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ARBEITSRECHT AKTUELL // 08/010

Be­gren­zung von Ma­na­ger­ge­häl­tern

Könn­ten Ge­rich­te oder der Ge­setz­ge­ber Ma­na­ger­ge­häl­ter be­gren­zen?: Ver­brei­te­te For­de­run­gen nach ei­ner De­cke­lung von Spit­zen­ge­häl­tern in der frei­en Wirt­schaft las­sen sich recht­lich kaum um­set­zen
Hunderteuroscheine Mil­lio­nen­ge­häl­ter - bei Film­stars okay, bei Ma­na­gern pfui?

17.01.2008. Die öf­fent­li­che De­bat­te über ei­ne Be­gren­zung von an­geb­lich über­höh­ten Ma­na­ger­ge­häl­tern wur­de - viel­leicht nicht ganz zu­fäl­lig - be­son­ders in­ten­siv in der Vor­weih­nachts­zeit ge­führt, wäh­rend sie nach dem Jah­res­wech­sel kaum noch je­man­den zu in­ter­es­sie­ren scheint.

Glaubt man Um­fra­gen, emp­fin­det die Be­völ­ke­rungs­mehr­heit Ma­na­ger­be­zü­ge als zu hoch bzw. als so­zi­al un­ge­recht und möch­te sie da­her be­grenzt wis­sen.

Ver­wun­der­lich wä­re ei­ne sol­che Ein­stel­lung an­ge­sichts seit Jah­ren sin­ken­der Re­al­löh­ne nicht, ver­gleicht man in­fla­ti­ons­ge­fähr­de­te Nor­mal­ein­kom­men mit Jah­res­ge­häl­tern im zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­reich.

Bei al­ler ver­ständ­li­chen Po­le­mik ge­gen die „Su­per­ver­die­ner“ wä­re der Ruf nach ei­ner staat­li­chen Be­gren­zung von Ma­na­ger­be­zü­gen al­ler­dings nur schwer zu recht­fer­ti­gen. Denn ei­ne sol­che Be­gren­zung wä­re ein Ein­griff in die grund­recht­lich bzw. ge­mäß Art.12 Grund­ge­setz (GG) ge­schütz­te Be­rufs­frei­heit des Ma­na­gers und der Ge­sell­schaft, für die er tä­tig ist.

Ein Ein­griff in Frei­heits­grund­rech­te ist aber nur zu­läs­sig, wenn er zur Er­rei­chung ei­nes staat­li­chen Ziels­er­for­der­lich ist, ins­be­son­de­re zum Schut­ze an­de­rer Bür­ger.

Hier fragt sich so­fort, wen der Staat bei ei­ner Be­gren­zung von Be­zü­gen ei­gent­lich „schüt­zen“ soll­te: Ma­na­ger­ge­häl­ter ha­ben wohl kaum Ein­fluss dar­auf, was die üb­ri­gen An­ge­stell­ten des Un­ter­neh­mens ver­die­nen. Ge­schmä­lert wird zwar der Un­ter­neh­mens­ge­winn, doch be­dür­fen Un­ter­neh­mer nicht des staat­li­chen Schut­zes bei der Ent­schei­dung dar­über, wem sie wie­viel be­zah­len.

Bei Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten ha­ben zwar die Klein­ak­tio­nä­re kei­nen Ein­fluss auf die Do­tie­rung von Vor­stands­pos­ten, doch muss dann eben der Auf­sichts­rat über­höh­te Be­zü­ge ver­hin­dern (§ 87 Ak­ti­en­ge­setz - AktG). Auf­grund der Re­prä­sen­ta­ti­on der Ar­beit­neh­mer­sei­te im Auf­sichts­rat soll­te die­ser in der La­ge sein, über Ma­na­ger­be­zü­ge in ei­ner so­zi­al aus­ge­wo­ge­nen Wei­se zu ent­schei­den. Die Ein­füh­rung ei­ner ge­setz­li­chen Lohn­o­ber­gren­ze dürf­te da­her po­li­tisch und ver­fas­sungs­recht­lich kaum zu recht­fer­ti­gen sein.

Die­se Le­gi­ti­ma­ti­ons­pro­ble­me las­sen sich auch nicht lö­sen, in­dem man Re­gu­lie­rungs­ge­lüs­te mit den Mit­teln des Steu­er­rechts be­frie­digt. Vor­ge­schla­gen wur­de hier ei­ne Be­gren­zung der steu­er­li­chen Ab­setz­bar­keit von ho­hen Ab­fin­dungs­zah­lun­gen. Ei­ne sol­che Maß­nah­me wür­de - schein­bar - ei­ner in­di­rek­ten Mit­fi­nan­zie­rung ho­her Ab­fin­dun­gen durch den Staat Ein­halt ge­bie­ten.

Al­ler­dings kann man den Staat im Zu­sam­men­hang mit der steu­er­min­dern­den Ver­bu­chung von Ab­fin­dun­gen als Be­triebs­aus­ga­ben kaum als son­der­lich ge­ne­rös be­zeich­nen: Zahlt das Un­ter­neh­men ei­nem Ma­na­ger näm­lich zehn Mio. EUR Ab­fin­dung und ver­min­dert so sein Be­triebs­er­geb­nis um die­sen Be­trag mit dem Ef­fekt ei­ner Steu­er­er­spar­nis von viel­leicht et­wa fünf Mio. EUR, so wird die­se Steu­er­last im Er­geb­nis vom Ma­na­ger in­fol­ge des Zu­flus­ses der Ab­fin­dung ge­tra­gen. Letzt­lich wür­de der Staat da­her bei ei­ner Be­gren­zung der steu­er­li­chen Ab­setz­bar­keit von Ab­fin­dungs­zah­lun­gen dop­pelt kas­sie­ren.

Doch auch ab­ge­se­hen da­von: Wo soll­te man die Gren­ze zie­hen, bis zu der Ab­fin­dungs­zah­lun­gen als Be­triebs­aus­ga­ben gel­tend ge­macht wer­den kön­nen und wie könn­te man ei­ne sol­che Gren­ze be­grün­den?

Bleibt die Fra­ge, ob Jah­res­ge­häl­ter im Um­fang ei­nes Lot­to-Jack­pots mög­li­cher­wei­se be­reits nach gel­ten­dem Recht un­zu­läs­sig sind.

So ist nach § 138 Abs.2 Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) ein wu­che­ri­sches Rechts­ge­schäft nich­tig. Wu­cher liegt nach dem Ge­setz vor, wenn sich je­mand un­ter Aus­beu­tung der Zwangs­la­ge, der Un­er­fah­ren­heit, des Man­gels an Ur­teils­ver­mö­gen oder der er­heb­li­chen Wil­lens­schwä­che ei­nes an­de­ren für ei­ne Leis­tung Ver­mö­gens­vor­tei­le ver­spre­chen oder ge­wäh­ren lässt, die in ei­nem „auf­fäl­li­gen Miss­ver­hält­nis“ zur Ge­gen­leis­tung ste­hen.

Nun mag zwar ein Jah­res­ge­halt z.B. von 20 Mio. EUR, das bei ei­ner Fünf­ta­ge­wo­che ei­nem ar­beits­täg­li­chen Ver­dienst von et­wa 77.000,00 EUR ent­spricht, in ei­nem gro­ben Miss­ver­hält­nis zum Wert der Ar­beits­leis­tung des Ma­na­gers ste­hen, doch ge­nügt das für den ge­setz­li­chen Wu­cher­tat­be­stand nicht. Und die ge­setz­lich wei­ter er­for­der­li­che Un­er­fah­ren­heit oder gar ei­nen Man­gel an Ur­teils­ver­mö­gen wird man den Ver­tre­tern von Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, die der­ar­ti­ge Ma­na­ger­be­zü­ge zah­len kön­nen, wohl kaum un­ter­stel­len kön­nen.

Schließ­lich kann man auch nicht sa­gen, dass Mil­lio­nen­be­zü­ge ge­mäß § 138 Abs.1 BGB we­gen „Sit­ten­wid­rig­keit“ nich­tig sind.

Nach herr­schen­der Mei­nung ist die­se Vor­schrift näm­lich nicht schon dann er­füllt, wenn bei ei­nem Ver­trag Leis­tung und Ge­gen­leis­tung in ei­nem ex­tre­men Miss­ver­hält­nis zu­ein­an­der ste­hen. Er­for­der­lich sind zu­sätz­li­che „sub­jek­ti­ve“ Um­stän­de wie et­wa ei­ne ver­werf­li­che Ge­sin­nung oder die Ab­sicht der Schä­di­gung an­de­rer.

Blo­ße Geld­gier ge­nügt je­den­falls nicht. Die Ver­ein­ba­rung ei­nes ex­trem ho­hen Ge­halts führt da­her noch nicht zur Sit­ten­wid­rig­keit und da­mit zur Nich­tig­keit des Ver­trags.

Die De­bat­te der ver­gan­ge­nen Wo­chen wird da­her vor­aus­sicht­lich mit un­ver­bind­li­chen Ap­pel­len en­den. Sie kann aber auch An­lass für Auf­sichts­rä­te sein, die Fest­le­gung von Ma­na­ger­ge­häl­tern im Rah­men des § 87 AktG neu zu über­den­ken.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen zu die­sem Vor­gang fin­den sie hier:

Letzte Überarbeitung: 19. März 2020

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