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ARBEITSRECHT AKTUELL // 13/254

Ma­na­ger­ge­häl­ter im Wahl­kampf

Re­gie­rungs­ko­ali­ti­on will stär­ke­re Rech­te der Haupt­ver­samm­lun­gen bei der Fest­le­gung von Vor­stands­ge­häl­tern: Ge­setz zur Ver­bes­se­rung der Kon­trol­le der Vor­stands­ver­gü­tung und zur Än­de­rung wei­te­rer ak­ti­en­recht­li­cher Vor­schrif­ten (Vorst­KoG)
Hunderteuroscheine Die Be­zah­lung von Top-Ma­na­gern sorgt wie­der für Streit

31.08.2013. Seit der Fi­nanz­kri­se 2008 sind "über­zo­ge­ne" Ma­na­ger­ge­häl­ter in der Dis­kus­si­on.

Doch ob­wohl dar­über seit Jah­ren de­bat­tiert wird, gibt es nach wie vor kei­ne kla­ren Rechts­vor­schrif­ten, die re­geln wür­den, wel­che Ge­häl­ter an­ge­mes­sen sind und wel­che nicht.

Ging es in der Fi­nanz­kri­se noch um die Ge­häl­ter der Ma­na­ger der­je­ni­ger Ban­ken, die staat­li­che Hil­fen in An­spruch neh­men muss­ten, rich­tet sich der Un­mut be­reits seit län­ge­rem auch ge­gen die Ma­na­ger­ge­häl­ter, die Pri­vat­un­ter­neh­men oh­ne staat­li­che Un­ter­stüt­zung be­zah­len.

Die vor­läu­fig letz­te ge­setz­li­che Än­de­rung hat der Bun­des­tag am 27.06.2013 be­schlos­sen. Da­nach sol­len die Rech­te der Haupt­ver­samm­lung bei der Fest­set­zung von Vor­stands­be­zü­gen ge­stärkt wer­den: Ge­setz zur Ver­bes­se­rung der Kon­trol­le der Vor­stands­ver­gü­tung und zur Än­de­rung wei­te­rer ak­ti­en­recht­li­cher Vor­schrif­ten (Vorst­KoG).

Ver­such­te De­cke­lung von Ma­na­ger­gehältern an­ge­schla­ge­ner Ban­ken während der Ban­ken­kri­se 2008

Als sich die große Ko­ali­ti­on 2008 da­zu ent­schloss, "sys­tem­re­le­van­te" Ban­ken vor der In­sol­venz zu be­wah­ren und da­her ei­nen Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rungs­fonds er­rich­te­te, war schnell klar, dass Ban­ken schlecht vom Staat Mil­li­ar­den­hil­fen in An­spruch neh­men, ih­ren Ma­na­gern aber wei­ter­hin ho­he Gehälter zah­len können.

Da­her ermäch­tigt das Ge­setz zur Er­rich­tung ei­nes Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rungs­fonds – Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rungs­fonds­ge­setz (FMStFG), vom 17.10.2008 die Bun­des­re­gie­rung da­zu, Maßnah­men zur Be­gren­zung von Ma­na­ger­gehältern zu er­grei­fen. Be­trof­fen wa­ren nur Un­ter­neh­men, die staat­li­che Hil­fen for­der­ten.

Auf die­ser Grund­la­ge er­ließ die Bun­des­re­gie­rung am 20.10.2008 die Ver­ord­nung zur Durchführung des Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rungs­fonds­ge­set­zes (Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rungs­fonds-Ver­ord­nung – FMStFV), die ein Jah­res­ge­halt von höchs­tens 500.000,00 EUR vor­sieht, al­ler­dings kei­ne kon­kre­ten Ein­griffs­grund­la­gen für Ge­haltskürzun­gen enthält (wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell: 08/106 Her­ab­set­zung von Ma­na­ger­gehältern gemäß dem Ge­setz zur Er­rich­tung ei­nes Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rungs­fonds (FMStFG)).

Be­gren­zung von Vor­stands­gehältern durch das Ge­setz zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­vergütung

Im Jah­re 2009 un­ter­nahm die große Ko­ali­ti­on so­dann ei­nen Ver­such, die Bezüge der Vor­stands­mit­glie­der großer Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten all­ge­mein zu be­gren­zen (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 09/050 Ge­setz zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­vergütung (Vors­tAG)). Her­aus ka­men eher kos­me­ti­sche Ände­run­gen des Ak­ti­en­ge­set­zes (AktG) durch das "Ge­setz zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­vergütung, vom 31.07.2009".

Mit die­ser zum 05.08.2009 in Kraft ge­tre­te­nen Ge­set­zesände­rung wur­den die Auf­sichtsräte, die für die Verträge mit den Vor­stands­mit­glie­dern zuständig sind, da­zu ver­pflich­tet, bei der Fest­le­gung der Vor­stands­vergütung nicht nur die Auf­ga­ben und Leis­tun­gen des Vor­stands­mit­glieds so­wie die La­ge der Ge­sell­schaft zu berück­sich­ti­gen, son­dern auch da­zu, dar­auf zu ach­ten, dass die Vor­stands­gehälter "die übli­che Vergütung nicht oh­ne be­son­de­re Gründe über­stei­gen." (§ 87 Abs.1 AktG)

Außer­dem ist die Vergütungs­struk­tur bei börsen­no­tier­ten Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten seit­dem auf ei­ne "nach­hal­ti­ge Un­ter­neh­mens­ent­wick­lung aus­zu­rich­ten." Wer­den er­folgs­abhängi­ge va­ria­ble Vergütungs­be­stand­tei­le ver­ein­bart, sol­len die­se ei­ne mehrjähri­ge Be­mes­sungs­grund­la­ge ha­ben, um ei­nem kurz­fris­ti­gen Schie­len auf ak­tu­el­le Börsen­kur­se ent­ge­gen­zu­wir­ken.

Zu­dem sind Auf­sichtsräte seit Au­gust 2009 gemäß § 116 Satz 3 AktG zum Er­satz ver­pflich­tet, wenn sie ei­ne "un­an­ge­mes­se­ne Vergütung" fest­set­zen.

Kein Wun­der, dass die Ma­na­ger­vergütung ein wich­ti­ges The­ma des Bun­des­tags­wahl­kamp­fes im Herbst 2009 war (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 09/164 Ma­na­ger­gehälter und Bun­des­tags­wahl 2009).

Ge­setz­li­che Re­ge­lung der Vergütungs­sys­te­me in der Ver­si­che­rungs­wirt­schaft 2010

Ein wei­te­rer Schritt war dann das "Ge­setz über die auf­sichts­recht­li­chen An­for­de­run­gen an die Vergütungs­sys­te­me von In­sti­tu­ten und Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men, vom 21.07.2010", das das im Kre­dit­we­sen­ge­setz und im Ver­si­che­rungs­auf­sichts­ge­setz ge­re­gel­te Ri­si­ko­ma­nage­ment von Ban­ken und Ver­si­che­run­gen ergänzt.

Seit­dem sind Ban­ken und Ver­si­che­run­gen ver­pflich­tet, die Vergütungs­sys­te­me von Geschäfts­lei­tern und Mit­ar­bei­tern „an­ge­mes­sen“ und „trans­pa­rent“ zu ge­stal­ten und „auf ei­ne nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung“ der je­wei­li­gen Ein­rich­tung aus­zu­rich­ten (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/146 Neu­es Ge­setz zur Vergütung in Ban­ken und Ver­si­che­run­gen).

Be­gren­zung von Vor­stands­gehältern durch die Re­form des Ak­ti­en­rechts 2012 / 2013

Mitt­ler­wei­le hat der Bun­des­tags­wahl­kampf 2013 die En­de 2011 be­gon­ne­ne No­vel­lie­rung des AktG er­fasst.

Während der ursprüng­li­che Ge­setz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung nur die Be­tei­li­gungs­verhält­nis­se nicht börsen­no­tier­ter Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten trans­pa­ren­ter ma­chen und miss­bräuch­li­che An­fech­tungs­kla­gen von "Be­rufsklägern" wei­ter er­schwe­ren woll­te, wur­de in die Be­schluss­emp­feh­lung und den Be­richt des Rechts­aus­schus­ses vom 26.06.2013 auf die Schnel­le noch ei­ne Ände­rung von § 120 Abs.4 AktG auf­ge­nom­men.

Die der­zei­ti­ge Fas­sung die­ser Vor­schrift lau­tet:

"Die Haupt­ver­samm­lung der börsen­no­tier­ten Ge­sell­schaft kann über die Bil­li­gung des Sys­tems zur Vergütung der Vor­stands­mit­glie­der be­sch­ließen. Der Be­schluss be­gründet we­der Rech­te noch Pflich­ten; ins­be­son­de­re lässt er die Ver­pflich­tun­gen des Auf­sichts­rats nach § 87 un­berührt. Der Be­schluss ist nicht nach § 243 an­fecht­bar."

Künf­tig soll die­se Vor­schrift fol­gen­den In­halt ha­ben (Ände­run­gen fett):

"Die Haupt­ver­samm­lung der börsen­no­tier­ten Ge­sell­schaft be­sch­ließt jähr­lich über die Bil­li­gung des vom Auf­sichts­rat vor­ge­leg­ten Sys­tems zur Vergütung der Vor­stands­mit­glie­der. Die Dar­stel­lung des Sys­tems hat auch An­ga­ben zu den höchs­tens er­reich­ba­ren Ge­samt­bezügen, auf­ge­schlüsselt nach dem Vor­sit­zen­den des Vor­stands, des­sen Stell­ver­tre­ter und ei­nem ein­fa­chen Mit­glied des Vor­stands, zu ent­hal­ten. Der Be­schluss berührt nicht die Wirk­sam­keit der Vergütungs­verträge mit dem Vor­stand; er ist nicht nach § 243 an­fecht­bar."

Be­gründet wird die­se Ände­rung mit dem Ziel, die Ei­gentümer­rech­te bei der Aus­ge­stal­tung der Vor­stands­vergütung zu stärken. Das sei "sys­tem­kon­form", da die Haupt­ver­samm­lung be­reits jetzt über die Bil­li­gung des Sys­tems zur Vergütung der Vor­stands­mit­glie­der be­sch­ließen kann.

Künf­tig muss sie ei­nen sol­chen Be­schluss fas­sen, was die Re­chen­schafts­pflicht der Auf­sichtsräte ge­genüber den Ei­gentümern verschärft, so die Ge­set­zes­be­gründung des Rechts­aus­schus­ses. Außer­dem ver­spricht man sich ei­ne größere Trans­pa­renz der Vor­stands­vergütung, weil die ma­xi­mal er­reich­ba­ren Ge­samt­bezüge auf­ge­schlüsselt wer­den müssen.

Al­ler­dings soll der Be­schluss der Haupt­ver­samm­lung ("say on pay") den Auf­sichts­rat nur im In­nen­verhält­nis bin­den, d.h. im Verhält­nis von Ge­sell­schaft und Auf­sichts­rat, nicht aber im Außen­verhält­nis zwi­schen Ge­sell­schaft und Vor­stand. Die hier im Außen­verhält­nis zwi­schen Ge­sell­schaft und Vor­stand aus­ge­han­del­ten Verträge sind da­her auch dann wirk­sam und ver­schaf­fen den Vor­stands­mit­glie­dern ver­trag­li­che Rech­te, wenn sich der Auf­sichts­rat über den Be­schluss der Haupt­ver­samm­lung hin­weg­setzt.

Ma­na­ger­gehälter im Bun­des­tags­wahl­kampf 2013

Bei der letz­ten Übe­r­ar­bei­tung des Ge­set­zes­tex­tes änder­te der Rechts­aus­schuss flugs auch den bis­he­ri­gen Ar­beits­ti­tel des Ge­set­zes ("Ge­setz zur Ände­rung des Ak­ti­en­ge­set­zes (Ak­ti­en­rechts­no­vel­le 2012)") wer­be­wirk­sam in "Ge­setz zur Ver­bes­se­rung der Kon­trol­le der Vor­stands­vergütung und zur Ände­rung wei­te­rer ak­ti­en­recht­li­cher Vor­schrif­ten (Vorst­KoG)" ab.

Außer­dem bügel­te der Aus­schuss er­war­tungs­gemäß mit der Mehr­heit der Ver­tre­ter der Re­gie­rungs­ko­ali­ti­on die Vor­schläge der SPD und der Grünen ab.

Die SPD hat­te ge­for­dert, die steu­er­li­che Ab­setz­bar­keit von Vor­stands­gehältern als Be­triebs­aus­ga­ben der Ak­ti­en­ge­sell­schaft auf 500.000,00 EUR pro Jahr zu be­gren­zen und darüber hin­aus­ge­hen­de Gehälter nur zu 50 Pro­zent ab­zugsfähig zu ma­chen.

Außer­dem ver­lang­te die SPD, den Auf­sichts­rat durch ei­ne Ände­rung von § 87 AktG künf­tig da­zu zu ver­pflich­ten, ei­ne strikt ein­zu­hal­ten­de Höchst­gren­ze für das Verhält­nis der Gehälter ein­zel­ner Vor­stands­mit­glie­der und dem durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mer­ein­kom­men des Un­ter­neh­mens fest­zu­le­gen und bei der Vergütungs­ver­ein­ba­run­gen mit Vorständen ein­zu­hal­ten.

Ähn­li­che lau­te­ten die Re­form­vor­schläge der Grünen, die sich eben­falls mit der von der Re­gie­rungs­ko­ali­ti­on befürwor­te­ten Ände­rung von § 120 Abs.4 AktG nicht an­freun­den konn­ten. An­ders als die SPD wol­len die Grünen die Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten nicht da­zu ver­pflich­ten, ein be­stimm­tes Verhält­nis von Vor­stands­gehältern und Ar­beit­neh­mer­ein­kom­men fest­zu­le­gen. Al­ler­dings soll­te das tatsächli­che Verhält­nis die­ser Bezüge er­mit­telt und ge­genüber der Haupt­ver­samm­lung of­fen­ge­legt wer­den.

Mitt­ler­wei­le ist das Vorst­KoG in der von der Re­gie­rungs­mehr­heit befürwor­te­ten Fas­sung vom Bun­des­tag am 27.06.2013 an­ge­nom­men wor­den. Da sich der Bun­des­rat al­ler­dings noch da­mit be­fas­sen muss, ist nicht da­mit zu rech­nen, dass es noch vor der Wahl Ge­setz wird. Zwar kann der Bun­des­rat durch ei­nen Ein­spruch das Ge­setz letzt­lich nicht ver­hin­dern, aber sei­ne Ver­ab­schie­dung so lan­ge verzögern, dass es vor der Bun­des­tags­wahl nicht mehr in Kraft tre­ten kann.

So hat der Jus­tiz­mi­nis­ter Nord­rhein-West­fa­lens Tho­mas Kut­scha­ty (SPD) vor zwei Wo­chen an­gekündigt, die SPD wer­de das Vorst­KoG am 20.09.2013 im Bun­des­rat stop­pen.

Be­wer­tung der Vor­schläge - oder was Spit­zen­ma­na­ger und Spit­zen­fußbal­lern un­ter­schei­det

In der ak­tu­el­len De­bat­te bemüht sich je­der zu be­to­nen, dass "ex­or­bi­tan­te" Ma­na­ger­gehälter ein erns­tes The­ma sei­en. So heißt es in dem Ent­schließungs­an­trag der Frak­tio­nen der CDU und der FDP vom 26.06.2013:

"Der Deut­sche Bun­des­tag nimmt die Sor­ge, dass bei der Ma­na­ger­vergütung das Maß ver­lo­ren ge­he und der in­ne­re Zu­sam­men­halt der Ge­sell­schaft gefähr­det sei, sehr ernst."

An­ge­sichts die­ser weit ver­brei­te­ten tie­fen Sor­gen­fal­ten möch­te man ket­ze­risch ein­wer­fen, dass die La­ge hoff­nungs­los, aber nicht ernst sei. Denn woll­te man Ge­halts­ober­gren­zen ernst­haft dis­ku­tie­ren, müss­te man sich auch an­de­re Ein­kom­mens­mil­li­onäre an­schau­en, z.B. Fern­seh­stars oder Pro­fi­fußbal­ler.

So soll Stürmer­star Ro­bert Le­wan­dow­ski im Au­gust 2013 laut Spie­gel.On­line ei­ne be­schei­de­ne Ge­halts­erhöhung von et­wa fünf Mil­lio­nen Eu­ro für die letz­ten zehn Ver­trags­mo­na­te bei sei­nem Ar­beit­ge­ber Bo­rus­sia Dort­mund her­aus­ge­han­delt ha­ben.

Franck Ribéry (Bay­ern München) soll laut ei­ner von Bild.de Mit­te Ja­nu­ar 2013 er­stell­ten Über­sicht der Top-Ver­die­ner im Pro­fi­fußball zehn Mil­lio­nen Eu­ro pro Jahr ver­die­nen, der für den VfL Wolfs­burg ki­cken­de Bra­si­lia­ner Die­go Ri­bas da Cun­ha 8,2 Mil­lio­nen Eu­ro und der Schal­ker Klaas-Jan Hun­te­laar im­mer­hin 6,5 Mil­lio­nen.

Außer­dem müssen sich Spit­zen­fußbal­ler mit ei­nem so kar­gen Grund­ge­halt in der Re­gel nicht be­gnügen. Denn es kom­men Sieg­prämi­en und Ein­nah­men aus Wer­be­verträgen hin­zu. Da­mit dürf­ten vie­le Spit­zen­fußbal­ler deut­lich mehr kas­sie­ren als vie­le Top-Ma­na­ger.

Aber wäre ein sol­cher Ver­gleich von Ma­na­gern und Pro­fi­fußbal­lern fair? Nein, er wäre un­fair, und das liegt an fol­gen­den Fak­to­ren:

Ers­tens der Sams­tags­fak­tor: Die Fußball­mil­li­onäre sor­gen je­den Sams­tag für ein un­ter­halt­sa­mes Bun­des­li­ga-Spek­ta­kel. Sie lie­fern uns "Emo­tio­nen pur", und das soll­te gefälligst anständig be­zahlt wer­den. Die­sen Spaß können uns die meist älte­ren Her­ren in Na­del­strei­fen natürlich nicht bie­ten.

Zwei­tens der Harm­lo­sig­keits­fak­tor: Die Un­ter­neh­mens­bos­se kas­sie­ren nicht nur Mil­lio­nen, son­dern sie schwin­gen dafür auch noch die Knu­te des Ka­pi­tals. Letzt­lich wer­den sie fürs Aus­beu­ten an­de­rer Men­schen be­zahlt. Die Fußball­mil­li­onäre sind da­ge­gen im Grun­de ih­res Her­zens ein­fa­che Jungs, die gu­ten Fußball spie­len wol­len. Sie sind harm­los.

Drit­tens der Ju­gend­li­cher-Held-Fak­tor: Die ex­or­bi­tant be­zahl­ten Ma­na­ger ver­die­nen ihr Geld mit Zah­len und Bi­lan­zen, d.h. mit hin­terhälti­gen The­men. Sie sind grau, alt und ver­schla­gen. Da­ge­gen sind die Fußball­mil­li­onäre ju­gend­li­che Hel­den. Sie stürmen, kämp­fen, sie­gen - oder müssen ei­ne Nie­der­la­ge hin­neh­men. Al­lein die Dra­ma­tik ih­rer hel­den­haf­ten Exis­tenz recht­fer­tigt je­den Eu­ro, den sie kas­sie­ren.

Vier­tens der Ma­se­ra­ti-Fak­tor: Was ma­chen ei­gent­lich die über­be­zahl­ten Ma­na­ger mit ih­ren Mil­lio­nen? Wir wis­sen es nicht, aber wir wol­len es auch gar nicht wis­sen. Si­cher wer­den sie ihr Geld für so lang­wei­li­ge Din­ge wie Bau­spar­verträge, Ak­ti­en oder Le­bens­ver­si­che­run­gen aus­ge­ben. Der Reich­tum der Fußball­mil­li­onäre da­ge­gen glänzt, und sie las­sen uns als Zaungäste an ih­rem Reich­tum teil­ha­ben. Man sieht sie in teu­ren Sport­wa­gen und an der Sei­te kon­sum­lus­ti­ger Mo­dels. Das macht sie sym­pa­thisch.

Fünf­tens der Blut-Schweiß-und-Tränen-Fak­tor: Die Ma­na­ger sind fei­ge Ses­sel­fur­zer, die Fußbal­ler ris­kie­ren da­ge­gen je­den Sams­tag ih­re Kno­chen. Wie wich­tig der Blut-Schweiß-und-Tränen-Fak­tor ist, zeigt sich im­mer dann, wenn "die Ein­stel­lung" nicht stimmt. Dann wird schnell Kri­tik an "fau­len" Fußball­mil­li­onären laut. Da­her soll­te man sich als Fußbal­ler ei­ne Fri­sur wie Ma­rio Go­mez bes­ser nicht leis­ten.

Sechs­tens der Geld-schießt-To­re-Fak­tor: Geld schießt eben doch To­re, und da­her muss die Bun­des­li­ga mit den im Aus­land ge­zahl­ten Mil­lio­n­en­ga­gen mit­hal­ten. Sonst wan­dern die gu­ten Spie­ler nach Eng­land oder Spa­ni­en ab, und das will kein deut­scher Fußball­fan. Aber Spit­zen­ma­na­ger, die für 500.000,00 EUR oder für ei­ne Mil­li­on pro Jahr ar­bei­ten, die wird es doch wohl ge­ben, oder et­wa nicht? Und wenn dafür kein Top-Ma­na­ger aus dem Aus­land kom­men will, dann um so bes­ser, dann macht den Job eben ein be­schei­de­ner Deut­scher.

Fa­zit: Min­destlöhne statt Ge­halts­ober­gren­zen

Fa­zit: Es ist ein Ar­muts­zeug­nis für die CDU und die SPD, dass sie nicht schon zur Zeit iher großen Ko­ali­ti­on auf ei­nen für al­le Bran­chen ein­heit­lich gel­ten­den Min­dest­lohn ha­ben ei­ni­gen können. Denn das ist wirk­lich ein wich­ti­ges Ziel, wenn es um Ein­kom­mens­ge­rech­tig­keit geht.

Natürlich kann man darüber hin­aus auch ei­ne Be­gren­zung von Ma­na­ger­gehältern for­dern, aber dann müss­te man be­gründen, war­um ver­gleich­ba­re Ge­halts­ober­gren­zen nicht auch für an­de­re Be­rufs­grup­pen gel­ten soll­ten wie z.B. für Spit­zen­fußbal­ler, die mögli­cher­wei­se auch "über­be­zahlt" sind (was im­mer das heißt).

Denn die oben her­aus­ge­stell­ten Un­ter­schie­de die­ser bei­den Be­rufs­grup­pen recht­fer­ti­gen ver­fas­sungs­recht­lich ge­se­hen si­cher kei­ne Un­gleich­be­hand­lung. Es wäre da­her ein Ver­s­toß ge­gen den Gleich­heits­satz (Art.3 Abs.1 Grund­ge­setz - GG), pri­va­ten Ar­beit­ge­bern Ge­halts­ober­gren­zen spe­zi­ell für ei­ne be­stimm­te Be­rufs­grup­pe vor­zu­ge­ben, an­de­re Be­rufs­grup­pen da­ge­gen oh­ne trif­ti­ge Sach­gründe da­von aus­zu­neh­men.

Ab­ge­se­hen da­von sind Ge­halts­ober­gren­zen mas­si­ve Ein­schränkun­gen der Be­rufs­frei­heit (Art.12 GG), die durch ent­spre­chend wich­ti­ge Ein­griffs­zie­le ge­recht­fer­tigt wer­den müss­ten. Ein dif­fu­ses Un­be­ha­gen an an­geb­lich "ex­or­bi­tan­ten" Gehältern ist aber kein sach­lich nach­voll­zieh­ba­res Ein­griffs­ziel. Denn die Ge­halts­kos­ten fal­len Pri­vat­un­ter­neh­men zur Last und nicht dem Staat, der viel­mehr durch die Ein­kom­men­steu­er an Spit­zen­gehältern kräftig mit­ver­dient.

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Letzte Überarbeitung: 16. November 2020

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