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BAG, Ur­teil vom 20.11.2014, 2 AZR 755/13

   
Schlagworte: Betriebliches Eingliederungsmanagement, Kündigung, Krankheit
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 755/13
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 20.11.2014
   
Leitsätze:

1. Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung eines gesetzlich gebotenen betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) zu ergreifen. Dazu gehört, dass er den Arbeitnehmer auf die Ziele des bEM sowie die Art und den Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinweist.

2. Hat der Arbeitgeber die gebotene Initiative nicht ergriffen, muss er zur Darlegung der Verhältnismäßigkeit einer auf krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützten Kündigung nicht nur die objektive Nutzlosigkeit arbeitsplatzbezogener Maßnahmen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG aufzeigen. Er muss vielmehr auch dartun, dass künftige Fehlzeiten ebenso wenig durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger in relevantem Umfang hätten vermieden werden können.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Fulda, Urteil vom 2.10.2012 - 1 Ca 471/11
Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil vom 3.6.2013 - 21 Sa 1456/12
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

2 AZR 755/13
21 Sa 1456/12
Hes­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
20. No­vem­ber 2014

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le


In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 20. No­vem­ber 2014 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Ber­ger, den

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Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Nie­mann so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Kri­chel und Dr. Grim­berg für Recht er­kannt:

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 3. Ju­ni 2013 - 21 Sa 1456/12 - wird auf ih­re Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten - noch - über die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung.

Die Be­klag­te ent­wi­ckelt und ver­treibt Hy­gie­ne­ar­ti­kel. Der 1964 ge­bo­re­ne Kläger ist bei ihr seit Ju­ni 1991 als Ma­schi­nenführer tätig. Zu­letzt war er - als ei­ner von et­wa 220 Ar­beit­neh­mern - im Be­trieb E im Drei­schicht­mo­dell beschäftigt. Sein mo­nat­li­cher Brut­to­ver­dienst be­lief sich auf ca. 2.700,00 Eu­ro.

Der Kläger war seit Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses we­gen un­ter­schied­li­cher Er­kran­kun­gen wie­der­holt ar­beits­unfähig. Im Jahr 2006 war er ab dem 27. Ju­li an we­nigs­tens 59 Ta­gen we­gen ei­ner Hand­ver­let­zung nicht ar­beitsfähig. Im Jahr 2007 fehl­te er we­gen ei­ner an­de­ren Hand­ver­let­zung 105 und auf­grund ei­ner Kon­taktall­er­gie wei­te­re 30 Ta­ge. Im Jahr 2008 war er an 69 Ta­gen, im Jahr 2009 an 74 Ta­gen, im Jahr 2010 an 62 Ta­gen und im Jahr 2011 an 125 Ta­gen we­gen Krank­heit ar­beits­unfähig. Zwei Fehl­ta­ge im Jahr 2008 und 21 Fehl­ta­ge im Jahr 2009 wa­ren auf Ar­beits­unfälle zurück­zuführen. Von den Krank­heits­ta­gen im Jahr 2011 ent­fie­len 117 Ta­ge auf ein Hüft­lei­den. We­gen die­ser Er­kran­kung un­ter­zog sich der Kläger am 28. März 2011 ei­ner Ope­ra­ti­on.

Die Fehl­zei­ten ver­teil­ten sich auf un­ter­schied­lich lan­ge Zeiträume, je­weils un­ter­bro­chen durch Ta­ge der Ar­beitsfähig­keit.

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Im Jahr 2004 stell­te sich der Kläger auf Er­su­chen der Be­klag­ten beim ar­beits­me­di­zi­ni­schen Dienst vor. Es folg­ten wei­te­re Be­gut­ach­tun­gen En­de 2009/An­fang 2010 und im Sep­tem­ber 2011. In den be­triebsärzt­li­chen Stel­lung­nah­men hieß es je­weils, ge­gen ei­ne Beschäfti­gung des Klägers bestünden kei­ne ge­sund­heit­li­chen Be­den­ken. Im Schrei­ben vom 2. Fe­bru­ar 2010 wur­de außer­dem be­rich­tet, es hätten sich kei­ne Hin­wei­se dar­auf er­ge­ben, dass die gehäuf­ten krank­heits­be­ding­ten Fehl­zei­ten in der Ver­gan­gen­heit im Zu­sam­men­hang mit dem Ar­beits­platz ste­hen könn­ten. Im Sep­tem­ber 2010 teil­te die Be­rufs­ge­nos­sen­schaft der Be­klag­ten mit, sie ha­be dem Kläger ein­sei­tig be­schich­te­te Strick­hand­schu­he zur Verfügung ge­stellt, bei de­ren Ver­wen­dung sich ar­beits­be­ding­te Kon­taktall­er­gi­en ver­mei­den ließen.

Mit Schrei­ben vom 29. No­vem­ber 2011 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en or­dent­lich zum 30. Ju­ni 2012.

Da­ge­gen hat der Kläger recht­zei­tig die vor­lie­gen­de Kla­ge er­ho­ben. Er hat gel­tend ge­macht, die Kündi­gung sei so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt. Die seit dem Jahr 2008 auf­ge­tre­te­nen Fehl­zei­ten sei­en - so­weit nicht auf Ar­beits­unfällen und den Hüft­be­schwer­den be­ru­hend - im We­sent­li­chen auf ei­ne Kon­taktall­er­gie, ei­nen Fer­sen­sporn, Erkältungs­krank­hei­ten, in ge­rin­gem Um­fang auf ei­ne Herz-/Kreis­lauf­er­kran­kung so­wie zwei in der Frei­zeit er­lit­te­ne Unfälle zurück­zuführen. Die Fehl­zei­ten in­di­zier­ten kei­ne ne­ga­ti­ve Zu­kunfts­pro­gno­se. Mit dem Auf­tre­ten der All­er­gie sei nach den Maßnah­men der Be­rufs­ge­nos­sen­schaft und beim Tra­gen der emp­foh­le­nen Schutz­hand­schu­he nicht mehr zu rech­nen. Sein Hüft­lei­den sei zwi­schen­zeit­lich aus­ge­heilt. Der Fer­sen­sporn sei gleich­falls er­folg­reich the­ra­piert. Sei­ne Erkältungs­krank­hei­ten sei­en durch Zug­luft am Ar­beits­platz aus­gelöst oder begüns­tigt wor­den. Je­den­falls sei die Kündi­gung un­verhält­nismäßig. Die Be­klag­te ha­be ein be­trieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­na­ge-ment (bEM) nicht durch­geführt. Sie könne sich des­halb nicht dar­auf be­ru­fen, al­ter­na­ti­ve Möglich­kei­ten zur Ver­mei­dung oder doch er­heb­li­chen Ver­rin­ge­rung künf­ti­ger Fehl­zei­ten hätten nicht be­stan­den. Das sei auch ob­jek­tiv falsch. Ne-ben Verände­run­gen am Ar­beits­platz, des­sen bis­he­ri­ger Zu­schnitt ein kon­ti­nu­ier­li­ches Trep­pen­stei­gen er­for­de­re, ha­be ein ge­eig­ne­tes „Ge­sund­heits­ma­nage­ment“ zur Sta­bi­li­sie­rung sei­nes Ab­wehr- und Im­mun­sys­tems bei­tra­gen können.

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Dies be­le­ge ei­ne zwi­schen­zeit­lich durch­geführ­te Re­ha-Maßnah­me, in de­ren Fol­ge sich sein Ge­sund­heits­zu­stand deut­lich ge­bes­sert ha­be. Un­abhängig da­von sei der Be­triebs­rat nicht ord­nungs­gemäß zur Kündi­gung an­gehört wor­den.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt 

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die Kündi­gung vom 29. No­vem­ber 2011 nicht auf­gelöst wor­den ist;

2. für den Fall des Ob­sie­gens mit dem Kündi­gungs­schutz­an­trag die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, ihn bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Rechts­streits zu den bis­he­ri­gen Ar­beits­be­din­gun­gen als Ma­schi­nenführer wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gung sei durch Gründe in der Per­son des Klägers be­dingt. Die­ser sei bis ein­sch­ließlich des 25. No­vem­ber 2011 an ins­ge­samt 1061 Ta­gen we­gen Krank­heit ar­beits­unfähig ge­we­sen. Da­von ha­be sie für 803 Ta­ge Ent­gelt­fort­zah­lung ge­leis­tet. Die er­heb­li­chen Fehl­zei­ten sprächen für ei­ne erhöhte Krank­heits­anfällig­keit des Klägers und be­gründe­ten ei­ne ne­ga­ti­ve Ge­sund­heits­pro­gno­se. Dies wie­der­um be­ein­träch­ti­ge ih­re be­trieb­li­chen In­ter­es­sen er­heb­lich. Sie ha­be da­mit rech­nen müssen, an den Kläger wei­ter­hin Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fal­le für die Dau­er von mehr als sechs Wo­chen jähr­lich leis­ten zu müssen. Ih­re Ver­pflich­tung zur Durchführung ei­nes bEM ha­be sie mit den in Auf­trag ge­ge­be­nen ar­beits­me­di­zi­ni­schen Un­ter­su­chun­gen erfüllt. Je­den­falls ste­he auf­grund der be­triebsärzt­li­chen Stel­lung­nah­men fest, dass die Krank­heits­anfällig­keit des Klägers nicht durch or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ände­run­gen ha­be über­wun­den wer­den können. Die Kündi­gung sei da­mit selbst dann verhält­nismäßig, wenn es an ei­nem re­gel­kon­for­men bEM feh­len soll­te. Auf die all­ge­mei­ne Ge­sund­heits­präven­ti­on im Rah­men außer­be­trieb­li­cher Maßnah­men sei der ge­setz­lich vor­ge­ge­be­ne Klärungs­pro­zess nicht an­ge­legt.

Die Vor­in­stan­zen ha­ben der Kla­ge im noch rechtshängi­gen Um­fang statt­ge­ge­ben. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt die Be­klag­te ihr Be­geh­ren wei­ter, die
Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen.

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Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on ist un­be­gründet. 

A. Die Re­vi­si­on ist statt­haft und auch im Übri­gen zulässig. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat sie im Te­nor sei­nes Ur­teils zu­ge­las­sen. Dar­an ist der Se­nat gemäß § 72 Abs. 3 ArbGG ge­bun­den (vgl. BAG 16. April 1997 - 4 AZR 653/95 - zu I der Gründe). Ei­ne Über­prüfung der Zu­las­sungs­ent­schei­dung - wie sie der Kläger of­fen­bar an­strebt - fin­det nicht statt.

B. Die Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat der Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu Recht statt­ge­ge­ben. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist durch die Kündi­gung vom 29. No­vem­ber 2011 nicht auf­gelöst wor­den (I.). Der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag fällt dem Se­nat nicht zur Ent­schei­dung an (II.).

I. Die Kündi­gung ist so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt und da­mit rechts­un­wirk­sam (§ 1 Abs. 1 KSchG). Sie ist nicht durch Gründe in der Per­son des Klägers be­dingt (§ 1 Abs. 2 KSchG). Sie er­weist sich - un­ge­ach­tet der er­heb­li­chen Fehl­zei­ten - als un­verhält­nismäßig.

1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist zu­tref­fend von den Grundsätzen aus­ge­gan­gen, die der Se­nat zur Kündi­gung we­gen häufi­ger (Kurz-)Er­kran­kun­gen ent­wi­ckelt hat (vgl. aus jünge­rer Zeit BAG 10. De­zem­ber 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 15; 1. März 2007 - 2 AZR 217/06 - Rn. 15, BA­GE 121, 335). Auch wenn sich ein­zel­ne Krank­heits­pha­sen über meh­re­re Mo­na­te er­streck­ten, liegt an­ge­sichts der Viel­zahl der in Re­de ste­hen­den Krank­heits­bil­der und des häufi­gen Wech­sels von Krank­heits- und Ar­beits­pha­sen nicht der Tat­be­stand ei­ner lang an­hal­ten­den Er­kran­kung vor.

2. Bei häufi­gen (Kurz-)Er­kran­kun­gen ist, da­mit sie ei­ne Kündi­gung so­zi­al recht­fer­ti­gen können, zunächst ei­ne ne­ga­ti­ve Ge­sund­heits­pro­gno­se er­for­der­lich. Es müssen im Kündi­gungs­zeit­punkt ob­jek­ti­ve Tat­sa­chen vor­lie­gen, die die Be­sorg­nis wei­te­rer Er­kran­kun­gen im bis­he­ri­gen Um­fang befürch­ten las­sen - ers­te Stu­fe. Die pro­gnos­ti­zier­ten Fehl­zei­ten müssen außer­dem zu ei­ner er­heb-

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li­chen Be­ein­träch­ti­gung der be­trieb­li­chen In­ter­es­sen führen, was als Teil des Kündi­gungs­grun­des - zwei­te Stu­fe - fest­zu­stel­len ist. Die­se Be­ein­träch­ti­gun­gen können so­wohl in Be­triebs­ab­laufstörun­gen als auch in zu er­war­ten­den Ent­gelt-fort­zah­lungs­kos­ten lie­gen, so­fern die Zah­lun­gen ei­nen Um­fang von sechs Wo­chen über­stei­gen (bspw. BAG 10. De­zem­ber 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 15). Im Rah­men der ge­bo­te­nen In­ter­es­sen­abwägung - drit­te Stu­fe - ist schließlich zu prüfen, ob die Be­ein­träch­ti­gun­gen vom Ar­beit­ge­ber gleich­wohl hin­ge­nom­men wer­den müssen (BAG 10. De­zem­ber 2009 - 2 AZR 400/08 - aaO; 1. März 2007 - 2 AZR 217/06 - Rn. 15, BA­GE 121, 335).

3. Tre­ten während der letz­ten Jah­re jähr­lich meh­re­re (Kurz-)Er­kran­kun­gen auf, spricht dies für ei­ne ent­spre­chen­de künf­ti­ge Ent­wick­lung des Krank­heits­bil­des, es sei denn, die Krank­hei­ten sind aus­ge­heilt (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 217/06 - Rn. 17, BA­GE 121, 335; 10. No­vem­ber 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 20). Der Ar­beit­ge­ber darf sich des­halb auf der ers­ten Prüfungs­stu­fe zunächst dar­auf be­schränken, die Fehl­zei­ten der Ver­gan­gen­heit dar­zu­stel­len und zu be­haup­ten, in Zu­kunft sei­en Krank­heits­zei­ten in ent­spre­chen­dem Um­fang zu er­war­ten (BAG 10. No­vem­ber 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 24; 17. Ju­ni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b aa der Gründe mwN, BA­GE 92, 96). Als­dann ist es Sa­che des Ar­beit­neh­mers, gemäß § 138 Abs. 2 ZPO dar­zu­le­gen, wes­halb im Kündi­gungs­zeit­punkt mit ei­ner bal­di­gen Ge­ne­sung zu rech­nen war. Er genügt die­ser pro­zes­sua­len Mit­wir­kungs­pflicht schon dann, wenn er vorträgt, die be­han­deln­den Ärz­te hätten sei­ne ge­sund­heit­li­che Ent­wick­lung po­si­tiv be­ur­teilt, und wenn er die­se von ih­rer Schwei­ge­pflicht ent­bin­det. Je nach Er­heb­lich­keit des Vor­trags ist es dann Sa­che des Ar­beit­ge­bers, den Be­weis für die Be­rech­ti­gung ei­ner ne­ga­ti­ven Ge­sund­heits­pro­gno­se zu führen (BAG 10. No­vem­ber 2005 - 2 AZR 44/05 - aaO mwN).

4. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers er­weist sich da­nach die Kündi­gung nicht be­reits im ers­ten Prüfungs­schritt als un­wirk­sam. Die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die bis­he­ri­gen Fehl­zei­ten hätten im Kündi­gungs­zeit­punkt ei­ne ne­ga­ti­ve Ge­sund­heits­pro­gno­se in­di­ziert und der Kläger ha­be die­se In­diz-wir­kung nicht ent­kräftet, ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

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a) Die Be­klag­te hat die Krank­heits­zei­ten des Klägers nach Zahl, Dau­er und zeit­li­cher Fol­ge im Ein­zel­nen vor­ge­tra­gen. Da­nach war der Kläger auch oh­ne die durch Ar­beits­unfälle be­ding­ten Aus­fall­zei­ten seit Mit­te des Jah­res 2007 in er­heb­li­chem Um­fang we­gen Krank­heit ar­beits­unfähig. Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts stie­gen sei­ne Fehl­zei­ten kon­ti­nu­ier­lich an (vgl. zu die­sem Kri­te­ri­um BAG 23. Ja­nu­ar 2014 - 2 AZR 582/13 - Rn. 32 mwN). Le­dig­lich im Jahr 2010 gin­gen sie ge­genüber dem Vor­jahr leicht zurück, ver­blie­ben aber auf ho­hem Ni­veau. Unschädlich ist, dass das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht starr auf den Zeit­raum der letz­ten drei Jah­re vor Zu­gang der Kündi­gung ab­ge­stellt hat. Es konn­te auch da­vor lie­gen­de Zeit­span­nen ein­be­zie­hen (vgl. BAG 10. No­vem­ber 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 24).

b) Ei­ner ne­ga­ti­ven Pro­gno­se steht nicht ent­ge­gen, dass die Ar­beits­unfähig­keits­zei­ten - den An­ga­ben des Klägers zu­fol­ge - auf un­ter­schied­li­chen Er-kran­kun­gen be­ruh­ten. Selbst wenn die Krank­heits­ur­sa­chen ver­schie­den sind, können sie doch auf ei­ne all­ge­mei­ne Krank­heits­anfällig­keit hin­deu­ten, die pro­gnos­tisch an­dau­ert (BAG 10. No­vem­ber 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 26). Das gilt auch dann, wenn ein­zel­ne Er­kran­kun­gen - et­wa Erkältun­gen - aus­ge­heilt sind. Der Weg­fall ein­zel­ner Er­kran­kun­gen stellt die ge­ne­rel­le Anfällig­keit nicht in­fra­ge. An­ders verhält es sich mit Fehl­zei­ten, die auf ei­nem ein­ma­li­gen Er­eig­nis be­ru­hen. Sie las­sen ei­ne Pro­gno­se für die zukünf­ti­ge Ent­wick­lung eben­so we­nig zu wie Er­kran­kun­gen, ge­gen die er­folg­reich be­son­de­re The­ra­pie­maßnah­men (zB ei­ne Ope­ra­ti­on) er­grif­fen wur­den (vgl. BAG 10. No­vem­ber 2005 - 2 AZR 44/05 - aaO).

c) Da­nach hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt rechts­feh­ler­frei an­ge­nom­men, das künf­ti­ge Auf­tre­ten von Krank­heits­zei­ten im bis­he­ri­gen Um­fang sei auf­grund ei­ner be­son­de­ren Krank­heits­anfällig­keit in­di­ziert. Zwar hat sich der Kläger bezüglich ein­zel­ner Er­kran­kun­gen dar­auf be­ru­fen, er ha­be be­son­de­re The­ra­pie­maßnah­men durch­geführt. Sei­ner Schluss­fol­ge­rung, auf­grund des­sen sei zu­min­dest mit ei­ner deut­li­chen Ver­rin­ge­rung der Fehl­zei­ten zu rech­nen ge­we­sen, wi­der­spricht aber der Um­stand, dass er im An­schluss an die im März 2011 durch­geführ­te Ope­ra­ti­on noch bis Ju­li 2011 und er­neut in der Zeit vom 8. bis

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28. Au­gust 2011 we­gen sei­nes Hüft­lei­dens krank­ge­schrie­ben war. Ei­ne Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­maßnah­me hat er erst nach Zu­gang der Kündi­gung be­gon­nen und durch­geführt. Sie hat des­halb kei­nen Ein­fluss auf die In­dizwir­kung der vor dem Kündi­gungs­zeit­punkt auf­ge­tre­te­nen Fehl­zei­ten (vgl. BAG 21. Fe­bru­ar 2001 - 2 AZR 558/99 - Rn. 20 mwN). Glei­ches gilt für mögli­che - nach der Kündi­gung er­grif­fe­ne - Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Im­mun­ab­wehr. Da­mit ver­blieb es vor der Kündi­gung bei um­fang­rei­chen, ei­ne ne­ga­ti­ve Pro­gno­se stützen­den Ar­beits­unfähig­keits­zei­ten.

d) Der Kläger hat die In­dizwir­kung der Fehl­zei­ten nicht da­durch erschüttert, dass er sich auf das Zeug­nis sei­ner ihn be­han­deln­den Ärz­te be­ru­fen und die­se von der Schwei­ge­pflicht ent­bun­den hat. Zu Recht hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt dar­in nicht die Be­haup­tung er­blickt, die Ärz­te hätten sei­ne ge­sund­heit­li­che Ent­wick­lung bezüglich sämt­li­cher pro­gno­se­tra­gen­der Er­kran­kun­gen im Kündi­gungs­zeit­punkt po­si­tiv be­ur­teilt (zu die­ser An­for­de­rung vgl. BAG 17. Ju­ni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b aa der Gründe, BA­GE 92, 96; 6. Sep­tem­ber 1989 - 2 AZR 19/89 - zu B I 1 b der Gründe). So­weit der Kläger in die­sem Zu­sam­men­hang ei­nen rich­ter­li­chen Hin­weis ver­misst, ist sei­ne Ge­genrüge un­zulässig, zu­min­dest un­be­gründet.

5. Zu­guns­ten der Be­klag­ten kann un­ter­stellt wer­den, dass sie - bei un­veränder­ter Sach­la­ge - da­mit zu rech­nen hat­te, an den Kläger auch zukünf­tig Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall für min­des­tens sechs Wo­chen jähr­lich leis­ten zu müssen. Die Kündi­gung ist den­noch so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt. Sie ist nicht „ul­ti­ma ra­tio“ und des­halb un­verhält­nismäßig. Die Be­klag­te hat das ge­setz­lich vor­ge­se­he­ne bEM un­ter­las­sen, oh­ne dass sie dar­ge­legt hätte, es ha­be im Kündi­gungs­zeit­punkt kein mil­de­res Mit­tel als die Kündi­gung ge­ge­ben, um der in der Be­sorg­nis wei­te­rer Fehl­zei­ten be­ste­hen­den Ver­tragsstörung ent­ge­gen­zu­wir­ken.

a) Ei­ne aus Gründen in der Per­son des Ar­beit­neh­mers aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung ist un­verhält­nismäßig und da­mit rechts­un­wirk­sam, wenn sie zur Be­sei­ti­gung der ein­ge­tre­te­nen Ver­tragsstörung nicht ge­eig­net oder nicht er­for­der­lich ist. Ei­ne Kündi­gung ist durch Krank­heit nicht „be­dingt“, wenn es an­ge­mes­se­ne mil­de­re Mit­tel zur Ver­mei­dung oder Ver­rin­ge­rung künf­ti­ger Fehl­zei­ten gibt

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(vgl. BAG 19. April 2007 - 2 AZR 239/06 - Rn. 24). Mil­de­re Mit­tel können ins­be­son­de­re die Um­ge­stal­tung des bis­he­ri­gen Ar­beits­be­reichs oder die Wei­ter­be-schäfti­gung des Ar­beit­neh­mers auf ei­nem an­de­ren - lei­dens­ge­rech­ten - Ar-beits­platz sein (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 565/12 - Rn. 29 mwN). Darüber hin­aus kann sich aus dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit die Ver-pflich­tung des Ar­beit­ge­bers er­ge­ben, dem Ar­beit­neh­mer vor ei­ner Kündi­gung die Chan­ce zu bie­ten, ggf. spe­zi­fi­sche Be­hand­lungs­maßnah­men zu er­grei­fen, um da­durch die Wahr­schein­lich­keit künf­ti­ger Fehl­zei­ten aus­zu­sch­ließen (vgl. BAG 17. Ju­ni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b bb der Gründe, BA­GE 92, 96; KR/Grie­be­ling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 286; vHHL/Krau­se KSchG 15. Aufl. § 1 Rn. 324; je­weils mwN).

b) Der Ar­beit­ge­ber, der für die Verhält­nismäßig­keit der Kündi­gung nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Dar­le­gungs- und Be­weis­last trägt, kann sich - be­steht kei­ne Ver­pflich­tung zur Durchführung ei­nes bEM - zunächst dar­auf be­schränken zu be­haup­ten, für den Ar­beit­neh­mer be­ste­he kei­ne al­ter­na­ti­ve Beschäfti­gungsmöglich­keit. Die­se pau­scha­le Erklärung um­fasst den Vor­trag, Möglich­kei­ten zur lei­dens­ge­rech­ten An­pas­sung des Ar­beits­plat­zes sei­en nicht ge­ge­ben. Der Ar­beit­neh­mer muss hier­auf er­wi­dern, ins­be­son­de­re dar­le­gen, wie er sich ei­ne Ände­rung des bis­he­ri­gen Ar­beits­plat­zes oder ei­ne an­der­wei­ti­ge Beschäfti­gung vor­stellt, die er trotz sei­ner ge­sund­heit­li­chen Be­ein­träch­ti­gung ausüben könne (BAG 30. Sep­tem­ber 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 14, BA­GE 135, 361; 10. De­zem­ber 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 16). Dann ist es Sa­che des Ar­beit­ge­bers, hier­auf sei­ner­seits zu er­wi­dern und ggf. dar­zu­le­gen, war­um ei­ne sol­che Beschäfti­gung nicht möglich sei (BAG 30. Sep­tem­ber 2010 - 2 AZR 88/09 - aaO mwN). Ent­spre­chend ab­ge­stuft ist die Dar­le­gungs­last des Ar­beit­ge­bers, wenn sich der Ar­beit­neh­mer dar­auf be­ruft, die Kündi­gung sei des­halb un­verhält­nismäßig, weil ei­ne dem Ar­beit­ge­ber be­kann­te, ihm gleich­wohl nicht ge­bo­ten er­schei­nen­de The­ra­piemöglich­keit be­stan­den ha­be.

c) Die Kündi­gung er­weist sich nicht schon nach die­sen all­ge­mei­nen Grundsätzen als un­wirk­sam. Der Kläger hat gel­tend ge­macht, sein bis­he­ri­ger Ar­beits­platz er­for­de­re re­gelmäßiges Trep­pen­stei­gen und sei fer­ner des­halb

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nicht lei­dens­ge­recht, weil an ihm Zug­luft herr­sche. An Ausführun­gen da­zu, wel­che or­ga­ni­sa­to­ri­schen Ände­run­gen oder wel­cher an­de­re Ar­beits­be­reich - aus sei­ner Sicht - ei­ne Beschäfti­gung oh­ne ge­sund­heit­li­che Pro­ble­me möglich ge­macht hätten, fehlt es. Eben­so we­nig ist sei­nem Vor­brin­gen zu ent­neh­men, dass er sich be­reits vor Zu­gang der Kündi­gung um ei­ne Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­maßnah­me und ein bes­se­res Ge­sund­heits­ma­nage­ment bemüht und die Be­klag­te An­halts­punk­te für die An­nah­me ge­habt hätte, ent­spre­chen­de Maßnah­men könn­ten er­folg­ver­spre­chend sein.

d) Im Streit­fall traf die Be­klag­te in­des ei­ne er­wei­ter­te Dar­le­gungs- und Be­weis­last. Sie hat­te es versäumt, ein bEM durch­zuführen. Ih­rer Ob­lie­gen­heit de­tail­liert dar­zu­le­gen, dass kei­ne Möglich­keit be­stan­den ha­be, die Kündi­gung durch an­ge­mes­se­ne mil­de­re Maßnah­men zu ver­mei­den, ist sie nicht nach­ge­kom­men.

aa) Die Be­klag­te war gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ver­pflich­tet, ein bEM vor­zu­neh­men. Der Kläger war in je­dem der letz­ten drei Jah­re vor Zu­gang der Kündi­gung länger als sechs Wo­chen we­gen Krank­heit ar­beits­unfähig. Dafür kommt es auf die Ge­samt­heit der Fehl­ta­ge und nicht dar­auf an, ob ein­zel­ne durch­ge­hen­de Krank­heits­pe­ri­oden den Zeit­raum von sechs Wo­chen über­schrit­ten (vgl. BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 19). Die Durchführung ei­nes bEM setzt nicht vor­aus, dass bei dem be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer ei­ne Be­hin­de­rung vor­liegt (vgl. BAG 30. Sep­tem­ber 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 27, BA­GE 135, 361; 12. Ju­li 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 35, BA­GE 123, 234).

bb) Die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, ein re­gel­kon­for­mes bEM ha­be nicht statt­ge­fun­den, ist be­rech­tigt.

(1) Die Durchführung ei­nes bEM ist auf ver­schie­de­ne Wei­sen möglich. § 84 Abs. 2 SGB IX schreibt we­der kon­kre­te Maßnah­men noch ein be­stimm­tes Ver­fah­ren vor. Das bEM ist ein recht­lich re­gu­lier­ter ver­laufs- und er­geb­nis­of­fe­ner „Such­pro­zess“, der in­di­vi­du­ell an­ge­pass­te Lösun­gen zur Ver­mei­dung zukünf­ti­ger Ar­beits­unfähig­keit er­mit­teln soll (BAG 10. De­zem­ber 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 20). Al­ler­dings las­sen sich aus dem Ge­setz ge­wis­se Min­deststan-

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dards ab­lei­ten. Zu die­sen gehört es, die ge­setz­lich dafür vor­ge­se­he­nen Stel­len, Ämter und Per­so­nen zu be­tei­li­gen und zu­sam­men mit ih­nen ei­ne an den Zie­len des bEM ori­en­tier­te Klärung ernst­haft zu ver­su­chen. Ziel des bEM ist es fest­zu­stel­len, auf­grund wel­cher ge­sund­heit­li­chen Ein­schränkun­gen es zu den bis­he­ri­gen Aus­fall­zei­ten ge­kom­men ist, und her­aus­zu­fin­den, ob Möglich­kei­ten be­ste­hen, sie durch be­stimm­te Verände­run­gen künf­tig zu ver­rin­gern, um so ei­ne Kündi­gung zu ver­mei­den (BAG 10. De­zem­ber 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 20).

(2) Es ist Sa­che des Ar­beit­ge­bers, die Initia­ti­ve zur Durchführung des bEM zu er­grei­fen (BAG 7. Fe­bru­ar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 9, BA­GE 140, 350; 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 23). Bei der Durchführung muss er ei­ne be­ste­hen­de be­trieb­li­che In­ter­es­sen­ver­tre­tung, das Ein­verständ­nis des Ar­beit­neh­mers vor­aus­ge­setzt, hin­zu­zie­hen (vgl. BVerwG 23. Ju­ni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 55, BVerw­GE 137, 148).

(3) Kommt es dar­auf an, ob der Ar­beit­ge­ber ei­ne sol­che Initia­ti­ve er­grif­fen hat, kann da­von nur aus­ge­gan­gen wer­den, wenn er den Ar­beit­neh­mer zu­vor nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX auf die Zie­le des bEM so­wie Art und Um­fang der da­bei er­ho­be­nen Da­ten hin­ge­wie­sen hat (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 23). Der Hin­weis er­for­dert ei­ne Dar­stel­lung der Zie­le, die in­halt­lich über ei­ne bloße Be­zug­nah­me auf die Vor­schrift des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX hin­aus­geht (BVerwG 23. Ju­ni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 52, BVerw­GE 137, 148). Zu die­sen Zie­len rech­net die Klärung, wie die Ar­beits­unfähig­keit möglichst über­wun­den, er­neu­ter Ar­beits­unfähig­keit vor­ge­beugt und wie das Ar­beits­verhält­nis er­hal­ten wer­den kann (vgl. BAG 7. Fe­bru­ar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 19, BA­GE 140, 350; dass das Ge­setz hier vom „Ar­beits­platz“ spricht, dürf­te auf ei­nem Re­dak­ti­ons­ver­se­hen be­ru­hen, vgl. Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 84 Rn. 28). Dem Ar­beit­neh­mer muss ver­deut­licht wer­den, dass es um die Grund­la­gen sei­ner Wei­ter­beschäfti­gung geht und da­zu ein er­geb­nis­of­fe­nes Ver­fah­ren durch­geführt wer­den soll, in das auch er Vor­schläge ein­brin­gen kann (Schmidt Ge­stal­tung und Durchführung des bEM S. 24). Da­ne­ben ist ein Hin­weis zur Da­ten­er­he­bung und Da­ten­ver­wen­dung er­for­der­lich, der klar­stellt, dass nur sol­che Da­ten er­ho­ben wer­den, de­ren Kennt­nis er­for­der­lich ist, um ein zielführen­des,

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der Ge­sun­dung und Ge­sund­er­hal­tung des Be­trof­fe­nen die­nen­des bEM durchführen zu können. Dem Ar­beit­neh­mer muss mit­ge­teilt wer­den, wel­che Krank­heits­da­ten - als sen­si­ble Da­ten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG - er­ho­ben und ge­spei­chert und in­wie­weit und für wel­che Zwe­cke sie dem Ar­beit­ge­ber zugäng­lich ge­macht wer­den. Nur bei ent­spre­chen­der Un­ter­rich­tung kann vom Ver­such der ord­nungs­gemäßen Durchführung ei­nes bEM die Re­de sein (Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 84 Rn. 62).

(4) Kommt es statt­des­sen dar­auf an, ob be­stimm­te vom Ar­beit­ge­ber tatsächlich er­grif­fe­ne Maßnah­men den An­for­de­run­gen ei­nes bEM genügen, ist zu prüfen, ob sie sich als der vom Ge­setz vor­ge­se­he­ne um­fas­sen­de, of­fe­ne und an den Zie­len des bEM aus­ge­rich­te­te Such­pro­zess er­wei­sen.

(5) Da­nach kann in den be­triebsärzt­li­chen Un­ter­su­chun­gen des Klägers und den mit ih­nen ver­bun­de­nen Be­gut­ach­tun­gen kein bEM er­blickt wer­den.

(a) Der Be­triebs­arzt wird in § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB IX als ein Ak­teur erwähnt, der „bei Be­darf“ zum bEM hin­zu­ge­zo­gen wird. Dies ent­spricht der Auf­ga­be des Arz­tes, den Ar­beit­ge­ber beim Ar­beits­schutz und bei der Un­fall­verhütung zu un­terstützen und in Fra­gen des Ge­sund­heits­schut­zes zu be­ra­ten (§ 1 Satz 2, § 3 Abs. 1 Satz 1 ASiG). Die Nut­zung sei­nes Sach­ver­stands kann der Klärung die­nen, ob vom Ar­beits­platz Ge­fah­ren für die Ge­sund­heit des Ar­beit­neh­mers aus­ge­hen und künf­tig durch ge­eig­ne­te Maßnah­men ver­mie­den wer­den können (§ 3 Abs. 1 Satz 2 ASiG). Die In­an­spruch­nah­me des be­triebsärzt­li­chen Sach­ver­stands steht ei­nem bEM als gan­zem aber nicht gleich (vgl. Schmidt Ge­stal­tung und Durchführung des bEM S. 24, 25).

(b) Es kann da­hin­ste­hen, ob der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­arzt bei Be­darf die Durchführung und Lei­tung des bEM über­tra­gen kann (befürwor­tend Wullen­kord Ar­beits­recht­li­che Kern­fra­gen des bEM in der be­trieb­li­chen Pra­xis S. 152; zwei­felnd Cra­mer/Ritz/Schi­an SGB IX 6. Aufl. § 84 Rn. 31). Die Be­haup­tung der Be­klag­ten, die be­triebsärzt­li­chen Un­ter­su­chun­gen sei­en „teil­wei­se ... un­ter dem Ti­tel ‚be­trieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment‘ [ge­lau­fen]“, macht nicht deut­lich, dass sie dem ar­beits­me­di­zi­ni­schen Dienst die re­gel­ge­rech­te Durchführung

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ei­nes bEM übe­r­ant­wor­tet hätte. Je­den­falls ist nicht zu er­ken­nen, dass die Be­triebsärz­te ih­re Be­auf­tra­gung in ei­nem solch weit­rei­chen­den Sin­ne ver­stan­den und ent­spre­chend agiert hätten. Ih­re Stel­lung­nah­men be­schränken sich auf die Einschätzung der Ein­satzfähig­keit des Klägers auf der Grund­la­ge ar­beits­me­di­zi­ni­scher Un­ter­su­chun­gen. Auch fehlt es an sub­stan­ti­ier­ten Dar­le­gun­gen zu ei­ner den An­for­de­run­gen des § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX genügen­den Un­ter­rich­tung und Be­leh­rung des Klägers, aus der sich für die­sen die Ab­sicht, ein bEM durch­zuführen, deut­lich hätte er­sch­ließen können. Das Vor­brin­gen der Be­klag­ten, die Be­triebsärz­tin ha­be aus An­lass der En­de 2009/An­fang 2010 vor­ge­nom­me­nen Un­ter­su­chung mit dem Kläger „die Fra­ge­stel­lung“ ei­nes mögli­chen Zu­sam­men­hangs zwi­schen sei­ner Tätig­keit und den Er­kran­kun­gen „be­spro­chen“ und ihn „über den Sinn und Zweck der Un­ter­su­chun­gen“ un­ter­rich­tet, reicht dafür nicht aus. Es kann des­halb of­fen­blei­ben, ob die frag­li­che Be­gut­ach­tung, hätte es sich bei ihr um ein bEM ge­han­delt, dem Zweck des § 84 Abs. 2 SGB IX des­halb nicht genügen konn­te, weil der Kläger in­ner­halb des der Kündi­gung vor­aus­ge­gan­ge­nen Jah­res er­neut Fehl­zei­ten von mehr als sechs Wo­chen auf­wies (zur Pro­ble­ma­tik KHM/Kos­sens SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 16; Neu­mann in Neu­mann/Pah­len/Ma­jer­ski-Pah­len SGB IX 12. Aufl. § 84 Rn. 10).

cc) Das Un­ter­las­sen ei­nes bEM führt hier da­zu, dass die Kündi­gung un­verhält­nismäßig ist.

(1) Die Durchführung des bEM ist zwar kei­ne for­mel­le Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung für ei­ne Kündi­gung. § 84 Abs. 2 SGB IX ist den­noch kein bloßer Pro­gramm­satz. Die Norm kon­kre­ti­siert den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz. Mit Hil­fe des bEM können mögli­cher­wei­se mil­de­re Mit­tel als die Kündi­gung er­kannt und ent­wi­ckelt wer­den (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 565/12 - Rn. 34; 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 20).

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(2) Möglich ist, dass auch ein tatsächlich durch­geführ­tes bEM kein po­si­ti­ves Er­geb­nis hätte er­brin­gen können. In ei­nem sol­chen Fall darf dem Ar­beit­ge­ber kein Nach­teil dar­aus ent­ste­hen, dass er es un­ter­las­sen hat. Will sich der Ar­beit­ge­ber hier­auf be­ru­fen, hat er die ob­jek­ti­ve Nutz­lo­sig­keit des bEM dar­zu­le­gen und ggf. zu be­wei­sen. Da­zu muss er um­fas­send und de­tail­liert vor­tra­gen, war­um we­der ein wei­te­rer Ein­satz auf dem bis­he­ri­gen Ar­beits­platz, noch des­sen lei­dens­ge­rech­te An­pas­sung oder Verände­rung möglich ge­we­sen sei­en und der Ar­beit­neh­mer auch nicht auf ei­nem an­de­ren Ar­beits­platz bei geänder­ter Tätig­keit ha­be ein­ge­setzt wer­den können, war­um al­so ein bEM im kei­nem Fall da­zu hätte bei­tra­gen können, neu­er­li­chen Krank­heits­zei­ten vor­zu­beu­gen und das Ar­beits­verhält­nis zu er­hal­ten (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 565/12 - Rn. 34; 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 25).

(3) Ist es da­ge­gen denk­bar, dass ein bEM ein po­si­ti­ves Er­geb­nis er­bracht, das ge­mein­sa­me Su­chen nach Maßnah­men zum Ab­bau der Fehl­zei­ten al­so Er­folg ge­habt hätte, muss sich der Ar­beit­ge­ber re­gelmäßig vor­hal­ten las­sen, er ha­be „vor­schnell“ gekündigt.

(4) Die­sen Vor­ga­ben wird die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts im Er­geb­nis ge­recht.

(a) Ein bEM ist nicht nur bei lang an­dau­ern­den Krank­hei­ten ge­bo­ten. Es ist auch bei häufi­gen Kurz­er­kran­kun­gen des Ar­beit­neh­mers nicht aus­ge­schlos­sen oder von vor­ne­her­ein überflüssig. Nach der ge­setz­li­chen Re­ge­lung des § 84 Abs. 2 SGB IX kommt es al­lein auf den Um­fang, nicht auf die Ur­sa­che der Er­kran­kun­gen an. Auch aus Krank­hei­ten, die auf un­ter­schied­li­chen Grund­lei­den be­ru­hen, kann sich - zu­mal wenn sie auf ei­ne ge­ne­rel­le Krank­heits­anfällig­keit des Ar­beit­neh­mers hin­deu­ten - ei­ne Gefähr­dung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­ge­ben, der das bEM ent­ge­gen­wir­ken soll (KHM/Kos­sens SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 17; Neu­mann in Neu­mann/Pah­len/Ma­jer­ski-Pah­len SGB IX 12. Aufl. § 84 Rn. 10; Dei­nert NZA 2010, 969, 971; aA Bal­ders/Lep­ping NZA 2005, 854, 855).

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(b) Dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten ist nicht zu ent­neh­men, dass ei­nem künf­ti­gen Auf­tre­ten er­heb­li­cher, über sechs Wo­chen hin­aus­ge­hen­der Fehl­zei­ten des Klägers durch in­ner­be­trieb­li­che An­pas­sungs­maßnah­men nicht hätte ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den können. Dass ihr ent­spre­chen­de Maßnah­men nicht möglich oder zu­mut­bar ge­we­sen wären, hat sie nicht auf­ge­zeigt.

(aa) In die­sem Zu­sam­men­hang wa­ren nähe­re Dar­le­gun­gen der Be­klag­ten nicht des­halb ent­behr­lich, weil der Kläger vor­ge­richt­lich geäußert ha­ben mag, sei­ne Er­kran­kun­gen sei­en nicht „be­triebs­be­dingt“. Un­abhängig da­von, was ge­nau er da­mit hat aus­drücken wol­len, ist es nicht treu­wid­rig, wenn er sich ge­genüber der aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung auf das Un­ter­blei­ben er­folg­ver­spre­chen­der in­ner­be­trieb­li­cher An­pas­sungs­maßnah­men be­ruft. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt muss­te sei­ne Be­haup­tung, sol­che Maßnah­men hätten dem Auf­tre­ten neu­er­li­cher Fehl­zei­ten vor­beu­gen oder die­se zu­min­dest ver­rin­gern können, nicht et­wa als Schutz­be­haup­tung wer­ten. Die Be­klag­te hat die vom Kläger auf­ge­zeig­ten, ei­ner güns­ti­gen Verände­rung je­den­falls dem ers­ten An­schein nach nicht un­zugäng­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen nicht in Ab­re­de ge­stellt. Der Um-tand, dass der Kläger während ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung trotz des Ein­sat­zes am bis­he­ri­gen Ar­beits­platz kei­ne re­le­van­ten krank­heits­be­ding­ten Aus­fall­zei­ten mehr ge­zeigt hat, spricht nicht not­wen­dig ge­gen ei­nen mögli­chen Zu­sam­men­hang zwi­schen den äußeren Ar­beits­umständen und sei­nen bis­he­ri­gen Fehl­zei­ten. Die Ent­wick­lung kann eben­so gut durch die zwi­schen­zeit­lich durch­geführ­te Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­maßnah­me oder da­durch begüns­tigt wor­den sein, dass der Kläger - wie er be­haup­tet hat - nun­mehr ein ef­fek­ti­ve­res „Ge­sund­heits­ma­nage­ment“ be­treibt.

(bb) Die Be­klag­te hat die ob­jek­ti­ve Nutz­lo­sig­keit in­ner­be­trieb­li­cher An­pa­sungs­maßnah­men nicht da­durch auf­ge­zeigt, dass sie auf den Ge­gen­stand der ar­beits­me­di­zi­ni­schen Un­ter­su­chun­gen ver­wie­sen und sich die Stel­lung­nah­men der Be­triebsärz­te - kon­klu­dent - zu Ei­gen ge­macht hat. Zwar ver­pflich­tet § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c) ASiG die Be­triebsärz­te, Ur­sa­chen von „ar­beits­be­ding­ten Er­kran­kun­gen“ zu un­ter­su­chen. Auch ist der Stel­lung­nah­me vom 2. Fe­bru­ar 2010 zu ent­neh­men, dass die Ärz­te kei­nen ursächli­chen Zu­sam-

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men­hang zwi­schen der Tätig­keit des Klägers und sei­nen Fehl­zei­ten er­kannt ha­ben. Das schließt aber die Ge­win­nung an­de­rer Er­kennt­nis­se im Rah­men ei­nes in al­le Rich­tun­gen of­fe­nen bEM nicht aus. Bei die­sem geht das Ge­setz da­von aus, dass sich ne­ben dem Ar­beit­neh­mer auch die an­de­ren be­tei­lig­ten Stel­len, ins­be­son­de­re die Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­träger, ak­tiv in die Su­che nach Möglich­kei­ten zur Ver­mei­dung der Ar­beits­unfähig­keit ein­brin­gen. Es kommt hin­zu, dass die Be­rufs­ge­nos­sen­schaft im Jahr 2010 ei­nen Zu­sam­men­hang zu­min­dest zwi­schen den Ar­beits­be­din­gun­gen und der Kon­taktall­er­gie ge­se­hen und ein Hilfs­mit­tel emp­foh­len hat. So­weit die Be­klag­te anführt, die im Jahr 2011 er­folg­te be­triebsärzt­li­che Un­ter­su­chung sei „un­ter Berück­sich­ti­gung der ar­beits­platz­ty­pi­schen Be­las­tungs­fak­to­ren Lärm, Haut­kon­takt mit Stof­fen, Schichttätig­keit“ er­folgt und „ne­ga­tiv“ ver­lau­fen, han­delt es sich um neu­en Tat­sa­chen­vor­trag, der in der Re­vi­si­ons­in­stanz kei­ne Berück­sich­ti­gung fin­den kann. Im Übri­gen er­gibt sich aus ihm nicht, dass der Ar­beits­platz des Klägers auf be­son­de­re Be­las­tun­gen durch Zug­luft und Trep­pen­stei­gen, dh. auf Umstände und de­ren mögli­che Ände­rung hin un­ter­sucht wor­den wäre, in de­nen der Kläger ei­ne Ur­sa­che sei­ner Krank­heits­anfällig­keit er­blickt.

(cc) So­weit die Be­klag­te ge­meint hat, die Erwägun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts zu der Möglich­keit, im Rah­men ei­nes bEM zu ei­ner von den ar­beits­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­ten ab­wei­chen­den Be­ur­tei­lung zu ge­lan­gen, be­weg­ten sich im Be­reich der Spe­ku­la­ti­on, liegt dar­in kein be­acht­li­ches Vor­brin­gen. Es han­delt sich we­der um ei­ne zulässi­ge Ver­fah­rens-, noch um ei­ne be­gründe­te Sachrüge. Es hat nicht das Lan­des­ar­beits­ge­richt Spe­ku­la­tio­nen an­ge­stellt, son­dern die Be­klag­te ist ih­rer Ob­lie­gen­heit nicht nach­ge­kom­men, im Ein­zel­nen dar­zu­le­gen, wes­halb ei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung ob­jek­tiv aus­ge­schlos­sen sein soll.

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(c) Die Kündi­gung wäre selbst dann un­verhält­nismäßig, wenn feststünde, dass die tatsächli­chen be­trieb­li­chen Be­din­gun­gen, zu de­nen der Kläger ar­bei­te­te, nicht hätten geändert wer­den können. Es ist nicht aus­zu­sch­ließen, dass bei Durchführung ei­nes bEM Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­be­dar­fe in der Per­son des Klägers hätten er­kannt und durch ent­spre­chen­de Maßnah­men künf­ti­ge Fehl­zei­ten spürbar hätten re­du­ziert wer­den können.

(aa) Nach der Kon­zep­ti­on des Ge­set­zes lässt das bEM den Be­tei­lig­ten bei der Prüfung, mit wel­chen Maßnah­men, Leis­tun­gen oder Hil­fen ei­ne künf­ti­ge Ar­beits­unfähig­keit des Ar­beit­neh­mers möglichst ver­mie­den wer­den und das Ar­beits­verhält­nis er­hal­ten blei­ben kann, je­den denk­ba­ren Spiel­raum. Es soll er­reicht wer­den, dass kei­ne vernünf­ti­ger­wei­se in Be­tracht kom­men­de, zielführen­de Möglich­keit aus­ge­schlos­sen wird (BAG 10. De­zem­ber 2009 - 2 AZR 198/09 - Rn. 18). Nach der Ge­set­zes­be­gründung (BT-Drs. 15/1783 S. 16) soll durch ei­ne der­ar­ti­ge Ge­sund­heits­präven­ti­on das Ar­beits­verhält­nis möglichst dau­er­haft ge­si­chert wer­den. Zu­gleich sol­len auf die­se Wei­se me­di­zin­zi­sche Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­be­dar­fe frühzei­tig, ggf. präven­tiv er­kannt und auf die be­ruf­li­chen An­for­de­run­gen ab­ge­stimmt wer­den. Kom­men Leis­tun­gen zur Teil­ha­be oder be­glei­ten­de Hil­fen im Ar­beits­le­ben in Be­tracht, hat der Ar­beit­ge­ber des­halb gemäß § 84 Abs. 2 Satz 4 SGB IX auch bei nicht be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mern die ört­li­chen ge­mein­sa­men Ser­vice­stel­len hin­zu­zu­zie­hen. Die­se wir­ken dar­auf hin, dass die er­for­der­li­chen Hil­fen und Leis­tun­gen un­verzüglich be­an­tragt und in­ner­halb der Frist des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX er­bracht wer­den. Als Hil­fen zur Be­sei­ti­gung und möglichst länger­fris­ti­gen Über­win­dung der Ar­beits­unfähig­keit kom­men da­bei - ne­ben Maßnah­men zur ku­ra­ti­ven Be­hand­lung - ins­be­son­de­re Leis­tun­gen zur me­di­zi­ni­schen Re­ha­bi­li­ta­ti­on iSv. § 26 SGB IX in Be­tracht (vgl. Knit­tel SGB IX 7. Aufl. § 84 Rn. 207; KHM/Kos­sens SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 9; Ne­be in Münch­Anw­H­db So­zi­al­recht 4. Aufl. § 21 Rn. 22; Wullen­kord Ar­beits­recht­li­che Kern­fra­gen des bEM in der be­trieb­li­chen Pra­xis S. 190).

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(bb) Denk­ba­res Er­geb­nis ei­nes bEM kann es da­mit sein, den Ar­beit­neh­mer auf ei­ne Maßnah­me der Re­ha­bi­li­ta­ti­on zu ver­wei­sen. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass de­ren Durchführung von sei­ner Mit­wir­kung abhängt und nicht in der al­lei­ni­gen Macht des Ar­beit­ge­bers steht. Ggf. muss der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur In­an­spruch­nah­me der Leis­tung set­zen. Ei­ne Kündi­gung kann er dann wirk­sam erst erklären, wenn die Frist trotz Kündi­gungs­an­dro­hung er­geb­nis­los ver­stri­chen ist (vgl. BAG 10. De­zem­ber 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 29). Durch die Berück­sich­ti­gung ent­spre­chen­der, aus dem bEM ent­wi­ckel­ter Emp­feh­lun­gen wird der „ul­ti­ma-ra­tio-Grund­satz“ nicht, wie die Be­klag­te meint, über die ge­setz­li­chen Gren­zen hin­aus aus­ge­dehnt. Die aus ihm re­sul­tie­ren­de Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers, ggf. mil­de­re Mit­tel zu er­grei­fen, ist nicht auf ar­beits­platz­be­zo­ge­ne Maßnah­men iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG be­schränkt. Die­se Vor­schrift dient der Kon­kre­ti­sie­rung des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes le­dig­lich mit Blick auf ih­ren ei­ge­nen Re­ge­lungs­be­reich. Sie schließt die Berück­sich­ti­gung sons­ti­ger Umstände, die ei­ne Kündi­gung ent­behr­lich ma­chen könn­ten, nicht aus. Ei­ne Kündi­gung muss, da­mit sie durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG „be­dingt“ ist, un­ter al­len Ge­sichts­punk­ten verhält­nismäßig, dh. un­ver­meid­bar sein. Dar­aus kann sich die Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers er­ge­ben, auf be­ste­hen­de The­ra­piemöglich­kei­ten Be­dacht zu neh­men. Wenn er ein bEM un­ter­las­sen hat, kann er ge­gen ei­ne sol­che Ver­pflich­tung nicht ein­wen­den, ihm sei­en im Kündi­gungs­zeit­punkt - et­wa schon man­gels Kennt­nis der Krank­heits­ur­sa­chen - ent­spre­chen­de Möglich­kei­ten we­der be­kannt ge­we­sen, noch hätten sie ihm be­kannt sein können.

(cc) Das be­deu­tet nicht, dass der Ar­beit­ge­ber bei Un­ter­las­sen ei­nes bEM, um die Verhält­nismäßig­keit der Kündi­gung auf­zu­zei­gen, für je­de nur er­denk­li­che Maßnah­me der Ge­sund­heits­präven­ti­on - et­wa bis zu mögli­chen Ände­run-gen in der pri­va­ten Le­bensführung des Ar­beit­neh­mers - von sich aus dar­zu­le­gen hätte, dass und wes­halb sie zur nach­hal­ti­gen Ver­min­de­rung der Fehl­zei­ten nicht ge­eig­net ge­we­sen sei. Es reicht aus, wenn er dar­tut, dass je­den­falls durch ge­setz­lich vor­ge­se­he­ne Hil­fen oder Leis­tun­gen der Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­träger künf­ti­ge Fehl­zei­ten nicht in re­le­van­tem Um­fang hätten ver­mie­den wer­den können. Der Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit ver­langt le­dig­lich die Berück­sich­ti­gung

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sol­cher Präven­ti­ons- und Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­maßnah­men, de­ren Be­ach­tung dem Ar­beit­ge­ber zu­mut­bar ist. Zu­mut­bar wie­der­um ist nur ei­ne Be­ach­tung sol­cher Maßnah­men, de­ren Zweckmäßig­keit hin­rei­chend ge­si­chert ist. Auch muss de-ren tatsächli­che Durchführung ob­jek­tiv über­prüft wer­den können. Bei­des trifft auf ge­setz­lich vor­ge­se­he­ne Leis­tun­gen und Hil­fen, die der Präven­ti­on und/oder Re­ha­bi­li­ta­ti­on die­nen, ty­pi­scher­wei­se zu. Sol­che Maßnah­men muss der Ar­beit­ge­ber des­halb grundsätz­lich in Erwägung zie­hen. Hat er ein bEM un­ter­las­sen, muss er von sich aus ih­re ob­jek­ti­ve Nutz­lo­sig­keit auf­zei­gen und ggf. be­wei­sen. Da­bei kommt ei­ne Ab­stu­fung sei­ner Dar­le­gungs­last in Be­tracht, falls ihm die Krank­heits­ur­sa­chen un­be­kannt sind. Für ei­ne Maßnah­me außer­halb des Leis­tungs­ka­ta­logs der Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­träger - und sei es ein fach­kun­dig ent­wi­ckel­tes Kon­zept zur pri­va­ten Ge­sund­heits­präven­ti­on - gilt dies da­ge­gen in al­ler Re­gel nicht. De­ren ob­jek­ti­ve Nutz­lo­sig­keit braucht der Ar­beit­ge­ber nicht dar­zu­tun.

(dd) Da­nach durf­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Kündi­gung zwar nicht des­halb für un­wirk­sam er­ach­ten, weil im Rah­men ei­nes bEM die Möglich­keit be­stan­den hätte, ein - wie auch im­mer ge­ar­te­tes - Kon­zept für ein kon­se­quen­tes Ge­sund­heits­ma­nage­ment des Klägers zu ent­wi­ckeln. Die an­ge­foch­te­ne Ent-schei­dung stellt sich aber aus an­de­ren Gründen als rich­tig dar (§ 561 ZPO). Die Be­klag­te hat nicht dar­ge­tan, dass auch bei re­gel­kon­for­mer Durchführung ei­nes bEM kei­ne ge­eig­ne­ten Leis­tun­gen oder Hil­fen für den Kläger hätten er­kannt wer­den können, zu de­ren Er­brin­gung die Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­träger ver­pflich­tet ge­we­sen wären. Das gilt um­so mehr, als sich der Kläger aus­drück­lich auf ei­ne nach Zu­gang der Kündi­gung er­folg­reich durch­geführ­te Re­ha-Be­hand­lung be­ru­fen hat. Die Be­klag­te hätte auf­zei­gen müssen, war­um Maßnah­men zur ku­ra­ti­ven Be­hand­lung und/oder der me­di­zi­ni­schen Re­ha­bi­li­ta­ti­on iSv. § 26 SGB IX - zu de­nen im Übri­gen nach Abs. 2 Nr. 1 der Vor­schrift auch die „An­lei­tung, ei­ge­ne Hei­lungs­kräfte zu ent­wi­ckeln“ zählt - nicht in Be­tracht ge­kom­men wären oder doch zu ei­ner er­heb­li­chen Ver­rin­ge­rung der Fehl­zei­ten nicht hätten bei­tra­gen können. An sol­chen Dar­le­gun­gen fehlt es.

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II. Der An­trag auf Wei­ter­beschäfti­gung fällt dem Se­nat nicht zur Ent­schei­dung an. Er ist auf ei­ne Beschäfti­gung für die Dau­er des Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses ge­rich­tet. Die­ser Rechts­streit ist ab­ge­schlos­sen.

C. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 

Kreft 

Nie­mann 

Ber­ger

Kri­chel 

Grim­berg

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