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LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 08.02.2008, 5 Sa 45/07

   
Schlagworte: Praktikum, Lohnwucher
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 5 Sa 45/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 08.02.2008
   
Leitsätze: Steht der Ausbildungszweck in einem sechsmonatigen so genannten Praktikantenverhältnis nicht im Vordergrund, das heißt überwiegt der Ausbildungszweck nicht deutlich die für den Betrieb erbrachten Leistungen und Arbeitsergebnisse, ist eine Vergütung von 375,00 € monatlich sittenwidrig.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 22.03.2007, Aktenzeichen 35 Ca 9620/06
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

 

Verkündet

am 08.02.2008

Ak­ten­zei­chen (Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben)

5 Sa 45/07

35 Ca 9620/06
Ar­beits­ge­richt Stutt­gart

Ha­ber­mann, An­ge­stell­te
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes

 

Ur­teil

In dem Rechts­streit

- Be­klag­te/Be­ru­fungskläge­rin -

Proz.-Bev.:

ge­gen

- Kläge­rin/Be­ru­fungs­be­klag­te -

Proz.-Bev.:

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg - 5. Kam­mer -
durch die Rich­te­rin am Ar­beits­ge­richt Dr. Adam,
den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Fi­scher
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Häfe­le
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 08.02.2008

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart vom 22.03.2007 - Ak­ten­zei­chen 35 Ca 9620/06 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Be­ru­fung zu tra­gen.

3. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

T a t b e s t a n d :

 

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Die Par­tei­en strei­ten über Vergütungs­ansprüche der Kläge­rin aus be­en­de­tem Ver­trags­ver-hält­nis.

Die am 00.00.1980 ge­bo­re­ne Kläge­rin be­en­de­te im Jahr 2005 ihr Stu­di­um mit dem Ab­schluss Di­plom­in­ge­nieur (FH) für In­nen­ar­chi­tek­tur.

Bei der Be­klag­ten han­delt es sich um ei­nen Fach­ver­lag für A., I. und D.; zum Ver­lags­pro­gramm gehören Fachbücher und Zeit­schrif­ten.

Am 25.11.2005 schlos­sen die Par­tei­en ei­nen schrift­li­chen Ver­trag fol­gen­den In­halts:

Prak­ti­kan­ten­ver­trag



1. Die V. K. GmbH stellt für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.05.2006 ei­nen Prak­ti­kums-platz zur Verfügung.

2. Die Be­treu­ung der Prak­ti­kan­tin er­folgt durch die Mit­ar­bei­ter der V. K. GmbH.

3. Der Prak­ti­kan­tin wer­den all­ge­mei­ne Auf­ga­ben aus dem Be­reich der V. K. GmbH über­tra­gen.

4. Die Vergütung für die­sen Zeit­raum beträgt pro vol­lem Mo­nat brut­to 375,00 €.

5. Die tägli­che Beschäfti­gungs­zeit ent­spricht der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit.

6. Das Prak­ti­kum en­det am 31.05.2006, oh­ne dass es ei­ner Kündi­gung be­darf.

Die Be­klag­te stell­te der Kläge­rin die Möglich­keit in Aus­sicht, nach Ab­sol­vie­ren ei­nes Prak­ti-kums in ein fes­tes Ar­beits­verhält­nis über­nom­men zu wer­den.

Die Kläge­rin hat­te während ih­res Stu­di­ums für den AS­tA Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen ad­mi­nis­tra­tiv und exe­ku­tiv be­treut. Ih­re Di­plom­ar­beit hat­te das The­ma „Kom­mu­ni­ka­ti­on in der Bau-bran­che“. Die Kläge­rin war bei der Be­klag­ten da­her ab­spra­che­gemäß aus­sch­ließlich in der Ab­tei­lung GKT (G. für K.-T. in A. und B.) tätig. Die GKT ist im Be­reich Ver­an­stal­tungs­or­ga­ni­sa­ti­on/Event­ma­nage­ment tätig und rich­tet Ver­an­stal­tun­gen wie A.prei­se, Work­shops, Kon­gres­se, Kon­fe­ren­zen und Road­shows aus. Die GKT als Fach­ab­tei­lung der AIT, ei­ner Fach­zeit­schrift für A., nimmt für die­se ei­ne spe­zi­el­le Mar­ke­ting­funk­ti­on zur Bin­dung der An­zei­gen­kun­den wahr. Die GKT un­terhält je­weils ein Büro in S. und in H. un­ter der Lei­tung des Herrn D., der zu­gleich Lei­ter der Re­dak­ti­on ist. In S. sind zwei Pro­jekt­lei­ter, Herr B. und Frau B., beschäftigt; es wa­ren während des hier streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raums ins­ge­samt drei Prak­ti­kan­ten tätig. Für ein­zel­ne Ver­an­stal­tun­gen wer­den - falls er­for­der­lich - St­un­den­kräfte zu­ge­bucht.

We­gen der ein­zel­nen Pro­jek­te und der in de­ren Rah­men er­brach­ten Tätig­kei­ten wird auf den Tätig­keits­nach­weis in An­la­ge BK 1, Bl. 44 der Ak­te 2. In­stanz Be­zug ge­nom­men. Die Be­klag-

 

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te zahl­te an die Kläge­rin im Zeit­raum 01.12.2005 bis 31.05.2006 ins­ge­samt 2.044,35 € brut­to.

Vor dem 01.11.2005 war die Kläge­rin ar­beit­su­chend ge­mel­det und er­hielt durch­ge­hend und über den 31.05.2006 hin­aus Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bens­un­ter­hal­tes nach dem SGB II. Das An­ge­bot der Be­klag­ten ge­gen En­de des Prak­ti­kums, da­nach in ei­nem Ar­beits­verhält­nis zu ei­nem Brut­to­mo­nats­ge­halt von 2.000,00 € für sie tätig zu wer­den, lehn­te die Kläge­rin ab.

Die Kläge­rin hat mit der am 09.10.2006 er­ho­be­nen Kla­ge an­ge­mes­se­ne Vergütung ge­for­dert. Sie sei nicht als ein­fa­che Prak­ti­kan­tin tätig ge­wor­den, son­dern ha­be in den ein­zel­nen Pro­jek­ten als nor­ma­le Ar­beits­kraft der je­wei­li­gen Pro­jekt­lei­tung zu­ge­ar­bei­tet. Ab­ge­se­hen von der kon­kre­ten Ent­schei­dungs­be­fug­nis und der fi­nan­zi­el­len und kon­zep­tio­nel­len Ver­ant­wor­tung ha­be sie die glei­chen Ar­bei­ten wie die Pro­jekt­lei­tung selbst aus­geübt. Über die not­wen­di­gen fach­spe­zi­fi­schen Kennt­nis­se aus dem A.- und I.be­reich ha­be sie be­reits verfügt. Der A.preis F. (Far­be, Struk­tur, Oberfläche) et­wa sei An­fang Ju­ni 2006 nach ei­nem Jahr Vor­be­rei­tungs­ar­beit durch­geführt wor­den und die Kläge­rin sei ge­ra­de für die zwei­te in­ten­si­ve Pha­se, das kon­kre­te Ab­ar­bei­ten der Mas­sen­ar­bei­ten und die zeit­in­ten­si­ve Or­ga­ni­sa­ti­ons­um­set­zung ein­ge­setzt wor­den. Die im so­ge­nann­ten Prak­ti­kan­ten­ver­trag ver­ein­bar­te Vergütung sei sit­ten­wid­rig; als an­ge­mes­sen sei das für die Zeit da­nach an­ge­bo­te­ne Ent­gelt von 2.000,00 € mit ei­nem Ab­schlag von 250,00 € we­gen im Prak­ti­kum nicht be­ste­hen­der Ent­schei­dungs­be-fug­nis­se und Pro­jekt­ver­ant­wor­tung an­zu­set­zen, al­so 1.750,00 € mo­nat­lich.

Die Kläge­rin hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt:

1. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 8.455,65 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit der Kla­ge zu zah­len.

2. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, der Kläge­rin ein wohl­wol­lend for­mu­lier­tes, qua­li­fi­zier­tes Ar­beits­zeug­nis zu er­tei­len.

Die Be­klag­te hat Klag­an­trag Ziff. 2 an­er­kannt. Hin­sicht­lich Klag­an­trag Ziff. 1 hat die Be­klag­te be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat ein­ge­wen­det, dass im streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raum der Ver­trags­durch-führung der Aus­bil­dungs­zweck und nicht die ent­gelt­li­che Ge­gen­leis­tung im Vor­der­grund ge-stan­den ha­be. Nach Ab­schluss ih­res Stu­di­ums hätten der Kläge­rin sämt­li­che Kennt­nis­se in den wich­tigs­ten Be­rei­chen des Ver­lags­we­sens ge­fehlt, die - zu­min­dest oberflächlich - ge­ra­de im Rah­men von Be­rufs­prak­ti­ka ver­mit­telt würden. Man ha­be der Kläge­rin in in­ter­es­san­ten Pro­jek­ten ei­ne Einführung in das ge­sam­te Ge­biet der Ab­tei­lung ge­ge­ben, in der sie tätig war. Die Höhe der Vergütung sei für Prak­ti­ka nicht unüblich und ha­be der Hin­zu­ver­dienst­gren­ze im Rah­men des Leis­tungs­be­zu­ges nach dem SGB II ent­spro­chen. Die For­de­rung der Kläge­rin sei ver­wirkt, da sie fünf Mo­na­te nach Be­en­di­gung des Prak­ti­kums erst ge­klagt ha­be.
Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge im über­wie­gen­den Um­fang statt­ge­ge­ben und der Kläge­rin ei­ne Vergütung in Höhe von 7.090,65 € brut­to zu­ge­spro­chen. Im übri­gen hat das Ar­beits­ge-richt die Kla­ge als un­be­gründet ab­ge­wie­sen. Die Kläge­rin sei - un­be­scha­det der Be­zeich-

 

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nung im Ver­trag - als Ar­beit­neh­me­rin und nicht als Prak­ti­kan­tin tätig ge­we­sen. Ih­re Ar­beits­leis­tung ha­be im Vor­der­grund ge­stan­den und nicht die Ver­mitt­lung be­stimm­ter Kennt­nis­se und Fer­tig­kei­ten, da sie im ge­sam­ten Zeit­raum aus­sch­ließlich der Ab­tei­lung GKT zu­ge­wie­sen ge­we­sen sei. Die sons­ti­gen, bei der Be­klag­ten im Ver­lags­we­sen zu ver­mit­teln­den vielfälti­gen fach­spe­zi­fi­schen Auf­ga­ben hin­ge­gen sei­en nicht In­halt des Ver­trags­verhält­nis­ses ge­we­sen. Die im Prak­ti­kan­ten­ver­trag ge­trof­fe­ne Vergütungs­re­ge­lung erfülle den Tat­be­stand des Lohn­wu­chers im Sin­ne des § 138 Abs. 2 BGB und sei des­halb nich­tig: Bei der ge­schul­de­ten Ar­beits­zeit von 152,25 St­un­den be­tra­ge der St­un­den­lohn 2,46 € brut­to. Der Lohn­wu­cher führe zur Ge­samt­nich­tig­keit des Ver­tra­ges, die aber nicht zurück­wir­ke - der Wu­cher­lohn sei durch die übli­che Vergütung im Sin­ne des § 612 Abs. 2 BGB zu er­set­zen. Da­bei sei von dem Maßstab aus­zu­ge­hen, nach dem die Be­klag­te die stun­den­wei­se zu­ge­buch­ten Kräfte bei Abend­ver­an­stal­tun­gen, et­wa Hos­tes­sen, be­zah­le, da die Tätig­keit der Kläge­rin als zu­min­dest gleich­wer­tig an­zu­se­hen sei. Es sei da­her ein St­un­den­satz von 10,00 € brut­to an­zu­set­zen. Da­mit ste­he der Kläge­rin für die 35-St­un­den-Wo­che ei­ne Vergütung von 1.522,50 € brut­to mo­nat­lich zu; auf den Ge­samt­be­trag von 9.135,00 € müsse sie sich be­reits aus­be­zahl­te 2.044,35 € brut­to an­rech­nen las­sen. Die Rück­ab­wick­lung hin­sicht­lich der be­zo­ge­nen Leis­tun­gen nach dem SGB II fin­de zwi­schen dem Grund­si­che­rungs­träger und der Kläge­rin statt und sei nicht in Ab­zug zu brin­gen. Die For­de­rung sei auch nicht ver­wirkt, da we­der für die Ver­wirk­li­chung des Zeit- noch des Um­stands­mo­ments An­halts­punk­te er­sicht­lich sei­en. Zur Er­tei­lung des Zeug­nis­ses hat das Ar­beits­ge­richt die Be­klag­te durch An­er­kennt­nis­ur­teil ver­pflich­tet.

Ge­gen die­ses Ur­teil vom 22.03.2007, der Be­klag­ten zu­ge­stellt am 19.06.2007, rich­tet sich ih-re am 19.06.2007 ein­ge­leg­te und nach Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist am 17.09.2006 aus­geführ­te Be­ru­fung.

Die Be­klag­te hat gerügt, das Ar­beits­ge­richt ha­be den zu den von der Kläge­rin ver­rich­te­ten Tätig­kei­ten ge­leis­te­ten, weit­ge­hend un­strei­ti­gen Sach­vor­trag ein­sei­tig und oh­ne hin­rei­chen­den Pra­xis­be­zug be­wer­tet. Die Kläge­rin ha­be oh­ne je­de kon­zep­tio­nel­le und fi­nan­zi­el­le Ver-ant­wor­tung ge­ar­bei­tet und aus­sch­ließlich un­ter der fach­li­chen An­lei­tung des je­weils Pro­jekt-ver­ant­wort­li­chen, die/der die Ar­beits­er­geb­nis­se ge­prüft, be­wer­tet, den um­setz­ba­ren Teil her-aus­ge­fil­tert, so­dann ver­vollständigt und um­ge­setzt ha­be. Das vom Ar­beits­ge­richt mo­nier­te Feh­len ei­nes Prak­ti­kums­pla­nes sei nach der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung unschädlich, ein Prak­ti­kum sei ge­ra­de nicht durch sys­te­ma­ti­sche Be­rufs­aus­bil­dung ge­kenn­zeich­net. Die Be­schränkung auf ei­nen Un­ter­neh­mens­teil sei viel­mehr Usus und die Kläge­rin sei den­noch nicht - wie ein nor­ma­ler Ar­beit­neh­mer im ers­ten Beschäfti­gungs­jahr - nur in ei­nem eng ein­ge­grenz­ten Be­reich beschäftigt wor­den. Das Ar­beits­ge­richt ha­be fälsch­lich der Be­klag­ten die Be­weis­last für den im Vor­der­grund ste­hen­den Aus­bil­dungs­zweck auf­er­legt und nicht der Kläge­rin für den Schwer­punkt als Ar­beits­verhält­nis. Die feh­len­de fach­li­che Eig­nung der Klä-ge­rin für ei­ne Tätig­keit als Pro­jekt­lei­te­rin sei stets sub­stan­ti­iert be­strit­ten wor­den. Das Ar­beits­ge­richt ha­be bei sei­nen Be­wer­tun­gen auch nicht dem Um­stand Rech­nung ge­tra­gen, dass es zwi­schen­zeit­lich üblich sei, an Ex­ami­na ein Prak­ti­kum an­zu­sch­ließen, zu ei­nem ho­hen Pro­zent­satz so­gar oh­ne je­de Be­zah­lung. Die Be­wer­bungs­chan­cen erhöhten sich da­durch er­heb­lich, ins­be­son­de­re bei ei­nem fach­frem­den Prak­ti­kum, wie es vor­lie­gend der Fall ge­we­sen sei. Die An­nah­me der Sit­ten­wid­rig­keit der Vergütungs­ab­re­de sei un­zu­tref­fend, da ent­ge­gen den Fest­stel­lun­gen des Ar­beits­ge­richts kei­ne Zwangs­la­ge der Kläge­rin vor­ge­le­gen ha­be.

 

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Die Be­klag­te be­an­tragt:

Un­ter Auf­he­bung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart vom 22.03.2007, 35 Ca 9620/06, wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

Zurück­wei­sung der Be­ru­fung.

Die Kläge­rin hat das erst­in­stanz­li­che Ur­teil im We­sent­li­chen ver­tei­digt und auf ihr bis­he­ri­ges Vor­brin­gen Be­zug ge­nom­men. Auf die man­geln­de Ent­schei­dungs­be­fug­nis der Kläge­rin kom­me es nicht an, da de­ren Vor­han­den­sein nicht das Ar­beits­verhält­nis von ei­nem Prak­ti­kum ab­gren­ze und un­abhängig da­von kei­ne Aus­bil­dung, son­dern die prak­tisch zu leis­ten­de Ar­beit ei­ner Sach­be­ar­bei­te­rin/Se­kretärin ein­deu­tig im Vor­der­grund ge­stan­den ha­be.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des und des sons­ti­gen Vor­brin­gens der Par­tei­en wird gem. §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen und auf das Pro­to­koll der Be­ru­fungs­ver­hand­lung vom 08.02.2008 Be­zug ge­nom­men.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

A

Die gem. § 64 Abs. 2b ArbGG statt­haf­te, form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­te Be­ru­fung der Be-klag­ten ist auch im übri­gen zulässig (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). So­weit das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen hat, ist das Ur­teil in Rechts­kraft er­wach­sen.

B

Die Be­ru­fung kann je­doch in der Sa­che kei­nen Er­folg ha­ben. Das Ar­beits­ge­richt hat mit zu-tref­fen­der Be­gründung an­ge­nom­men, dass die Kläge­rin im Zeit­raum vom 01.12.2005 bis 31.05.2006 bei der Be­klag­ten als Ar­beit­neh­me­rin tätig war und nicht als Prak­ti­kan­tin und dass die ver­ein­bar­te und ge­leis­te­te Vergütung von 375,00 € brut­to mo­nat­lich lohn­wu­che­risch und die Ab­re­de da­mit nich­tig ist. Die durch das Ar­beits­ge­richt im Sin­ne des § 612 Abs. 2 BGB er­mit­tel­te übli­che Vergütung von 1.522,50 € brut­to steht der Kläge­rin auch nach Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts zu.

I.

Mit zu­tref­fen­der Be­gründung hat das Ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men, dass die Kläge­rin ent­ge­gen der Be­zeich­nung in der schrift­li­chen Ver­trags­ur­kun­de vom 25.11.2005 nicht als Prak­ti­kan­tin, son­dern als Ar­beit­neh­me­rin zu qua­li­fi­zie­ren ist.

 

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1. In rich­ti­ger An­wen­dung der Grundsätze höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung zu den Vo-raus­set­zun­gen ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ei­ner­seits und ei­nes Prak­ti­kan­ten­verhält­nis­ses an­de­rer­seits, von de­ren er­neu­ter Dar­stel­lung hier zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen ab­ge­se­hen wird, hat das Ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass die Kläge­rin in Voll­zeit aus­sch­ließlich in ei­ner Ab­tei­lung der Be­klag­ten wei­sungs­abhängig tätig war, mit Auf­ga­ben im Rah­men der Or­ga­ni­sa­ti­on von Ver­an­stal­tun­gen be­traut wur­de, da­mit für den Be­trieb not­wen­di­ge Ar­beit ge­leis­tet und ei­ne an­sons­ten er­for­der­li­che Ar­beits­kraft er­setzt hat.

2. Ent­ge­gen den An­grif­fen der Be­ru­fung spricht nicht ge­gen die Ar­beit­neh­mer­ei­gen­schaft, dass die Kläge­rin kei­ne kon­zep­tio­nel­le und fi­nan­zi­el­le Ver­ant­wor­tung trug und dass sie spe­zi­fi­sche Fach­kennt­nis­se nicht be­saß, die sie zur Pro­jekt­ver­ant­wort­li­chen befähig­ten. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass die in der Tätig­keits­be­schrei­bung An­la­ge BK 1 (Bl. 44 der Ak­te 2. In­stanz) auf­ge­lis­te­ten Auf­ga­ben durch­geführt wur­den, dass de­ren Ab­ar­bei­tung den Schwer­punkt des Rechts­verhält­nis­ses bil­de­te und dass nicht der Aus­bil­dungs­zweck im Vor­der­grund stand, des­sen nur ne­bensäch­li­cher Aus­fluss die er­ziel­ten prak­ti­schen Ar­beits­er­geb­nis­se wa­ren.

a) Die Par­tei­en woll­ten nach übe­rein­stim­men­der Dar­stel­lung im Ter­min der Be­ru­fungs­ver­hand­lung von vorn­her­ein aus­sch­ließlich den Ein­satz der Kläge­rin in der Ab­tei­lung GKT. Sämt­li­che von der Be­klag­ten auf­gezähl­ten Be­rei­che ih­res Ver­la­ges, et­wa in Re­dak­ti­on, Lek­to­rat und Ver­trieb, al­so die ver­lags­spe­zi­fi­schen Auf­ga­ben und Tätig­kei­ten soll­te die Kläge­rin über­haupt nicht ken­nen­ler­nen, das Ver­trags­verhält­nis war von An­fang an be­schränkt auf die Ab­tei­lung GKT und da­mit fest um­ris­sen und we­sent­lich ein­ge­schränk­ter als dies bei Durch­lau­fen sämt­li­cher Be­rei­che des Be­trie­bes oder zu­min­dest meh­re­rer Ab­tei­lun­gen der Fall wäre. Wie die Kläge­rin un­wi­der­spro­chen dar­ge­legt hat, lag der Grund hierfür in ih­ren Er­fah­run­gen mit der Or­ga­ni­sa­ti­on von Ver­an­stal­tun­gen im Be­reich der Fach­hoch­schu­le und in der The­ma­tik ih­rer Di­plom­ar­beit, die nicht in ei­nem Ent­wurf be­stan­den hat­te, son­dern sich mit Kom­mu­ni­ka­ti­on im Bau­we­sen be­fasst. Das Ver­lags­we­sen an sich war hin­ge­gen für die Kläge­rin völlig fach­fremd, soll­te ihr aber auch nach dem Wil­len bei­der Par­tei­en gar nicht nä-her­ge­bracht wer­den.

Zwar trifft es zu, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt für ein Prak­ti­kan­ten­verhält­nis kei­ne sys­te­ma­ti­sche Be­rufs­aus­bil­dung ver­langt, es muss aber der Aus­bil­dungs­zweck im Vor­der­grund ste­hen (BAG, Ur­teil vom 13.03.2003, 6 AZR 564/01, Rn. 35 - Ju­ris). Dies wie­der­um be­deu­tet, dass bei ei­ner Ge­genüber­stel­lung der An­tei­le „Aus­bil­dungs­zweck“ und „für den Be­trieb er­brach­te Leis­tun­gen und Ar­beits­er­geb­nis­se“ das Er­ler­nen prak­ti­scher Kennt­nis­se und Er­fah­run­gen deut­lich über­wie­gen muss. Zwar mag es, wie die Be­klag­te in der Be­ru­fungs­be­gründung un­ter 2.2 ausführt, so sein, dass Prak­ti­ka häufig nur auf ei­nen Un­ter­neh­mens­teil be­schränkt wer­den und Prak­ti­kan­ten übli­cher­wei­se nicht in den Ge­nuss kom­men, in je­der Ab­tei­lung ein­ge­lernt zu wer­den. Al­ler­dings liegt bei ei­nem Durch­lau­fen sämt­li­cher Ab­tei­lun­gen ei­nes un­ter Umständen größeren oder zu­min­dest viel­schich­ti­gen Be­trie­bes der Schwer­punkt zwei­fels­frei auf dem Aus­bil­dungs­zweck - selbst wenn in ein­zel­nen Ab­tei­lun­gen (auch) ver­wert­ba­re Ar­beits­er­geb­nis­se pro­du­ziert wer­den. Denn je brei­ter das Spek­trum ver­mit­tel­ter Ein­bli­cke in Ar­beits­abläufe, in be­triebs­or­ga­ni­sa­to­ri­sche Zu­sam­menhänge ist und je mehr An­sprech­part­ner es gibt, die für ih­ren Be­reich Kennt­nis­se ver­mit­teln und

 

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ih­re Pra­xis­er­fah­rung wei­ter­ge­ben, des­to kla­rer lässt sich der Aus­bil­dungs­zweck er­ken­nen. Vor­lie­gend tritt der Aus­bil­dungs­zweck dem­ge­genüber deut­lich in den Hin­ter­grund, weil die Kläge­rin bei ei­ner Prak­ti­kums­dau­er von sechs Mo­na­ten zwei An­sprech­part­ner hat­te, die bei­de Pro­jekt­lei­ter wa­ren und de­nen die Kläge­rin in der Durchführung der durch­aus viel­ge­stal­ti­gen Pro­jek­te zu­ge­ar­bei­tet hat.

aa) Die Kläge­rin hat über ei­nen Zeit­raum von sechs Mo­na­ten ei­ne ein­zi­ge Ab­tei­lung ken­nen­ge­lernt, in der Ver­an­stal­tun­gen ge­plant und aus­ge­rich­tet wer­den. Sie hat zwar an den ver­schie­de­nen Pro­jek­ten (A.preis F., Road­show, Work­shop in S., etc.) mit­ge­wirkt, aber die Be­klag­te hat nicht auf­ge­zeigt, dass je­weils um­fas­send zunächst ei­ne Ver­mitt­lung prak­tisch not­wen­di­gen Wis­sens statt­ge­fun­den hätte, das da­nach erst an­ge­wen­det wer­den konn­te. Dass die Kläge­rin ein­ge­wie­sen, an­ge­lei­tet, kon­trol­liert wur­de, dass ih­re Ar­beits­er­geb­nis­se auf ih­re Rich­tig­keit oder Vollständig­keit hin über­prüft wur­den, liegt in der Na­tur der Sa­che so­wohl bei ei­nem Be­rufs­anfänger als auch bei ei­nem neu ein­ge­stell­ten (er­fah­re­ne­ren) Ar­beit­neh­mer. Un­be­kannt ist zu Be­ginn ei­ner Zu­sam­men­ar­beit stets, in­wie­weit vor­han­de­ne Fähig­kei­ten und ge­stell­te Er­war­tun­gen und An­for­de­run­gen sich de­cken.

bb) Die Be­klag­te hat nicht in ei­nem über­wie­gen­den zeit­li­chen Um­fang der Kläge­rin prak­ti­sches Wis­sen, spe­zi­fi­sche, nur in der Pra­xis er­fahr­ba­re Zu­sam­menhänge ver­mit­telt, son­dern hat die von der Kläge­rin in ih­rem Stu­di­um be­reits er­wor­be­nen Grund­la­gen ver­wer­tet. Dass die Pro­jekt­lei­ter, de­nen die Kläge­rin zu­ge­ar­bei­tet hat, die Ein­wei­sung und die Kon­trol­le der Prak­ti­kan­tin als zeit­auf­wen­dig emp­fun­den ha­be mögen, reicht eben­falls nicht aus, dies als Aus­bil­dung im wei­tes­ten Sin­ne zu qua­li­fi­zie­ren. Glei­cher­maßen wäre die­se Be­las­tung auch in ei­nem Pro­be­ar­beits­verhält­nis ge­ge­ben - des­sen Dau­er übli­cher­wei­se auch sechs Mo­na­te beträgt.

b) Auch die feh­len­de Pro­jekt­ver­ant­wor­tung der Kläge­rin in kon­zep­tio­nel­ler und fi­nan­zi­el­ler Hin­sicht ändert hier­an nichts - Ver­ant­wor­tungs­zu­wachs und Stei­ge­rung der Auf­ga­ben­kom­ple­xität sind ty­pi­sche Kenn­zei­chen ei­ner Fort­ent­wick­lung in ei­nem Ar­beits­verhält­nis. Die Be­klag­te hat der Kläge­rin nach sechs Mo­na­ten die Stel­le ei­ner Pro­jekt­lei­te­rin (al­so mit Ent­schei­dungs­voll­macht) an­ge­bo­ten, was durch­aus üblich ist nach po­si­ti­vem Ver­lauf ei­ner Pro­be­zeit. Dass, wie die Be­klag­te in ih­rem Be­ru­fungs­vor­brin­gen be­tont, die fach­li­che Eig­nung hierfür zu Be­ginn der Ver­trags­be­zie­hung nicht vor­lag, zeigt ei­ne gu­te Ein­ar­bei­tung der Kläge­rin in die Ma­te­rie, wie ihr aber die an­fangs feh­len­de Eig­nung be­tref­fend die künf­tig zu tra­gen­de Ver­ant­wor­tung bei­ge­bracht wor­den sein soll­te und dass eben die­se Aus­bil­dung den Schwer­punkt des Rechts­verhält­nis­ses bil­de­te, konn­te die Kam­mer nicht er­ken­nen.

3. Zu Un­recht hat die Be­klag­te be­an­stan­det, dass das Ar­beits­ge­richt die Be­weis­last un­zu­tref­fend fest­ge­legt ha­be. In der schrift­li­chen Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en sind kei­ner­lei den Aus­bil­dungs­zweck cha­rak­te­ri­sie­ren­de Re­ge­lun­gen fest­ge­hal­ten, wohl aber sol­che, die übli­cher­wei­se ein Ar­beits­verhält­nis kenn­zeich­nen, nämlich die re­gelmäßige be­trieb­li­che tägli­che Ar­beits­zeit und die Über­tra­gung all­ge­mei­ner Auf­ga­ben aus dem Be­reich der Be­klag­ten. Der ergänzend hier her­an­zu­zie­hen­de Tätig­keits­nach­weis (An­la­ge BK 1, Bl. 44 der Ak­te 2. In­stanz) enthält die Bestäti­gung der Durchführung all­ge­mein übli­cher Auf­ga-

 

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ben ei­ner Sach­be­ar­bei­te­rin oder ei­ner Se­kretärin. Die­se Ar­bei­ten hätten bei Nicht­be-schäfti­gung ei­nes Prak­ti­kan­ten von ei­ner an­de­ren Per­son er­le­digt wer­den müssen, da sie not­wen­dig wa­ren und sie hätten auch er­heb­li­che Ka­pa­zitäten ge­bun­den, da die Kläge­rin voll­zei­tig da­mit be­fasst war. Es hätte an­ge­sichts des­sen auch in der hier vor­lie­gen­den Fall­kon­stel­la­ti­on der Be­klag­ten ob­le­gen, den An­teil an Aus­bil­dung in zeit­li­cher und in­halt­li­cher Hin­sicht zu schil­dern und in Be­zie­hung zu set­zen zu dem zeit­li­chen Um­fang prak­ti­scher Ar­beit. Nur da­mit wäre die übli­cher­wei­se not­wen­di­ge Ein­wei­sung in die zu leis­ten­den Tätig­kei­ten von ei­nem im Vor­der­grund ste­hen­den Aus­bil­dungs­zweck zu un­ter­schei­den ge­we­sen. Im­mer­hin han­delt es sich hier um ei­nen Zeit­raum von sechs Mo­na­ten, in dem auch ei­ne Ver­fes­ti­gung und Ver­ste­ti­gung ein­mal er­wor­be­ner Kennt­nis­se ein­tritt, die um­ge­hend der Tätig­keit selbst wie­der zu­gu­te kom­men. In­so­weit be­deu­tet der ein­ge­schränk­te Ein­satz­rah­men für den Be­trieb ei­nen we­sent­lich höhe­ren Er­trag aus den zu Be­ginn der Zu­sam­men­ar­beit dort er­lern­ten Abläufen, die dann letzt­lich ähn­lich blei­ben. Bei kürze­rer Ver­weil­dau­er ei­nes Prak­ti­kan­ten in ein­zel­nen Un­ter­neh­mens­be­rei­chen hin­ge­gen ist ein sol­cher Er­trag ent­we­der ge­rin­ger oder gar nicht vor­han­den.

So hat die Be­klag­te le­dig­lich aus­geführt, die Pro­jekt­ver­ant­wort­li­chen hätten den „um­setz­ba­ren An­teil“ aus der ge­leis­te­ten Tätig­keit der Kläge­rin her­aus­ge­fil­tert, ver­vollständigt und in die Um­set­zung ge­bracht. Die­se pau­scha­le Be­haup­tung er­laubt kei­ner­lei Rück­schluss auf den dies­bezügli­chen Um­fang und ist auch oh­ne kon­kre­te Nen­nung von Bei­spie­len nicht ein­las­sungsfähig für die Kläge­rin ge­we­sen.

Ge­ra­de das Ver­traut­wer­den mit den be­trieb­li­chen Abläufen und den An­for­de­run­gen, die an die Kläge­rin im Rah­men ih­rer Zu­ar­beit für die Pro­jekt­lei­ter ge­stellt wur­den, sind vor­lie­gend ein maßgeb­li­ches Kri­te­ri­um, das ge­gen ei­nen im Vor­der­grund ste­hen­den Aus­bil­dungs­zweck und für ein Ar­beits­verhält­nis spricht.

II.

Zu Recht ist das Ar­beits­ge­richt zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass es sich bei der mo­nat­li­chen Vergütung von 375,00 € brut­to um Lohn­wu­cher im Sin­ne des § 138 Abs. 2 BGB han­delt, die Vergütungs­re­ge­lung des­halb nich­tig ist und an ih­re Stel­le die übli­che Vergütung im Sin­ne des § 612 Abs. 1 BGB zu tre­ten hat.

1. Die Be­ru­fung hat le­dig­lich be­an­stan­det, dass das Ar­beits­ge­richt un­zu­tref­fend ei­ne Zwangs­la­ge der Kläge­rin und da­mit ein sub­jek­ti­ves Mo­ment an­ge­nom­men ha­be, das vor-lie­gend nicht ge­ge­ben sei. Da die Kläge­rin erst we­ni­ge Mo­na­te Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bens­un­ter­hal­tes be­zo­gen ha­be, sei an­ge­sichts der Ge­samt­umstände die An­nah­me ei­ner Zwangs­la­ge nicht ge­recht­fer­tigt.

2. Das Ar­beits­ge­richt hat nicht nur den Be­zug der Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bensun-ter­hal­tes nach dem SGB II an sich als die Zwangs­la­ge der Kläge­rin be­gründend er­ach­tet, son­dern ins­be­son­de­re die von der Kläge­rin vor­ge­tra­ge­ne und von der Be­klag­ten nicht be­strit­te­ne Be­mer­kung des Re­dak­ti­ons­lei­ters D. ge­genüber der Kläge­rin, es fin­de sich im­mer wie­der je­mand, der sich dar­auf ein­las­se (vgl. Sei­te 9 der Ent­schei­dungs­gründe des Ar­beits­ge­richts). Deut­li­cher kann kaum zum Aus­druck ge­bracht wer­den, dass der Ar­beit­ge­ber, der für sechs Mo­na­te über die Fähig­kei­ten ei­ner di­plo­mier­ten Fach­hoch-

 

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schul­ab­sol­ven­tin verfügen kann, die wirt­schaft­lich schwäche­re La­ge des Ver­trags­part­ners zu sei­nem Vor­teil nutzt un­ter Hin­weis auf den Zwang der Verhält­nis­se. Auch ein Be­zugs­zeit­raum von we­ni­gen Mo­na­ten von Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bens­un­ter­hal­tes ver­mag das Bild ei­nes er­folg­rei­chen aka­de­mi­schen cur­ri­cu­lum vi­tae zu stören. Da­her war für die Kläge­rin we­gen ei­ner er­heb­li­chen Be­dräng­nis ein zwin­gen­der Be­darf ge­ge­ben, die­sen ih­re Er­folgs­aus­sich­ten auf dem Ar­beits­markt min­dern­den Zu­stand zu be­en­den. Der Kläge­rin ist außer­dem ein re­guläres Ar­beits­verhält­nis für die Zeit nach dem Prak­ti­kum in Aus­sicht ge­stellt wor­den. Es kommt nicht dar­auf an, dass die Kläge­rin die­ses An­ge­bot letzt­end­lich aus­ge­schla­gen hat und da­mit das Vor­han­den­sein ei­ner Zwangs­la­ge selbst wi­der­legt hat, wie die Be­klag­te in ih­rer Be­ru­fungs­be­gründung meint. Dass die Kläge­rin ge­gen En­de des Prak­ti­kums - aus wel­chen Gründen auch im­mer - nicht im Be­trieb der Be­klag­ten wei­ter­hin tätig sein woll­te, ver­mag die sechs Mo­na­te zu­vor be­ste­hen­de Zwangs­la­ge nicht zu ent­kräften. Im übri­gen hat­te die Kläge­rin nun­mehr prak­ti­sche Be­rufs­er­fah­rung vor­zu­wei­sen und konn­te sich nach Be­en­di­gung der Tätig­keit bei der Be­klag­ten auch in der Tat bes­se­re Chan­cen auf dem Ar­beits­markt ver­spre­chen. Dass dies ein aus ei­nem Prak­ti­kan­ten­verhält­nis her­vor­ge­hen­der po­si­ti­ver und nütz­li­cher Be­gleit­um­stand ist, ändert je­doch nichts an den zu­tref­fen­den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts zum Tat­be­stand des Lohn­wu­chers im übri­gen. Die­se Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts hat­te die Be­ru­fung nicht an­ge­grif­fen, so dass die Be­ru­fungs­kam­mer sich hier­mit auch nicht aus­ein­an­der­zu­set­zen hat­te.

III.

Die Be­klag­te hat die Kos­ten der er­folg­lo­sen Be­ru­fung zu tra­gen gem. § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on war nicht ver­an­lasst, weil die Vor­aus­set­zun­gen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vor­lie­gen.


R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :

Ge­gen die­ses Ur­teil ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben. Auf § 72a ArbGG wird hin­ge­wie­sen.

gez. Dr. Adam

gez. Fi­scher

gez. Häfe­le

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