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Aus­wir­kun­gen des Me­dia­ti­ons­ge­set­zes auf das Ar­beits­recht

Streit­bei­le­gung jen­seits ge­richt­li­cher Ent­schei­dun­gen ist in Mo­de: Ge­setz zur För­de­rung der Me­dia­ti­on und an­de­rer Ver­fah­ren zur au­ßer­ge­richt­li­chen Kon­flikt­bei­le­gung
Streit­bei­le­gung jen­seits des Ge­richts­saals

05.11.2012. Kon­flik­te müs­sen nicht un­be­dingt vor Ge­richt ge­klärt wer­den, d.h. im Rah­men for­mal ge­re­gel­ter und für die Par­tei­en oft we­nig durch­schau­ba­rer Ver­fah­ren. Es gibt seit je­her Al­ter­na­ti­ven, die kos­ten­güns­ti­ger, schnel­ler und „nä­her dran“ an den Par­tei­en sind, d.h. Sch­lich­tungs­ver­fah­ren, Schieds­ver­fah­ren, Gü­te­stel­len, Om­buds­leu­te - oder seit ei­ni­ge Jah­ren auch mit zu­neh­men­der Be­deu­tung die Me­dia­ti­on.

Ob­wohl die Me­dia­ti­on von Po­li­tik und Me­di­en im­mer öf­ter als Al­ter­na­ti­ve zu Ge­richts­ver­fah­ren ins Spiel ge­bracht wird, fehl­te bis­lang ei­ne ei­ge­ne ge­setz­li­che Grund­la­ge. Die vor­han­de­nen Re­ge­lun­gen fin­den sich zer­streut in ver­schie­de­nen Ge­set­zen.

So ent­hielt die Be­rufs­ord­nung für Rechts­an­wäl­te (BO­RA) bis­her ei­ne der we­ni­gen ver­bind­li­chen Re­ge­lun­gen. Ein Rechts­an­walt darf sich ge­mäß § 7a BO­RA als Me­dia­tor be­zeich­nen, wenn er durch ei­ne „ge­eig­ne­te Aus­bil­dung“ nach­wei­sen kann, dass er die „Grund­sät­ze des Me­dia­ti­ons­ver­fah­rens“ be­herrscht.

Und § 18 BO­RA be­stimmt, dass für Rechts­an­wäl­te auch dann de­ren Be­rufs­recht, al­so ins­be­son­de­re die Pflicht zur Ver­schwie­gen­heit (§ 2 BO­RA) gilt, wenn sie als Ver­mitt­ler, Sch­lich­ter oder Me­dia­tor tä­tig wer­den.

Wei­ter­hin stellt das Rechts­dienst­leis­tungs­ge­setz (RDG) klar, dass die Me­dia­ti­on und je­de ver­gleich­ba­re Form der al­ter­na­ti­ven Streit­bei­le­gung kei­ne Rechts­dienst­leis­tung ist, so­fern die Tä­tig­keit nicht durch recht­li­che Re­ge­lungs­vor­schlä­ge in die Ge­sprä­che der Be­tei­lig­ten ein­greift (§ 2 Abs.3 Nr.4 RDG).

Schließ­lich kann das Ge­richt ge­mäß § 135 des Ge­set­zes über das Ver­fah­ren in Fa­mi­li­en­sa­chen und in den An­ge­le­gen­hei­ten der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit (FamFG) an­ord­nen, dass die Ehe­gat­ten an ei­nem kos­ten­frei­en In­for­ma­ti­ons­ge­spräch über Me­dia­ti­on oder ei­ne sons­ti­ge Mög­lich­keit der au­ßer­ge­richt­li­chen Kon­flikt­bei­le­gung teil­neh­men und ei­ne Be­stä­ti­gung hier­über vor­le­gen.

Dem­ent­spre­chend ist das Fa­mi­li­en­recht auch bis­her ei­nes der Haupt­ein­satz­fel­der der Me­dia­ti­on. Doch sie ist auch an­dern­orts auf dem Vor­marsch. Ne­ben Zi­vil­ge­rich­ten bie­ten da­her mitt­ler­wei­le auch Ge­rich­te an­de­rer Ge­richts­zwei­ge ei­ne Me­dia­ti­on an, dar­un­ter auch ei­ni­ge Ar­beits­ge­rich­te wie z.B. das Ar­beits­ge­richt Her­ford.

Durch­ge­führt wird die­se „ge­richt­li­che Me­dia­ti­on“ von ei­nem als Me­dia­tor aus­ge­bil­de­ten Rich­ter, an den der zu­stän­di­ge Rich­ter den je­wei­li­gen Fall ver­weist. Da­für gab es al­ler­dings bis­her kei­ne ge­setz­li­che Grund­la­ge, so dass sich die­se Rechts­pra­xis mehr schlecht als recht auf ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung von § 278 Abs.5 Satz 1 ZPO (al­te Fas­sung) stüt­zen muss­te.

Vor­ga­ben des Eu­ro­pa­rechts

Re­ge­lungs­be­darf beim The­ma Me­dia­ti­on gibt es aber auch auf­grund des Rechts der Eu­ropäischen Uni­on (EU). Denn die Richt­li­nie 2008/52/EG des eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 21.05.2008 über be­stimm­te As­pek­te der Me­dia­ti­on in Zi­vil- und Han­dels­sa­chen schreibt den Mit­glieds­staa­ten vor, bis zum 20.05.2011 ge­setz­li­che Grund­la­gen für die Me­dia­ti­on in grenzüber­schrei­ten­den Strei­tig­kei­ten zu schaf­fen.
Nach ei­nem zwei Jah­ren dau­ern­den und kon­tro­ver­sen Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren ist nun am 26.07.2012 das Ge­setz zur Förde­rung der Me­dia­ti­on und an­de­rer Ver­fah­ren zur außer­ge­richt­li­chen Kon­flikt­bei­le­gung (BGBl I 2012, 1577-1581) in Kraft ge­tre­ten.

Es re­gelt die Me­dia­ti­on erst­mals um­fas­send und be­ant­wor­tet un­ter an­de­rem die Fra­ge, was denn nun ei­gent­lich Me­dia­ti­on ist.

Ge­setz­li­che Grund­la­gen für Me­dia­ti­on

Kernstück des Ge­set­zes ist die Einführung des Me­dia­ti­ons­ge­set­zes (Me­dia­ti­onsG). Es de­fi­niert Me­dia­ti­on als ein ver­trau­li­ches und struk­tu­rier­tes Ver­fah­ren, bei dem die Par­tei­en mit Hil­fe ei­nes oder meh­re­rer Me­dia­to­ren frei­wil­lig und ei­gen­ver­ant­wort­lich ei­ne ein­ver­nehm­li­che Bei­le­gung ih­res Kon­flik­tes an­stre­ben (§ 1 Abs.1 Me­dia­ti­onsG).

Ein Me­dia­tor ist ei­ne un­abhängi­ge und neu­tra­le Per­son oh­ne Ent­schei­dungs­be­fug­nis, der die Par­tei­en durch die Me­dia­ti­on führt (§ 1 Abs.2 Me­dia­ti­onsG).

Die­se Be­griffs­be­stim­mung ver­deut­licht, dass die Me­dia­ti­on et­was an­de­res ist als ei­ne ge­richt­li­che Güte­ver­hand­lung, die dem ei­gent­li­chen Pro­zess vor­ge­la­gert ist und von dem Rich­ter ge­lei­tet wird, der später auch den Rechts­streit ent­schei­det, falls ei­ne gütli­che Ei­ni­gung fehl­schlägt. Er teilt den Par­tei­en sei­ne vorläufi­ge Rechts­auf­fas­sung mit und un­ter­brei­tet Ver­gleichs­vor­schläge. Da­bei muss er sich an dem bis­he­ri­gen Vor­trag der Par­tei­en ori­en­tie­ren.

Die Me­dia­ti­on da­ge­gen zielt dar­auf ab, dass die Par­tei­en selbst ei­ne Lösung ent­wi­ckeln, die eben nicht nur den Rechts­streit, son­dern idea­ler­wei­se al­le Dif­fe­ren­zen be­en­det und ei­ne wei­te­re, ge­mein­sa­me Zu­kunft ermöglicht. Die Par­tei­en be­stim­men hier al­so stärker als in der Güte­ver­hand­lung den In­halt ih­res Gesprächs, der Me­dia­tor sorgt dafür, dass die Form ge­wahrt bleibt. Kon­kre­te Rechts­be­ra­tung oder Lösungs­vor­schläge gibt er nicht, son­dern stellt al­len­falls all­ge­mein die recht­li­chen Grund­la­gen dar.

Der Ver­fah­rens­ab­lauf ist in § 2 Me­dia­ti­onsG näher ge­re­gelt. Frei­wil­lig­keit und Ei­gen­ver­ant­wort­lich­keit blei­ben da­bei die lei­ten­den Prin­zi­pi­en. Während es im Pro­zess ei­nen ge­setz­lich ge­nau be­stimm­ba­ren Rich­ter gibt, dürfen und müssen die Par­tei­en der Me­dia­ti­on den Me­dia­tor selbst auswählen. Er fördert im In­ter­es­se al­ler Par­tei­en de­ren Kom­mu­ni­ka­ti­on und kann im all­sei­ti­gen Ein­verständ­nis ge­trenn­te Gespräche führen (§ 2 Abs.3 Satz 3 Me­dia­ti­onsG, sog. Shut­tle-Me­dia­ti­on). Drit­te, zu de­nen laut Ge­set­zes­be­gründung auch Rechts­anwälte gehören, können nur mit Zu­stim­mung al­ler Par­tei­en in die Me­dia­ti­on ein­be­zo­gen wer­den. Die Par­tei­en können die Me­dia­ti­on je­der­zeit be­en­den. Mit ih­rer Zu­stim­mung kann ei­ne er­ziel­te Ei­ni­gung in ei­ner Ab­schluss­ver­ein­ba­rung do­ku­men­tiert wer­den.

Das Me­dia­ti­ons­ver­fah­ren kann letzt­lich nur er­folg­reich lau­fen, wenn die Par­tei­en auf den Me­dia­tor ver­trau­en. Da­mit sie das gu­ten Ge­wis­sens tun können, re­gelt ein Großteil des Me­dia­ti­ons­ge­set­zes des­sen Pflich­ten.

Zunächst ein­mal un­ter­lie­gen der Me­dia­tor und sei­ne Hilfs­per­so­nen ei­ner Ver­schwie­gen­heits­pflicht. Über de­ren Um­fang hat der Me­dia­tor die Par­tei­en zu in­for­mie­ren (§ 4 Me­dia­ti­onsG). Sie ist ge­genüber an­de­ren Ver­schwie­gen­heits­pflich­ten vor­ran­gig. Eben­falls oh­ne Auf­for­de­rung muss er al­le Umstände of­fen­le­gen, die sei­ne Un­abhängig­keit und Neu­tra­lität be­ein­träch­ti­gen können. Außer­dem muss er auf Ver­lan­gen der Par­tei­en über sei­nen fach­li­chen Hin­ter­grund, sei­ne Aus­bil­dung und sei­ne Er­fah­run­gen auf dem Ge­biet der Me­dia­ti­on in­for­mie­ren (§ 3 Me­dia­ti­onsG).

Die Aus­bil­dung zum Me­dia­tor bleibt al­ler­dings weit­ge­hend un­ge­re­gelt (vgl. § 5 Me­dia­ti­onsG). Im­mer­hin wird die Be­zeich­nung „zer­ti­fi­zier­ter Me­dia­tor“ ein­geführt. So darf sich nen­nen, wer ei­ne Aus­bil­dung ab­ge­schlos­sen hat, die den An­for­de­run­gen ei­ner - bis­her noch nicht er­las­se­nen - be­rufs­re­geln­den Rechts­ver­ord­nung ent­spricht (§ 5 Abs.2, 3 und § 6 Me­dia­ti­onsG). Der „zer­ti­fi­zier­te Me­dia­tor“ wird da­her künf­tig ei­ne erhöhte Glaubwürdig­keit in An­spruch neh­men können.

Ände­run­gen im Ar­beits­recht

Das Ge­setz zur Förde­rung der Me­dia­ti­on bringt ne­ben dem Me­dia­ti­onsG auch ei­ni­ge Ände­run­gen der Zi­vil­pro­zess­ord­nung (ZPO) und des Ar­beits­ge­richts­ge­set­zes (ArbGG) mit sich, die sich auf Pro­zes­se von den Ar­beits­ge­rich­ten aus­wir­ken.

So sol­len Kla­ge­schrif­ten künf­tig die An­ga­be ent­hal­ten, ob ei­ne außer­ge­richt­li­che Kon­flikt­be­le­gung ver­sucht wur­de und ei­ne Äußerung da­zu, ob ei­nem sol­chen Ver­fah­ren Gründe ent­ge­gen­ste­hen (§ 253 Abs.3 Nr.1 ZPO). Al­ler­dings ist ei­ne Kla­ge auch oh­ne die­sen Hin­weis form­wirk­sam er­ho­ben. Anwälte wer­den hier über ei­nen zusätz­li­chen Text­bau­stein nach­den­ken müssen.

Die Ge­rich­te der Tat­sa­chen­in­stan­zen (Ar­beits­ge­richt und Lan­des­ar­beits­ge­richt) können den Par­tei­en ei­ne Me­dia­ti­on oder ein an­de­res Ver­fah­ren der Kon­flikt­bei­le­gung vor­schla­gen. Ent­schei­den sich die Par­tei­en dafür, ord­net das Ge­richt das Ru­hen des Ver­fah­rens an (§ 278a ZPO, § 54a ArbGG).

Aus­drück­lich ge­setz­lich ge­re­gelt ist nun auch die Be­fug­nis des Ge­rich­tes, die Par­tei­en für die Güte­ver­hand­lung auf ei­nen nicht ent­schei­dungs­be­fug­ten Rich­ter, den so­ge­nann­ten Güte­rich­ter, zu ver­wei­sen.

Ob das Ge­richt dafür die Zu­stim­mung der Par­tei­en benötigt, ist dem Ge­setz nicht ganz ein­deu­tig zu ent­neh­men. Je­den­falls hat der Güte­rich­ter mehr Frei­hei­ten in der Ver­hand­lungsführung und kann auch die Me­dia­ti­on als Sch­lich­tungs­me­tho­de ein­set­zen (§ 278 Abs.5 ZPO, § 54 Abs.6 ArbGG). Er soll nach und nach, spätes­tens ab Au­gust 2013, die Funk­ti­on der bis­he­ri­gen rich­ter­li­chen Me­dia­to­ren über­neh­men (§ 9 Me­dia­ti­onsG).

Fa­zit und Aus­blick

Die Me­dia­ti­on ist kein Er­satz für Pro­zes­se, son­dern eben­so wie die­se ei­nes von vie­len Ver­fah­ren der Kon­fliktlösung. Es war an der Zeit, auch hier ei­nen ein­heit­li­chen ge­setz­li­chen Rah­men zu schaf­fen. Eben­so war es die rich­ti­ge Ent­schei­dung, die­sen Rah­men sehr of­fen zu hal­ten. Das lässt Spiel­raum für die Wei­ter­ent­wick­lung und gibt den Par­tei­en nicht das Gefühl, et­was auf­ge­zwun­gen zu be­kom­men. Das wird zur Ak­zep­tanz bei­tra­gen.

Ob die Me­dia­ti­on im Ar­beits­recht an Be­deu­tung ge­win­nen wird, ist al­ler­dings frag­lich. Die meis­ten Pro­zes­se en­den hier oh­ne­hin durch gütli­che Ei­ni­gung, d.h. ei­nen Ver­gleichs­ver­trag oh­ne ge­richt­li­che Ent­schei­dung.

Ein Hin­der­nis dürf­te auch sein, dass für das Me­dia­ti­ons­ver­fah­ren ei­ne fi­nan­zi­el­le Förde­rung bis­her nicht vor­ge­se­hen ist. Mit­tel­lo­se Par­tei­en wer­den des­halb wohl lie­ber auf ein ge­richt­li­ches Ver­fah­ren samt Pro­zess­kos­ten­hil­fe, d.h. ein zins­lo­se So­zi­al­leis­tung des Staa­tes zwecks Fi­nan­zie­rung der Pro­zessführung, zurück­grei­fen. Für den Mo­ment genügt es da­her, wenn Ar­beit­ge­ber, Ar­beit­neh­mer und de­ren Rechts­anwälte sich des Me­dia­ti­ons­ver­fah­rens als Ge­stal­tungsmöglich­keit für die künf­ti­ge Ent­wick­lung des Ar­beits­verhält­nis­ses be­wusst sind und in taug­li­chen Ein­zellfällen dar­auf zurück­grei­fen.

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Letzte Überarbeitung: 30. September 2016

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