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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 09.10.2012, 3 Sa 247/12

   
Schlagworte: Aufklärungspflicht, Arbeitsvertrag
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 3 Sa 247/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 09.10.2012
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 27.04.2012, 8 Ca 2101/11
   

Ak­ten­zei­chen:
3 Sa 247/12
8 Ca 2101/11
ArbG Mainz
Ent­schei­dung vom 09.10.2012

Te­nor:
Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz vom 27.04.2012 - 8 Ca 2101/11 - wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.
Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:
Die Par­tei­en strei­ten über Scha­dens­er­satz­ansprüche we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen.

Der am 11. April 1974 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te und ge­genüber zwei Kin­dern zum Un­ter­halt ver­pflich­te­te Kläger war bei der Fir­ma P. En­gi­nee­ring Sys­tems AG in D. beschäftigt. Dort be­zog er aus­weis­lich der Ab­rech­nung sei­nes Vor­ar­beit­ge­bers für den Mo­nat Ok­to­ber 2010 (Bl. 113 d. A.) ein Ge­samt-Brut­to­ent­gelt in Höhe von 5.545,00 EUR (Fix-Ge­halt in Höhe von 4.667,00 EUR brut­to zzgl. ei­nes va­ria­blen Ge­halts­be­stand­teils in Höhe von 583,00 EUR brut­to und ei­nes Be­trags in Höhe von 295,00 EUR brut­to für die Nut­zung des Dienst­wa­gens).

Die Be­klag­te be­auf­trag­te im Au­gust 2010 Herrn H. mit der Ver­mitt­lung ei­nes Mit­ar­bei­ters für ih­ren Ver­trieb, wor­auf­hin zwi­schen den Par­tei­en Ver­trags­ver­hand­lun­gen geführt wur­den. Im Be­trieb der Be­klag­ten wa­ren da­mals ins­ge­samt 16 Ar­beit­neh­mer beschäftigt, da­von acht Ar­beit­neh­mer in der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik, für die in der Zeit von März 2010 bis Ju­ni 2011 Kurz­ar­beit an­ge­ord­net war. Die Ab­tei­lung Ver­trieb hat die Auf­ga­be, die Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik mit Dienst­leis­tungs­aufträgen zu ver­sor­gen, Pro­jek­te mit Han­dels­wa­re und Dienst­leis­tun­gen zu ge­ne­rie­ren und mar­ke­ting­tech­ni­sche Ak­ti­vitäten zur Be­kannt­ma­chung des Un­ter­neh­mens zu ver­an­las­sen. Die­se Ak­ti­vitäten ha­ben das ge­mein­sa­me Ziel, ei­ne möglichst ho­he Aus­las­tung der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik zu er­rei­chen. Nach ent­spre­chen­dem Hard­ware­ver­kauf über die Außen­dienst­mit­ar­bei­ter des Ver­triebs wird im Rah­men der Ein­rich­tung und Be­treu­ung der je­wei­li­gen Sys­te­me durch die Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik der Haupt­um­satz der Be­klag­ten er­wirt­schaf­tet, weil die Mar­ge im Hard­ware­ver­kauf äußerst ge­ring ist. Im Rah­men der zwi­schen den Par­tei­en geführ­ten Ver­trags­ver­hand­lun­gen wur­de von Sei­ten der Be­klag­ten we­der der Kläger noch der von ihr be­auf­trag­te Per­so­nal­ver­mitt­ler H. auf die an­ge­ord­ne­te Kurz­ar­beit in der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik hin­ge­wie­sen. Der Be­klag­ten war be­kannt, dass der Kläger noch in ei­nem un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis stand. Am 3. No­vem­ber 2010 schlos­sen die Par­tei­en ei­nen schrift­li­chen Ar­beits­ver­trag (Bl. 17 - 20 d. A.), der u.a. fol­gen­de Re­ge­lun­gen enthält:

"§ 1 Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses
(1) Der Mit­ar­bei­ter tritt mit Wir­kung vom 01.01.2011 in die Diens­te der Fir­ma. Vor Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses ist die Kündi­gung aus­ge­schlos­sen.
(2) Die ers­ten sechs Mo­na­te gel­ten als Pro­be­zeit. Während die­ser Zeit können die Ver­trags­part­ner das Ar­beits­verhält­nis mit ge­setz­li­cher Frist kündi­gen.

§ 2 Tätig­keit
(1) Der Mit­ar­bei­ter wird im Be­reich Ver­trieb als Key Ac­count Ma­na­ger an­ge­stellt.

(…)

§ 4 Vergütung
(1) Der Mit­ar­bei­ter erhält für sei­ne ver­trag­li­che Tätig­keit in­ner­halb der Pro­be­zeit ein fes­tes Jah­res­brut­to­ge­halt von 63.000,00 EUR. Die Vergütung ist in zwölf Teil­beträgen je­weils am Letz­ten ei­nes Mo­nats fällig. Mit der Vergütung sind sämt­li­che, von der Fir­men­lei­tung an­ge­ord­ne­ten, Über­stun­den ab­ge­gol­ten.
(2) Der Mit­ar­bei­ter erhält in­ner­halb der Pro­be­zeit bei Über­schrei­tung des Mar­gen­ziels ei­nen va­ria­blen Ge­halts­an­teil. Die Re­ge­lung des va­ria­blen Ge­halts­an­teils ist in der An­la­ge "Ziel- und Pro­vi­si­ons­ver­ein­ba­rung in­ner­halb der Pro­be­zeit, 01.01.2011 - 30.06.2011" ver­ein­bart.
(3) Der Mit­ar­bei­ter erhält für sei­ne ver­trag­li­che Tätig­keit nach Ab­lauf der Pro­be­zeit ein fes­tes Jah­res­brut­to­ge­halt von 63.000,00 EUR. Die Vergütung ist in zwölf Teil­beträgen je­weils am Letz­ten ei­nes Mo­na­tes fällig. Mit der Vergütung sind sämt­li­che, von der Fir­men­lei­tung an­ge­ord­ne­ten, Über­stun­den ab­ge­gol­ten.
(4) Der Mit­ar­bei­ter erhält nach Ab­lauf der Pro­be­zeit ei­nen va­ria­blen Jah­res­brut­to­ge­halts­an­teil in Höhe von 27.000,00 EUR bei 100% Ziel­er­rei­chung. Die Zie­le wer­den jähr­lich zum 01.04. be­gin­nend mit dem Geschäfts­jahr fest­ge­legt.

(…)"
In der An­la­ge zum Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en vom 3. No­vem­ber 2010 (Bl. 59, 60 d.A.) heißt es u.a.:


„Ziel- und Pro­vi­si­ons­ver­ein­ba­rung in­ner­halb der Pro­be­zeit, 01.01.2011-30.06.2011

§ 1 Ziel­ver­ein­ba­rung
(1) Für den Zeit­raum der Pro­be­zeit ver­ein­ba­ren die Ver­trags­par­tei­en ein Mar­gen­ziel in Höhe von 42.525,00 Eu­ro.
Das Mar­gen­ziel er­gibt sich aus dem Ver­kauf von Hard-, Soft­ware und War­tungs­verträgen so­wie Dienst­leis­tun­gen ex­ter­ner Mit­ar­bei­ter. Die Be­rech­nung der Mar­ge er­folgt aus der Dif­fe­renz des Ver­kaufs- und Ein­kaufs­prei­ses. Ver­kaufs­preis ab­zgl. Ein­kaufs­preis = Mar­ge.
(2) Die Ziel­vor­ga­be wird als Grund­la­ge zur Er­mitt­lung des va­ria­blen Ge­halts­an­teils ver­wen­det.

(…)“

Nach Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags der Par­tei­en am 3. No­vem­ber 2010 kündig­te der Kläger noch am glei­chen Tag sein Ar­beits­verhält­nis mit der Fir­ma P. En­gi­nee­ring Sys­tems AG in D. mit Schrei­ben vom 3. No­vem­ber 2010 (Bl. 22 d. A.) zum 31. De­zem­ber 2010.

Die Be­klag­te kündig­te das mit dem Kläger be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 1. Ju­ni 2011 (Bl. 21 d. A.) "in­ner­halb der Pro­be­zeit" zum 15. Ju­ni 2011. Sei­ne hier­ge­gen beim Ar­beits­ge­richt Mainz er­ho­be­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge (AZ: 3 Ca 1145/11) nahm der Kläger zurück. Zum 1. März 2012 hat er ei­ne neue An­stel­lung ge­fun­den.

Mit der vor­lie­gen­den Kla­ge nimmt der Kläger die Be­klag­te auf Scha­dens­er­satz in Höhe von 13.379,51 EUR für die Zeit vom 16. Ju­ni 2011 bis Fe­bru­ar 2012 we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen in An­spruch.

Er hat erst­in­stanz­lich vor­ge­tra­gen, die Be­klag­te ha­be ihn über we­sent­li­che Tat­sa­chen, die er­kenn­bar sei­nen Ent­schluss zu ei­nem Ar­beits­platz­wech­sel hätten be­ein­flus­sen müssen, im Un­kla­ren ge­las­sen, nämlich über die seit Mo­na­ten an­dau­ern­de Kurz­ar­beit. Er hätte kei­nes­falls sein langjährig be­ste­hen­des Ar­beits­verhält­nis bei der Fir­ma P. En­gi­nee­ring Sys­tems AG in D. be­en­det, falls ihm dies von Sei­ten der Be­klag­ten mit­ge­teilt wor­den wäre. Bei dem Um­stand, dass in ei­nem Un­ter­neh­men schon seit Mo­na­ten Kurz­ar­beit an­ge­ord­net sei, han­de­le es sich um ei­ne bei Ver­trags­an­bah­nung of­fen­ba­rungs­pflich­ti­ge Tat­sa­che, weil die­se in je­dem Fall den Ent­schluss ei­nes wech­sel­wil­li­gen Ar­beit­neh­mers be­ein­flus­se. Für die Be­klag­te ha­be sich auf­drängen müssen, dass er ei­ne ent­spre­chen­de In­for­ma­ti­on er­war­tet hätte und man­gels An­ga­be die­ser Tat­sa­che da­von ha­be aus­ge­hen müssen, dass sich die Be­klag­te in ge­ord­ne­ten wirt­schaft­li­chen Verhält­nis­sen be­fin­de. Das Ver­schwei­gen der An­ord­nung von Kurz­ar­beit sei auch kau­sal für den bei ihm ein­ge­tre­te­nen Scha­den ge­we­sen. Bei Kennt­nis der be­ste­hen­den Kurz­ar­beit hätte er sein be­ste­hen­des un­be­las­te­tes Ar­beits­verhält­nis zum Vor­ar­beit­ge­ber nicht gekündigt. Zu dem Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en sei es nicht et­wa aus dem Grun­de ge­kom­men, dass er auf der Su­che nach ei­nem neu­en Ar­beits­verhält­nis ge­we­sen sei und er sich we­gen ei­ner Verände­rung sei­nes be­ruf­li­chen Wer­de­gan­ges mit Herrn H. in Ver­bin­dung ge­setzt ha­be. Viel­mehr sei der Kon­takt über den sog. Head­hun­ter H. nicht von ihm, son­dern von die­sem selbst ge­kom­men. Die­ser ha­be ihn über die In­ter­net­platt­form Xing kon­tak­tiert und ihm die zu be­set­zen­de Stel­le der Be­klag­ten vor­ge­stellt. Die Be­klag­te ha­be sich auf­grund des Ver­schwei­gens der Kurz­ar­beit als of­fen­ba­rungs­pflich­ti­ger Tat­sa­che we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen dem Grun­de nach scha­dens­er­satz­pflich­tig ge­macht. Bei Aus­spruch der Kündi­gung sei durch den Geschäftsführer der Be­klag­ten kom­mu­ni­ziert wor­den, dass man es sich auf­grund der wirt­schaft­li­chen La­ge der Be­klag­ten nicht mehr leis­ten könne, ihn wei­ter­zu­beschäfti­gen. Es sei­en rein wirt­schaft­li­che Gründe ge­nannt wor­den. Ent­ge­gen der Dar­stel­lung der Be­klag­ten ha­be er das ver­ein­bar­te Mar­gen­ziel er­reicht; we­gen der dies­bezügli­chen Ausführun­gen des Klägers wird auf sei­nen Schrift­satz vom 27. Fe­bru­ar 2012 (Ziff. I 2) ver­wie­sen. Im Übri­gen sei aus sei­ner Sicht die Er­zie­lung der Mar­ge auch nicht Be­din­gung für ein Be­ste­hen der Pro­be­zeit ge­we­sen. Gemäß den von ihm ex­em­pla­risch ge­nann­ten Be­wer­bun­gen ha­be er sich in­ten­siv bemüht, ei­ne Neu­an­stel­lung zu fin­den, so dass er da­mit sei­ner Scha­dens­min­de­rungs­pflicht genügt ha­be. Aus­ge­hend von sei­nem er­ziel­ten Mo­nats­ge­halt in Höhe von 3.811,76 EUR net­to er­rech­ne sich un­ter Berück­sich­ti­gung des von ihm be­zo­ge­nen Ar­beits­lo­sen­gel­des in Höhe von mo­nat­lich 2.237,70 ein mo­nat­li­cher Fehl­be­trag in Höhe von 1.574,06 EUR net­to, den er für die Zeit vom 16. Ju­ni 2011 bis Fe­bru­ar 2012 als Scha­dens­er­satz gel­tend ma­che (8,5 Mo­na­te x 1.574,06 EUR = 13.379,51 EUR).

Der Kläger hat erst­in­stanz­lich zu­letzt be­an­tragt,
die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 13.379,51 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz aus 787,03 EUR net­to in der Zeit vom 16. Ju­ni bis 30. Ju­ni 2011, aus je­weils 1.574,06 EUR seit dem 1. Ju­li 2011, 1. Au­gust 2011, 1. Sep­tem­ber 2011, 1. Ok­to­ber 2011, 1. No­vem­ber 2011, 1. De­zem­ber 2011, 1. Ja­nu­ar 2012 und seit dem 1. Fe­bru­ar 2012 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,
die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat er­wi­dert, sie sei nicht da­zu ver­pflich­tet ge­we­sen, dem Kläger mit­zu­tei­len, dass Mit­ar­bei­ter ei­ner an­de­ren Ab­tei­lung Kurz­ar­beit ausführ­ten. Im Übri­gen feh­le es an der er­for­der­li­chen Kau­sa­lität, weil die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht auf die an­ge­ord­ne­te Kurz­ar­beit zurück­zuführen sei. Bei der Fest­le­gung des in § 1 der Ziel­ver­ein­ba­rung vor­ge­se­he­nen Mar­gen­ziels sei der Kläger dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass die Er­rei­chung die­ses Ziels die Grund­la­ge ei­ner Fest­an­stel­lung nach der Pro­be­zeit sei. Sie ha­be je­doch dann fest­stel­len müssen, dass der zur Neu­kun­den­ak­qui­se ein­ge­stell­te Kläger die Ziel­ver­ein­ba­rung auch nicht ein­mal annähernd er­rei­chen wer­de. Der Kläger sei ent­las­sen wor­den, weil er noch nicht ein­mal 2 % des ver­ein­bar­ten Mar­gen­ziels er­reicht ha­be. Die vom Kläger be­haup­te­ten Umsätze und Mar­gen zum 30. Ju­ni 2011 sei­en tatsächlich über­wie­gend nicht rea­li­siert wor­den. Ih­re Kündi­gung ha­be in kei­nem Zu­sam­men­hang mit der an­ge­ord­ne­ten Kurz­ar­beit ge­stan­den.

Mit Ur­teil vom 27. April 2012 - 8 Ca 2101/11 - hat das Ar­beits­ge­richt Mainz die Kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung aus­geführt, dass die Be­klag­te kei­ne Aufklärungs­pflicht ver­letzt ha­be. Bei der in der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik an­ge­ord­ne­ten Kurz­ar­beit han­de­le es sich um kei­nen Um­stand, der die vollständi­ge Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses zwi­schen den Par­tei­en in Fra­ge ge­stellt ha­be. Die An­ord­nung von Kurz­ar­beit in ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung sei nicht gleich­be­deu­tend mit er­heb­li­chen Zah­lungs­schwie­rig­kei­ten des Un­ter­neh­mens. Aus der Kurz­ar­beit in der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik fol­ge auch nicht, dass die Be­klag­te Zwei­fel hätte ha­ben müssen, ob sie den Kläger tatsächlich wer­de beschäfti­gen können. Da­bei sei ins­be­son­de­re zu berück­sich­ti­gen, dass durch den Ver­trieb die von der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik dann ab­zu­wi­ckeln­den Auf­träge ver­mit­telt würden und nicht et­wa um­ge­kehrt die Tätig­keit des Klägers als Ver­triebs­mit­ar­bei­ter von dem Ar­beits­er­geb­nis der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik abhängig sei. In An­be­tracht der in § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges aus­drück­lich ver­ein­bar­ten Pro­be­zeit von sechs Mo­na­ten ha­be die Be­klag­te dem Kläger auch nicht ein "geschütz­tes" Ar­beits­verhält­nis zu­ge­sagt.

Ge­gen das ihm am 24. Mai 2012 zu­ge­stell­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts hat der Kläger mit Schrift­satz vom 31. Mai 2012, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz am glei­chen Tag ein­ge­gan­gen, Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit Schrift­satz vom 12. Ju­li 2012, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz am glei­chen Tag ein­ge­gan­gen, be­gründet.

Er trägt vor, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts ha­be ei­ne Aufklärungs­pflicht der Be­klag­ten auf­grund der in ih­rem Be­trieb an­ge­ord­ne­ten Kurz­ar­beit be­stan­den. Die Be­klag­te sei ver­pflich­tet ge­we­sen, ihn über al­le we­sent­li­chen Umstände auf­zuklären, die aus ih­rer Sicht für sei­nen Ent­schluss, sein be­ste­hen­des und der Be­klag­ten be­kann­tes Ar­beits­verhält­nis zu be­en­den und zu ihr über­zu­wech­seln, maßgeb­lich sein muss­ten. Hier­zu ha­be ins­be­son­de­re auch oh­ne aus­drück­li­ches Nach­fra­gen die Of­fen­ba­rung an­ge­ord­ne­ter Kurz­ar­beit gehört. Denn al­lei­ne die An­ord­nung von Kurz­ar­beit las­se Rück­schlüsse dar­auf zu, wie die Auf­trags­la­ge bei der Be­klag­ten be­schaf­fen sei und in­wie­weit es sich bei ihr um ein wirt­schaft­lich so­li­de da­ste­hen­des Un­ter­neh­men han­de­le. Er hätte sein be­ste­hen­des Ar­beits­verhält­nis nicht gekündigt, wenn ihm mit­ge­teilt wor­den wäre, dass Kurz­ar­beit an­ge­ord­net ge­we­sen sei. Die Be­klag­te ha­be sei­nen Wech­sel­ent­schluss im Rah­men der Per­so­nal­gespräche vor Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges be­ein­flusst. Sie ha­be ei­ne be­son­de­re Aufklärungs­pflicht ge­tra­gen, die im vor­lie­gen­den Ein­zel­fall noch über die­je­ni­ge hin­aus­ge­he, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt in den Ent­schei­dun­gen vom 14. Ju­li 2005 und 24. Fe­bru­ar 2011 auf­ge­stellt ha­be. Für die Kau­sa­lität des gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­spruchs kom­me es nicht dar­auf an, wie das Ar­beits­verhält­nis be­en­det wor­den sei, son­dern dass es un­ter ver­schwie­ge­nen, ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Tat­sa­chen durch die Be­klag­te über­haupt be­gründet wor­den sei.

Der Kläger be­an­tragt,
un­ter Auf­he­bung des Ur­teils des Ar­beits­ge­rich­tes Mainz vom 27. April 2012 - 8 Ca 2101/11 - die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 13.379,51 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz aus 787,03 EUR net­to in der Zeit vom 16. Ju­ni bis 30. Ju­ni 2011, aus je­weils 1.574,06 EUR seit dem 1. Ju­li 2011, 1. Au­gust 2011, 1. Sep­tem­ber 2011, 1. Ok­to­ber 2011, 1. No­vem­ber 2011, 1. De­zem­ber 2011, 1. Ja­nu­ar 2012 und seit dem 01. Fe­bru­ar 2012 zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie er­wi­dert, das ihr vom Kläger vor­ge­wor­fe­ne Aufklärungs­ver­schul­den beim Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges lie­ge nicht vor. Gemäß den zu­tref­fen­den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts müsse ein Ar­beit­ge­ber dann be­son­de­re Umstände, gleich wel­cher Art, dem Ar­beit­neh­mer of­fen­ba­ren, wenn die vollständi­ge Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch ein Ver­schwei­gen die­ser Umstände in Fra­ge ge­stellt wer­de, was hier je­doch nicht zu­tref­fe. Die vorüber­ge­hen­de Maßnah­me der Kurz­ar­beit ha­be sich we­der in fi­nan­zi­el­ler Hin­sicht zu Las­ten des Klägers noch im Hin­blick auf sei­ne Beschäfti­gung aus­ge­wirkt. Ab­ge­se­hen da­von ge­he je­der Ar­beit­neh­mer, der ei­nen Ar­beits­platz­wech­sel voll­zie­he, auch ein Ri­si­ko ein, denn übli­cher­wei­se müsse er sich im Rah­men ei­ner ver­ein­bar­ten Pro­be­zeit pro­fi­lie­ren. Auf­grund der im Ar­beits­ver­trag vor­ge­se­he­nen Pro­be­zeit ha­be der Kläger da­mit rech­nen müssen, dass ei­ne Kündi­gung in der Pro­be­zeit er­fol­ge, wenn er sich nicht bewähre.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die Schriftsätze der Par­tei­en nebst An­la­gen so­wie auf den ge­sam­ten Ak­ten­in­halt Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung des Klägers ist zulässig. Sie ist ins­be­son­de­re form- so­wie frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

Die Be­ru­fung des Klägers hat aber in der Sa­che kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Der Kläger hat kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz ge­gen die Be­klag­te we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen (§ 280 Abs. 1 Satz 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 249 Abs. 1 BGB). Gemäß der zu­tref­fen­den Be­gründung des Ar­beits­ge­richts, auf die gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Be­zug ge­nom­men wird, hat die Be­klag­te kei­ne ihr ge­genüber dem Kläger ob­lie­gen­de Aufklärungs­pflicht ver­letzt. Der hier­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fungs­an­griff ist un­be­gründet.

1. Das Ar­beits­ge­richt hat die maßgeb­li­che Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zu den Aufklärungs­pflich­ten des Ar­beit­ge­bers im Rah­men der von ihm geführ­ten Ver­trags­ver­hand­lun­gen zu­tref­fend dar­ge­stellt, so dass hier­auf Be­zug ge­nom­men wird. Da­nach darf ein Ar­beit­ge­ber, der Ver­trags­ver­hand­lun­gen führt, be­ste­hen­de Umstände, gleich wel­cher Art, die die vollständi­ge Durchführung des Rechts­verhält­nis­ses in Fra­ge stel­len können, nicht ver­schwei­gen, so­weit sie ihm be­kannt sind oder be­kannt sein müssen (st. Rspr., vgl. zu­letzt BAG 24. Fe­bru­ar 2011 - 6 AZR 626/09 - Rn. 55, NZA-RR 2012, 148). Ei­ne Pflicht ei­ner Ver­trags­par­tei, ei­ge­ne wirt­schaft­li­che Be­dräng­nis zu of­fen­ba­ren, be­steht al­ler­dings nicht all­ge­mein, son­dern nur dann, wenn die­se wirt­schaft­li­che La­ge zur Ver­ei­te­lung des Ver­trags­zwecks ge­eig­net ist und da­her für die Ent­schließung des Ver­trags­part­ners von we­sent­li­cher Be­deu­tung sein kann (BGH 21. Ju­ni 1974 - V ZR 15/73 - Rn. 13, NJW 1974, 1505).

2. Im Streit­fall be­stand kei­ne Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, den Kläger auf die in der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik an­ge­ord­ne­te Kurz­ar­beit hin­zu­wei­sen.

Durch die Kurz­ar­beit war die Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Par­tei­en we­der in Be­zug auf die Zah­lung der Vergütung noch hin­sicht­lich der Beschäfti­gung des Klägers gefähr­det.

Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht dar­auf ver­wie­sen, dass die An­ord­nung von Kurz­ar­beit nicht gleich­be­deu­tend mit er­heb­li­chen Zah­lungs­schwie­rig­kei­ten sein muss. Hin­rei­chen­de An­halts­punk­te dafür, dass sich die wirt­schaft­li­che La­ge der Be­klag­ten bei Ver­trags­schluss als der­art schlecht dar­ge­stellt hat, dass mit Zah­lungs­schwie­rig­kei­ten zu rech­nen war, sind vom Kläger nicht vor­ge­tra­gen wor­den. Die an­ge­ord­ne­te Kurz­ar­beit in der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik war auch nicht ge­eig­net, die Beschäfti­gung des Klägers als Key Ac­count Ma­na­ger im Be­reich Ver­trieb in Fra­ge zu stel­len. Die Ab­tei­lung Ver­trieb hat un­strei­tig die Auf­ga­be, die Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik mit Auf­trägen zu ver­sor­gen und de­ren möglichst ho­he Aus­las­tung si­cher­zu­stel­len. Der Kläger, der auch bei sei­ner Vor­ar­beit­ge­be­rin als Key Ac­count Ma­na­ger beschäftigt ge­we­sen war, ist von der Be­klag­ten ge­ra­de ein­ge­stellt wor­den, um mit Hil­fe sei­ner Fähig­kei­ten und Kennt­nis­se den ei­ge­nen Ver­trieb zu stärken und Auf­träge für die Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik zu ge­win­nen. Dem­ent­spre­chend war der Ar­beits­platz des Klägers im Ver­trieb durch ei­ne bei Ver­trags­schluss un­zu­rei­chen­de Aus­las­tung der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik nicht gefähr­det.

Im Streit­fall kann auch nicht an­ge­nom­men wer­den, dass in An­be­tracht der von der Be­klag­ten an­ge­ord­ne­ten Kurz­ar­beit von ei­ner ne­ga­ti­ven Pro­gno­se in Be­zug auf den Beschäfti­gungs­be­darf für den Kläger aus­zu­ge­hen war. Die Einführung von Kurz­ar­beit spricht eher dafür, dass die Be­klag­te von ei­nem nur vorüber­ge­hen­den Ar­beits­man­gel in der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik und nicht et­wa von ei­nem dau­er­haft ge­sun­ke­nen Beschäfti­gungs­be­darf aus­ge­gan­gen war (vgl. BAG 23. Fe­bru­ar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 21, NZA 2012, 852). Es be­steht kei­ne all­ge­mei­ne Pflicht des Ar­beit­ge­bers, dem Ar­beit­neh­mer bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen ei­ne wirt­schaft­li­che Be­dräng­nis zu of­fen­ba­ren, wenn die wirt­schaft­li­che La­ge des Un­ter­neh­mens - wie hier - die Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht gefähr­det.

So­weit es dem Kläger für sei­nen Ent­schluss, sein be­ste­hen­des Ar­beits­verhält­nis bei sei­ner Vor­ar­beit­ge­be­rin zu be­en­den und zur Be­klag­ten zu wech­seln, auf die Be­schaf­fen­heit der Auf­trags­la­ge der Be­klag­ten an­ge­kom­men sein soll­te, hätte er im Rah­men der geführ­ten Ver­trags­ver­hand­lun­gen da­nach fra­gen können und müssen. Im Hin­blick dar­auf, dass der Kläger mit der Be­klag­ten ei­nen Ar­beits­ver­trag mit ver­ein­bar­ter Pro­be­zeit­re­ge­lung und Ziel-/Pro­vi­si­ons­ver­ein­ba­rung ab­ge­schlos­sen hat, muss­te er auch da­mit rech­nen, dass sein mit der Be­klag­ten be­gründe­tes Ar­beits­verhält­nis von die­ser oh­ne wei­te­res in­ner­halb der Pro­be­zeit wie­der be­en­det wer­den kann, z.B. wenn der er­hoff­te Er­folg sei­ner Ver­triebs­bemühun­gen nach Einschätzung der Be­klag­ten nicht er­reicht wird. Die Be­klag­te hat bei Ver­trags­schluss nach dem von bei­den Par­tei­en un­ter­zeich­ne­ten Ar­beits­ver­trag kei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­ten Zu­sa­gen hin­sicht­lich ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers bei Er­rei­chen be­stimm­ter Mar­gen ge­macht. Ob und in­wie­weit der Kläger sein Mar­gen­ziel in­ner­halb der Pro­be­zeit tatsächlich er­reicht hat, ist un­er­heb­lich. Auf die Gründe für die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses kommt es nicht an. Der Kläger hat sei­ne ge­gen die Kündi­gung ge­rich­te­te Kündi­gungs­schutz­kla­ge zurück­ge­nom­men, so dass die von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung von An­fang an als rechts­wirk­sam gilt (§ 7 KSchG).

Der Kläger hat die Be­klag­te im Rah­men der geführ­ten Ver­trags­ver­hand­lun­gen nicht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass für sei­ne Ent­schei­dung im Zu­sam­men­hang mit dem Zu­stan­de­kom­men oder der Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses ih­re der­zei­ti­ge Auf­trags­la­ge er­heb­lich ist. Im Hin­blick dar­auf, dass die Be­klag­te den Kläger in der Ab­tei­lung Ver­trieb ge­ra­de zur Neu­kun­den­ak­qui­se und Auf­trags­ge­win­nung ein­ge­stellt hat, war sie auf­grund der ihr ob­lie­gen­den Rück­sicht­nah­me­pflicht nicht da­zu ver­pflich­tet, den Kläger un­auf­ge­for­dert über die von ihr in der Ab­tei­lung Sys­tem­be­ra­tung/Tech­nik an­ge­ord­ne­te Kurz­ar­beit zu in­for­mie­ren. Man­gels Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten ist die Scha­dens­er­satz­kla­ge un­be­gründet.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ei­ne Zu­las­sung der Re­vi­si­on war nicht ver­an­lasst, weil hierfür die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vor­lie­gen.

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