
zu 8)
zu 9)
zu 11)
hat das Arbeitsgericht Berlin, 63. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 28.07.2011 und auf die Beratung vom 08.09.2011
durch den Richter am Arbeitsgericht F
als Vorsitzender
sowie die ehrenamtlichen Richter Herr S und Herr W
beschlossen:
I.
Es wird festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Ch Gewerkschaften für Z und P am 22. Juli 2003 nicht tariffähig war.
II.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
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Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beteiligte zu 3) (Tarifgemeinschaft Ch Gewerkschaften für Z und P am 22. Juli 2003 und im Zeitraum 17. Oktober 2006 bis 31. Januar 2008 tariffähig war.
Die Beteiligte zu 3) wurde am 11. Dezember 2002 von Mitgliedern der Beteiligten zu 13) (Ch Gewerkschaftsbund Deutschlands) gegründet.
Die Ziffern 2., 3. und 5. der Gründungssatzung der Beteiligten zu 3) haben folgenden Wortlaut:
„2. Mitglieder sind die Gewerkschaften im CGB, die ihren Beitritt zur Tarifgemeinschaft erklärt haben. Die Mitgliedschaft endet durch Austrittserklärung einer Gewerkschaft. Der Ausschluss einer Gewerkschaft bedarf einer 2/3-Mehrheit der Mitgliederversammlung.
3. Die Tarifgemeinschaft vertritt die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften und schließt für deren Mitglieder Tarifverträge ab.
5. Mitgliederversammlung:
a) Die Mitgliederversammlung besteht aus mindestens einem Vertreter der angeschlossenen Gewerkschaften.
b) Die Mitgliederversammlung tagt bei Bedarf, jedoch mindestens alle vier Jahre.
c) Die Mitgliederversammlung wird vom Vorstand einberufen. Auf Antrag von mindestens 1/3 der Mitgliedsgewerkschaften ist eine Mitgliederversammlung durchzuführen. Eine ordnungsgemäß einberufene Mitgliederversammlung ist unabhängig von der Anzahl der Anwesenden beschlussfähig.
d) Die Mitgliederversammlung bestellt den Vorstand der Tarifgemeinschaft
e) Abstimmungen können auch im schriftlichen Umlaufverfahren erfolgen.
f) Die Mitgliederversammlung kann für die Tarifgemeinschaft eine Geschäftsordnung beschließen."
Die Satzung wurde am 05. Dezember 2005 geändert.
Die Beteiligte zu 3) schloss seit dem 12. Dezember 2002 eine Vielzahl von Firmen- und Verbandstarifverträgen ab.
Die zu 4) beteiligte Ch Gewerkschaft M (CGM), die zu 6) beteiligte DHV — Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV) sowie die zu 7) beteiligte Gewerkschaft Ö D und Dienstleistungen (GÖD) sind Mitglieder der Beteiligten zu 3). Die zu 5) beteiligte Ch Gewerkschaft P und T (CGPT) war bis zum
30. Juni 2009 Mitglied der Beteiligten zu 3).
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (Beteiligter zu 11) sowie die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (Beteiligte zu 12) wurden neben dem C Gewerkschaftsbund Deutschlands (Beteiligter zu 13) als Spitzenverbände beteiligt. Die Beteiligung des Bundesministeriums für A und S(Beteiligter zu 10) erfolgte aufgrund seiner Stellung als oberste Arbeitsbehörde des Bundes. Der Arbeitgeberverband Mittelständischer P (Beteiligter zu 8) und die Bundesvereinigung
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Deutscher D e.V. (Beteiligte zu 9) haben wiederholt mit der Beteiligten zu 3) Tarifverträge abgeschlossen.
Mit der am 15. April 2008 beim Arbeitsgericht Bamberg eingegangenen Antragsschrift leitete der Beteiligte zu 1) das vorliegende Verfahren ein. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 06. Juni 2008 (BI.14 und 15 d.A.) an das Arbeitsgericht Berlin verwiesen.
Der Beteiligte zu 1) führt vor dem Arbeitsgericht Bamberg (- 2 Ca 249/08 -) ein Verfahren gegen die Beteiligte zu 2), mit dem er Vergütungsansprüche aus einem Leiharbeitsverhältnis für die Zeit seiner Beschäftigung vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2008 geltend macht.
In § 15 des zwischen dem Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 2) am 16. Oktober 2006 geschlossenen Arbeitsvertrages (BI.3 und 4 d.A.) ist geregelt, dass neben den vor-stehenden Vertragsvereinbarungen die Bestimmungen der Tarifverträge für Zeitarbeitnehmer, die zwischen der Tarifgemeinschaft Ch Gewerkschaften Z und PSA und der Tarifgemeinschaft Z im BVD abgeschlossen wurden, in der jeweils gültigen Fassung gelten.
Mit Beschluss vom 16. April 2008 (6I.19 und 20 d.A.) setzte das Arbeitsgericht Bamberg den Rechtstreit gemäß § 97 Abs.5 ArbGG bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft CIM» Gewerkschaften für Z und PSA aus. Das Arbeitsgericht Bamberg ergänzte diesen Beschluss mit Beschluss vom 21. November 2008 (Bl.53 d.A.) und Beschluss vom 06. Februar 2008 (BI.160 d.A.). Eine Rechtsmittelbelehrung enthielt nur der Beschluss vom 06. Februar 2008.
Der Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, die Beteiligte zu 3) habe die für die Arbeitnehmer mit Abstand ungünstigsten Tarifverträge abgeschlossen, was nur durch die fehlende Bindung an eine ernsthafte Mitgliederbasis erklärbar sei. Aus diesem Grund sei von einer mangelnden Tariffähigkeit dieser Gewerkschaft auszugehen.
Wegen des weiteren Vortrags des Beteiligten zu 1) wird auf den Inhalt seiner Antragsschrift (BI.1 und 2 d.A.) nebst Anlagen sowie seiner Schriftsätze vom 29. März 2011 (BI.277 d.A.), vorn 09. Mai (61.343 und 344 d.A.) und vom 26. Juli 2011 (BI.667 und 668 d.A.) Bezug genommen.
Die Antragsschrift des Beteiligten zu 1) enthält den Antrag, festzustellen, dass die Tarifgemeinschaft Ch Gewerkschaften Z und PSA nicht tariffähig ist. In seinem Schriftsatz vom 26. Juli 2011 fasste der Beteiligte zu 1) seinen Antrag wie folgt neu:
festzustellen, dass die Tarifgemeinschaft Ch1111.1.11 Gewerkschaf-en ZIMIIIM und PSA am 22. Juli 2003 und im Zeitraum 17. Oktober 2006 bis 31. Januar 2008 nicht tariffähig war.
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Die Beteiligten zu 2), 3), 8) und 9) beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Weiterhin beantragt die Beteiligte zu 3),
das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Beteiligung von Firmentarifvertragsparteien im Verfahren nach § 97 Abs.1 ArbGG (Aktenzeichen: BAG 1 ABR 19/10) auszusetzen.
Die Beteiligten 2), 3), 6), 8), 9) und 13) haben in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2011 erklärt, sie stimmen einer Antragsänderung nicht zu.
Die Beteiligte zu 3) ist der Ansicht, der Beteiligte zu 1) sei nicht antragsbefugt, da der Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16. April 2008 zu unbestimmt sei. Daran ändere auch der Hinweis des Arbeitsgerichts Bamberg vom 19. November 2008 nichts. Zudem sei der Beschluss während der Aussetzung erfolgt und damit unwirksam.
Weiterhin sei der Aussetzungsbeschluss nicht rechtskräftig, so dass dem Beteiligten zu 1) die Antragsbefugnis fehle.
Die Beteiligte zu 3) sei tariffähig. Sie sei eine Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs.3 TVG und bereits aufgrund des Umstandes, dass der Abschluss von Tarifverträgen für Zeitarbeit und Personalserviceorganisationen nach § 1 der Satzung der Beteiligten zu 3) zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehöre und zwei Mitglieder tariffähig seien, selbst tariffähig.
Sie habe zahlreiche Flächen- und Haustarifverträge in der Branche der Zeitarbeit abgeschlossen, was die aktive Mitwirkung am Zustandekommen tariflicher Regelungen von Arbeitsbedingungen belege.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten zu 3) wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 19. Dezember 2008 (Bl.88 bis 95 d.A.), vom 16. Mai 2011 (BI.358 bis 363 d.A.) und vom 13. Juli 2011 (BI.422 bis 424 d.A.) nebst Anlage Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 8) ist der Auffassung, das vorliegende Beschlussverfahren sei vom Beteiligten zu 1) nicht wirksam eingeleitet worden, da die Antragsschrift zum Zeitpunkt ausgefertigt worden sei, zu dem noch kein Aussetzungsbeschluss im Ausgangsverfahren existiert habe. Zudem sei die Antragsschrift vom 11. April 2008 lediglich mit einer Paraphe unterzeichnet worden, so dass die erforderliche Unterschrift fehle.
Zudem sei der Aussetzungsbeschluss noch nicht rechtskräftig und außerdem zu unbestimmt. Der ergänzende Beschluss vom 21. November 2008 sei unbeachtlich, da er zum einen während des bereits ausgesetzten Verfahrens erfolgt ist, zum anderen nicht mit dem Beschluss vom 16. April 2008 körperlich verbunden sei und zum weiteren nicht von
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den Richter gefasst worden sei, der den Aussetzungsbeschluss vom 16. April 2008 gefasst hat.
Weiterhin fehle dem Beteiligten zu 1) das Feststellungsinteresse, denn das Bundesarbeitsgericht habe den zwischen der Beteiligten zu 3) und der Tarifgemeinschaft Zeitarbeitsunternehmen im BVD abgeschlossen Entgelttarifvertrag-Ost vom 22. Juli 2003 bereits im Urteil vom 24. März 2004 — 5 AZR 303/03 - für wirksam erachtet.
Im Übrigen komme es für die Wirksamkeit des relevanten Tarifvertrages gar nicht auf die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) an, sondern auf die Tariffähigkeit deren Mitgliedsverbände, denn die Beteiligte zu 3) habe in der Vergangenheit Tarifverträge nicht nur im eigenen Namen, sondern als Tarifgemeinschaft auch im fremden Namen und damit in Stellvertretung für die angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften abgeschlossen. Auch den im Aussetzungsbeschluss benannten Entgelttarifvertrag-West vom 22. Juli 2003 habe die Beteiligte zu 3) auch in Vertretung für ihre dem CGB angehörenden Mitgliedsgewerkschaften abgeschlossen. Insoweit komme es auf die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) überhaupt nicht an, so dass ein Feststellungsinteresse fehle.
Die Beteiligte zu 3) sei eine Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs.3 TVG und bereits aufgrund des Umstandes, dass zwei Mitglieder tariffähig seien, selbst tariffähig.
Hinzu komme, dass die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit sowie die Lehre vom fehlerhaften, in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen es gebieten, für die Zeit vor dem 14. Dezember 2010 von der Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) auszugehen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten zu 8) wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 22. Dezember 2008 (61.96 bis 104 d.A.) nebst Anlagen und vom 21. Juli 2011 (Bl.535 bis 580 d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 9) trägt vor, die Beteiligte zu 3) sei 2003 als reine Tarifgemeinschaft gegründet worden. Erst später sei durch Beschluss einer Satzung mit Zuständigkeit für die Zeitarbeit die Begründung einer Spitzenorganisation nachgeschoben worden. Damit habe die vorherige Tarifgemeinschaft zur Verdeutlichung der tarifpolitischen Zuständigkeit aufgewertet werden sollen. Die Beteiligte zu 3) habe Tarifverträge abschließen können und sei auch tariffähig gewesen.
Zudem sei der Antrag auch aus den Gesichtspunkten der Verjährung zurückzuweisen. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten zu 9) wird auf den Inhalt ihres Schriftsatzes vom 14. Juni 2011 (BI.368 bis 370 d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2007 haben weitere 59 Unternehmen der Zeitarbeitsbranche, die mit der Beteiligten zu 3) Firmentarifverträge abgeschlossen haben, die Beteiligung an dem vorliegenden Verfahren beantragt. Dies wurde mit Schreiben vom 25. Juli 2011 durch das Arbeitsgericht abgelehnt.
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II.
Der nur zum Teil zulässige Antrag ist begründet.
1. Das Beschlussverfahren ist entscheidungsreif.
1.1. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 3) war das Verfahren nicht in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das vorliegende Verfahren überhaupt im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtbeteiligung von Firmentarifvertragsparteien im Verfahren nach § 97 Abs.1 ArbGG nach § 148 ZPO (oder analog § 148 ZPO, wenn man im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde keinen "anderen Rechtsstreit" sieht) ausgesetzt werden könnte, denn jedenfalls ist das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht für das vorliegende Verfahren nicht vorgreiflich im Sinn des § 148 ZPO. Es fehlt an einem Rechtsverhältnis, das Gegenstand des anhängigen verfassungsgerichtlichen Verfahrens ist und von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über die Frage der Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) am 22. Juli 2003 und im Zeitraum 17. Oktober 2006 bis 31. Januar 2008 abhängt. Der von der Beteiligten zu 3) nicht begründete Aussetzungsantrag zielt offensichtlich darauf ab, Firmentarifvertragsparteien an dem vorliegenden Verfahren zu beteiligen. Aus welchen Gründen sich aber ergeben soll, dass die in dem Verfahren BAG 1 ABR 19/10, deren Streitgegenstand auf die gegenwartsbezogene Feststellung, dass die Beteiligte zu 3) nicht tariffähig ist, bezogen war, wohingegen in dem vorliegende Verfahren Streitgegenstand die vergangenheitsbezogene Feststellung, dass die Beteiligte zu 3) am 22. Juli 2003 und im Zeitraum 17. Oktober 2006 bis 31. Januar 2008 nicht tariffähig war, erfolgte Nichtbeteiligung von Firmentarifvertragsparteien unzulässig und daher auch in dem vorliegenden Verfahren unzulässig ist, ist nicht nachvollziehbar. Insoweit ist der Gegenstand der Verfassungsbeschwerde für das vorliegende Verfahren offensichtlich unerheblich.
1.2. Unerheblich ist, dass der Beteiligte zu 1) zu dem Termin vom 28. Juli 2011 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist. Zwar haben die Beteiligten an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, § 83 Abs.1 Satz 2 ArbGG. Insoweit sind die Beteiligten in dem Verfahren zu hören, § 83 Abs.3 Satz 1 BetrVG, und können sich schriftlich äußern, § 83 Abs.4 Satz 1 BetrVG. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt, § 83 Abs.4 Satz 2 BetrVG. Erscheint ein Beteiligter trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Termin, findet gegen diesen kein Versäumnisverfahren statt. Vielmehr ist das Verfahren ohne den unentschuldigt Ausgebliebenen fortzusetzen
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2. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig.
2.1. Der vom Beteiligten zu 1) zuletzt in seinem Schriftsatz vom 26. Juli 2011 neu formulierte Antrag stellt keine Antragsänderung dar, die gemäß § 81 Abs.3 Satz 1 ArbGG der Zustimmung der übrigen Beteiligten bedurfte.
2.1.1. Soweit der Beteiligte zu 1) in seinem Antrag vom 26. Juli 2011 die Feststellung begehrt, dass die Beteiligte zu 3) am 22. Juli 2011 nicht tariffähig war, liegt keine Antragsänderung vor.
Der Streitgegenstand richtet sich nicht nur nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel), sondern auch nach dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird. Nach der prozessrechtlichen Auffassung vom zweigliedrigen Streitgegenstand wird der Streitgegenstand nicht allein durch das Antragsziel bestimmt. Die Einheitlichkeit des Klageziels genügt deshalb nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens war bereits vor der Neufassung des Antrags die Frage, ob die Beteiligte zu 3) bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West" mit der Tarifgemeinschaft für Zeitarbeitsunter-nehmen in der BVD am 22. Juli 2003 tariffähig war. Dies folgt aus dem zur Begründung des Antrags angeführten Lebenssachverhalt. Der Beteiligte zu 1) begehrt die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) nur soweit dies zur Durchsetzung seines vor dem Arbeitsgericht Bamberg im Verfahren — 2 Ca 249/08 - erhobenen prozessualen Anspruchs erforderlich ist. Der Beteiligte zu 1) hat zunächst im Urteilsverfahren auf den Equal-Pay-Grundsatz gestützte Vergütungsansprüche für die Zeit seines Leiharbeitsverhältnisses geltend gemacht. Das Arbeitsgericht Bamberg hat sich an einer Sachentscheidung gehindert gesehen, da nach seiner Auffassung der zur Entscheidung gestellte Anspruch von der Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) am 22. Juli 2003 abhängt. Aus diesem Grund hat es jenes Verfahren ausgesetzt und dem dortigen Kläger die Möglichkeit eröffnet, als Antragsteller nach § 97 Abs.5 Satz 2 ArbGG das vorliegende Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) einzuleiten. Der Aussetzungsbeschluss vom 16. April 2008 lässt zwar den Zeitraum, für den das Arbeitsgericht die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) als entscheidungserheblich ansieht, nicht eindeutig erkennen. Aus der vom Arbeitsgericht ergänzten Begründung seines Aussetzungsbeschlusses, die bei der Auslegung der Beschlussformel zu berücksichtigen ist, wird jedoch deutlich, dass dieses die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) für das Verfahren — 2 Ca 249/08 - nur bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des dortigen Klägers als entscheidungserheblich ansieht (hierzu BAG Beschluss vom 14. Dezember 2010 — 1 ABR 19/10 — NZA 2011, 289¬300). Der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens war daher auch bereits vor der Neuformulierung des Antrags auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) beschränkt.
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2.1.2. Soweit der Beteiligte zu 1) in seinem Antrag vom 26. Juli 2011 die Feststellung begehrt, dass die Beteiligte zu 3) im Zeitraum 17. Oktober 2006 bis 31. Januar 2008 nicht tariffähig war, kann dahingestellt bleiben, ob sich dies unter Berücksichtigung der Ausführungen zu 2.1.1. als Antragsänderung darstellt, denn jedenfalls liegt keine Antragsänderung vor, die der Zustimmung der übrigen Beteiligten bedurfte.
Der Begriff der Antragsänderung entspricht dem der Klageänderung in § 263 ZPO. Änderung des Antrages bedeutet Änderung des Streitgegenstandes. Auf der anderen Seite ist nicht jede Änderung des formellen Antrags eine Antragsänderung. Es kann sich auch nur um eine Klarstellung des von Anfang an gestellten Antrages handeln. In den Fällen des § 264 ZPO, der auch im Beschlussverfahren Anwendung findet (Germelmann/ Matthes/Prütting/Müller-Glöge/Schlewing, ArbGG, § 81 Rz.84), liegt trotz Änderung des Streitgegenstandes keine Änderung des Antrages im Sinne von § 81 Abs.3 vor. Auf die Zustimmung der Beteiligten oder die Sachdienlichkeit der Änderung des Antrages kommt es daher in diesen Fällen nicht an. In diesen Fällen ist die Änderung des Antrages kraft Gesetzes sachdienlich.
Vorliegend hat der Beteiligte zu 1) mit der Erstreckung des Antrages auf den Zeitraum 17. Oktober 2006 bis 31. Januar 2008 jedenfalls den Antrag erweitert, denn die Feststellung ist nunmehr nicht mehr auf den 22. Juli 2003 beschränkt, sondern erstreckt sich darüber hinaus. Damit liegt eine Antragserweiterung vor, die bereits gemäß § 264 ZPO kraft Gesetzes sachdienlich ist, so dass es einer Zustimmung der übrigen Beteiligten nicht bedarf.
2.2. Der Antrag ist unzulässig, soweit der Beteiligte zu 1) die Feststellung begehrt, dass die Beteiligte zu 3) im Zeitraum 17. Oktober 2006 bis 31. Januar 2008 nicht tariffähig war. Der Beteiligte zu 1) verfügt nicht über die in einem Verfahren nach § 2a Abs.1 Nr.4 ArbGG erforderliche Antragsbefugnis.
Die Antragsbefugnis ist beschränkt auf den im ausgesetzten Klageverfahren für maßgeblich gehaltenen Zeitpunkt, weil sich das Verfahren nach § 97 Abs.5 Satz 2 ArbGG auf diese Vorfrage beschränkt (BAG Beschluss vom 18. Juli 2006 — 1 ABR 36105 — NZA 2006, 1225-1232 dort unter Rz.22 der Gründe). Ausweislich des Aussetzungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Bamberg kommt es in dem ausgesetzten Rechtsstreit eindeutig darauf an, ob die Beteiligte zu 3) am 22. Juli 2003 tariffähig war. Der Zeitraum 17. Oktober 2006 bis 31. Januar 2008 war für das aussetzende Gericht nicht erheblich, so dass der Antrag insoweit unzulässig ist, da die Parteien des ausgesetzten Verfahrens nicht befugt sind, eine andere als die von dem aussetzenden Gericht für entscheidungserheblich erachtete Frage der Tariffähigkeit gerichtlich klären zu lassen. Da der Aussetzungsbeschluss hinsichtlich des Zeitpunktes (der Zeitpunkt ist sogar unterstrichen) eindeutig ist, bedurfte er keiner Auslegung. Soweit der Beteiligte zu 1) nunmehr der Auffassung ist, entscheidungserheblich sei der Zeitraum 17. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2008 hätte er insoweit gegen den Aussetzungsbeschluss Beschwerde einlegen müssen. Da dies
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nicht erfolgt ist und der Aussetzungsbeschluss nunmehr rechtskräftig ist, begründet nur der dort genannte Zeitpunkt die Antragsbefugnis.
2.3. Im Übrigen ist der Antrag zulässig
2.3.1. Die Antragsschrift ist in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingereicht worden.
Das Verfahren wird gemäß § 81 Abs.1 1.HS ArbGG nur auf Antrag eingeleitet. Der Antrag ist gemäß § 81 Abs.1 2.HS ArbGG beim Arbeitsgericht schriftlich einzureichen oder bei seiner Geschäftsstelle mündlich zur Niederschrift anzubringen.
Die Antragsschrift muss eine Unterschrift tragen, da die Unterschrift ein wesentlicher Bestandteil einer Antragsschrift im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist; § 130 Nr.6 ZPO gilt auch hier (BAG Beschluss vom 21. Oktober 1969 — 1 ABR 8/69 - AP Nr.10 zu § 3 BetrVG).
Zweck dieses Formerfordernisses einer eigenhändigen Unterschrift ist der Nachweis, dass der Schriftsatz von einer Person, die nach der maßgeblichen Prozessordnung befähigt und befugt ist, Prozesshandlungen vorzunehmen, in eigener Verantwortung vorgetragen wird.
Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 8) fehlt es vorliegend nicht an einer ordnungsgemäßen Unterschrift des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe nur BGH Beschluss vom 09. Februar 2010 — VIII ZB 67/09 — Fundstelle: Juris), der sich die erkennende Kammer anschließt, ist bei bestimmenden Schriftsätzen die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers erforderlich, um diesen unzweifelhaft identifizieren zu können. Was unter einer Unterschrift zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Sprachgebrauch und dem Zweck der Formvorschrift. Erforderlich, aber auch genügend ist danach das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Ein Schriftzug, der nach seinem äußeren Erscheinungsbild eine bewusste und gewollte Namensabkürzung (Handzeichen, Paraphe) darstellt, genügt dagegen den an eine eigenhändige Unterschrift zu stellenden Anforderungen nicht.
Als ein Schriftzug, der diesen Anforderungen gerade noch genügt, ist entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 8) auch das vorliegend als Unterschrift zu beurteilende Gebilde
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auf der Antragsschrift anzusehen. Der Schriftzug lässt - wenn auch nur in verschliffener und undeutlicher Form - erkennen, dass sie aus Buchstaben bestehen. Insgesamt kann dem Schriftzug nach ihrer Gestaltung im Ganzen ein individueller Charakter, der eine Unterscheidung von anderen Unterschriften ermöglicht und eine Nachahmung erschwert, nicht abgesprochen werden. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild um eine bewusste und gewollte Namensabkürzung handelt, liegen nicht vor. Der Verfahrensbevollmächtigte hat auch sämtliche weitere Schriftsätze in diesem Verfahren mit einer ähnlich aussehenden Unterschrift versehen, so z. B. den Schriftsatz vom 07. Juli 2008 (BI.18 d.A.), den Schriftsatz vom 25. November 2008 (BI.52 d.A.), den Schriftsatz vom 10. Dezember 2008 (BI.55 d.A.), den Schriftsatz vom 12. Februar 2009 (BI.158 d.A.), den Schriftsatz vom 13. Februar 2009 (Bl.159 d.A.) und den Schriftsatz vom 26. Juli 2011 (Bl.667 und 668 d.A.). Auch sollten die Schriftzüge ersichtlich den ganzen Namen des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) wiedergeben. Das reicht für die Annahme einer ordnungsgemäßen Unterschrift im Sinne des § 130 Nr.6 ZPO aus.
2.3.2. Der Antrag ist auch hinreichend begründet. Die Antragsschrift erfüllt die Anforderungen des § 253 Abs.2 ZPO, denn er hat den Sachverhalt vorgetragen, aus dem sich das mit dem Antrag geltend gemachte Recht ergeben soll. Die Begründung muss so weit gehen, dass der Verfahrensgegenstand, der Klagegrund, dadurch bestimmt wird. Der Antragsteller ist aber nicht von sich aus verpflichtet, einen vollständigen Sachverhalt vorzutragen mit der Folge, dass für das Gericht kein Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung besteht, wenn die Antragsbegründung nicht schlüssig ist (GermelmannlMatthes/Müller-Glöge/Prütting/Schlewing, ArbGG, § 83 Rz.86). Insoweit genügt die Begründung des Antrags den Anforderungen des § 253 Abs.2 ZPO, denn der Verfahrensgegenstand ist eindeutig feststellbar.
2.3.3. Die Antragsbefugnis des Beteiligten zu 1) ist gegeben.
§ 97 Abs.5 Satz 2 ArbGG erweitert die Antragsbefugnis zur Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 2 a Abs.1 Nr.4 ArbGG in den Fällen, in denen ein Gericht einen Rechtsstreit gemäß § 97 Abs.5 Satz 1 ArbGG bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens nach § 2 a Abs.1 Nr.4 ArbGG ausgesetzt hat, über den Kreis der nach § 97 Abs.1 ArbGG Antragsbefugten hinaus auf die Parteien des ausgesetzten Rechtstreits.
2.3.3.1. Im vorliegenden Verfahren lässt sich dem Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bamberg in seiner Präzisierung vom 06. Februar 2009 zuverlässig entnehmen, welche Vorfrage das aussetzende Gericht für entscheidungserheblich gehalten hat.
Zwar genügte der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16. April 2008 nicht diesen Anforderungen, denn das Arbeitsgericht Bamberg hat das Ausgangsverfahren lediglich "bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der Tarifge-
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meinschaft Ch Gewerkschaften für Z und PSA" ausgesetzt. Auch wenn sich dem Aussetzungsbeschluss entnehmen lässt, dass das Arbeitsgericht Bamberg die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Ch Gewerkschaften für Z und PSA als entscheidungserheblich angesehen hat, kann dem Beschluss nicht entnommen werden, welchen Zeitpunkt das Arbeitsgericht Bamberg insoweit für maßgeblich hielt. Der Zeitpunkt, zu dem es nach der allein maßgeblichen Beurteilung des aussetzenden Gerichts auf die Tariffähigkeit ankommen soll, muss zuverlässig feststellbar sein (BAG Beschluss vom 18. Juli 2006 — 1 ABR 36/05 — NZA 2006, 1225-1232). Nur dann lässt sich im vorliegenden Verfahren die nach Auffassung des ArbG Bamberg entscheidungserhebliche Vorfrage der Tariffähigkeit beantworten. An einer solchen Bestimmung oder Bestimmbarkeit des maßgeblichen Zeitpunktes fehlt es in den Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16. April 2008. Zwar sind neben der Beschlussformel auch die Gründe des Aussetzungsbeschlusses zu berücksichtigen. Diesen lässt sich aber nur entnehmen, dass der streitgegenständliche Arbeitsvertrag vom 16. Oktober 2006 in § 15 Bezug auf die Bestimmung der Tarifverträge für Zeitarbeitnehmer, die die Tarifgemeinschaft Ch«1» Gewerkschaften für Z11113. und PSA abgeschlossen haben, nimmt. Welchen Zeitpunkt das Arbeitsgericht Bamberg in seinem Beschluss vom 16. April 2008 für maßgeblich an-gesehen hat, lässt sich hieraus nicht eindeutig entnehmen. Ebenso wenig lässt sich dem Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 21. November 2008, mit dem wohl eine Ergänzung des Beschlusses vom 16. April 2008 vorgesehenen war, entnehmen, welcher Zeitraum das Arbeitsgericht Bamberg als maßgeblich angesehen hat, denn auch hier fehlt jegliche Zeitangabe. Erst der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 06. Februar 2009 enthält die Angabe eines konkreten Zeitpunktes, nämlich der 22. Juli 2003, zu dem es auf die Tariffähigkeit ankommen soll.
Unerheblich ist, dass die zuletzt entscheidende Ergänzung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bamberg am 06. Februar 2009 und damit nach der bereits mit Beschluss vom 16. April 2008 erfolgten Aussetzung ergangen ist. Weder der Beschluss vom 16. April 2008 noch der Beschluss vom 21. November 2008 waren am 06. Februar 2009 mangels Rechtsmittelbelehrung rechtskräftig, da bei unterlassener Rechtsmittelbelehrung die Einlegung eines Rechtsmittels innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig ist, § 9 Abs.5 Satz 4 ArbGG, so dass die Frist zur Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16. April 2008 und den Beschluss vom 21. November 2008 am 6. Februar 2009 noch nicht abgelaufen war. Insoweit ist eine Änderung des Beschlusses und damit auch eine Ergänzung der Begründung des Beschlusses von Amts wegen möglich (BGH Beschluss vom 13. Juli 2006 — IX ZB 117/04 — NJW-RR 2006, 1554-1555 m.w.N.). Dass der Beschluss vom 06. Februar 2009 durch einen anderen Richter als den, der den Beschluss vom 16. April 2008 gefasst hat, erfolgt ist, ist unerheblich. Ausreichend ist eine Entscheidung der gleichen Kammer des Arbeitsgerichts Bamberg, denn es ist vorliegend keine Berichtigung des Ursprungs-
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beschlusses sondern eine Ergänzung der Begründung des Beschlusses erfolgt. Insoweit bedurfte es auch keiner körperlichen Verbindung mit dem Beschluss vom 16. April 2008. Unerheblich ist der Umstand, dass der letzte Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg nach Erlass des ersten Beschlusses vom 16. April 2008 und damit nach erfolgter Aussetzung des Urteilsverfahrens ergangen ist. Es liegt keine gerichtliche Handlung in Bezug auf die Hauptsache vor, so dass auch im Hinblick auf § 249 ZPO Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit nicht bestehen (siehe hierzu Stein/Jonas/Roth, 22. Auflage 2005, § 249 Rz.14).
Der Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bamberg ist auch rechtskräftig, denn der zuletzt ergangene Beschluss vom 06. Februar 2009 ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, so dass zwischenzeitlich Rechtskraft eingetreten ist.
Darauf, ob der Aussetzungsbeschluss zu Recht ergangen ist, kommt es nicht an. Insbesondere ist nicht zu prüfen, ob die Vorfrage, wegen derer das Verfahren ausgesetzt wurde, tatsächlich vorgreiflich ist. Dies zu beurteilen, ist vielmehr ausschließlich Sache des aussetzenden Gerichts (BAG Beschluss vom 24. Juli 1990 — 1 ABR 46/89 — NZA 1991, 21-23, BAG Beschluss vom 29. Juni 2004 — 1 ABR 14/03 — NZA 2004, 1236-1238). Solange der Aussetzungsbeschluss besteht, haben die Parteien des ausgesetzten Verfahrens ein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Entscheidung der Vorfrage, wegen derer das Verfahren ausgesetzt wurde.
2.3.3.2. Der Umstand, dass der Beteiligte zu 1) die Antragsschrift bereits am 15. April 2008 beim Arbeitsgericht Bamberg eingereicht hat, obwohl der Aussetzungsbeschluss in dem Verfahren 2 Ca 249/08 erst am 16. April 2008 ergangen ist, ändert nichts an der Antragsbefugnis des Beteiligten zu 1), denn entscheidend ist, ob im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung die Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen, so dass auch eine ursprünglich ohne Antragsbefugnis nach § 97 Abs.5 ArbGG eingereichte Antragsschrift nach erfolgtem Aussetzungsbeschluss, der nunmehr eine Antragsbefugnis nach § 97 Abs.5 ArbGG begründet, zulässig wird.
2.4. Der Beteiligte zu 1) hat an der begehrten Feststellung das nach § 256 Abs.1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse, denn dieses ergibt sich unmittelbar aus dem Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bamberg.
Das Gesetz räumt dem Beteiligten zu 1) nach § 97 Abs.5 ArbGG die Möglichkeit ein, ein Verfahren nach § 2a Abs.1 Nr.4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung einzuleiten. Für einen solchen Antrag besteht ein Feststellungsinteresse, wenn diese Eigenschaft von dem Antragsteller oder sonst im Arbeitsleben in Zweifel gezogen wird. Vorliegend ist die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) zum Zeitpunkt des Abschlusses des Entgelttarifvertrages-West zwischen der Beteiligten zu 3) und der Beteilig-
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ten zu 9) am 22. Juli 2003 streitig. Diese Frage der Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) am 22. Juli 2003 ist ausweislich des Aussetzungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Bamberg entscheidungserheblich für den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten zu 1) und zu 2). Darauf, ob der Aussetzungsbeschluss zu Recht ergangen ist, kommt es nicht an. Insbesondere ist nicht zu prüfen, ob die Vorfrage, wegen derer das Verfahren ausgesetzt wurde, tatsächlich vorgreiflich ist (BAG Beschluss vom 18. Juli 2006 — 1 ABR 36/05 —NZA 2006, 1225-1232 m.w.N.). Insoweit ist unerheblich, ob es in dem ausgesetzten Verfahren tatsächlich auf die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) am 22. Juli 2003 überhaupt ankommt. Soweit die Beteiligte zu 8) vorgetragen hat, das Bundesarbeitsgericht habe in seiner Entscheidung vom 24. März 2004 (BAG Urteil vom 24. März 2004 — 5 AZR 303/03 — NZA 2004, 971-974) den zwischen der Beteiligten zu 3) und der Tarifgemeinschaft Zeitarbeitsunternehmen im BVD abgeschlossenen Entgelttarifvertrag-Ost vom 22. Juli 2003 für wirksam erachtet, ist dies für das vorliegende Verfahren unbeachtlich. Zum einen war Streitgegenstand dieser Entscheidung nicht die Wirksamkeit eines Tarifvertrages sondern die Zahlung einer üblichen Vergütung gemäß § 612 Abs.2 BGB. Dass das Bundesarbeitsgericht in Rz.49 der Entscheidung anführt, dass auch der zwischen der Beteiligten zu 3) und der Tarifgemeinschaft Zeitarbeitsunternehmen im BVD abgeschlossenen Entgelttarifvertrag-Ost vom 22. Juli 2003 die Üblichkeit des bei der dortigen Beklagten geltenden Tariflohns bestätige, führt noch nicht dazu, dass das Bundesarbeitsgericht über eine am 22. Juli 2003 bestehende Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) entschieden hat. Zum anderen ergibt sich das Feststellungsinteresse des Beteiligten zu 1) unabhängig hiervon direkt aus § 97 Abs.5 ArbGG. Solange der Aussetzungsbeschluss nicht aufgehoben worden ist, hat der Beteiligte zu 1) ein rechtliches Interesse an der von ihm begehrten Feststellung (hierzu BAG Beschluss vom 24. Juli 1990 — 1 ABR 46/89 — NZA 1991, 21-23, BAG Beschluss vom 29. Juni 2004 — 1 ABR 14/03 — NZA 2004, 1236-1238).
3. Beteiligte am Verfahren nach § 97 ArbGG über die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung sind alle diejenigen, deren materielle Rechtstellung im Hinblick auf die Tarifzuständigkeit der betreffenden Koalition unmittelbar betroffen ist (BAG Beschluss vom 14. Dezember 2010 — 1 ABR 19/10 — NZA 2011, 289-300 m.w.N.). Neben der Vereinigung, über deren Tarifzuständigkeit gestritten wird, sind dies die Stellen und Vereinigungen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, die durch die Entscheidung rechtlich berührt werden können. Beteiligt ist außerdem die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, wenn sich die Tarifzuständigkeit der Vereinigung entweder ausschließlich auf das Gebiet dieses Landes erstreckt oder die Tarifzuständigkeit nur für Tarifverträge bestritten wird, deren Geltungsbereich auf ein Land begrenzt ist. Bei länderübergreifender Zuständigkeit oder größerem Geltungsbereich ist stattdessen die oberste Arbeitsbehörde des Bundes zu beteiligen (BAG, aaO.). Auch die Spitzenverbände sind in Verfahren gemäß § 97 ArbGG regelmäßig zu beteiligen.
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Weiterhin sind die Parteien des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Bamberg 2 Ca 249/08, der gemäß § 97 Abs.5 ArbGG ausgesetzt wurde, Beteiligte. Gemäß § 97 Abs.5 ArbGG sind im Falle des Satzes 1 die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlussverfahren nach § 2 a Abs.1 Nr.4 ArbGG antragsberechtigt und damit auch beteiligtenfähig.
Eine Beteiligung der BEW und KM Personalmanagement GmbH kam nicht in Betracht, denn entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) ist diese Firma nicht die Firma, mit der der Beteiligte zu 1) am 16. Oktober 2006 einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Aus dem von der B und K Personalmanagement GmbH mit Schriftsatz vom 28. März 2011 eingereichten Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Bamberg - HRB 6143 ¬stammt der Gesellschaftsvertrag vom 02. Oktober 2008 und wurde die Firma erst am 12. November 2008 in das Handelsregister eingetragen. Da der Beteiligte zu 1) ausweislich des Arbeitsvertrages vom 16. Oktober 2006 mit der B & K Unternehmen für Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung GmbH ein Arbeitsverhältnis begründet hat, das bis zum 31. Januar 2008 bestand, sind vertragliche Beziehungen zu der B und K Personalmanagement GmbH nicht ersichtlich, so dass eine Beteiligung an dem vorliegenden Verfahren ausscheidet.
Auch eine Beteiligung weiterer 59 Unternehmen der Zeitarbeitsbranche kam nicht in Betracht.
Eine Beschränkung der nach § 97 Abs.2 ArbGG i.V.m. § 83 Abs.3 ArbGG anzuhörenden Stellen ist auch aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten. Ein Verfahren über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern kann sein Ziel nur erreichen, wenn seine Durchführung nicht durch eine Vielzahl von anzuhörenden Personen oder Stellen gefährdet wird. Dies wäre aber der Fall, wenn auch einzelne Arbeitgeber in ein solches Verfahren einzubeziehen wären. Der Abschluss und die Beendigung von Firmentarifverträgen würden zu einem unüberschaubaren und ständigen Wechsel der anzuhörenden Personen und Stellen führen, was einem zügigen und rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden Verfahrensabschluss entgegenstünde (BAG, aaO.).
Die Beteiligung der weiteren 59 Unternehmen der Zeitarbeitsbranche war auch nicht aus dem Grund erforderlich, dass sie einen Antrag auf Abweisung der Anträge des Beteiligten zu 1) angekündigt haben, denn hierbei handelt es sich nicht um einen Antrag im Sinne des § 83 ArbGG.
Zwar ergibt sich aus § 83a Abs.3 Satz 1 ArbGG, dass der Antragsteller eines Beschlussverfahrens stets Beteiligter dieses Verfahrens im Sinne der Vorschriften über das Beschlussverfahren ist. Der Antragsteller wird hier den „übrigen Beteiligten" gegenübergestellt. Jedes Beschlussverfahren setzt einen Antrag und damit einen Antragsteller voraus, § 81 Abs.1 ArbGG. Erst der vom Antragsteller gestellte Antrag umschreibt den Streitgegenstand und damit den einzelnen Fall, der die Grundlage für die Feststellung bietet, welche Stellen und Personen nach materiellem Recht an diesem Streitgegenstand beteiligt
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sind. Für den Antragsteller ist daher nicht wie für die übrigen Beteiligten erforderlich, dass er durch die begehrte Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen, personal-vertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Position unmittelbar betroffen werden kann. Für ihn genügt die in dem Antrag liegende Behauptung einer solchen Position. Ob ihm diese Position zusteht, ist eine Frage seiner Antragsbefugnis oder der Begründetheit seines Antrages, nicht aber einer Frage seiner Stellung als Beteiligter des durch seinen Antrag eingeleiteten Verfahrens (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/Schlewing, ArbGG, § 83 Rz.11)
Antragsteller in diesem Sinne ist nur, wer einen eigenen Sachantrag stellt. Die Stellung lediglich eines Abweisungsantrages reicht nicht aus (Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge/Schlewing, ArbGG, § 83 Rz.12 m.w.N.)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. November 1986 (BAG Beschluss vom 25. November 1986 — 1 ABR 22/85 — NZA 1987. 492-493), denn dort wurden die IG Bergbau und Energie, die IG Chemie-Papier-Keramik und IG Bau-Steine-Erden nicht bereits aufgrund eines angekündigten Antrags auf Abweisung des Antrages beteiligt, sondern weil sie über eine eigene Antragsbefugnis nach § 97 Abs.1 ArbGG verfügten und diese in der Weise ausgeübt haben, dass sie nicht ein eigenes Verfahren eingeleitet sondern sich an einem bereits geführten Verfahren beteiligt haben. Insoweit war die Beteiligung der Gewerkschaften aufgrund der nach § 97 Abs.1 ArbGG bestehenden Antragsbefugnis und nicht aufgrund eines angekündigten Antrages auf Abweisung eines Antrages erfolgt. Ein eigenes Antragsrecht der 59 Unternehmen der Zeitarbeitsbranche aus § 97 ArbGG ist aber nicht ersichtlich.
Damit scheidet eine Beteiligung der Arbeitgeber, mit denen die Beteiligte zu 3) Firmentarifverträge geschlossen hat, aus.
4. Der Antrag ist begründet.
Die Beteiligte zu 3) war am 22. Juli 2003 weder nach § 2 Abs.1 TVG als Gewerkschaft noch nach § 2 Abs.3 TVG als Spitzenorganisation tariffähig.
Der Begriff der Tariffähigkeit ist gesetzlich nicht definiert. § 2 Abs.1 bis 3 TVG bestimmt zwar, wer Partei eines Tarifvertrags sein kann, enthält aber selbst keine nähere Definition der Tariffähigkeit. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, der hiervon zur besseren Lesbarkeit des Gesetzestextes und größeren Verständlichkeit für den Laien abgesehen hat. Die Tariffähigkeit wird in § 2a Abs.1 Nr.4, § 97 Abs.1, Abs.5 Satz 1 ArbGG deshalb als Eigenschaft vorausgesetzt. Es handelt sich um die rechtliche Fähigkeit, durch Vereinbarung mit dem sozialen Gegenspieler Arbeitsbedingungen tarifvertraglich mit der Wirkung zu regeln, dass sie für die tarifgebundenen Personen unmittelbar und unabdingbar wie Rechtsnormen gelten. Die Tariffähigkeit ist Voraussetzung für
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den Abschluss von Tarifverträgen i.S.d. § 1 Abs.1 TVG. Die in § 2 TVG enthaltene Aufzählung der möglichen Tarifvertragsparteien ist abschließend. Auf Arbeitnehmerseite kann Partei eines Tarifvertrags nur eine Gewerkschaft (§ 2 Abs.1 TVG) oder ein Zusammenschluss von Gewerkschaften (§2 Abs.2 und 3 TVG) sein (BAG Beschluss vom 14. Dezember 2010 — 1 ABR 19/10 — NZA 2011, 289-300 m.w.N.).
4.1. Die Beteiligte zu 3) war am 22. Juli 2003 keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung i.S.d. § 2 Abs.1 TVG.
Eine Gewerkschaft i.S.d. § 2 Abs.1 TVG liegt schon dann nicht vor, wenn die Satzung der Vereinigung die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern nicht vorsieht (BAG, aaO.).
Aus diesem Grund ergibt sich bereits, dass die Beteiligte zu 3) am 22. Juli 2003 keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung i.S.d. § 2 Abs.1 TVG war, da sie keine Arbeitnehmer organisiert. Nach Ziffer 2. Satz 1 der am 22. Juli 2003 noch geltenden Gründungssatzung konnten nur die im CGB zusammengeschlossenen Arbeitnehmerkoalitionen ihren Beitritt zur Beteiligten zu 3) erklären.
4.2. Die Beteiligte zu 3) war am 22. Juli 2003 auch keine tariffähige Spitzenorganisation. Die tarifrechtlichen Voraussetzungen des § 2 Abs.3 TVG liegen nicht vor.
Nach § 3 Abs.3 TVG können Spitzenorganisationen selbst Partei eines Tarifvertrages sein. Spitzenorganisationen im Sinne dieser Bestimmung sind gemäß § 2 Abs.2 TVG Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern. Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Beteiligte zu 3) ein Zusammenschluss von Arbeitnehmervereinigungen ist. Es kann auch dahinstehen, ob es für ihre Tariffähigkeit erforderlich ist, dass. alle in ihr zusammengeschlossenen Vereinigungen tariffähig sind und ob alle tariffähig sein müssen oder ob die Tariffähigkeit von mindestens zwei Vereinigungen ausreichend ist. Die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) scheitert jedenfalls an ihrer Satzung.
§ 2 Abs.3 TVG setzt voraus, dass der Abschluss von Tarifverträgen zu den satzungsgemäßen Aufgaben der Spitzenorganisation gehört. Es kann dahingestellt bleiben, ob die in Ziffer 3. der Satzung der Beteiligten zu 3) vom 11. Dezember 2002 enthaltene Regelung tatsächlich eine satzungsmäßige Bestimmung für die Beteiligte zu 3) enthält, im eigenen Namen Tarifverträge abzuschließen (§ 2 Abs.3 TVG), oder ob die Regelung in Ziffer 3. der Satzung der Beteiligten zu 3) vom 11. Dezember 2002 nur eine allgemeine Bevollmächtigung der Beteiligten zu 3) umfasst, im Namen ihrer Mitgliedsverbände einen Tarifvertrag abschließen zu können (§ 2 Abs.2 TVG), denn jedenfalls lässt sich der Satzung nicht entnehmen, für welche Aufgaben die Beteiligte zu 3) überhaupt gegründet worden ist. Jeder Vereinigung steht grundsätzlich die Ausgestaltung ihres Organisationsbereichs frei. Eine Gewerkschaft kann daher für sich entscheiden, für welche Arbeitnehmer und in welchen Wirtschaftsbereichen sie tätig sein will. Dies gehört zu ihrer vereinsrechtlichen Satzungsautonomie und der durch Art.9 Abs.3 GG garantierten Betätigungsfreiheit (BAG
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Beschluss vom 27. September 2005 — 1 ABR 41104 — NZA 2006, 273-281 m.w.N.). Daraus folgt für den vorliegenden Fall jedoch nicht, dass der Verbandszweck der Beteiligten zu 3) beliebig festgelegt werden konnte. Grundlage für das Handeln der Vertreter ist die jeweilige Satzung der von ihnen vertretenen Vereinigung. Mit der Satzung gibt sie sich eine ihren Zweck und ihre Aufgaben bestimmende Grundordnung (PWW/Schöpflin, § 25 Rz.1). Sie begrenzt damit die Möglichkeit ihrer Vertreter, für sie zu handeln (PVVVV/Schöpflin, § 26 Rz.3). Die Aufgabe der Tarifgemeinschaft bestand nach Ziffer 3. der Satzung darin, die tariflichen Interessen der Mitgliedsgewerkschaften zu vertreten und für deren Mitglieder Tarifverträge abzuschließen. Eine weitere Regelung über Aufgabe und Zuständigkeit enthält die Satzung nicht. Sie standen somit in Abhängigkeit zu den jeweiligen Mitgliedern, deren Ein- und Austritt für sie maßgebend wäre. Aufgabe und Zuständigkeit wären nicht in der Satzung festgelegt, sondern von dem jeweiligen Mitgliederbestand abhängig, so dass diese Regelung unwirksam ist (LAG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 07. Dezember 2009 — 23 TaBV 1016/09 — LAGE Nr.8 zu § 2 TVG). Zudem konnte die Mitgliederversammlung, die ausweislich Ziffer 5. Buchst.f) der Satzung vom 11. Dezember 2002 für die Tarifgemeinschaft eine Geschäftsordnung, nicht aber über die Satzung beschließen konnte, den Verbandszweck der Beteiligten zu 3) nicht ändern, so dass eine Tariffähigkeit bereits aufgrund der fehlenden Aufgabenregelung in der Satzung nicht besteht.
4.3. Eine Tariffähigkeit der Beteiligten zu 3) lässt sich entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 8) auch nicht aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für die Zeit bis zum 14. Dezember 2010 herleiten. Es kann dahingestellt bleiben, ob aus einer fehlenden Tariffähigkeit zwingend gefolgert werden muss, dass die von der Beteiligten zu 3) abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind, oder ob aus Gründen des Vertrauensschutzes etwas anderes zu gelten hat, denn jedenfalls wird der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung nicht geschützt (BAG Urteil vom 15. November 2006 — 10 AZR 665/05 — NZA 2007, 448-453). Insoweit lässt sich auch eine fehlende Tariffähigkeit in der Vergangenheit nicht durch Vertrauensgesichtspunkte herstellen, denn ihr Fehlen kann nicht geheilt werden (Wiedemann/Oetker, § 2 TVG Rz.15 m.w.N.).
4.4. Der Vortrag. der Beteiligten zu 9), der Antrag sei auch aus Gesichtspunkten der Verjährung zurückzuweisen, ist unbeachtlich. Für das erkennende Gericht war nicht nach-vollziehbar, warum die Frage der Tariffähigkeit der Verjährung unterliegen soll.
5. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gemäß § 2 Abs.2 GKG kostenfrei.
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Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss kann Beschwerde eingelegt werden.
Die Beschwerdeschrift muss von einem Rechtsanwalt oder einem Vertreter einer Gewerkschaft bzw. einer Arbeitgebervereinigung oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände unterzeichnet sein.
Die Beschwerdeschrift muss innerhalb
einer Notfrist von einem Monat
bei dem
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin,
eingegangen sein. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt werde.
Die Beschwerde ist gleichzeitig oder innerhalb
einer Frist von zwei Monaten
schriftlich zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Beschlusses, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Dabei ist zu beachten, dass der Beschluss mit der Einlegung in den Briefkasten oder einer ähnlichen Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt.
Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass der Beschluss auf der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung. Das Zustellungsdatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.
Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten.
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