HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Köln, Be­schluss vom 18.08.2010, 3 TaBV 15/10

   
Schlagworte: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Dienstkleidung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Aktenzeichen: 3 TaBV 15/10
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 18.08.2010
   
Leitsätze:

1. Der Betriebsrat hat grundsätzlich bei der Regelung einer einheitlichen Dienstkleidung der Mitarbeiter ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gilt nur für Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Mitarbeiter betreffen. Das sog. Arbeitsverhalten bleibt nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungsfrei.

3. Eine Betriebsvereinbarung, die das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter verletzt, ist unwirksam und darf nicht angewandt werden.

4. Das zulässige Ausmaß einer Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Mitarbeiter bestimmt sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die jeweilige Regelung muss geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Köln, Beschluss vom 23.12.2009, 2 BV 104/09
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, 3 TaBV 15/10

 

Te­nor:

I. Auf die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 1) wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Köln vom 23.12.2009 - 2 BV 104/09 - teil­wei­se ab­geändert.

1. Der Be­tei­lig­ten zu 2) wird fer­ner un­ter­sagt, die fol­gen­de An­wei­sung ge­genüber den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern ih­res Be­triebs am Flug­ha­fen K/B ein­sei­tig, oh­ne Zu­stim­mung des Be­tei­lig­ten zu 1) und oh­ne ei­nen die Ei­ni­gung er­set­zen­den Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le ge­ne­rell zu er­tei­len:
"Die Mit­nah­me und Be­nut­zung von pri­va­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen, wie z.B. Mo­bil­te­le­fon, MP3-Play­er etc. an den Kon­troll­stre­cken ist un­ter­sagt."

2. Es wird wei­ter fest­ge­stellt, dass auch § 2 Ziff. 9 h) so­weit die Ein­far­big­keit der Fin­gernägel vor­ge­schrie­ben ist, § 3 Ziff. 9 e) so­wie § 3 Ziff. 9 f) der An­la­ge 2 der zwi­schen der Un­ter­neh­mens­lei­tung der

- 2 -

Be­tei­lig­ten zu 2) und dem Ge­samt­be­triebs­rat ge­schlos­se­nen
Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung "Dienst- und Schutz­klei­dung (Klei­der­ord­nung)" aus dem Jahr 2004 un­wirk­sam sind und im Be­trieb Flug­ha­fen K/B nicht an­ge­wen­det wer­den dürfen.

II. Die wei­ter­ge­hen­de Be­schwer­de wird zurück­ge­wie­sen.

III. Die Rechts­be­schwer­de wird nicht zu­ge­las­sen.

 

Ent­schei­dungs­gründe:

I.

Der Be­tei­lig­te zu 1) ist der im Be­trieb der Be­tei­lig­ten zu 2) am Flug­ha­fen K /B ge­bil­de­te Be­triebs­rat. Die Be­tei­lig­te zu 2) be­treibt dort im Auf­trag der Bun­des­po­li­zei die Flug­gast­kon­trol­len. Sie hat den Be­trieb zum 01.01.2009 von der frühe­ren Auf­trag­neh­me­rin D über­nom­men. Mit der am 26.05.2009 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen An­trags­schrift macht der Be­tei­lig­te zu 1) Mit­be­stim­mungs­rech­te nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG gel­tend.

Vor 2009 galt mit Dul­dung des da­ma­li­gen Be­triebs­rats im über­nom­me­nen Be­trieb ei­ne sog. Dienst­an­wei­sung der D die un­ter an­de­rem das "äußere Er­schei­nungs­bild und die Dienst­klei­dung" der Mit­ar­bei­ter re­gel­te. Im Un­ter­neh­men der Be­tei­lig­ten zu 2) exis­tiert ei­ne Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung aus dem Jahr 2004, die in ih­rer An­la­ge 2 ei­ne Tra­ge­ord­nung für Dienst­klei­dung mit um­fang­rei­chen Tra­ge­vor­schrif­ten für Dienst­klei­dungs­träge­rin­nen und -träger enthält. Im De­zem­ber 2008 er­ließ die Be­tei­lig­te zu 2) ei­ne "Be­triebs­an­wei­sung für die Sta­ti­on K /B ". Hierüber in­for­mier­te sie nach dem Be­triebsüber­gang An­fang 2009 den Be­tei­lig­ten zu 1). Die­ser macht we­gen meh­re­rer Re­ge­lun­gen die­ser Be­triebs­an­wei­sung ein Mit­be­stim­mungs­recht gel­tend und hält im Übri­gen meh­re­re Be­stim­mun­gen der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung für un­zulässig, da sie ge­gen das Persönlich­keits­recht der ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter ver­stießen.

Der Be­tei­lig­te zu 1) hat be­an­tragt,

1. der An­trags­geg­ne­rin zu un­ter­sa­gen, die im Fol­gen­den zi­tier­ten An­wei­sun­gen ge­genüber den Mit­ar­bei­ter/in­nen ein­sei­tig, oh­ne Zu­stim­mung des An­trag­stel­lers oh­ne ei­nen die Ei­ni­gung er­set­zen­den Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le zu er­tei­len:

a. "Al­le Mit­ar­bei­ter müssen in Dienst­klei­dung zum Dienst er­schei­nen und das Ob­jekt in der glei­chen Form wie­der ver­las­sen."

b. "Es ist dar­auf zu ach­ten, dass der Si­cher­heits­aus­weis und das Zu­satz­kenn­zei­chen "Flug­gast­kon­trol­le" les­bar in Brusthöhe ge­tra­gen wer­den."

c. "Ins­be­son­de­re ist fol­gen­des un­ter­sagt:

1. Die Mit­nah­me und Be­nut­zung von pri­va­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen, wie z. B. Mo­bil­te­le­fon, MP3-Play­er etc. an den Kon­troll­stre­cken

2. An der Kon­troll­stel­le laut­star­ke Pri­vat­gespräche oder gar Dis­kus­sio­nen zu führen

3. Gespräche an der Kon­troll­stel­le, die nicht in deut­scher Spra­che geführt wer­den."

d. "Im Krank­heits­fal­le müssen die Mit­ar­bei­ter die Ar­beits­unfähig­keits­be­schei­ni­gung um­ge­hend ein­rei­chen. AU's (Kran­ken­schei­ne) müssen spätes­tens am drit­ten Krank­heits­tag bei der Sta­ti­ons­lei­tung ein­ge­gan­gen sein."

e. "Auf­grund von kurz­fris­ti­gen Ände­run­gen der vom Kun­den (Bun­des­po­li­zei) ge­stell­ten An­for­de­run­gen kann es zu er­for­der­li­chen Ände­run­gen im Dienst­plan kom­men. Im Hin­blick auf die­se oft­mals sehr kurz­fris­ti­gen Ände­run­gen ist je­der Mit­ar­bei­ter da­zu ver­pflich­tet, sich recht­zei­tig über

- 3 -

ak­tu­el­le Ände­run­gen im Dienst­plan zu in­for­mie­ren."

2. fest­zu­stel­len, dass die im Fol­gen­den zi­tier­ten Re­ge­lun­gen der An­la­ge 2 der zwi­schen der Un­ter­neh­mens­lei­tung der An­trags­geg­ne­rin und dem Ge­samt­be­triebs­rat ge­schlos­se­nen Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung "Dienst- und Schutz­klei­dung (Klei­der­ord­nung)" aus dem Jahr 2004 we­gen Ver­let­zung des Persönlich­keits­rechts der Mit­ar­bei­ter/in­nen un­wirk­sam sind und im Be­trieb Flug­ha­fen K /B nicht an­ge­wen­det wer­den dürfen:

a. "§ 2 Ziff. 8 be­tref­fend "Un­terwäsche" für weib­li­che "Dienst­leis­tungs­träge­rin­nen"

b. "§ 2 Ziff. 9 h be­tref­fend die Länge und Far­be der Fin­gernägel für weib­li­che Beschäftig­te"

c. "§ 3 Ziff. 7 Un­terwäsche für männ­li­che "Dienst­leis­tungs­träger"

d. "§ 3 Ziff. 9 be­tref­fend Fri­sur, Bart und Ma­ke-Up für männ­li­che Beschäftig­te".

Die Be­tei­lig­te zu 2) hat be­an­tragt, 

die Anträge zurück­zu­wei­sen. 

Der Be­tei­lig­te zu 2) hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­s­toße nicht ge­gen Art. 2 Abs. 1 GG. So die­ne die An­ord­nung des Tra­gens von Un­terwäsche u.a. dem Schutz der in ih­rem Ei­gen­tum ste­hen­den Dienst­klei­dung und sol­le außer­dem ver­hin­dern, dass die Pas­sa­gie­re mit Schweißfle­cken der Mit­ar­bei­ter in Berührung kämen. Die Fin­gernägel müss­ten kurz ge­hal­ten wer­den, weil an­sons­ten bei den Pas­sa­gier­kon­trol­len Ver­let­zungs­ge­fahr be­steht. Sch­ließlich sei­en auch Fri­sur, Bart und Ma­ke-up in ei­nem or­dent­li­chen Zu­stand zu tra­gen, da von den Mit­ar­bei­tern bei der Ausführung von ho­heit­li­chen Auf­ga­ben ein or­dent­li­ches Er­schei­nungs­bild ver­langt wer­den müsse.

Das Ar­beits­ge­richt hat den Anträgen des Be­tei­lig­ten zu 1) mit Be­schluss vom 23.12.2009 teil­wei­se statt­ge­ge­ben und der Be­tei­lig­ten zu 2) zum ei­nen un­ter­sagt, ein­zel­ne, näher be­zeich­ne­te
An­wei­sun­gen oh­ne Zu­stim­mung des Be­tei­lig­ten zu 1) und oh­ne ei­nen die Ei­ni­gung er­set­zen­den Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le zu er­tei­len. Zum an­de­ren hat es fest­ge­stellt, dass ein­zel­ne
Be­stim­mun­gen der An­la­ge 2 der ge­nann­ten Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung un­wirk­sam sind und im Be­trieb Flug­ha­fen K /B nicht an­ge­wen­det wer­den dürfen. Die wei­ter­ge­hen­den Anträge hat das Ar­beits­ge­richt zurück­ge­wie­sen. We­gen der Be­gründung im ein­zel­nen wird auf den
erst­in­stanz­li­chen Be­schluss ( Bl. 97 ff. d.A.) Be­zug ge­nom­men.

Ge­gen die­sen ihm am 19.01.2010 zu­ge­stell­ten Be­schluss hat der Be­tei­lig­te zu 1) am 18.02.2010 19
Be­schwer­de ein­ge­legt und die­se nach ent­spre­chen­der Verlänge­rung der Be­schwer­de­be­gründungs­frist am 19.04.2010 be­gründet. Er meint wei­ter­hin, auch die übri­gen von ihm ge­nann­ten An­wei­sun­gen der Be­tei­lig­ten zu 2) sei­en nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG mit­be­stim­mungs­pflich­tig. Das gel­te zunächst für die An­wei­sung, den Si­cher­heits­aus­weis und das Zu­satz­kenn­zei­chen "Flug­gast­kon­trol­le" in Brusthöhe zu tra­gen. Die­se An­wei­sung sei mit der dies­bezügli­chen Re­ge­lung in der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung 2004 nicht in­halts­gleich und auch von der Bun­des­po­li­zei wer­de le­dig­lich ge­for­dert, dass der Aus­weis gut sicht­bar zu tra­gen sei. Des wei­te­ren sei das Ver­bot ei­ner Mit­nah­me von "Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen" so­wie des laut­star­ken Führens von Pri­vat­gesprächen oder gar Dis­kus­sio­nen an der Kon­troll­stel­le mit­be­stim­mungs­pflich­tig. Außer­dem hält der Be­tei­lig­te zu 1) auch die von ihm an­geführ­ten Re­ge­lun­gen der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung 2004 wei­ter­hin für persönlich­keits­recht­ver­let­zend. Er meint, die Art der Klei­dung in­klu­si­ve der Un­terwäsche so­wie das Aus­se­hen sei al­lei­ne Sa­che des ein­zel­nen Mit­ar­bei­ters und die ex­trem weit­rei­chen­den Vor­ga­ben der Be­tei­lig­ten zu 2) hätten mit dem Ver­lan­gen nach ei­nem ein­heit­li­chen Er­schei­nungs­bild nichts zu tun.

Der Be­tei­lig­te zu 1) be­an­tragt, 

un­ter teil­wei­ser Abände­rung des Be­schlus­ses des Ar­beits­ge­richts Köln vom 23.12.2009 – 2 BV 104/09 –

I. der An­trags­geg­ne­rin zu un­ter­sa­gen, die im Fol­gen­den zi­tier­ten An­wei­sun­gen ge­genüber den Mit­ar­bei­ter/in­nen und Mit­ar­bei­tern des Be­trie­bes am Flug­ha­fen K /B ein­sei­tig, oh­ne Zu­stim­mung des An­trag­stel­lers oder ei­nen die Ei­ni­gung er­set­zen­den Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le zu er­tei­len:

- 4 -

1. Es ist dar­auf zu ach­ten, dass der Si­cher­heits­aus­weis und das Zu­satz­kenn­zei­chen "Flug­gast­kon­trol­le" les­bar in Brusthöhe ge­tra­gen wer­den".

2. "Ins­be­son­de­re ist fol­gen­des un­ter­sagt: 

die Mit­nah­me und Be­nut­zung von pri­va­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen, wie z. B. Mo­bil­te­le­fon, MP 3 Play­er u.s.w.
an der Kon­troll­stel­le laut­star­ke Pri­vat­gespräche oder gar Dis­kus­sio­nen zu führen;

II. fest­zu­stel­len, dass die im Fol­gen­den zi­tier­ten Re­ge­lun­gen der An­la­ge 2 der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung "Dienst- und Schutz­klei­dung (Klei­der­ord­nung)" aus dem Jah­re 2004 we­gen Ver­let­zung des Persönlich­keits­rechts der Mit­ar­bei­ter/in­nen un­wirk­sam sind und im Be­trieb Flug­ha­fen K /B nicht an­ge­wen­det wer­den dürfen:

1. § 2 Zif­fer 8 "Un­terwäsche" 

a. Das Tra­gen von BHs, Bus­tiers, bzw. ei­nes Un­ter­hem­des ist vor­ge­schrie­ben. 

b. Die­se Un­terwäsche ist in weiß oder in Haut­far­be oh­ne Mus­ter/Be­schrif­tun­gen/ Em­ble­me, etc. zu tra­gen bzw. an­ders far­bi­ge Un­terwäsche darf in kei­ner Form durch­schei­nen.

c. Un­ter der Blu­se ist auch ein weißes T-Shirt, eben­falls oh­ne Mus­ter/Be­schrif­tun­gen/ Em­ble­me, etc. ge­stat­tet.

d. Zur Bein­be­klei­dung sind Fein­strumpf­ho­sen in neu­tra­ler Haut­far­be, dun­kel­blau oder schwarz zu tra­gen. So­cken in den glei­chen Far­ben wie die Fein­strumpf­ho­sen sind le­dig­lich zur Ho­se zu tra­gen.

e. Fein­strumpf­ho­sen so­wie So­cken dürfen kei­ner­lei Mus­ter, Nähte oder Lauf­ma­schen auf­wei­sen.

f. Grundsätz­lich sind im­mer Fein­strumpf­ho­sen oder So­cken als Bein­be­klei­dung zu tra­gen. 

2. § 2 Zif­fer 9 h): 

"Fin­gernägel (Länge und Far­be) sind je­der­zeit ge­pflegt zu hal­ten; sie sind ein­far­big und in ma­xi­ma­ler Länge von 0,5 cm über der Fin­ger­kup­pe zu tra­gen."

3. § 3 Zif­fer 7 "Un­terwäsche für männ­li­che Beschäftig­te":

a. Ein Un­ter­hemd ist je­der­zeit zu tra­gen. 

b. Die­se Un­terwäsche ist in weiß oder in Haut­far­be oh­ne Mus­ter/Be­schrif­tun­gen/ Em­ble­me, etc. zu tra­gen, bzw. an­der­far­bi­ge Un­terwäsche darf in kei­ner Form durch­schei­nen.

c. Es ist als Er­satz zum Un­ter­hemd eben­falls ein weißes T-Shirt oh­ne Mus­ter und oh­ne Auf­druck ge­stat­tet.

d. Bei 1/2-Arm Diens­t­hem­den ist dar­auf zu ach­ten, dass T-Shirt Ärmel nicht länger als die Hemdsärmel sind.

e. Grundsätz­lich sind So­cken (aus­sch­ließlich in den Far­ben schwarz oder dun­kel­blau oh­ne Mus­ter zu tra­gen.

4. § 3 Ziff. 9 "Fri­sur, Bart und Ma­ke-Up" 

a. Grundsätz­lich sind Haa­re im­mer sau­ber, nie­mals un­ge­wa­schen oder fet­tig wir­kend zu tra­gen.

b. Ei­ne gründ­li­che Kom­plett­ge­sichts­ra­sur bei Dienst­an­tritt ist Vor­aus­set­zung; al­ter­na­tiv ist ein ge­pfleg­ter Bart ge­stat­tet.

c. Bei Haarfärbun­gen sind le­dig­lich natürlich wir­ken­de Far­ben ge­stat­tet. 

d. Das Tra­gen von künst­li­chen Haa­ren oder Ein­flech­tun­gen ist grundsätz­lich nicht ge­stat­tet, wenn es die Natürlich­keit der Haar­pracht be­ein­träch­tigt.

- 5 -

Die Be­tei­lig­te zu 2) be­an­tragt,

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen. 

Die Be­tei­lig­te zu 2) tritt der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung bei und meint wei­ter­hin, ih­re Be­triebs­an­wei­sun­gen ver­stießen nicht ge­gen be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Vor­schrif­ten. So sei die An­wei­sung zum Tra­gen des Dienst­aus­wei­ses le­dig­lich ei­ne Aus­ge­stal­tung der in der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung be­reits vor­han­de­nen Re­ge­lung. Auch die Un­ter­sa­gung der Mit­nah­me und Be­nut­zung von pri­va­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen sei nicht mit­be­stim­mungs­pflich­tig. Die bei der Flug­si­cher­heits­kon­trol­le ein­ge­setz­ten tech­ni­schen Durch­leuch­tungs­geräte, sei­en tech­nisch sen­si­ble Vor­rich­tun­gen, die durch die Be­nut­zung von mo­bi­len Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen gestört wer­den könn­ten. Ei­ne Ar­beits­an­wei­sung, die le­dig­lich das Be­nut­zen die­ser Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen während der Ar­beits­zeit ver­bie­te sei nicht aus­rei­chend, da da­mit nicht ver­hin­dert wer­den könne, dass der Mit­ar­bei­ter gleich­wohl während der Ar­beits­zeit an­ge­ru­fen wer­den könne. Letzt­lich han­de­le es sich hier­bei oh­ne­hin um mit­be­stim­mungs­frei­es sog. Ar­beits­ver­hal­ten der Mit­ar­bei­ter. Das gel­te glei­cher­maßen für das Ver­bot, laut­star­ke Pri­vat­gespräche zu führen. Fer­ner ist die Be­tei­lig­te zu 2) der Auf­fas­sung, dass die Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung aus dem Jahr 2004 nicht ge­gen die Persönlich­keits­rech­te der ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter ver­s­toße. Das gel­te für das vor­ge­schrie­be­ne Tra­gen von Un­terwäsche eben­so wie für die Bein­be­klei­dung und das sons­ti­ge äußere Er­schei­nungs­bild der Mit­ar­bei­ter. Die dies­bezügli­chen Re­ge­lun­gen müss­ten vor dem Hin­ter­grund des be­rech­tig­ten Ver­lan­gens der Be­tei­lig­ten zu 2) nach ei­nem ein­heit­li­chen Er­schei­nungs­bild ih­rer Mit­ar­bei­ter ge­se­hen wer­den. Die Re­ge­lun­gen über den Zu­stand der Fin­gernägel sei­en schließlich we­gen der an­sons­ten be­ste­hen­den Ver­let­zungs­ge­fahr ge­bo­ten.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten Be­zug ge­nom­men.

II.

1. Die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 1) ist zulässig, weil sie statt­haft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) und frist-so­wie form­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den ist (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 64
Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

2. Die Be­schwer­de hat je­doch in der Sa­che nur teil­wei­se Er­folg. Die Be­tei­lig­te zu 2) darf den Mit­ar­bei­tern nicht ge­ne­rell die Mit­nah­me und Be­nut­zung von pri­va­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen an den Kon­troll­stre­cken un­ter­sa­gen, oh­ne zu­vor die Zu­stim­mung des Be­tei­lig­ten zu 1) ein­ge­holt zu ha­ben. Sie darf den Mit­ar­bei­te­rin­nen nicht vor­schrei­ben, die Fin­gernägel nur ein­far­big zu tra­gen und auch die Vor­ga­be ge­genüber den Mit­ar­bei­tern, bei Haarfärbun­gen nur natürlich wir­ken­de Far­ben zu tra­gen so­wie das wei­ter­ge­hen­de Ver­bot, künst­li­che Haa­re oder Ein­flech­tun­gen zu tra­gen, wenn die­se die Natürlich­keit der Haar­pracht be­ein­träch­ti­gen, sind un­wirk­sam. Die wei­ter­ge­hen­de Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 1) ist un­be­gründet. Im Ein­zel­nen gilt Fol­gen­des:

a) Zum Un­ter­las­sungs­an­spruch 

Mit sei­ner Be­schwer­de be­gehrt der Be­tei­lig­te zu 1) der Be­tei­lig­ten zu 2) ge­richt­lich zu un­ter­sa­gen, be­stimm­te näher be­nann­te An­wei­sun­gen ge­genüber den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern des Be­trie­bes am Flug­ha­fen K /B zu er­tei­len, oh­ne die Zu­stim­mung des Be­tei­lig­ten zu 1) ein­ge­holt oder ei­nen die Ei­ni­gung er­set­zen­den Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le er­zielt zu ha­ben. Die An­wei­sun­gen be­tref­fen das Tra­gen des Si­cher­heits­aus­wei­ses, die Mit­nah­me und Be­nut­zung von pri­va­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen so­wie das Führen laut­star­ker Pri­vat­gespräche an den Kon­troll­stel­len.

Die Be­tei­lig­te zu 2) hat vor Er­tei­lung die­ser An­wei­sun­gen we­der den Be­tei­lig­ten zu 1) um Zu­stim­mung ge­be­ten noch ei­nen Ei­ni­gungs­stel­len­spruch her­bei­geführt. Da­her hängt die Be­rech­ti­gung des An­trags­be­geh­rens maßgeb­lich da­von ab, ob dem Be­tei­lig­ten zu 1) in­so­weit ein er­zwing­ba­res Mit­be­stim­mungs­recht zu­steht.

aa) In Be­tracht kommt in­so­fern al­lein § 87 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG. Nach die­ser Vor­schrift hat der Be­triebs­rat mit­zu­be­stim­men in Fra­gen der Ord­nung des Be­triebs und des Ver­hal­tens der

- 6 -

Ar­beit­neh­mer im Be­trieb. Ge­gen­stand des Mit­be­stim­mungs­rechts ist das be­trieb­li­che
Zu­sam­men­le­ben und kol­lek­ti­ve Zu­sam­men­wir­ken der Beschäftig­ten. Es be­ruht dar­auf, dass die Beschäftig­ten ih­re ver­trag­lich ge­schul­de­te Leis­tung in­ner­halb ei­ner vom Ar­beit­ge­ber vor­ge­ge­be­nen Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on er­brin­gen und des­halb des­sen Wei­sungs­recht un­ter­lie­gen. Das be­rech­tigt den Ar­beit­ge­ber da­zu, Re­ge­lun­gen vor­zu­ge­ben, die das Ver­hal­ten der Beschäftig­ten im Be­trieb be­ein­flus­sen und ko­or­di­nie­ren sol­len. Sol­che Maßnah­men bedürfen der Zu­stim­mung des
Be­triebs­rats. Dies soll gewähr­leis­ten, dass die Beschäftig­ten gleich­be­rech­tigt an der Ge­stal­tung des be­trieb­li­chen Zu­sam­men­le­bens teil­ha­ben können (BAG, Be­schluss vom 27.09.2005 - 1 ABR 32/04, BA­GE 116, 36; BAG, Be­schluss vom 10.03.2009 - 1 ABR 87/07, NZA 2010, 180).

Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts hat der Be­triebs­rat ent­ge­gen dem über­schießen­den Wort­laut nur mit­zu­be­stim­men bei Maßnah­men, die das sog. Ord­nungs­ver­hal­ten der Ar­beit­neh­mer be­tref­fen. Die­ses ist berührt, wenn die Maßnah­me auf die Ge­stal­tung des kol­lek­ti­ven Mit­ein­an­der oder die Gewähr­leis­tung und Auf­recht­er­hal­tung der vor­ge­ge­be­nen Ord­nung des Be­triebs zielt (BAG, Be­schluss vom 11.06.2002 - 1 ABR 46/01, BA­GE 101, 285; Kütt­ner/Kreit­ner, Per­so­nal­buch, 17. Aufl. 2010, Be­triebs­ord­nung Rn 4 mit um­fas­sen­den wei­te­ren Nachw.). Mit­be­stim­mungs­frei sind da­ge­gen Maßnah­men, die das sog. Ar­beits­ver­hal­ten der Beschäftig­ten re­geln. Dar­um han­delt es sich, wenn der Ar­beit­ge­ber kraft sei­nes ar­beits­ver­trag­li­chen Wei­sungs­rechts näher be­stimmt, wel­che Ar­bei­ten aus­zuführen sind und in wel­cher Wei­se das ge­sche­hen soll. Mit­be­stim­mungs­frei sind des­halb An­ord­nun­gen, mit de­nen le­dig­lich die Ar­beits­pflicht kon­kre­ti­siert wird (BAG, Be­schluss vom 10.03.2009 - 1 ABR 87/07, NZA 2010, 180). Wirkt sich ei­ne Maßnah­me zu­gleich auf das Ord­nungs- und das Ar­beits­ver­hal­ten aus, so kommt es dar­auf an, wel­cher Re­ge­lungs­zweck über­wiegt (BAG, Ur­teil vom 13.02.2003 - 6 AZR 536/01, NZA 2003, 1196; BAG, Be­schluss vom 13.02.2007 - 1 ABR 18/06, NZA 2007, 640).

bb) Wen­det man die­se Grundsätze der ständi­gen BAG-Recht­spre­chung an, so un­terfällt die Un­ter­sa­gung pri­va­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen wie z.B. Mo­bil­te­le­fo­ne, MP 3-Play­er u.ä. mit­zu­neh­men und zu be­nut­zen, un­ter den Be­griff des Ord­nungs­ver­hal­tens im oben ge­nann­ten Sinn. Es geht er­kenn­bar um die Ge­stal­tung des kol­lek­ti­ven Mit­ein­an­ders und nicht um die Art und Wei­se der Ar­beits­ausführung. Dem­gemäß be­steht in­so­weit ein er­zwing­ba­res Mit­be­stim­mungs­recht des Be­tei­lig­ten zu 1). Nach der sog. Theo­rie der Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung, die eben­falls vom Bun­des­ar­beits­ge­richt in ständi­ger Recht­spre­chung an­er­kannt ist, sind Maßnah­men, die die Mit­ar­bei­ter be­las­ten und der er­zwing­ba­ren Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats un­ter­lie­gen, oh­ne vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats rechts­un­wirk­sam (BAG, Ur­teil vom 11.06.2002 - 1 AZR 390/01, NZA 2003, 571; BAG, Ur­teil vom 10.03.2009, 1 AZR 55/08, NZA 2009, 684; GK-Be­trVG/Wie­se, Be­trVG, 9. Aufl., § 87 Rn 234 mit wei­te­ren Nachw.) und der Be­triebs­rat kann vom Ar­beit­ge­ber die Un­ter­las­sung der­ar­ti­ger mit­be­stim­mungs­wid­ri­ger Maßnah­men ver­lan­gen (BAG, Be­schluss vom 03.05.1994 - 1 ABR 24/93, NZA 1995, 40; BAG, Be­schluss vom 03.05.2006 - 1 ABR 14/05, AP Nr. 119 zu § 87 Be­trVG 1972; BAG, Be­schluss vom 15.05.2007 - 1 ABR 32/06, NZA 2007, 1240). Das auf die­sen Re­ge­lungs­ge­gen­stand be­zo­ge­ne An­trags­be­geh­ren des Be­tei­lig­ten zu 1) ist dem­nach be­gründet. Da­ne­ben stellt die­se An­wei­sung auch ei­nen un­verhält­nismäßigen Ein­griff in das durch Art. 2 GG geschütz­te Persönlich­keits­recht der be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter dar. Das Ver­bot, pri­va­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen mit­zu­brin­gen, ist nicht er­for­der­lich, um de­ren Nut­zung vor Ort zu un­ter­bin­den. Hier hätte es aus­ge­reicht, al­lein de­ren Nut­zung zu un­ter­sa­gen.

Dem­ge­genüber ist die Be­schwer­de un­be­gründet, so­weit sich der Be­tei­lig­te zu 1) ge­gen das Ver­bot wen­det, an der Kon­troll­stel­le laut­star­ke Pri­vat­gespräche oder gar Dis­kus­sio­nen zu führen. Die­se An­wei­sung ist un­trenn­bar mit der Er­brin­gung der Ar­beits­leis­tung ver­bun­den und be­trifft da­her das sog. Ar­beits­ver­hal­ten der Mit­ar­bei­ter. Ein Mit­be­stim­mungs­recht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG be­steht nach den oben dar­ge­stell­ten Grundsätzen nicht.

Un­be­gründet ist die Be­schwer­de schließlich auch, so­weit der Be­tei­lig­te zu 1) be­gehrt, der Be­tei­lig­ten zu 2) die An­wei­sung zu un­ter­sa­gen, dar­auf zu ach­ten, dass der Si­cher­heits­aus­weis und das Zu­satz­kenn­zei­chen "Flug­gast­kon­trol­le" les­bar in Brusthöhe ge­tra­gen wer­de. Die­sen Re­ge­lungs­gen­stand be­tref­fend be­steht kein Mit­be­stim­mungs­recht des Be­tei­lig­ten zu 1). Denn die­se An­wei­sung stellt - wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend aus­geführt hat - le­dig­lich ei­ne nähe­re Aus­ge­stal­tung ei­ner in der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung "Dienst- und Ar­beits­schutz­be­klei­dung (Klei­der­ord­nung)" vom 29.03.2004 ent­hal­te­nen Re­ge­lung dar. Be­stand­teil die­ser Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung ist die in der An­la­ge 2 auf­ge­lis­te­te Tra­ge­ord­nung für Dienst­be­klei­dung. Die­se be­stimmt in § 1 Abs. 3, dass der Dienst­aus­weis Be­stand­teil der

- 7 -

Dienst­klei­dung ist und während der Ar­beits­zeit im­mer von vorn sicht­bar an der Ober­be­klei­dung ge­tra­gen wer­den muss. Die nun­meh­ri­ge An­wei­sung, den Dienst­aus­weis "les­bar in Brusthöhe zu tra­gen", kon­kre­ti­siert die all­ge­mein ge­hal­te­ne­re Vor­schrift der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung. Ei­ne ei­genständi­ge Re­ge­lung stellt sie nicht dar, so dass kein neu­er Mit­be­stim­mungs­tat­be­stand ent­steht. Das Mit­be­stim­mungs­recht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG ist viel­mehr mit der Re­ge­lung in der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 29.03.2004 "ver­braucht".

b) Zum Fest­stel­lungs­an­spruch 

Der Be­tei­lig­te zu 1) be­gehrt wei­ter die Fest­stel­lung, dass über die erst­in­stanz­lich ge­trof­fe­ne Fest­stel­lung des Ar­beits­ge­richts hin­aus wei­te­re Be­stim­mun­gen der An­la­ge 2 zu der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 29.03.2004 we­gen Ver­let­zung des Persönlich­keits­rechts der Mit­ar­bei­ter/in­nen un­wirk­sam sind und im Be­trieb Flug­ha­fen K /B nicht an­ge­wandt wer­den dürfen.

aa) Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts sind die Be­triebs­par­tei­en gemäß § 75 Abs. 1, 2 Satz 1 Be­trVG zur Wah­rung der grund­recht­lich gewähr­leis­te­ten Frei­heits­rech­te ver­pflich­tet. Sie ha­ben da­mit auch die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschütz­te all­ge­mei­ne Hand­lungs­frei­heit zu be­ach­ten. Zwar wird die­se, so­weit sie über den Kern­be­reich der Persönlich­keit hin­aus­geht, ih­rer­seits durch die ver­fas­sungsmäßige Ord­nung be­schränkt, zu der auch die von den Be­triebs­par­tei­en im Rah­men ih­rer Re­ge­lungs­kom­pe­tenz ge­schlos­se­nen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen gehören. Zu­gleich sind je­doch die ein­zel­nen Grund­recht­sträger vor un­verhält­nismäßigen Grund­rechts-be­schränkun­gen durch pri­vat­au­to­no­me Re­ge­lun­gen zu schützen. Das zulässi­ge Aus­maß ei­ner Be­schränkung der all­ge­mei­nen Hand­lungs­frei­heit be­stimmt sich nach dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit. Die ge­trof­fe­ne Re­ge­lung muss ge­eig­net, er­for­der­lich und un­ter Berück­sich­ti­gung der gewähr­leis­te­ten Frei­heits­rech­te an­ge­mes­sen sein, um den er­streb­ten Zweck zu er­rei­chen. Ge­eig­net ist die Re­ge­lung dann, wenn mit ih­rer Hil­fe der er­streb­te Er­folg gefördert wer­den kann. Er­for­der­lich ist sie, wenn kein an­de­res, gleich wirk­sa­mes, aber die Hand­lungs­frei­heit we­ni­ger ein­schränken­des Mit­tel zur Verfügung steht. An­ge­mes­sen ist sie, wenn sie verhält­nismäßig im en­ge­ren Sinn er­scheint. Es be­darf hier ei­ner Ge­samt­abwägung zwi­schen der In­ten­sität des Ein­griffs und dem Ge­wicht der ihn recht­fer­ti­gen­den Gründe; die Gren­ze der Zu­mut­bar­keit darf nicht über­schrit­ten wer­den (vgl. BAG, Be­schluss vom 29.06.2004 - 1 ABR 21/03 - BA­GE 111, 173 = AP Nr. 41 zu § 87 Be­trVG 1972 Über­wa­chung, BAG, Be­schluss vom 12.12.2006 - 1 AZR 96/06, NZA 2007, 453; BAG, Be­schluss vom 13.02.2007 - 1 ABR 18/06, NZA 2007, 640).

bb) Wen­det man die­se Grundsätze im vor­lie­gen­den Fall an, ist das Be­geh­ren des Be­tei­lig­ten zu 1) teil­wei­se be­gründet. Die Tra­ge­ord­nung greift in die Frei­heit der Ar­beit­neh­mer ein, sich während der Ar­beit so zu klei­den, wie es den persönli­chen Wünschen und Bedürf­nis­sen ent­spricht.

(1) Hin­sicht­lich der in § 2 Ziff. 9 h) der Tra­ge­ord­nung ent­hal­te­nen Re­ge­lung für Mit­ar­bei­te­rin­nen, die Fin­gernägel ein­far­big zu tra­gen, fehlt es be­reits an der Ge­eig­net­heit die­ses Ein­griffs in das Persönlich­keits­recht der Ar­beit­neh­me­rin­nen zur Er­rei­chung des Re­ge­lungs­zwecks. Zwar kann die Gewähr­leis­tung ei­nes ein­heit­li­chen Er­schei­nungs­bil­des durch ei­ne ein­heit­li­che Dienst­klei­dung er­reicht wer­den. Die Far­be der Fin­gernägel der Mit­ar­bei­te­rin­nen ist hierfür aber of­fen­sicht­lich oh­ne Be­deu­tung. Erst recht ist die­se Ein­schränkung der persönli­chen Frei­heit zur Er­rei­chung des Re­ge­lungs­zwecks nicht er­for­der­lich.

Von den Re­ge­lun­gen in § 3 der Tra­ge­ord­nung, die die männ­li­chen Mit­ar­bei­ter be­tref­fen, sind § 3 Ziff. 9 e) und § 3 Ziff. 9 f) nach den oben ge­nann­ten Maßstäben un­wirk­sam. Die­se Re­ge­lun­gen schrei­ben den Mit­ar­bei­tern vor, bei Haarfärbun­gen le­dig­lich natürlich wir­ken­de Far­ben zu ver­wen­den und ver­bie­ten das Tra­gen von künst­li­chen Haa­ren oder Ein­flech­tun­gen, wenn es die Natürlich­keit der Haar­pracht be­ein­träch­tigt. Auch in­so­weit hat die Kam­mer be­reits Zwei­fel an der Ge­eig­net­heit die­ser Ein­grif­fe. Al­le Mit­ar­bei­ter ha­ben oh­ne­hin un­ter­schied­li­che Haar­far­ben und Fri­su­ren. Je­den­falls aber sind bei­de Ver­bo­te nicht verhält­nismäßig im en­ge­ren Sinn. Die Be­tei­lig­te zu 2) greift mit die­sen Vor­schrif­ten in die un­mit­tel­ba­re körper­li­che In­te­grität der Mit­ar­bei­ter ein, oh­ne dass dies durch den Zweck ei­nes ein­heit­li­chen Er­schei­nungs­bil­des ge­recht­fer­tigt wäre. Das gilt ins­be­son­de­re für das nach die­ser Vor­schrift wei­test­ge­hend ver­bo­te­ne Tra­gen ei­nes Haar­teils. Letz­te­res kann für das Selbst­wert­gefühl ei­nes un­ter frühem Haar­ver­lust lei­den­den Mit­ar­bei­ters von er­heb­li­cher Be­deu­tung sein und das Ver­bot kann in die­sem Fall das Persönlich­keits­recht des Mit­ar­bei­ters ent­schei­dend tan­gie­ren. Dem­ge­genüber wird das von den Kun­den wahr­ge­nom­me­ne

- 8 -

Er­schei­nungs­bild der Mit­ar­bei­ter we­sent­lich durch de­ren ein­heit­li­che Klei­dung ge­prägt. Haar­far­be und Fri­sur sind hierfür eher un­be­deu­tend. Wei­te­re Un­wirk­sam­keits­gründe er­ge­ben sich fer­ner aus der in­halt­li­chen Un­be­stimmt­heit der Re­ge­lung im Hin­blick auf die Merk­ma­le der "natürlich
wir­ken­den Far­ben" und der "Natürlich­keit der Haar­pracht" so­wie auf­grund des Ver­s­toßes der vor­ge­nann­ten Re­ge­lun­gen ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot der §§ 7 Abs. 1, 1 AGG. Die al­lein männ­li­che Mit­ar­bei­ter be­tref­fen­den Re­ge­lun­gen stel­len ei­ne un­mit­tel­ba­re Ge­schlechts­dis­kri­mi­nie­rung dar, da ver­gleich­ba­re Re­ge­lun­gen für Mit­ar­bei­te­rin­nen nicht exis­tie­ren.

(2) Die wei­ter­ge­hen­den, von dem Be­tei­lig­ten zu 1) re­kla­mier­ten Re­ge­lun­gen hal­ten ei­ner Verhält­nismäßig­keits­kon­trol­le Stand.

Das gilt zunächst für das in § 2 Ziff. 8 der Tra­ge­ord­nung für Mit­ar­bei­te­rin­nen vor­ge­schrie­be­ne Tra­gen von Un­terwäsche. Die Be­tei­lig­te zu 2) weist in­so­weit zu Recht dar­auf hin, dass die in ih­rem Ei­gen­tum ste­hen­den Blu­sen und Hem­den durch das Tra­gen von Un­terwäsche geschützt und we­ni­ger schnell ab­ge­nutzt wer­den. Die Eig­nung des Ein­griffs steht da­mit außer Fra­ge. Das Glei­che gilt für sei­ne Er­for­der­lich­keit, da ein mil­de­res, das Persönlich­keits­recht der Mit­ar­bei­te­rin­nen we­ni­ger ein­schnei­den­de­res Mit­tel nicht exis­tiert. Das gilt um­so mehr, als die Be­tei­lig­te zu 2) den Mit­ar­bei­te­rin­nen kein kon­kre­tes Wäschestück vor­schreibt, son­dern meh­re­re zur Wahl lässt. Sch­ließlich ist der Ein­griff auch verhält­nismäßig im en­ge­ren Sinn. Wägt man die mit dem ver­bind­li­chen Tra­gen von pri­va­ter Un­terwäsche ver­bun­de­ne Be­ein­träch­ti­gung des Persönlich­keits­rechts der Mit­ar­bei­te­rin­nen ge­gen die be­trieb­li­chen In­ter­es­sen an ei­nem or­dent­li­chen Er­schei­nungs­bild und ei­ner möglichst ge­rin­gen Ab­nut­zung der Dienst­klei­dung ab, so über­wiegt das In­ter­es­se der Be­tei­lig­ten zu 2) deut­lich. Da­bei ist aus Sicht der er­ken­nen­den Kam­mer auch un­pro­ble­ma­tisch, dass die Un­terwäsche weiß oder in Haut­far­be sein muss und kei­ne Em­ble­me, Be­schrif­tun­gen oder Mus­ter ent­hal­ten darf. Ei­ne er­heb­li­che Ein­schränkung des Persönlich­keits­rechts stellt die­se Vor­ga­be nicht dar. Das Glei­che gilt für die Ver­pflich­tung zum Tra­gen von Fein­strumpf­ho­sen oder So­cken.

Eben­falls recht­lich un­be­denk­lich ist die für Mit­ar­bei­te­rin­nen in § 2 Ziff. 9 h) der Tra­ge­ord­nung vor­ge­schrie­be­ne ma­xi­ma­le Länge der Fin­gernägel von 0,5 cm über der Fin­ger­kup­pe. Auch die­ser Ein­griff in das Persönlich­keits­recht der Mit­ar­bei­te­rin­nen ist ins­ge­samt verhält­nismäßig. Ziel der Re­ge­lung ist es, ei­ne Ver­let­zungs­ge­fahr bei der Kon­trol­le von Pas­sa­gie­ren möglichst zu ver­mei­den. Hierfür ist die ge­mach­te Vor­ga­be of­fen­sicht­lich ge­eig­net und auch er­for­der­lich, da ein mil­de­res Mit­tel nicht be­steht. Sch­ließlich ist die Vor­ga­be auch verhält­nismäßig im en­ge­ren Sinn. Die Be­tei­lig­te zu 2) hat ein er­heb­li­ches und be­rech­tig­tes be­trieb­li­ches In­ter­es­se dar­an, dass ei­ne von ih­ren Mit­ar­bei­te­rin­nen aus­ge­hen­de Ver­let­zungs­ge­fahr im Um­gang mit den Pas­sa­gie­ren so weit wie möglich aus­ge­schlos­sen wird. Dem­ge­genüber muss das mo­di­sche In­ter­es­se der Mit­ar­bei­te­rin­nen an dem Tra­gen länge­rer Fin­gernägel zurück­tre­ten. Zwar stellt die Vor­ga­be in der Tra­ge­ord­nung ei­nen un­mit­tel­ba­ren Ein­griff in die körper­li­che In­te­grität der Mit­ar­bei­te­rin­nen dar. Die­ser ist je­doch zwin­gend durch die Tätig­keit ge­bo­ten.

Auch die wei­te­ren Tra­ge­vor­schrif­ten für männ­li­che Mit­ar­bei­ter in § 3 der Tra­ge­ord­nung sind verhält­nismäßig. Da­bei gilt zunächst bezüglich des vor­ge­schrie­be­nen Tra­gens von Un­terwäsche in § 3 Ziff 7 das oben zu den Mit­ar­bei­te­rin­nen Ge­sag­te ent­spre­chend. Ge­gen die darüber hin­aus vom dem Be­tei­lig­ten zu 1) be­an­stan­de­ten Be­stim­mun­gen in § 3 Ziff. 9 a), d), e) und f) zu "Fri­sur, Bart und Ma­ke-up" be­ste­hen schließlich eben­falls kei­ne recht­li­chen Be­den­ken. Die Tra­ge­ord­nung ver­langt von den Mit­ar­bei­tern, dass die Haa­re grundsätz­lich sau­ber, nie­mals un­ge­wa­schen oder fet­tig zu tra­gen sind und vor Dienst­be­ginn ei­ne Kom­plett­ra­sur er­folgt ist oder ein ge­pfleg­ter Bart ge­tra­gen wird. Die­se Vor­ga­ben sind ge­eig­net, ein vernünf­ti­ges, an­ge­mes­se­nes Er­schei­nungs­bild der Mit­ar­bei­ter zu gewähr­leis­ten. Sie sind auch er­for­der­lich, da ei­ne we­ni­ger ein­schnei­den­de­re Maßnah­me nicht er­sicht­lich ist. Das gilt un­abhängig da­von, dass die große Mehr­zahl der Mit­ar­bei­ter auch oh­ne ei­ne ent­spre­chen­de Vor­ga­be selbständig Wert auf ein ent­spre­chen­des Äußeres le­gen dürf­te. Letzt­lich kann nur mit ei­ner ent­spre­chen­den Vor­ga­be die Er­rei­chung des Ziels im Er­geb­nis wirk­lich si­cher­ge­stellt wer­den. Sch­ließlich ist auch die Verhält­nismäßig­keit im en­ge­ren Sinn zu be­ja­hen. Zwar geht es auch hier wie­der­um um un­mit­tel­bar das Persönlich­keits­recht der Mit­ar­bei­ter be­tref­fen­de Re­ge­lun­gen. Da die­se je­doch in­halt­lich von den Mit­ar­bei­tern kei­ne außer­gewöhn­li­chen Maßnah­men ver­lan­gen, son­dern letzt­lich das wi­der­spie­geln, was den nor­ma­len und all­ge­mein übli­chen Um­gangs­for­men je­den­falls sol­cher Men­schen ent­spricht, die be­ruf­lich im en­gen Kun­den­kon­takt ste­hen, über­wiegt auch in­so­weit das be­trieb­li­che In­ter­es­se.

3. Die Rechts­be­schwer­de war gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht zu­zu­las­sen, da 

- 9 -

die Ent­schei­dung auf den Umständen des Ein­zel­falls be­ruht und kei­ne Rechts­fra­gen von grundsätz­li­cher Be­deu­tung be­trifft.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung  

Ge­gen die­se Ent­schei­dung ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben. Auf die Möglich­keit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de gemäß § 92a ArbGG wird hin­ge­wie­sen.
Dr. Kreit­ner

Kaus­sen

Ha­ge­dorn

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 3 TaBV 15/10