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ARBEITSRECHT AKTUELL // 09/192

Ta­rif­li­che Aus­schluss­frist: Zur Frist­wah­rung kei­ne An­ga­be der An­spruchs­grund­la­ge er­for­der­lich

Ta­rif­li­che Aus­schluss­frist: Der Ar­beit­ge­ber muss le­dig­lich den Zeit­raum und die Hö­he der Zah­lung er­ken­nen kön­nen: Lan­des­ar­beits­ge­richt Mün­chen, Ur­teil vom 22.07.2009, 9 Sa 228/09
Abrisskalender (Aus­schluss-) Fris­ten sind meis­tens sehr kurz, An­sprü­che müs­sen al­so schnell gel­tend ge­macht wer­den
20.10.2009. Auf­grund von Aus­schluss­fris­ten ver­fal­len ar­beits­ver­trag­li­che An­sprü­che, d.h. sie ge­hen end­gül­tig un­ter, wenn sie nicht in­ner­halb ei­ner be­stimm­ten Frist nach Fäl­lig­keit gel­tend ge­macht wer­den.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Mün­chen hat sich nun mit der Fra­ge­stel­lung be­fasst, ob es zur "Gel­tend­ma­chung" ei­nes An­spruchs zur Frist­wah­rung bei Aus­schluss­fris­ten aus­rei­chend ist, wenn deut­lich wird, für wel­che Zei­ten und aus wel­chem Rechts­ver­hält­nis die For­de­rung er­ho­ben wird, LAG Mün­chen, Ur­teil vom 22.07.2009, 9 Sa 228/09.

Wah­rung ta­rif­li­cher Aus­schluss­fris­ten - Zeit­raum und Rechts­verhält­nis der For­de­rung

Für Ansprüche aus dem Ar­beits­ver­trag gel­ten häufig Aus­schluss­fris­ten, die ent­we­der in dem Ar­beits­ver­trag selbst oder in den an­wend­ba­ren Ta­rif­verträgen ver­ein­bart wur­den.

Je nach der For­mu­lie­rung der Aus­schluss­frist wird dar­in be­stimmt, dass der An­spruchs­in­ha­ber sei­nen An­spruch in­ner­halb ei­ner be­stimm­ten Frist (meis­tens zwi­schen zwei und sechs Mo­na­ten) und in ei­ner be­stimm­ten Wei­se (meis­tens schrift­lich) ge­genüber dem Ver­trags­part­ner gel­tend ma­chen muss. Versäumt der An­spruchs­in­ha­ber dies, verfällt der An­spruch.

Sind for­mu­lar­ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bart, müssen sie aus Ar­beit­neh­mer­schutz­gründen min­des­tens drei Mo­na­te be­tra­gen. Die­se Min­dest­frist gilt je­doch nicht für ihn Ta­rif­verträgen ver­ein­bar­te Fris­ten. Die­se könne auch nur zwei- oder ein­mo­na­tig sein. Wenn die An­wend­bar­keit ei­nes der­ar­ti­gen Ta­rif­ver­tra­ges im Ar­beits­ver­trag be­stimmt ist, gel­ten auch in die­sem Fall die­se sehr kur­zen Fris­ten für den Ar­beit­neh­mer.

Während mitt­ler­wei­le so gut wie geklärt ist, wie lang Aus­schluss­fris­ten min­des­tens sein müssen, um wirk­sam zu sein, gibt es kaum Ent­schei­dun­gen zu der Fra­ge, was der An­spruchs­in­ha­ber tun muss, um die Frist zu wah­ren. In den meis­ten Aus­schluss­klau­seln steht nur, dass „Ansprüche gel­tend zu ma­chen sind“, oh­ne zu be­stim­men, wie die­se Gel­tend­ma­chung zu er­fol­gen hat.

Pro­ble­ma­tisch ist, ob ei­ne Gel­tend­ma­chung die Nen­nung der recht­li­chen An­spruchs­grund­la­ge er­for­dert und wie ge­nau die­se sein muss, da­mit von ei­ner den An­spruch wah­ren­den Gel­tend­ma­chung ge­re­det wer­den kann. Mit die­ser Fra­ge be­fasst sich ein Ur­teil des LAG München vom 22.07.2009 (9 Sa 228/09).

An­ga­be ei­ner fal­schen An­spruchs­grund­la­ge bei der Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen

Kläger war ein Zeit­ar­bei­ter. In sei­nem Ar­beits­ver­trag war die Gel­tung des Man­tel­ta­rif­ver­trags Zeit­ar­beit ver­ein­bart, der ei­ne ein­mo­na­ti­ge Aus­schluss­frist enthält, die ei­ne schrift­li­che „Gel­tend­ma­chung“ der Ansprüche vor­schreibt.

Der Ar­beit­ge­ber kündig­te dem Zeit­ar­bei­ter zum 30.08.2009. Dem Ar­beit­neh­mer stan­den je­doch noch Rest­ur­laub und ein Zeit­gut­ha­ben zu. Des­we­gen verlänger­te der Ar­beit­ge­ber die Kündi­gungs­frist auf den 30.09.2009. Das Ur­laubs­ent­gelt und die Über­stun­den zahl­te der Ar­beit­ge­ber be­reits im Au­gust, im Sep­tem­ber soll­te der Zeit­ar­bei­ter den Ur­laub und das Zeit­gut­ha­ben auf­brau­chen, al­so nicht ar­bei­ten. In die­sem Mo­nat wur­de der Zeit­ar­bei­ter je­doch 14 Ar­beits­ta­ge ar­beits­unfähig krank.

Für Sep­tem­ber er­hielt der Zeit­ar­bei­ter kein Geld. Des­we­gen er­hob er noch in­ner­halb der ein­mo­na­ti­gen Aus­schluss­frist, nämlich am 09.10.2009, sel­ber Kla­ge vor dem Ar­beits­ge­richt München (7 Ca 12796/08). Er ver­lang­te die Zah­lung von 2.759,99 EUR „für Sep­tem­ber 2008“.

Das Ar­beits­ge­richt wies die Kla­ge ab. Denn es konn­te we­der nach­voll­zie­hen, wofür der Zeit­ar­bei­ter das Geld ver­lang­te, noch wie er die For­de­rung be­rech­net hat­te. Ur­laubs­vergütung konn­te dem Zeit­ar­bei­ter nicht mehr zu­ste­hen, da der Ar­beit­ge­ber die­se schon im Au­gust ge­zahlt hat­te, im An­nah­me­ver­zug be­fand sich der Ar­beit­ge­ber eben­falls nicht.

Ge­gen die Kla­ge leg­te der Zeit­ar­bei­ter Be­ru­fung ein und be­gründe­te sei­ne For­de­rung erst­mals nach­voll­zieh­bar: Da er im Sep­tem­ber 14 Ar­beits­ta­ge ar­beits­unfähig er­krankt war, konn­te er in die­ser Zeit sein Zeit­gut­ha­ben und den Rest­ur­laub nicht auf­brau­chen. Zu­dem sind, so der Zeit­ar­bei­ter, durch die Verlänge­rung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum 30.09.2009 neue Ur­laubs­ta­ge hin­zu­ge­kom­men, de­ren Ab­gel­tung er ver­langt.

Der Ar­beit­ge­ber ist da­ge­gen der An­sicht, die vom Zeit­ar­bei­ter be­gehr­ten For­de­run­gen bestünden schon des­we­gen nicht mehr, weil der Ar­beit­neh­mer sie in­ner­halb der ein­mo­na­ti­gen Aus­schluss­frist nicht rich­tig gel­tend ge­macht hat­te, so dass sie ver­fal­len sei­en. Der Zeit­ar­bei­ter ha­be nämlich mit sei­ner Kla­ge vom 09.10.2009 fälsch­li­cher­wei­se Lohn­ansprüche gel­tend ge­macht und nicht Ansprüche auf Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall.

LAG München: Für die Wah­rung der ta­rif­li­chen Aus­schluss­frist kommt es nicht auf die Gel­tend­ma­chung der kor­rek­ten An­spruchs­grund­la­ge an

Das LAG München gab dem Zeit­ar­bei­ter recht. Sei­ne For­de­run­gen auf Ent­gelt­fort­zah­lung und Ur­laubs­ab­gel­tung für Sep­tem­ber hat­te der Zeit­ar­bei­ter in der Be­ru­fung plau­si­bel dar­ge­legt. Ob der Ar­beit­ge­ber zur Zah­lung ver­pflich­tet war, hing al­so da­von ab, ob der Zeit­ar­bei­ter die For­de­run­gen recht­zei­tig gel­tend ge­macht hat­te.

Die von dem Zeit­ar­bei­ter ge­for­der­te Ur­laubs­ab­gel­tung für Sep­tem­ber un­ter­lag den Aus­schluss­fris­ten nicht und war des­halb schon des­halb nicht ver­spätet gel­tend ge­macht wor­den, meint das LAG, das sich da­bei im Ein­klang mit der gängi­gen Recht­spre­chung be­fin­det. Denn Ar­beit­neh­mern steht gemäß § 3 Bun­des­ur­laubs­ge­setz (BurlG) ein zwin­gen­der Min­dest­an­spruch auf 24 Werk­ta­ge Ur­laub im Jahr zu, der gemäß § 13 Abs.1 Satz 1 BurlG auch durch Re­ge­lun­gen in Ta­rif­verträgen nicht be­schränkt wer­den darf. Das sel­be gilt dann für den Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch als Er­satz oder „Sur­ro­gat“ des ei­gent­li­chen Ur­laubs­an­spruchs.

Auch die For­de­rung nach Ent­gelt­fort­zah­lung hält das LAG nicht für ver­spätet. Die mit der Kla­ge be­gehr­te Zah­lung von „2.759,55 EUR für Sep­tem­ber 2008“ stellt ei­ne aus­rei­chen­de Gel­tend­ma­chung der Ansprüche dar, so das LAG. Auch wenn der Zeit­ar­bei­ter in der Kla­ge fälsch­li­cher­wei­se An­nah­me­ver­zugs­lohn statt Ent­gelt­fort­zah­lung ge­for­dert hat, hält das LAG dies für unschädlich , da der Ar­beit­neh­mer sei­ne For­de­rung nicht ju­ris­tisch be­gründen muss. Aus­schluss­fris­ten die­nen da­zu, dass der Ar­beit­ge­ber mögli­cher­wei­se auf ihn zu­kom­men­de For­de­run­gen einschätzen kann. Dafür reicht es aus, wenn er den Zeit­raum und die Höhe der Zah­lung, die der Ar­beit­neh­mer be­gehrt, er­ken­nen kann.

Enthält ei­ne Aus­schluss­klau­sel die Vor­ga­be, dass Ansprüche „gel­tend zu ma­chen“ sind, muss hierfür al­so ei­ne ju­ris­ti­sche An­spruchs­grund­la­ge nicht ge­nannt wer­den. Oh­ne­hin führen die oft sehr kur­zen Aus­schluss­fris­ten zu ei­ner be­denk­li­chen An­spruchs­ver­nich­tung, in der Re­gel zu Las­ten des Ar­beit­neh­mers, die nicht mit dem Er­for­der­nis die ju­ris­ti­sche An­spruchs­grund­la­ge zu nen­nen, noch auf die Spit­ze ge­trie­ben wer­den darf.

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Letzte Überarbeitung: 27. Oktober 2016

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