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ArbG Stuttgart, Urteil vom 12.08.2014, 5 Ca 751/14
Schlagworte: | Werkvertrag, Scheinwerkvertrag, Arbeitnehmerüberlassung | |
Gericht: | Arbeitsgericht Stuttgart | |
Aktenzeichen: | 5 Ca 751/14 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 12.08.2014 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Arbeitsgericht Stuttgart
Aktenzeichen: 5 Ca 751/14
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 7.290,52 € festgesetzt.
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Tatbestand
Die Parteien streiten über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und die Beschäftigung der Klägerin.
Die am 00. 00 1972 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin war auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 4. Februar 2004 (Bl. 7 bis 12 d. A.) seit 9. Februar 2004 als CAD-Konstrukteurin bei der I. GmbH, die ausweislich der Erlaubnis vom 22. April 1998 (Bl. 305 d. A.) seit dem 9. Mai 1995 über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung verfügt, beschäftigt. Sie wurde von Anbeginn des Arbeitsverhältnisses an bei der Beklagten, einer Automobilherstellerin, mit der die I. GmbH einen Werkvertrag über die Erbringung von CAD-Konstruktionsleistungen abgeschlossen hatte (vgl. die Vertragsunterlagen Bl. 270 bis 304 d. A.), in deren Werk in S.-U. im Bereich „Technischer Anwendungssupport“ eingesetzt. Für die Abwicklung des Werkvertrags waren als Ansprechpartner seitens der I. GmbH Frau C., seitens der Beklagten bis März 2013 Herr T. und anschließend Herr F. eingesetzt. Ab 2011 umfassten die von der I. GmbH zu erbringenden Konstruktionsleistungen die AdBlue-Tank-Konstruktionen für die Lkw-Entwicklung, Abteilung TP/ESW.
Die Klägerin war auf Grund einer Vertragsänderung vom 19. Dezember 2011 (Bl. 13 d. A.) an vier Tagen pro Woche 20 Stunden in der Abteilung TP/ESW der Beklagten eingesetzt und erzielte einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 1.822,63 €. Der Werkvertrag der Beklagten mit der I. GmbH endete zum 31. Dezember 2013. Diese kündigte das mit der Klägerin abgeschlossene Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. Oktober 2013 (Bl. 15 d. A.) unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe zum 31. Januar 2014. Über die hiergegen von der Klägerin erhobene Kündigungsschutzklage ist noch nicht entschieden worden.
Die Klägerin trägt vor: Der Betrieb der I. GmbH sei vollumfänglich auf die Beklagte übergegangen. Die Betriebsstätte, in der die Klägerin gearbeitet habe, die Einrichtungen und das sonstige Personal des Teams mit Ausnahme des ebenfalls bei der I. GmbH beschäftigten Kollegen der Klägerin, Herrn P., seien noch vorhanden. Die Identität der wirtschaftlichen Einheit sei gewahrt, Veränderungen der betrieblichen Organisation seien nicht erfolgt. Der Teilbetrieb, in dem die Klägerin tätig war, werde auf Grund Rechtsgeschäfts, nämlich der Abwicklung des auslaufenden Werkvertrags, von der Beklagten ohne Unterbrechung fortgeführt. Alle von der Klägerin ausgeführten Aufgaben würden weiterhin im Betrieb der Beklagten erledigt.
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Allerdings sei bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zustande gekommen, da die Klägerin bereits von Anfang an im Rahmen eines sogenannten Werkvertrages von der I. GmbH der Beklagten als CAD-Konstrukteurin überlassen worden sei. Bei der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der I. GmbH handle es sich um einen Scheinwerkvertrag und in Wirklichkeit um nicht genehmigte und den Anforderungen des § 12 AÜG nicht entsprechende Arbeitnehmerüberlassung. Von ihrer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung habe die I. GmbH im konkreten Fall keinen Gebrauch gemacht. Der sich über fast 10 Jahre erstreckende Einsatz der Klägerin im Betrieb der Beklagten sei auch nicht mehr als vorübergehende Überlassung im Sinne des § 1 AÜG anzusehen. Die Klägerin sei vollständig in das überwiegend aus Arbeitnehmern der Beklagten bestehende Team integriert gewesen. Sie habe im laufenden Geschäft den Anweisungen der in der Hierarchie der Betriebsorganisation übergeordneten Mitarbeitern der Beklagten unterlegen. Arbeitsanweisungen habe sie stets über E-Mail von verschiedenen Mitarbeitern der Beklagten (s. Bl. 52 bis 228 d. A.) und persönlich (vgl. Bl. 229 bis 240 d. A.) erhalten, jedoch zu keinem Zeitpunkt durch die I. GmbH. Abstimmungsgespräche hätten grundsätzlich mit Herrn G., dem für die Entwicklung und Betreuung des Projektis „AdBlue-Tank-25 Liter“ zuständigen Ingenieur, stattgefunden, der ihr Vorgesetzter und Ansprechpartner gewesen sei. Sie habe mit den zuständigen Stellen der Beklagten ihre Urlaubsplanung abgestimmt, während die I. GmbH vom gewährten Urlaub nur nachrichtlich Kenntnis erhalten habe, um diese Information in den Vergütungsabrechnungen der Klägerin verwerten zu können. In gleicher Weise habe sie sich im Falle der Arbeitsunfähigkeit zunächst bei der Beklagten krank gemeldet; die I. GmbH habe schließlich nachrichtlich zum Zwecke der Lohnabrechnung ebenfalls Kenntnis erhalten.
Die Klägerin beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als CAD-Konstrukteurin entsprechend ihrer bisherigen Tätigkeit in der Lkw-Entwicklung, Technischer Anwendungssupport, Abteilung TP/ESW zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor: Ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden. Die Klägerin habe nicht substanziiert zu den einzelnen Voraussetzungen nach § 613 a BGB vorgetragen.
Zwischen ihr und der Klägerin hätten zu keinem Zeitpunkt vertragliche Beziehungen bestanden. Der Klägerin und Herrn P. sei ein klar abgetrennter und als Fremdfirmenarbeitsplatz ausgewiesener Arbeitsplatz in der Abteilung TP/ESW zugewiesen gewesen. Es handle sich um ein Großraumbüro, in dem die Arbeitsplätze der Klägerin und ihres Kollegen abgetrennt und eigens gekennzeichnet gewesen seien. Bei allen von der Klägerin vorgelegten E-Mails handle es sich um Konkretisierungen der zu erbringenden Werkleistungen, für die die Klägerin als Erfüllungsgehilfin von der I. GmbH bei der Beklagten eingesetzt worden sei. Welche Teile wie konstruiert und gezeichnet werden müssen und welche Erfordernisse hierbei beachtet werden sollen, könne naturgemäß zum Zeitpunkt des Abschlusses des Werkvertrages noch nicht feststehen und bedürfe daher zwingend einer weiteren Konkretisierung. Die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt in die Organisation der Beklagten eingegliedert gewesen. Auch eine - nicht vorliegende - Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der Beklagten hätte nur zur Folge, dass das zwischen den Beklagten und der I. GmbH bestehende Vertragsverhältnis nicht als Werkvertrag, sondern als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren wäre. § 10 Abs. 1 AÜG fingiere nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Alle anderen Verstöße gegen das AÜG führten nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher. Die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung dürfe auch nicht über § 242 BGB umgangen werden.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften vom 14. März 2014 und 12. August 2014 verwiesen.
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Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für Antrag Ziffer 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Arbeitnehmer mit der allgemeinen Feststellungsklage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu einem vermeintlichen Entleiher auf Grundlage der Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes geltend machen. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, weil die Parteien über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und damit über ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis streiten (LAG Baden-Württemberg 1. August 2013 - 2 Sa 6/13 - NZA 2013, 1017).
B.
Die Klage ist aber unbegründet.
I.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist kein Arbeitsverhältnis begründet worden.
1. Die Klägerin hat nicht substanziiert dargelegt, dass die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB vorliegen. Es fehlt schon an der Darlegung eines Rechtsgeschäfts. Die Abwicklung eines auslaufenden Werkvertrags stellt ein solches nicht dar. Der Übergang von Betriebsmitteln ist nicht ersichtlich, im Gegenteil trägt die Klägerin selbst vor, dass sie an Arbeitsplatzrechnern der Beklagten eingesetzt worden sei. Auch der Übergang von Personal ist nicht dargelegt. Weder die Klägerin noch Herr P. werden von der Beklagten weiter beschäftigt.
2. Zwischen den Parteien ist auch kein Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 AÜG zustande gekommen.
a) Zwischen der Beklagten und der I. GmbH haben werkvertragliche Beziehungen bestanden, wie sich sowohl aus dem Inhalt der abgeschlossenen Verträge als auch aus deren tatsächlicher Handhabung ergibt.
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aa) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AÜG liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen. Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat. Dabei unterfällt nicht jeder in diesem Sinne drittbezogene Arbeitseinsatz dem AÜG. Arbeitnehmerüberlassung ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werkvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werks erteilen. Solche Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst. Über die rechtliche Einordnung des Vertrages zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht. Die Vertragsschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des AÜG nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrags ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten
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Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp. Einzelne Vorgänge der Vertragsabwicklung sind zur Feststellung eines vom Vertragswortlaut abweichenden Geschäftsinhalts nur geeignet, wenn es sich dabei nicht um untypische Einzelfälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handelt (BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 723/10 - AP AÜG § 9 Nr. 10 = EzA AÜG § 1 Nr. 14).
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Klägerin bei der Beklagten nicht im Wege der Arbeitnehmerüberlassung tätig geworden.
Die vertraglichen Vereinbarungen geben keine Anhaltspunkte dafür her, dass die I. GmbH und die Beklagte keine werkvertraglichen Beziehungen begründen wollten. Insbesondere ist nirgends vorgesehen, dass die I. GmbH ihr zukommende arbeitsvertragliche Weisungsrechte auf die Beklagte überträgt.
Auch die tatsächliche Handhabung der Vereinbarung lässt nicht auf eine Arbeitnehmerüberlassung schließen.
Soweit die Klägerin E-Mails vorgelegt hat, die teilweise Anweisungen von Arbeitnehmern der Beklagten dazu enthalten, wie sie gewisse Aufgaben erledigen soll, so sind diese als projektbezogene Anweisungen im Sinne des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB zu qualifizieren. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass im zugrundeliegenden Werkvertrag nicht von vornherein jedes Detail des zu erstellenden Werkes geregelt werden konnte. Die Klägerin war ja gerade bei der Entwicklung eines neues Lkw-Tanks tätig.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin in zeitlicher Hinsicht in den Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen wäre. Sie hat nicht behauptet, dass sie hinsichtlich Arbeitsbeginn und -ende oder Lage der Pause an Vorgaben der Beklagten gebunden gewesen wäre. Aus den vorgelegen Mails ergibt sich, dass die Klägerin beispielsweise hinsichtlich des von ihr geplanten Arbeitsendes nur eine entsprechende Information an die Beklagte sandte, aber nicht auf eine Genehmigung oder ähnliches angewiesen war (vgl. z. B.
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Bl. 91 der Akte: „Ich muss heute um 14.15 Uhr gehen“). Gleiches gilt hinsichtlich der Urlaubsnahme und des Verhaltens bei Krankmeldungen. Die Klägerin hat Mitarbeitern der Beklagten lediglich mitgeteilt, wann sie Urlaub hatte (vgl. z. B. Bl. 179 und 201 der Akte). Eine entsprechende Genehmigung seitens der Beklagten war nicht erforderlich. Auch eine Verpflichtung zur Anzeige ihrer Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten hat die Klägerin nicht behauptet. Dass sie sich tatsächlich bei der Beklagten arbeitsunfähig gemeldet hat, ist schon deshalb im hier vorliegenden Zusammenhang rechtlich unerheblich, weil sie nicht behauptet, dass die für die Vertragsdurchführung verantwortlichen Personen hiervon Kenntnis hatten. Deshalb ist auch unerheblich, dass sie sich nach Erledigung einer Teilaufgabe an Fachvertreter der Beklagten gewandt und angezeigt hat, für neue Aufgaben zur Verfügung zu stehen.
Auch die gelegentliche Teilnahme an internen Besprechungen der Beklagten stellt kein Indiz für eine Arbeitnehmerüberlassung dar. Das Erfordernis der Teilnahme an Arbeitsbesprechungen lässt nicht den Schluss auf eine arbeitsrechtliche Weisungsunterworfenheit zu (BAG 15. April 2014 - 3 AZR 395/11 - juris).
Die Klägerin war zwar im „Who is Who“ der Beklagten eingetragen, jedoch deutlich als Fremdfirmenmitarbeiterin gekennzeichnet. Auch der Werksausweis der Klägerin war als Ausweis einer Fremdfirmenmitarbeiterin gekennzeichnet und in einer anderen Farbe als die Werksausweise der eigenen Mitarbeiter der Beklagten gehalten. Auch hieraus lassen sich somit keine Anhaltspunkte für die behauptete Eingliederung in den Betrieb der Beklagten ableiten.
b) Selbst wenn der zwischen der I. GmbH und der Beklagten geschlossene Vertrag entgegen der hier vertretenen Auffassung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu qualifizieren wäre, würde dies nicht zu der von der Klägerin gewünschten Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien führen. Die I. GmbH ist seit 1995 im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, was eine Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG iVm. § 9 AÜG ausschließt. Unerheblich wäre, ob bei der Klägerin eine nicht vorübergehende Überlassung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG anzunehmen wäre. Mit der Streichung des § 13 AÜG in der bis zum 31. März 1997 geltenden
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Fassung mit Wirkung zum 1. April 1997 gab es keine gesetzliche Grundlage mehr für das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer. Auch wenn in der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG mit Wirkung zum 1. Dezember 2011 eine nicht mehr vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung wieder verboten wurde (BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 - AP AÜG § 1 Nr. 33 = EzA AÜG § 1 Nr. 17), so bewirkt eine nicht nur vorübergehende Überlassung des Leiharbeitnehmers an einen Entleiher nicht das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses (BAG 10. Dezember 2013 - 9 AZR 51/13 - AP AÜG § 1 Nr. 34 = EzA AÜG § 1 Nr. 18; LAG Berlin-Brandenburg 17. Dezember 2013 - 3 Sa 1092/13 - juris). Diese vom Bundesarbeitsgericht bezüglich der nicht vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung aufgestellten Grundsätze gelten auch bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen eines Scheinwerkvertrages (Arbeitsgericht Stuttgart 8. April 2014 - 16 BV 121/13 - BB 2014, 1980; Hamann, jurisPR-ArbR 22/2014 Anmerkung 1). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es unerheblich, dass sie von der der I. GmbH erteilten Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung keine Kenntnis hatte und diese bei Abschluss ihrer Verträge mit der Beklagten hiervon - so die Klägerin - „keinen Gebrauch machte“. Das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses kraft Gesetzes greift intensiv in die Vertragsfreiheit von Entleiher und Leiharbeitnehmer ein. Dieser Eingriff kann nach der dem Gesetzgeber zukommenden Einschätzungsprärogative allenfalls verhältnismäßig sein, wenn sich ein Arbeitgeber unter Umgehung der durch § 3 AÜG bezweckten präventiven Seriösitätskontrolle als Verleiher betätigt. Davon unterscheidet sich die Situation bei der Praktizierung eines Scheinwerkvertrages, wenn der als Werkunternehmer auftretende Verleiher über eine Überlassungserlaubnis verfügt. Da sich ein solcher Verleiher der Seriösitätskontrolle nicht entzogen hat, besteht prinzipiell keine Veranlassung, ihn als unzuverlässig anzusehen. Damit entfällt die Grundvoraussetzung, um dem Arbeitsverhältnis mit ihm jegliche Existenzberechtigung abzusprechen. Dem Schutzinteresse der Arbeitnehmer wird dadurch entsprochen, dass sie von dem Verleiher gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG diejenigen wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts beanspruchen können, die einem im Betrieb des Auftraggebers beschäftigten vergleichbaren Arbeitnehmer gewährt werden (Hamann aaO).
II.
Da zwischen den Parteien keine Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, kann die Klägerin von der Beklagte auch nicht ihre Beschäftigung verlangen.
C
I.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
II.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt dem Grunde nach gem. § 61 Abs. 1 ArbGG, der Höhe nach gem. § 42 Abs. 2 GKG. Antrag Ziff. 1 wurde mit 3 Bruttomonatseinkommen der Klägerin, Antrag Ziff. 2 mit einem weiteren Bruttomonatseinkommen bewertet.
III.
Die Statthaftigkeit der Berufung folgt aus § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG.
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