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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/209

Dis­kri­mi­nie­rung am Ar­beits­platz we­gen Ver­pflich­tung zu ei­nem Deutsch­kurs?

BAG: Kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung aus­län­di­scher Ar­beit­neh­mer durch die Auf­for­de­rung, ei­nen Deutsch­kurs zu be­su­chen: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 22.06.2011, 8 AZR 48/10
Ar­beit­neh­mer mit Kun­den­kon­takt soll­ten gut deutsch kön­nen
27.10.2011. Das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) ver­bie­tet Dis­kri­mi­nie­run­gen aus ras­sis­ti­schen Grün­den und we­gen der eth­ni­schen Her­kunft (§§ 1, 7 AGG). Auch mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­run­gen sind ver­bo­ten (§ 3 Abs.2 AGG). Das sind Be­nach­tei­li­gun­gen in­fol­ge der An­wen­dung schein­bar neu­tra­ler Re­geln, die al­ler­dings fak­tisch nur ei­ne be­stimm­te Grup­pe tref­fen: Er­hal­ten z.B. al­le Ar­beit­neh­mer ei­nes Ho­tel­be­triebs ein Weih­nachts­geld mit Aus­nah­me der Teil­zeit­kräf­te, dann liegt ei­ne mit­tel­ba­re Aus­län­der­dis­kri­mi­nie­rung vor, falls in die­sem Be­trieb prak­tisch al­le Teil­zeit­kräf­te Aus­län­der sind.

Ei­ne Be­nach­tei­li­gung ist aber nur dann ei­ne ver­bo­te­ne Dis­kri­mi­nie­rung, wenn sie sach­lich nicht ge­recht­fer­tigt ist. Frag­lich ist, ob die Ver­pflich­tung ei­nes Ar­beit­neh­mers, we­gen man­gel­haf­ter Deutsch­kennt­nis­se ei­nen Deutsch­kurs zu be­su­chen, ei­ne mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung von zu­ge­wan­der­ten Ar­beit­neh­mern dar­stellt. Denn man­gel­haf­te Deutsch­kennt­nis­se sind bei die­ser Ar­beit­neh­mer­grup­pe öf­ter an­zu­tref­fen als bei deut­schen Ar­beit­neh­mern.

In ei­nem ak­tu­el­len Ur­teil hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ent­schie­den, dass die Auf­for­de­rung, ei­nen Deutsch­kurs zu be­su­chen, kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar­stellt (Ur­teil vom 22.06.2011, 8 AZR 48/10).

Wer­den Ausländer durch die Ver­pflich­tung zur Teil­nah­me an ei­nem Deutsch­kurs dis­kri­mi­niert?

Ob Ausländer durch die Ver­pflich­tung zur Teil­nah­me an ei­nem Deutsch­kurs in recht­lich un­zulässi­ger Wei­se dis­kri­mi­niert wer­den oder nicht, hängt da­von ab, ob der Ar­beit­ge­ber ei­ne sol­che An­wei­sung auf sach­li­che Gründe stützen kann. Ein sach­li­cher Grund könn­te dar­in be­ste­hen, dass die Ar­beits­auf­ga­ben nur (gut) zu bewälti­gen sind, wenn die Ar­beit­neh­mer aus­rei­chen­de Deutsch­kennt­nis­se ha­ben.

Denn dann wäre es im Er­geb­nis recht­lich in Ord­nung, wenn ausländi­sche Ar­beit­neh­mer stärker von ei­ner sol­chen Auf­for­de­rung be­trof­fen sind als ih­re deut­schen Kol­le­gen, da die­se stärke­re Be­trof­fen­heit bzw. Schlech­ter­stel­lung „durch ein rechtmäßiges Ziel sach­lich ge­recht­fer­tigt“ und „zur Er­rei­chung die­ses Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich“ ist (§ 3 Abs.2 AGG). Ei­ne sol­che Be­nach­tei­li­gung wäre dann ge­recht­fer­tigt sein und da­mit nicht dis­kri­mi­nie­rend.

BAG: Ar­beit­ge­ber dürfen ver­lan­gen, dass Ar­beit­neh­mer ar­beits­not­wen­di­ge Sprach­kennt­nis­se per Sprach­kurs ler­nen

Ei­ne aus Kroa­ti­en stam­men­de Rei­ni­gungs­kraft wur­de von ih­rem Ar­beit­ge­ber, ei­nem Schwimm­bad­be­trei­ber, auch an der Kas­se ein­ge­setzt. An der Kas­se kam es aber zu Verständi­gungs­pro­ble­men mit Kol­le­gen und Ba­degästen. Der Ar­beit­ge­ber for­der­te sie des­halb auf, an ei­nem Deutsch­kurs teil­zu­neh­men. Nach­dem sie die­se Wei­sung nicht be­folg­te, er­hielt sie ei­ne Ab­mah­nung, die später wie­der zurück­ge­nom­men wur­de.

Als der Ar­beit­ge­ber der Rei­ni­gungs­kraft zu­sam­men mit der Rück­nah­me der Ab­mah­nung na­he­leg­te, ih­re „Re­sis­tenz ge­genüber der Spra­che des Lan­des" auf­zu­ge­ben, in dem sie sich seit mehr als 25 Jah­ren auf­hal­te, ver­lang­te sie 15.000 Eu­ro Gel­dentschädi­gung we­gen an­geb­li­cher eth­nisch be­ding­ter Dis­kri­mi­nie­rung.

Mit ih­rer Entschädi­gungs­kla­ge hat­te sie we­der vor dem Ar­beits­ge­richt Elms­horn noch vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein Er­folg (Ur­teil vom 23.12.2009, 6 Sa 158/09). Das BAG mein­te, dass die Auf­for­de­rung zu ei­nem Sprach­kurs zwar neu­tral ist, ausländi­sche Ar­beit­neh­mer aber ge­genüber deut­schen Mut­ter­sprach­lern be­nach­tei­li­gen kann. Al­ler­dings lag hier letzt­lich kei­ne (mit­tel­ba­re) Dis­kri­mi­nie­rung vor, weil die ge­for­der­ten Deutsch­kennt­nis­se für die Ar­beit an der Kas­se nötig wa­ren.

Fa­zit: Er­for­dern die Ar­beits­auf­ga­ben Deutsch­kennt­nis­se in ei­nem be­stimm­ten Um­fang, kann der Ar­beit­ge­ber vom Ar­beit­neh­mer ver­lan­gen, dass er sich die­se Deutsch­kennt­nis­se an­eig­net, d.h. ei­nen Sprach­kurs be­sucht. Das ist kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der eth­ni­schen Her­kunft. Al­ler­dings müssen sich die vom Ar­beit­ge­ber ver­lang­ten Kennt­nis­se an den kon­kre­ten Ar­beits­auf­ga­ben ori­en­tie­ren. Deutsch­kennt­nis­se auf dem Ni­veau ei­nes Nach­rich­ten­spre­chers kann kaum ein Ar­beit­ge­ber ver­lan­gen.

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Letzte Überarbeitung: 25. März 2015

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