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ArbG Frank­furt, Ur­teil vom 09.04.2008, 7 Ca 8061/07

   
Schlagworte: Befristung, Arbeitsvertrag: Befristung
   
Gericht: Arbeitsgericht Frankfurt
Aktenzeichen: 7 Ca 8061/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 09.04.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   


Ar­beits­ge­richt

Frank­furt


Ak­ten­zei­chen
7 Ca 8061/07 

Verkündet am

09. April 2008

gez.
Ur­kunds­be­arn­ter der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

In dem Rechts­streit

Kläge­rin

Pro­zess­be­vollmäch­tigt.:
Rechts­anwälte

ge­gen

Be­klag­te

Pro­zess­be­vollmäch­tigt.:
Ass.


hat das Ar­beits­ge­richt Frank­furt, Kam­mer 7,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 09. April 2008
durch den Rich­ter
als Vor­sit­zen­den
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter
und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin
als Bei­sit­zer
für Recht er­kannt:

1. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

2. Die Kläge­rin trägt die Kos­ten des Rechts­streits.

3. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird auf € 3.042,00 fest­ge­setzt.

4. Die Be­ru­fung wird zu­ge­las­sen.


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Tat­be­stand


Die Par­tei­en strei­ten über die Zulässig­keit ei­ner sach­grund­lo­sen Be­fris­tung und hilfs­wei­se über die Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin, nach­dem be­reits ei­ni­ge Jah­re zu­vor ein Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en be­stan­den hat­te.

Die Be­klag­te ist die , die u.a. in Frank­furt am Main am die Nie­der­las­sung I 7 un­terhält. Da­ne­ben be­treibt die Be­klag­te u.a. in W ei­ne Nie­der­las­sung

Die Kläge­rin ist am .. .19 ge­bo­ren, le­dig und ist Por­tu­gie­sin, spricht aber fließend deutsch. Die Kläge­rin ist aus­ge­bil­de­te Zahn­arzt­hel­fe­rin.

Auf­grund ei­nes auf drei Mo­na­te zeit­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges vom 01.02.2000 (BI. 6-8 d.A.) war die Kläge­rin vom 01.02.2000 bis zum 30.04.2000 bei der Be­klag­ten in de­ren Nie­der­las­sung in VV als B beschäftigt. An­sch­ließend folg­ten ei­ni­ge Beschäfti­gun­gen der Kläge­rin bei an­de­ren Ar­beit­ge­bern, bis die Kläge­rin schließlich ar­beits­los wur­de.

Die Kläge­rin füll­te schließlich am 26.09.2005 ei­nen ,,Be­wer­bungs-Fra­ge­bo­gen" der Be­klag­ten für ei­ne Tätig­keit in Frank­furt aus, in der sie ei­ne Beschäfti­gung „ab so­fort" such­te. Der Fra­ge­bo­gen der Be­klag­ten ent­hielt auf der letz­ten, d.h. auf der vier­ten Sei­te fol­gen­de Fra­ge: „Ich war be­reits bei der (oder ih­rer Vorgänger­or­ga­ni­sa­ti­on) beschäftigt". Als Ant­wortmöglich­kei­ten sind „Ja" und „Nein" vor­ge­ge­ben. Die Kläge­rin kreuz­te „Nein" an. Wei­ter fin­det sich vor der Un­ter­schrifts­zei­le auf der die­ser letz­ten Sei­te des Be­wer­bungs­bo­gens fol­gen­der Satz in Fett­druck: „Ich ver­si­che­re, dass die vor­ste­hen­den An­ga­ben der Wahr­heit ent­spre­chen. Ich neh­me zur Kennt­nis, dass un­vollständi­ge oder fal­sche An­ga­ben mei­ne Ent­las­sung zur Fol­ge ha­ben könn­ten". Die Kläge­rin setz­te an­sch­ließend ih­re Un­ter­schrift un­ter den Be­wer­bungs­bo­gen.
 


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Seit dem 28.09.2005 wur­de die Kläge­rin bei der Be­klag­ten in de­ren Nie­der­las­sung am " auf­grund meh­re­rer sach­grund­los be­fris­te­ter Ar­beits­verträge, u.a. auf­grund ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges vom 09.10.2006, zu­letzt aber auf­grund ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges vom 09.01.2007 (BI. 3-4 d.A.), der gemäß § 14 Abs. 2 Tz­B­fG ka­len­dermäßig be­fris­tet für die Zeit bis 23.09.2007 wur­de, beschäftigt. Die Kläge­rin war zu­letzt im Be­reich der Ein­gangs­ver­zol­lung "Im­port" mit ei­ner durch­schnitt­li­chen Wo­chen­ar­beits­zeit von zu­letzt 20 St­un­den tätig. Ihr Brut­to­mo­nats­ge­halt be­trug rund € 1.014,00 (sie­he Bezüge­mit­tei­lung für den Mo­nat Au­gust 2007, BI. 14 d.A.).

Die Kläge­rin stell­te ih­re Ar­beit am 23.09.2007 ein. Die vor­lie­gen­de Kla­ge ging beim Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main am 12.10.2007 ein und wur­de der Be­klag­ten am 24.10.2007 (sie­he 131. 10 d.A.) zu­ge­stellt.

Mit Schrei­ben vom 29.10.2007 (BI. 23 d.A.), das der Kläge­rin am 01.11.2007 zu­ge­stellt wur­de (BI. 24-25 d.A.), erklärte die Be­klag­te ge­genüber der Kläge­rin die An­fech­tung der Wil­lens­erklärun­gen im Hin­blick auf die be­fris­te­ten Ar­beits­verträge we­gen arg­lis­ti­ger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB.

Die Kläge­rin ist der An­sicht, die (letz­te) Be­fris­tung im Ar­beits­ver­trag vom 09.01.2007 sei un­wirk­sam, da sie ge­gen das sog. An­schluss­ver­bot des § 14 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ver­s­toßen würde. Es bestünde viel­mehr kraft Ge­set­zes ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis. Sie be­haup­tet, sie ha­be im Sep­tem­ber 2005 beim Ausfüllen des Fra­ge­bo­gens der Be­klag­ten schlicht­weg das Ar­beits­verhält­nis im Jah­re 2000, wo sie im Übri­gen in W beschäftigt war, ver­ges­sen. Die Kläge­rin ist der An­sicht, es man­ge­le an ei­ner Täuschungs­ab­sicht.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en auf­grund der Be­fris­tung vom 09.01.2007 nicht zum 23.09.2007 be­en­det wur­de;


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2. hilfs­wei­se für den Fall des Ob­sie­gens mit dem An­trag zu Ziff. 1 die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, die Kläge­rin bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Rechts­streits als Ar­bei­te­rin wei­ter zu beschäfti­gen.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ist der An­sicht, dass kein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­ste­hen würde, da die Be­klag­te ein sol­ches we­gen arg­lis­ti­ger Täuschung zu­recht an­ge­foch­ten hätte. Die Kläge­rin hätte we­nigs­tens be­dingt vorsätz­lich die Be­klag­te über .das im Jah­re 2000 be­ste­hen­de Beschäfti­gungs­verhält­nis getäuscht. Sie be­haup­tet, dass sie im Jah­re 2005 und auch später kei­nen Ar­beits­ver­trag mit der Kläge­rin gemäß § 14 Abs. 2 Tz­B­fG ab­ge­schlos­sen hätte, wenn die Kläge­rin die Fra­ge nach dem "Zu­vor-Ar­beits­verhält­nis" wahr­heits­gemäß be­ant­wor­tet hätte. Sie ist der An­sicht, die An­fech­tung würde auf den Zeit­punkt der Außer­funk­ti­ons­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 23.09.2007 zurück­wir­ken.

Im Übri­gen wird zur Ergänzung des Tat­be­stan­des auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze, ih­re Be­weis­an­trit­te und die von ih­nen ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen und da­mit auf die Ge­richts­ak­te Be­zug ge­nom­men (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Kla­ge ist un­be­gründet. Die Kläge­rin kann die be­gehr­te Fest­stel­lung im Hin­blick auf die Un­wirk­sam­keit der streit­ge­genständ­li­chen Be­fris­tung nicht ver­lan­gen.

I. Die Kla­ge ist zulässig. Der Rechts­weg zu den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b.) ArbGG für die sog. Ent­fris­tungs­kla­ge und ge-

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mäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a.) ArbGG für den — hilfs­wei­se ge­stell­ten - Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ge­ge­ben. Der Ort der Nie­der­las­sung der Be­klag­ten am Frank­fur­ter - . (§ 21 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG) gehört zum ört­li­chen Zuständig­keits­be­reich des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main. Das gemäß §,46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 495 Abs. 1, 256 ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se liegt vor, da es der Kläge­rin gemäß § 17 Tz­B­fG i.V.m. § 7 KSchG ob­liegt, die Un­wirk­sam­keit ei­ner Be­fris­tung bin­nen der Präklu­si­ons­frist von drei Wo­chen „nach dem ver­ein­bar­ten En­de des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges" ge­richt­lich gel­tend zu ma­chen.

II. Die Ent­fris­tungs­kla­ge (An­trag zu Ziff. 1) ist im Hin­blick auf die streit­ge­genständ­li­che Be­fris­tung im Ar­beits­ver­trag vom 09.01.2007 un­be­gründet.

1. Die streit­ge­genständ­li­che Be­fris­tung wahrt zunächst das Schrift­for­mer­for­der­nis gemäß § 14 Abs. 4 Tz­B­fG. Et­wai­ge Zi­tier­ge­bo­te (wie früher im BAT) sind vor­lie­gend nicht ein­schlägig.

2. Die Frist des § 17 Tz­B­fG i.V.m. § 7 KSchG ist vor­lie­gend ge­wahrt, da die Kläge­rin recht­zei­tig nach dem ver­ein­bar­ten En­de der Be­fris­tung (23.09.2007) Kla­ge beim (zuständi­gen) Ar­beits­ge­richt er­ho­ben hat. Die Kla­ge wur­de der Be­klag­ten auch „demnächst" iSv § 167 ZPO zu­ge­stellt.

3. Die streit­ge­genständ­li­che sach­grund­lo­se Be­fris­tung er­weist sich im Er­geb­nis gemäß § 14 Abs. 2 Tz­B­fG als ma­te­ri­ell wirk­sam, so dass der Kla­ge­an­trag zu Ziff. 1 un­be­gründet ist.

a) Zunächst sind die frühe­ren zwi­schen den Par­tei­en ge­trof­fe­nen Be­fris­tungs-ab­re­den, d.h. die Ver­ein­ba­run­gen ab dem 28.09.2005, vor­lie­gend nicht streit­ge­genständ­lich, denn nach der mitt­ler­wei­le ständi­gen Recht­spre­chung des BAG seit dem Jah­re 1985 wird bei meh­re­ren auf­ein­an­der fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen re­gelmäßig nur die Be­fris­tung des letz­ten Ar­beits-


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ver­trags auf ih­re Recht­fer­ti­gung ge­richt­lich über­prüft (st. Rspr. des BAG, sie­he Müller-Glöge, in: Er­fur­ter Kom­men­tar, 8. Aufl., München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 10), denn durch den Ab­schluss ei­nes wei­te­ren be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags stel­len die Par­tei­en ihr Ar­beits­verhält­nis auf ei­ne neue Rechts­grund­la­ge, die künf­tig für ih­re Rechts­be­zie­hun­gen al­lein maßge­bend ist. Da­mit wird zu­gleich ein et­wai­ges un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis auf­ge­ho­ben.

b) Die Be­klag­te hat mit der sach­grund­lo­sen Ka­len­der­be­fris­tung vom 09.01.2007, die bis zum 23.09.2007 ver­ein­bart wur­de, die Re­ge­lun­gen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ein­ge­hal­ten, da we­der der 2-Jah­res-Zeit­raum - be­gin­nend am 28.09.2005 - über­schrit­ten wur­de noch ei­ne mehr als drei­ma­li­ge Verlänge­rung des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses er­folg­te.

c) Die Be­klag­te hat al­ler­dings grdsl. ge­gen das sog. An­schluss­ver­bot des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­s­toßen, wo­nach ei­ne Be­fris­tung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG un­zulässig ist, wenn mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber be­reits zu­vor ein be­fris­te­tes oder un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­stan­den hat. Die na­he­zu ein­hel­li­ge Mei­nung in der Li­te­ra­tur (sie­he Lip­ke, in: KR, 8. Aufl., Neu­wied, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 297 mwN) und in der Recht­spre­chung (sie­he BAG, Urt. v. 06.11.2003 - 2 AZR 690/02, NZA 2005, 218 ff.) ver­steht die Re­ge­lung weit und lässt je­des in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­de Ar­beits­verhält­nis, selbst wenn es nur von kur­zer Dau­er war, genügen. Das An­schluss­ver­bot enthält - an­ders als noch § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 - kei­ne zeit­li­che Be­gren­zung, was der Ge­setz­ge­ber aus­drück­lich ge­wollt hat (St­raub, NZA 2001, 919 [926]; Preis/Gott­hardt, DB 2000, 2065 [2072]; Bau­er, NZA 2000, 1039 [1042]; Kliemt, NZA 2001, 296 [300]; Ri­char­di/An­nuß, DB 2000, 2201 [2204]; Hromad­ka, NJW 2001, 400 [404]; Däubler, ZIP 2001, 217 [224]). Vor­lie­gend be­stand zwi­schen den Par­tei­en be­reits im Zeit­raum vom 01.02.2000 bis zum 30.04.2000 ein Ar­beits­verhält­nis, so dass das An­schluss­ver­bot des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG an sich mit der Fol­ge ein­grei­fen würde, dass ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en vorläge.
 


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d) Vor­lie­gend ist es der Kläge­rin aber we­gen Ver­s­toßes ge­gen den Grund­satz von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ver­wehrt, sich auf die Un­wirk­sam­keit der streit­ge­genständ­li­chen Be­fris­tung vom 09.10.2007 zu be­ru­fen, denn die Kläge­rin hat zu­min­dest - ob­jek­tiv ge­se­hen — im Fra­ge­bo­gen der Be­klag­ten un­ter dem 26.09.2005 die ge­ne­rell zulässi­ge Fra­ge der Be­klag­ten nach ei­ner Vor­beschäfti­gung (vgl. Back­haus, in: Ascheid/Preis/Schmidt, KSchR, 3. Aufl., München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 401 mwN) falsch be­ant­wor­tet. An­de­ren­falls käme es zu ei­ner rechts­miss­bräuch­li­chen Aus­nut­zung ei­ner von der Kläge­rin un­zulässig er­wor­be­nen Rechts­po­si­ti­on, was ge­gen § 242 BGB verstößt. Dies er­gibt sich aus fol­gen­den Erwägun­gen:

aa) Zunächst schei­det vor­lie­gend ei­ne et­wai­ge An­fech­tung des — we­gen Ver­s­toßes ge­gen § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG — als un­be­fris­tet gel­ten­den Ar­beits­verhält­nis­ses we­gen arg­lis­ti­ger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB durch die Be­klag­te aus, da bei der Kläge­rin die er­for­der­li­che sub­jek­ti­ve Kom­po­nen­te nicht ge­ge­ben ist, so dass es nicht dar­auf an­kommt, ob und, wenn ja, zu wel­chem Zeit­punkt die An­fech­tungs­erklärung der Be­klag­ten vom 29.10.2007 das (un­be­fris­te­te) Ar­beits­verhält­nis be­en­det ha­ben könn­te. Un­strei­tig reicht für das Vor­lie­gen von Arg­list iSv § 123 Abs. 1 BGB Vor­satz, d.h. Wis­sen und/oder Wol­len der Tat­be­stands­ver­wirk­li­chung aus, Ei­ne Ab­sicht und da­mit ein ziel­ge­rich­te­tes Han­deln ist nicht er­for­der­lich. Al­ler­dings reicht für die Arg­list auch be­ding­ter Vor­satz aus (sie­he Preis, in: Ascheid/Preis/Schmidt, KSchR, 3. Aufl., München, 2007, K, Rz. 52), der ge­ge­ben ist, wenn der Han­deln­de, ob­wohl er mit der mögli­chen Un­rich­tig­keit sei­ner An­ga­ben rech­net, ins Blaue hin­ein un­rich­ti­ge Be­haup­tun­gen auf­stellt (sie­he: Hein­richs, in: Pa­landt, BGB, 66. Aufl., München, 2007, § 123 BGB, Rz. 11). Die Be­klag­te, die sich auf den An­fech­tungs­grund be­ruft und dem­ent­spre­chend die An­fech­tungs­erklärung vom 29.10.2007 erklärt hat, ist für das Vor­lie­gen der tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des An­fech­tungs­run­des dar­le­gungs- und be­weis­be­las­tet. Die­ser Last ist sie vor­lie­gend nicht nach­ge­kom­men. Die Be­klag­te hat ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der sub­jek­ti­ven Mo­ti­va­ti­on der Kläge­rin
 


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am 26.09.2005, als die­se den Be­wer­bungs­bo­gen ausfüll­te, nichts vor­ge­tra­gen. Vor­lie­gend sind le­dig­lich ei­ni­ge we­ni­ge ob­jek­ti­ve Umstände vor­han­den, die aber kei­nen zwin­gen­den Schluss auf ei­ne be­stimm­te sub­jek­ti­ve Mo­ti­va­ti­on der Kläge­rin zu­las­sen. Selbst wenn es im Jah­re 2000 nur ein großes deut­sches -U ge­ge­ben hat und auf sämt­li­chen Verträgen der Be­klag­ten mit großer Schrift „ steht, spricht ent­schei­dend ge­gen ei­nen we­nigs­tens be­ding­ten Vor­satz der Kläge­rin am 26.09.2005, dass sie sich nicht un­mit­tel­bar nach dem En­de der ers­ten Be­fris­tung des am 28.09.2005 be­gon­ne­nen Ar­beits­verhält­nis­ses, was möglich ge­we­sen wäre, son­dern erst nach der letz­ten Verlänge­rung, mit der der 2-Jah­res-Zeit­raum nicht über­schrit­ten wer­den soll­te, auf den Ver­s­toß ge­gen das sog. An­schluss­ver­bot des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG be­ru­fen hat. Ob und in­wie­weit die Kläge­rin sich zu­min­dest bei gehöri­ger An­span­nung ih­res Er­in­ne­rungs­vermögens an die frühe­re Beschäfti­gung in der Nie­der­las­sung B' der Be­klag­ten in W hätte er­in­nern können, kann da­hin­ste­hen, da dies al­len­falls ei­nen Fahrlässig­keits­vor­wurf be­gründen könn­te, der für ei­ne An­fech­tung gemäß § 123 Abs. 1 BGB nicht re­le­vant ist.

bb) In der rechts­wis­sen­schaft­li­chen Li­te­ra­tur ist es so­dann um­strit­ten, wel­cher dog­ma­ti­sche Weg zu be­schrei­ten ist, wenn ein Ar­beit­neh­mer die in­so­fern un­strei­tig zulässi­ge Fra­ge ei­nes Ar­beit­ge­bers nach ei­ner Vor­beschäfti­gung bei ihm fahrlässig falsch oder gar le­dig­lich ob­jek­tiv falsch — d.h. un­be­wusst und da­mit oh­ne jeg­li­chen Schuld­vor­wurf (z.B. bei ge­sell­schafts­recht­li­chen Verände­run­gen wie Rechts­nach­fol­ge, Ver­schmel­zun­gen und Um­wand­lun­gen, ei­ner Um­fir­mie­rung oder ei­nes Stand­ort­wech­sels bzw. ei­ner Sitz­ver­le­gung; vgl. Bau­er, BB 2001, 2473 [2476f.]; Gräfl., in: Ar­nold/Gräfl u.a., Tz­B­fG, 2. Aufl., München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 258, der das Pro­blem auf­zeigt, aber kei­ne Lösung an­bie­tet) - be­ant­wor­tet hat, wie dies vor­lie­gend bei der Kläge­rin der Fall ist. Dem­ent­spre­chend wird zunächst zu­tref­fend dar­auf ver­wie­sen, dass An­fech­tun­gen nach § 123 Abs. 1 BGB re­gelmäßig sel­ten vor-kom­men dürf­ten (sie­he Lip­ke, in: KR, 8. Aufl., INIu­wied, 2007, § 14 Tz­B­fG,
 


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Rz. 308; St­raub, NZA 2001, 919 [926]; Mest­werdt, in: Fie­big/Gall­ner/Näge­le, Kündi­gungs­schutz­recht, 3. Aufl., Ba­den-Ba­den, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 175; St­raub, NZA 2001, 919 [926]) und dass § 14 Abs. 2 Tz­B­fG kei­ne (be­frie­di­gen­de) Lösung für das erwähn­te Rechts­pro­blem be­reithält (sie­he Dörner, Der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag, München, 2004, Rz. 556). Die ver­schie­dent­lich ver­tre­te­nen Lösungs­ansätze — so­weit nicht oh­ne nähe­re Be­gründung pau­schal ein Lösungs­recht des Ar­beit­ge­bers ge­ne­rell ver­neint wird (sie­he Sie­vers, Tz­B­fG, 2. Aufl., Köln, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 342; ders., RdA 2004, 291 12991) - sind al­ler­dings ent­we­der dog­ma­tisch nicht halt­bar oder führen zu un­erwünsch­ten Fol­gen und Ab­gren­zungs­schwie­rig­kei­ten, die sach­lich mit dem Be­fris­tungs­recht nicht zu ver­ein­ba­ren sind:

(1) Zum Teil wird in der Li­te­ra­tur für die zu un­ter­su­chen­de Fall­kon­stel­la­ti­on ver­tre­ten, in der ei­ne an­sons­ten die zu­sam­men mit dem Ge­setz­ge­ber (sie­he BT-Drs. 14/4374, S. 19) fa­vo­ri­sier­te An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB aus­schei­det, die Re­ge­lung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ein­schränkend aus­zu­le­gen (sie­he Gräfl, in: Ar­nold/Gräfl u.a., Tz­B­fG, 2. Aufl., München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 258f), so dass es erst gar nicht zum Ver­s­toß ge­gen das sog. An­schluss­ver­bot kommt mit der Fol­ge, dass die Falsch­be­ant­wor­tung durch den Ar­beit­neh­mer prak­tisch kei­ne Kon­se­quen­zen hätte. Die­ser An­sicht ist be­reits des­we­gen nicht zu fol­gen, da sie dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers zu­wi­derläuft, den Wort­laut von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG als Aus­le­gungs­gren­ze ver­kennt und mit der ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung des BAG zur Aus­le­gung von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG (sie­he u.a. BAG, Urt. v. 06.11.2003 - 2 AZR 690/02, NZA 2005, 218 ff.) nicht im Ein­klang steht.

(2) An­de­re in der Li­te­ra­tur sind der An­sicht, dass in der zu un­ter­su­chen­den Fall­kon­stel­la­ti­on ei­ne An­fech­tung gemäß § 119 Abs. 2 BGB we­gen ei­nes Irr­tums über ei­ne ver­kehrs­we­sent­li­che Ei­gen­schaft des Ar­beit­neh­mers, der in­so­fern als In­halts­irr­tum iSv § 119 Abs. 1 BGB an­zu­se­hen ist, in Be­tracht kommt (St­raub, NZA 2001, 919 [926]; vgl. Back­haus, in: Ascheid/Preis/Schmidt,
 


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KSchR, 3. Aufl., München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 402). Un­abhängig von dem Um­stand, dass die Be­klag­te vor­lie­gend aus­drück­lich nur we­gen § 123 Abs. 1 BGB an­ge­foch­ten hat, und un­abhängig von der Fra­ge, ob ei­ne An­fech­tung gemäß § 123 Abs. 1 BGB in ei­ne An­fech­tung gemäß § 119 Abs. 2 BGB um­ge­deu­tet wer­den kann, be­geg­net die­ser Lösungs­an­satz eben­falls grundsätz­li­chen dog­ma­ti­schen Be­den­ken. Zwar liegt es im Aus­gangs­punkt noch na­he, an­ge­sichts der be­reits ge­nann­ten Recht­spre­chung des BAG und der allg. ak­zep­tier­ten wei­ten Aus­le­gung des Tat­be­stands­merk­mals „zu­vor" iSv § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG da­von aus­zu­ge­hen, dass die Vor­beschäfti­gung zu dem Ar­beit­ge­ber dem be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer ein Le­ben lang an­haf­tet (sie­he Os­nabrügge, NZA 2003, 639 [643]). Als ver­kehrs­we­sent­li­che Ei­gen­schaft ei­ner Per­son kom­men aber de­fi­ni­ti­ons­gemäß ne­ben körper­li­chen Merk­ma­len auch die in ih­rem tatsäch­li­chem oder recht­li­chen Verhält­nis­sen und Be­zie­hun­gen zur Um­welt lie­gen­den Ei­gen­schaf­ten in Be­tracht, so­weit sie nach der Ver­kehrs­an­schau­ung für die zu leis­ten­de Ar­beit von Be­deu­tung (sie­he Laux/Schlach­ter, Tz­B­fG, München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 101a) und nicht nur vorüber­ge­hen­der Na­tur sind. Sie müssen sich auf die Eig­nung der Per­son für die Ar­beit aus­wir­ken (sie­he BAG, Urt. v. 21.02.1991 - 2 AZR 449/90, AP Nr. 35 zu § 123 BGB). Als ver­kehrs­we­sent­li­che Ei­gen­schaf­ten wur­den bis­her — so­weit er­for­der­lich - an­ge­se­hen: Ge­schlecht, Al­ter, Leis­tungsfähig­keit, Ver­trau­enswürdig­keit, Zu­verlässig­keit, Zah­lungs- und Kre­ditwürdig­keit so­wie der Ge­sund­heits­zu­stand des Ar­beit­neh­mers, so­weit die Krank­hei­ten und Lei­den des Ar­beit­neh­mers sei­ne Leis­tungsfähig­keit dau­er­haft er­heb­lich her­ab­set­zen (sie­he: Hein­richs, in: Pa­landt, BGB, 66. Aufl., München, 2007, § 119 BGB, Rz. 26). Ver­gli­chen mit die­ser Aufzählung passt das — le­dig­lich aus Rechts­gründen re­le­van­te — Nicht­be­ste­hen ei­ner Vor­beschäfti­gung nicht als ver­kehrs­we­sent­li­che Ei­gen­schaft in dem ge­nann­ten Sin­ne, denn die Vor­beschäfti­gung ist kei­ne für die be­ruf­li­che oder ar­beits­platz­spe­zi­fi­sche Eig­nung des Ar­beits­neh­mers ver­kehrs­we­sent­li­che Ei­gen­schaft ist (sie­he Masch­mann, in: An­nuß/Thüsing, Tz­B­fG, 2. Aufl., Frank­furt am Main, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 87; Rolfs, Tz­B­fG, München, 2002, § 14
 

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Tz­B­fG, Rz. 78; Dörf­ler, Der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag, München, 2004, Rz. 554; Sie­vers, Tz­B­fG, 2. Aufl., Köln, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 343;
Laux/Schlach­ter, Tz­B­fG, München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 101a; im Er­geb­nis auch: Bau­er, BB 2001, 2473 [2477]). Außer­dem macht sich der Ar­beit­neh­mer bei ei­ner An­fech­tung nach § 119 Abs. 2 BGB gemäß § 122 BGB ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber (po­ten­ti­ell) scha­den­se­ratz­pflich­tig, so­fern dem Ar­beit­neh­mer nach § 122 Abs. 2 BGB der An­fech­tungs­grund fahrlässig un­be­kannt war (Mest­werdt, in: Fie­big/Gall­ner/Näge­le, Kündi­gungs­schutz­recht, 3. Aufl., Ba­den-Ba­den, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 175). Des Wei­te­ren müss­te die An­fech­tung gemäß § 119 Abs. 2 BGB un­verzüglich iSv § 121 BGB und, um Wer­tungs­wi­dersprüche zu § 626 BGB zu ver­mei­den, bin­nen der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ana­log erklärt wer­den (sie­he Preis, in: Ascheid/Preis/ Schmidt, KSchR, 3. Aufl., München, 2007, K, Rz. 58). Sch­ließlich über­zeugt die Rechts­fol­ge ei­ner mögli­chen An­fech­tung nach § 119 Abs. 2 BGB nicht, denn im Ar­beits­recht wir­ken An­fech­tungs­erklärun­gen — in Ab­wei­chung zu § 142 BGB — re­gelmäßig le­dig­lich ex-nunc und nicht ex-tunc. Würde die An­fech­tung we­gen § 119 Abs. 2 BGB we­gen Falsch­be­ant­wor­tung der Fra­ge nach der Vor­beschäfti­gung zum Ar­beit­ge­ber ex-nunc wir­ken, be­deu­te­te dies, dass der be­trof­fe­ne Ar­beit­ge­ber zu­min­dest für den Zeit­raum zwi­schen Zu­stel­lung der Ent­fris­tungs­kla­ge und Zu­gang der An­fech­tungs­erklärung ei­nem An­nah­me­ver­zugs­lohn­ri­si­ko gemäß §§ 611, 615 BGB aus­ge­setzt wäre, dem er nicht er­heb­lich ent­ge­gen tre­ten könn­te. Ei­ne zeit­li­che (Rück-)Wir­kung der An­fech­tungs­erklärung auf das ursprüng­li­che ver­ein­bar­te Be­fris­tungs­en­de lässt sich aber kaum nach­voll­zieh­bar be­gründen, denn die­ser Zeit­punkt läge zwi­schen dem ex-tunc- und dem ex-nunc-Zeit­punkt. Auch un­ter Berück­sich­ti­gung von § 16 Tz­B­fG (sie­he Laux/Schlach­ter, Tz­B­fG, München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 101a) lässt sich die te­leo­lo­gi­sche Re­duk­ti­on von § 142 BGB auf die­sen Zwi­schen­zeit­punkt nicht über­zeu­gend be­gründen (vgl. Back­haus, in: Ascheid/Preis/Schmidt, KSchR, 3. Aufl., München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 402). Da­mit ist die­ser An­sicht nicht zu fol­gen.
 


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(3) So­weit in der Li­te­ra­tur ergänzend zu der vor­he­ri­gen An­sicht ver­tre­ten wird, dass bei un­wis­sent­li­chem Ver­schwei­gen ei­ner Vor­beschäfti­gung ein bei­der­sei­ti­ger Irr­tum vorläge, der den Ar­beit­ge­ber zur An­fech­tung all­ge­mein gemäß § 119 BGB be­rech­ti­gen würde (Kliemt, NZA 2001, 296 [300]), kann dem eben­falls nicht ge­folgt wer­den. So­weit da­mit ei­ne An­fech­tung we­gen ei­nes Erklärungs­irr­tums nach § 119 Abs. 1 BGB zulässig sein soll, ist nicht an­satz­wei­se zu er­ken­nen, wie ei­ne schrift­li­che oder münd­li­che Falsch­be­ant­wor­tung ei­ner Fra­ge nach ei­ner Vor­beschäfti­gung ei­nen Erklärungs­irr­tum dar­stel­len soll. So­weit da­mit ei­ne An­fech­tung we­gen Feh­lens ei­ner ver­kehrs­we­sent­li­chen Ei­gen­schaft nach § 119 Abs. 2 BGB ge­meint ist, was als In­halts­irr­tum nach § 119 Abs. 1 BGB an­zu­se­hen ist, wird auf die vor­ste­hen­den Ausführun­gen ver­wie­sen. So­weit tatsächlich von ei­nem bei­der­sei­ti­gem Irr­tum aus-ge­gan­gen wird, ist § 119 BGB nicht ein­schlägig, dürf­te sich ein sol­cher Irr­tum viel­mehr auf der Wil­lens­bil­dungs­ebe­ne ab­ge­spie­gelt ha­ben dürf­te, so dass von ei­nem (bei­der­sei­ti­gem) Mo­ti­virr­tum aus­zu­ge­hen ist. In je­dem Fall ist aber die Re­ge­lung in § 119 BGB nicht ge­eig­net, ei­ne adäqua­te Lösung für ei­nen bei­der­sei­ti­gen Irr­tum her­bei­zuführen. Der dog­ma­tisch zu­tref­fen­de Weg ist in­so­fern das Rechts­in­sti­tut des Weg­falls des Geschäfts­grund­la­ge, wo­bei auf die nach­fol­gen­den Ausführun­gen ver­wie­sen wird. Ins­ge­samt schei­det die­ser Lösungs­an­satz da­her eben­falls aus.

(4) Ein wei­te­rer Teil der Li­te­ra­tur ver­tritt die An­sicht, dass auf die­se Fall­kon­stel­la­ti­on - letzt­lich würden nämlich bei­de Par­tei­en ir­ren - die Re­geln über den Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge und da­mit § 313 BGB An­wen­dung fin­den sol­len (St­raub, NZA 2001, 919 [926]). Die An­pas­sung des (un­be­fris­te­ten) sach­grund­los ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­tra­ges — wo­bei die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge in­so­fern un­ter­stellt würden — würde da­hin ge­hen, dem be­trof­fe­nen Ar­beit­ge­ber ei­ne er­leich­ter­te Kündi­gungsmöglich­keit (§ 16 Tz­B­fG ana­log, sie­he St­raub, NZA 2001, 919 1926j), gg­fls. un­ter Ein­hal­tung ei­ner Min­destkündi­gungs­frist von § 15 Abs. 2 Tz­B­fG ein­zuräum­en (Mest­werdt, in: Fie­big/Gall­ner/Näge­le, Kündi­gungs-
 


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schutz­recht, 3. Aufl., Ba­den-Ba­den, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 175). Was die er­leich­ter­te Kündi­gungsmöglich­keit (sie­he § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB) für den Ar­beit­ge­ber im Ein­zel­nen sein soll, ist al­ler­dings nicht klar um­ris­sen. Ei­ne frist­lo­se Kündi­gung iSv § 626 BGB kann da­mit je­den­falls nicht ernst­haft ge­meint sein, al­len­falls ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung (sie­he Dörner, Der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag, München, 2004, Rz. 555). So­weit dann aber die Re­ge­lun­gen des KSchG in des­sen An­wen­dungs­be­reich um­gan­gen wer­den sol­len, fehlt dafür jeg­li­che dog­ma­ti­sche Be­gründung. Glei­ches gilt für den Fall, dass ei­ne (ver­hal­tens­be­ding­te) Kündi­gung oh­ne Ver­schul­den des Ar­beit­neh­mers ge­ne­rell ermöglicht wer­den soll. Des Wei­te­ren ist zu be­den­ken, dass ei­ne Be­en­di­gung mit­tels ei­nes Kündi­gungs­rechts des Ar­beit­ge­bers, das von die­sem noch aus­geübt wer­den müss­te, nur die ul­ti­ma ra­tio ei­ner An­pas­sung nach § 313 BGB sein kann (vgl. Lip­ke, in: KR, 8. Aufl., Neu­wied, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 308a). in­so­fern fehlt aber jeg­li­che Be­gründung dafür, aus wel­chen Gründen bei ei­ner un­wis­sent­li­chen oder fahrlässi­gen Falsch­be­ant­wor­tung der Fra­ge nach der Vor­beschäfti­gung ge­ra­de nur die ul­ti­ma ra­tio ge­ge­ben sein soll. Hierfür müss­te viel­mehr der ge­sam­te Ar­beits­ver­trag durch Umstände, die sich nach Ver­trags­schluss er­ge­ben hätten, ge­gen­stands­los ge­wor­den sein, d.h. die Erfüllung des Ver­trag­zwecks müss­te un­er­reich­bar ge­wor­den sein (sie­he Back­haus, in: Ascheid/Preis/Schmidt, KSchR, 3. Aufl., München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 402). Hierfür reicht der rei­ne Weg­fall des Beschäfti­gungsmöglich­keit, so­fern dies tatsächlich der Fall ist, im Zeit­punkt des ge­plan­ten En­des der Be­fris­tung aber nicht aus. Ins­ge­samt über­zeugt die­se An­sicht nicht.

(5) Des Wei­te­ren wird in der Li­te­ra­tur ver­tre­ten, dass bei ei­ner feh­ler­haf­ten Be­ant­wor­tung der Fra­ge nach ei­ner Vor­beschäfti­gung ei­ne frist­lo­se Kündi­gung gemäß § 626 Abs. 1 BGB in Be­tracht kom­men soll (Bau­er, BB 2001, 2473 [2476]). Un­abhängig von dem Um­stand, dass die Be­klag­te vor­lie­gend kei­ne (frist­lo­se) Kündi­gung erklärt hat, ist vor­lie­gend nicht zu er­ken­nen, dass die feh­ler­haf­te Be­ant­wor­tung der Fra­ge nach der Vor­beschäfti­gung — zu­min­dest


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so­weit sie nicht schuld­haft er­folgt ist - ein der­ar­ti­ges Ge­wicht ha­ben soll, dass dem Ar­beit­ge­ber bei ei­ner In­ter­es­sen­abwägung die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zur nächs­ten or­dent­li­chen Kündi­gungsmöglich­keit un­zu­mut­bar sein soll. So­weit zu­min­dest ei­ne fahrlässi­ge Falsch­be­ant­wor­tung vor­liegt und da­mit ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung grdsl. in Be­tracht kommt, mag dies an­ders zu be­ur­tei­len sein, was aber nichts dar­an ändert, dass der Um­fang des Ver­schul­dens des Ar­beit­neh­mers le­dig­lich als ein Ge­sichts­punkt in die um­fas­sen­de In­ter­es­sen­abwägung ein­fließt, so dass auch hier kei­ne ge­ne­rel­le Lösung für die an­ge­spro­che­ne Rechts­fra­ge ge­ge­ben ist.

(6) Fer­ner wird in der Li­te­ra­tur ver­tre­ten, dass die sach­grund­lo­se Be­fris­tung we­gen der Re­ge­lung in § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG (kon­klu­dent) von der (Rechts-)Be­din­gung abhängig ge­macht ist, dass zu­vor kein Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en be­stan­den hat, d.h. die Wirk­sam­keit des Ver­tra­ges steht un­ter der ge­nann­ten Rechts­be­din­gung, für die § 21 Tz­B­fG nicht gel­ten soll (sie­he Masch­mann, in: An­nu ß/Thüsing, Tz­B­fG, 2. Aufl., Frank­furt am Main, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 87 a.E.). Al­ler­dings ord­nen die Re­ge­lun­gen in §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 16 Tz­B­fG ge­ra­de bei ei­ner Vor­beschäfti­gung die nicht ab­ding­ba­re Rechts­fol­ge an, dass der Ar­beits­ver­trag als auf un­be­stimm­te Zeit ab­ge­schlos­sen gilt. Die ge­nann­te Rechts­be­din­gung können aber grdsl. nur die Par­tei­en des Ar­beits­ver­tra­ges ver­ein­ba­ren, so dass sie da­mit die zwin­gen­de Rechts­fol­ge ar­beits­ver­trag­lich ab­be­din­gen würden, oh­ne dass ih­nen gemäß § 22 Abs. 1 Tz­B­fG ge­stat­tet wäre (sie­he im Übri­gen Back­haus, in: Ascheid/Preis/Schmidt, KSchR, 3. Aufl., München, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 402 a.E.). Da­mit schei­det die An­nah­me ei­ner Rechts­be­din­gung aus (sie­he im Er­geb­nis, wenn­gleich oh­ne nähe­re Be­gründung: Sie­vers, Tz­B­fG, 2. Aufl., Köln, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz.343).

(7) Sch­ließlich wird in der Li­te­ra­tur un­ter Be­zug­nah­me auf die Ge­set­zes­be­gründung zu § 14 Abs. 2 Tz­B­fG („Der Ar­beit­ge­ber hat ein Fra­ge­recht, ob der Ar­beit­neh­mer be­reits früher bei ihm beschäftigt war; der Ar­beit­neh­mer muss
 


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wahr­heits­gemäß ant­wor­ten (§§ 123, 242 BGB)", sie­he BT-Drs. 14/4374, S. 19 so­wie Kliemt, NZA 2001, 296 [300]) ver­tre­ten, dass es dem Ar­beit­neh­mer in der zu vor­lie­gen­den Fall­kon­stel­la­ti­on nach § 242 BGB ver­wehrt ist, sich auf die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung zu be­ru­fen, wenn er zu­vor wahr­heits­wid­ri­ge An­ga­ben ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber ge­macht hat (Os­nabrügge, NZA 2003, 639 [643]; Ring, Tz­B­fG, Bonn, 2001, § 14 Tz­B­fG, Rz. 124). So­weit zum Teil die Ein­schränkung vor­ge­nom­men wird, dass dies nur bei be­wusst wahr­heits­wid­ri­gen An­ga­ben ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber der Fall sein soll (sie­he Lip­ke, in: KR, 8. Aufl., Neu­wied, 2007, § 14 Tz­B­fG, Rz. 308a), über­zeugt dies nicht, denn ein Ver­s­toß ge­gen Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) setzt grundsätz­lich kein Ver­schul­den vor­aus (sie­he Roth, in: Münche­ner Kom­men­tar, BGB, 5. Aufl., München, 2007, § 242 BGB, Rz. 186), so dass un­er­heb­lich ist, ob der Ar­beit­neh­mer die Fra­ge nach der Vor­beschäfti­gung be­wusst oder un­be­wusst falsch be­ant­wor­tet hat. Es ist in­so­fern aus­rei­chend, dass die Ant­wort zu­min­dest ob­jek­tiv falsch ist.

Die er­ken­nen­de Kam­mer hält vor­lie­gend die Re­ge­lung des § 242 BGB mit der Fol­ge, dass es der Kläge­rin aus Rechts­gründen ver­wehrt ist, sich auf die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung zu be­ru­fen, für den über­zeu­gen­den Lösungs­an­satz. Fol­gen­de Gründe sind in­so­fern aus­schlag­ge­bend: Zum ei­nen en­det das Ar­beits­verhält­nis zu dem ursprüng­lich be­ab­sich­ti­gen Zeit­punkt, d.h. es be­ste­hen kei­ne Pro­ble­me der zeit­li­chen (Rück-)Wir­kung wie bei den An­fech­tungs­re­geln. Zum an­de­ren wird der Ar­beit­ge­ber nicht ge­zwun­gen, selbst ak­tiv zu wer­den, in­dem er An­fech­tungs- und/oder (hilfs­wei­se) Kündi­gungs­erklärun­gen aus­spre­chen muss. Fer­ner ent­spricht die ge­nann­te Rechts­fol­ge ei­ner fai­ren Ri­si­ko­ver­tei­lung zwi­schen den Ar­beits­ver­trag­par­tei­en, denn die Kläge­rin hat vor­lie­gend ei­ne ob­jek­tiv fal­sche Ant­wort im Fra­ge­bo­gen vom 26.09.2005 vor­ge­legt. Die Be­klag­te hätte, wenn sie von der Vor­beschäfti­gung da­mals ge­wusst hätte, je­den­falls kei­nen sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag mit der Kläge­rin ab­ge­schlos­sen. Die an sich ein­grei­fen­de Rechts­fol­ge ei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses (§ 16 Tz­B­fG) we­gen
 

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des vor­lie­gen­den Ver­s­toßes ge­gen § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG kann der Be­klag­ten, die auf die Rich­tig­keit und Wahr­heit der An­ga­ben der Kläge­rin im Fra­ge­bo­gen vom 26.09.2005 ver­traut hat und ih­nen auch zu­recht ver­trau­en durf­te, nicht zu­ge­mu­tet wer­den, da der Be­klag­ten an­de­ren­falls von Ge­set­zes we­gen ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis auf­ge­zwun­gen würde, das sie nicht ab­sch­ließen woll­te. Die Rechts­fol­ge der §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 16 Tz­B­fG ist so­mit ge­set­zes­im­ma­nent gemäß § 242 BGB te­leo­lo­gisch ein­zu­schränken. Dem kann auch nicht ent­ge­gen ge­hal­ten wer­den, dass es sich bei §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 16 Tz­B­fG um ei­ne Schuld­ner­schutz­vor­schrift han­delt, denn es ist nicht Sinn und Zweck ei­ner sol­chen Re­ge­lung, dass es Ar­beit­neh­mern wie der Kläge­rin ermöglicht wird, durch ei­ge­ne und zu­min­dest ob­jek­tiv wahr­heits­wid­ri­ge An­ga­ben in den Ge­nuss der ge­nann­ten Rechts­fol­ge (d.h. ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis) zu kom­men. Ar­beit­neh­mer­schutz­vor­schrif­ten in­so­fern sind kei­ne Ar­beit­ge­ber­be­las­tungs­vor­schrif­ten, so­lan­ge sich der be­trof­fe­nen Ar­beit­ge­ber sei­ner­seits rechts­kon­form ver­hal­ten hat, was vor­lie­gend bei der Be­klag­ten, ins­be­son­de­re mit der zulässi­gen Fra­ge nach der Vor­beschäfti­gung, der Fall ist.

III. Über den hilfs­wei­se ge­stell­ten (Wei­ter-)Beschäfti­gungs­an­spruch der Kläge­rin ist man­gels Ein­tritts der in­ner­pro­zes­sua­len Be­din­gung (Ob­sie­gen mit dem An­trag zu Ziff. 1) nicht zu ent­schei­den.

IV. Die Kos­ten des Rechts­strei­tes trägt die Kläge­rin, da sie un­ter­le­gen ist, § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

V. Die Fest­set­zung des Wer­tes des Streit­ge­gen­stan­des be­ruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des ist vor­lie­gend auf € 3.042,00 fest­zu­set­zen. Dies ent­spricht für die sog. Ent­fris­tungs­kla­ge drei ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Brut­to­mo­nats­gehältern der Kläge­rin ä € 1.014,00. Der hilfs­wei­se ge­stell­te Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht zu berück­sich­ti­gen, da über ihn nicht ent­schie­den wur­de.
 


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VI Vor­lie­gend ist die Be­ru­fung, die oh­ne­hin gemäß § 64 Abs. 2 lit. c.) ArbGG zulässig ist, aus­drück­lich gemäß §§ 64 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2 lit. a.) ArbGG we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­zu­las­sen. Die strei­ter­heb­li­chen Rechts­fra­gen sind we­der in der Li­te­ra­tur ab­sch­ließend geklärt noch sind hier­zu — so­weit er­sicht­lich — höchst- oder ober­ge­richt­li­che Ent­schei­dun­gen er­gan­gen. Die Ent­schei­dung über die Zu­las­sung der Be­ru­fung ist gemäß § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG in den Ur­teils­te­nor auf­zu­neh­men.


VII. Ei­ne Rechts­mit­tel­be­leh­rung fin­det sich auf der nächs­ten Sei­te.

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