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Krankheitsdaten im Müll
15.05.2009. Wird ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank, hat er dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen, dass er krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erscheinen kann. Außerdem muss er sagen, wie lange er voraussichtlich fehlen wird. Bei einer länger als drei Tage dauernden Arbeitsunfähigkeit hat er zudem ein ärztliches Attest beizubringen, in dem die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer bescheinigt wird (§ 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz - EFZG).
Diese Angaben reichen Arbeitgebern offenbar nicht immer. In letzter Zeit häufen sich Fälle, in denen Unternehmen Angaben über die Art der Krankheit von ihren Beschäftigten erfragten und speicherten.
Als erstes geriet der Lebensmitteldiscounter Lidl (wieder) in die Schlagzeilen. In einer Bochumer Mülltonne wurden firmeninterne Unterlagen entdeckt, die Informationen über die Krankheitsursachen der Mitarbeiter enthielten. Dort fand sich etwa der Vermerk über eine Arbeitnehmerin: „Will schwanger werden. Befruchtung nicht funktioniert.“ Lidl räumte die Speicherung solcher Informationen ein, gab aber an, diese Praxis Ende 2008 eingestellt zu haben (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 06.04.2009 „Neue Datenaffäre mit Krankenakten von Lidl“).
Kurz darauf erhielt Radio Bremen einen anonymen Hinweis, dass ein Mercedes-Benz Werk in Bremen Akten mit Krankheitsdaten seiner Mitarbeiter angelegt habe. Die erkrankten Arbeitnehmer seien nach ihrer Rückkehr vom Meister nach der Krankheit befragt worden. Dies sei dann in einem Krankenordner gespeichert und auf einer wöchentlichen Sitzung vom Abteilungsleiter mit Teamleitern, Meistern und einem Mitglied des Betriebsrats ausgewertet worden. Der Konzern gab an, dass es sich um einen Einzelfall handele, für den nur einzelne Mitarbeiter, nicht der Konzern selbst, verantwortlich gewesen sei.
Schließlich meldete die Süddeutsche Zeitung, dass die Drogeriekette Müller ebenfalls die Krankengeschichte ihrer Mitarbeiter ausforsche. Dort hat man anscheinend als „Krankenrückkehrgespräch“ bezeichnete Formulare verwendet, die Mitarbeiter und Vorgesetzte gemeinsam ausgefüllt hätten. Die Beschäftigten hätten darüber Auskunft geben müssen, ob sie wegen derselben Ursache im laufenden Kalenderjahr bereits krank gewesen seien und ob die Genesung vollständig abgeschlossen sei.
Eine Vorgehensweise von Arbeitgebern wie in den oben genannten drei Fällen verstößt gegen das Datenschutzrecht. Auch arbeitsrechtliche Regelungen erlauben es dem Arbeitgeber nicht, sie vom Arbeitnehmer zu verlangen oder gar zu speichern.
Eine Datenverarbeitung, und dazu zählt sowohl das Erfragen von Informationen als auch das Speichern dieser Informationen in Akten, ist gemäß § 28 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nur unter engen Voraussetzungen erlaubt. Grundsätzlich gilt, dass der Betroffene entweder in die Datenverarbeitung einwilligen oder die Datenverarbeitung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich sein muss.
Bei Informationen, die die Krankheit selbst und nicht nur die Anzahl der Fehltage betreffen, gilt zudem eine Besonderheit. Es handelt sich gemäß § 3 Abs. 9 BDSG hierbei um so genannte sensitive Daten, bei denen der Betroffene besonders schutzbedürftig ist. Hier gelten strengere Voraussetzungen für eine Datenverarbeitung (§ 28 Abs. 6 BDSG).
Eine wirksame Einwilligung der Arbeitnehmer dürfte vorliegend auszuschließen sein. Dass Arbeitnehmer nämlich auf Nachfrage „freiwillig“ Angaben über ihre Krankheit machen, ist für eine Einwilligung nicht ausreichend. Sie muss schriftlich und vorab gegeben werden und es braucht einen Hinweis auf den Umfang und Zweck der Datenverarbeitung. Eine Einwilligung kann zwar – theoretisch – auch in formularvertraglich und vorab im Arbeitsvertrag erteilt werden, muss dann besonders hervorgehoben und inhaltlich „transparent“ sein, was oft nicht der Fall ist. Zudem sind Krankheiten wie erwähnt „sensitive“ Daten, bei denen der Betroffene über den konkreten Inhalt der Daten, die verarbeitet werden sollen, Bescheid wissen muss, was mit einer im Arbeitsvertrag enthaltenen Vorabeinwilligung unvereinbar ist.
Außerdem ist auch die Datenverarbeitung unzulässig, da sie nicht erforderlich im Sinne von § 28 Abs. 1 BDSG ist. Rechtlich „erforderlich“ sind für den Arbeitgeber nur Informationen über die Fehlzeiten selber.
Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass der Arbeitgeber gemäß § 3 EFZG zu einer Entgeltfortzahlung nicht verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Sechsmonatszeitraums mehr als sechs Wochen wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig ist. Eine solche Folgeerkrankung liegt etwa vor, wenn ein Arbeitnehmer wegen eines Armbruches krank ist und nach seiner Genesung erneut fehlt, weil die eingesetzten Schrauben entfernt werden müssen. Der Arbeitgeber braucht in diesem Fall nur die Information, ob eine Folgeerkrankung vorliegt oder nicht, was der behandelnde Arzt ggf. bescheinigen muss.
Rechtlich unerheblich ist auch, dass häufige oder langwierige Erkrankungen einen Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung darstellen, wenn dies zu einer negativen Prognose in bezug auf die künftige Leistungsfähigkeit führt. Um über eine krankheitsbedingte Kündigung zu entscheiden, kann sich der Arbeitgeber nämlich nach der Rechtsprechung zunächst auf die ihm erkennbaren Aspekte der Krankheit – sprich: die Fehlzeiten – beziehen. Es ist dann Aufgabe des gekündigten Arbeitnehmers, im Kündigungsschutzprozess darzulegen, welche Krankheitsursachen für die Fehlzeiten verantwortlich waren und warum daher eine negative Prognose nicht begründet ist. Erst in dieser Situation besteht für den Arbeitnehmer die Obliegenheit, den ihn behandelnden Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden.
Auch das Interesse des Arbeitgebers zu verhindern, dass eine Erkrankungen vorgetäuscht wird, macht Informationen über Krankheitsursachen und deren Speicherung nicht erforderlich. Der Arbeitgeber darf nur bei einem konkreten Verdacht prüfen, ob der Arbeitnehmer eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vortäuscht. Dem trägt das bestehende Recht durch die Möglichkeit Rechnung, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen den Arbeitnehmer einbestellen und ärztlich auf die behauptete Arbeitsunfähigkeit hin untersuchen lassen kann. An welcher Krankheit der Arbeitnehmer leidet, geht daher auch in diesem Fall den Arbeitgeber rechtlich nichts an.
Als einzige Ausnahme von der Regel, dass Krankheitsursachen den Arbeitgeber rechtlich nichts angehen, werden in der arbeitsrechtlichen Literatur ansteckende und zugleich gefährliche Krankheiten genannt, da der Arbeitgeber ein rechtlich schützenswertes Interesse daran hat, die Ansteckung von anderen Mitarbeitern oder von Kunden zu vermeiden. Im Verhältnis dazu wiegt das Interesse des Arbeitnehmers, seine Krankheitsdiagnose geheimzuhalten, weniger schwer. Je nach Lage des Einzelfalls kann daher in einer solchen Situation ausnahmsweise einmal ein Auskunftsanspruch des Arbeitgeber bestehen. Arbeitnehmer sollten daher wissen, dass sie Angaben über die Ursachen ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit im Allgemeinen verweigern können. Arbeitgeber sollten wissen, dass sie dennoch erlangte Informationen über Krankheiten bzw. Krankheitsursachen nicht speichern dürfen. Bei Verstößen sollte der (betriebliche) Datenschutzbeauftragte eingeschaltet werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- "Neue Datenaffäre im Handel. Müller forscht Mitarbeiter aus.": www.sueddeutsche.de, 17.04.2009
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 10/044 Bußgeld wegen Verstoß gegen Datenschutz
- Arbeitsrecht aktuell: 09/137 Gesetz zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften, vom 10.07.2009
- Arbeitsrecht aktuell: 09/025 Was darf die Bahn?
Letzte Überarbeitung: 10. August 2018
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