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LAG Hamm, Urteil vom 30.07.2014, 3 Sa 523/14
Schlagworte: | Ausbildungsverhältnis, Kündigung: Probezeit | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamm | |
Aktenzeichen: | 3 Sa 523/14 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 30.07.2014 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 13.03.2014, 1 Ca 1895/13 | |
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 13.03.2014 – 1 Ca 1895/13 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit der Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses sowie um einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen mit mehreren 100 Arbeitnehmern. Die Beklagte unterhält zahlreiche Filialen, darunter die Filiale 123 in I. Ein Betriebsrat ist bei der Beklagten gewählt.
Der 1992 geborene und ledige Kläger bewarb sich im Frühjahr 2013 auf eine von der Beklagten angebotene Ausbildungsstelle zum Einzelhandelskaufmann. Anlässlich eines Vorstellungsgesprächs wurde dem Kläger die zum 01. August 2013 beginnende Ausbildung zugesagt, gleichzeitig bot die Beklagte dem Kläger die Überbrückung der Zeit bis zum Ausbildungsbeginn über ein Praktikum an.
In der Zeit vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 absolvierte er bei der Beklagten ein Praktikum auf der Basis eines Praktikantenvertrages vom 27. März 2013, der in § 1 eine Probezeit von zwei Monaten vorsah. Anschließend trat der Kläger in ein Ausbildungsverhältnis mit der Beklagten ein. Rechtsgrundlage dieses Ausbildungsverhältnisses war ein Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013. Dieser sah wiederum eine Probezeit vor, diesmal im Umfang von drei Monaten. Der Kläger bezog eine monatliche Ausbildungsvergütung von 677,- € brutto.
Mit einem Schreiben vom 29. Oktober 2013, dem Kläger am gleichen Tage zugegangen, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Ausbildungsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 29. Oktober 2013. Zu der Kündigung hatte die Beklagte zuvor unter dem 23. Oktober 2013 den Betriebsrat angehört mit der Begründung: “Herr L hat unseren Erwartungen aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen“. Der Betriebsrat hatte der Kündigungsabsicht zugestimmt.
Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit der am 15. November 2013 bei Gericht eingegangenen Klage. Gleichzeitig hat der Kläger das Schlichtungsverfahren vor der Industrie- und Handelskammer zu Ostwestfalen in Bielefeld eingeleitet. Das Schlichtungsverfahren ist erfolglos geblieben, da ein vom Schlichtungsausschuss gefällter Versäumnisspruch vom 13. Dezember 2013 von der Beklagten nicht anerkannt worden ist.
Der Kläger hat die Kündigung für unwirksam erachtet.
Zum einen sei die Anhörung des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, da zwar das Praktikum erwähnt worden, es aber in keiner Weise mitgeteilt worden sei, welcher Art und welchen Umfangs das Praktikum gewesen sei.
Zum anderen sei das Praktikum mit seiner zweimonatigen Probezeit auch als relevant anzusehen. Gleich zu Beginn des Praktikums habe er eine Schulung im Bereich „Oberbetten“ erfolgreich absolviert. Auch in der Folgezeit habe er weitere Schulungen absolviert. Der Sinn und Zweck des Praktikums habe mit dem einer generellen Probezeit übereingestimmt. Die Praktikumszeit sei daher auf die Probezeit des Ausbildungsverhältnisses mit anzurechnen. Die Vereinbarung einer zweiten Probezeit stelle eine unangemessene Benachteiligung seiner Person dar.
Jedenfalls sei die Probezeit entsprechend geltungserhaltend zu reduzieren gewesen, sodass dann keine Kündigung im Rahmen der Probezeit vorgelegen habe.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 beendet worden ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Kündigung nach § 22 BBiG als rechtswirksam angesehen. Sie sei innerhalb der Probezeit ausgesprochen worden. Das davor liegende Praktikum stehe der Probezeitvereinbarung nicht entgegen. Ein Praktikum könne ihrer Meinung nach die weiteren aus einem Ausbildungsverhältnis sich ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllen. Für die Anrechnung der Praktikumszeit fehle es zudem an einer Rechtsgrundlage.
Mit Urteil vom 13. März 2014 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung vom 29. Oktober 2013 sei rechtswirksam. Dementsprechend sei ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers nicht gegeben.
Die vereinbarte Probezeit habe drei Monate betragen, die Kündigung vom 29. Oktober 2013 habe daher innerhalb dieser Probezeit gelegen.
Das Praktikum vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 sei auf die Probezeit nicht anzurechnen gewesen, ein vorgelagertes Praktikum schließe die Vereinbarung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis nicht aus. Die Pflichten des Arbeitnehmers im Praktikum seien unterschiedlich zu den Pflichten des Auszubildenden im Berufsausbildungsverhältnis.
Der Rechtswirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung stehe auch nicht § 102 BetrVG entgegen. Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung vom 29. Oktober 2013 ordnungsgemäß angehört worden. Die Beklagte habe den Betriebsrat im Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2013 auch ausführlich unterrichtet. Über das Praktikum des Klägers ab dem 11. März 2013 sei der Betriebsrat informiert worden. Darüber hinaus sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, dem Betriebsrat alle Einzelheiten des Praktikantenvertrages vorzutragen.
Gegen das unter dem 21. März 2014 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im Übrigen Bezug genommen wird, hat der Kläger unter dem 17. April 2014 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese unter dem 21. Mai 2014 begründet.
Er verbleibt bei seiner Auffassung, die Kündigung sei schon deswegen unwirksam, da die Anhörung des Betriebsrates nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Zu einer ordnungsgemäßen Anhörung habe die Mitteilung über Art und Umfang des Praktikums gehört. Ebenso fehle es seiner Meinung nach an einer ausreichenden Mitteilung der Gründe.
Ferner gebiete eine Einzelfall bezogene Betrachtung, dass die vorhergehende Zeit als Praktikant als Ausbildungszeit und daher auf die Probezeit anzurechnen gewesen sei. Die Beklagte habe unmittelbar mit Beginn des Praktikums mit der Vermittlung von Ausbildungsinhalten begonnen. Er habe dann Tätigkeiten ausgeübt, die ein erfahrener Auszubildender bzw. ein ausgelernter Mitarbeiter zu verrichten gehabt habe, Sinn und Zweck des Praktikums hätten daher mit der Probezeit übereingestimmt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 13. März 2013 abzuändern und
1. festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 beendet worden ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.
Die Wirksamkeit der Kündigung scheitere nicht an einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates, sie habe den Betriebsrat nicht über nähere Einzelheiten des Praktikums informieren müssen.
Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch angenommen, dass das Praktikum nicht auf die Probezeit habe angerechnet werden müssen; ein Praktikum werde nicht deswegen zum Bestandteil einer Ausbildung, dass deckungsgleiche Momente vorhanden gewesen seien. Zwischen einem Praktikum und einer Ausbildung bestehe ein erheblicher Unterschied. Zudem widerspreche eine Anrechnung dem Wortlaut des § 20 BBiG.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
A.
Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.
Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 b), c) ArbGG.
Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 42 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.
B.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 wirksam ausgelöst worden (I.).
Dem Kläger steht daher auch kein Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung zur Seite (II.).
I.
Die Kündigung vom 29. Oktober 2013 ist wirksam.
1.
Die Kündigung ist nicht wegen einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates unwirksam.
a.
§ 102 Absatz 1 Satz 2 BetrVG erfordert dabei, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen hat.
Hierzu ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat neben den Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, der Kündigungsabsicht, der Kündigungsart ggfs. des Kündigungstermins und der Kündigungsfrist auch deutlich genug die Kündigungsgründe mitteilt (BAG 12.08.1976, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 25; BAG 13.07.1978, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 35; BAG 26.01.1995, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 87).
Nur bei Mitteilung dieser Tatsachen kann nach der ständigen Rechtsprechung des BAG von einer wirksamen Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ausgegangen werden.
Der Zweck der Anhörung, es dem Betriebsrat zu ermöglichen, sich ohne zusätzliche Nachforschungen ein eigenes Bild von der Begründetheit der Kündigung machen zu können, gebietet es, die Grundsätze über die Mitteilung der den eigentlichen Kündigungsgrund betreffenden Umstände entsprechend für solche Umstände anzuwenden, die im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers sprechen können.
Demgemäß darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat keine - ihm bekannten und von ihm bedachten - persönlichen Umstände des Arbeitnehmers vorenthalten, die sich im Rahmen der Interessenabwägung entscheidend zu seinen Gunsten auswirken können (BAG 02.03.1989, EzA BGB § 626 n.F. Nr. 118).
b.
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat ordnungsgemäß angehört.
aa.
Die Beklagte hat dem Betriebsrat neben den Sozialdaten des Klägers die Art der beabsichtigten Kündigung mitgeteilt.
Ebenso hat sie dem Betriebsrat mitgeteilt, dass der Kläger zuvor in einem Vertragsverhältnis als Praktikant gestanden hat, hierzu hat sie die Dauer angegeben. Nähere Ausführungen zu Art und Inhalt musste sie nicht machen, um den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sich ein eigenes Bild über die beabsichtigte Kündigung machen zu können, da allein aus dem Umstand des Vorliegens eines Praktikums ausreichend ersichtlich wird, dass in diesem Rahmen Erfahrungen und Kenntnisse vermittelt worden sind.
bb.
Die Beklagte war auch nicht gehalten, dem Betriebsrat näher zu erläutern, aufgrund welcher Umstände der Kläger ihren Erwartungen nicht entsprochen hat.
Das Anhörungsverfahren beim Betriebsrat nach § 102 Absatz 1 BetrVG ist subjektiv determiniert.
Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat daher nur die Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind (BAG 11.07.1991, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 81).
Nach diesen Grundsätzen ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört worden, wenn der Arbeitgeber die ihm aus seiner subjektiven Sicht tragenden Umstände in der Substanz unterbreitet hat. Ob diese mitgeteilten Gründe auch zur Rechtfertigung der Kündigung im Prozess ausreichen, ist für die Frage der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates ohne Belang (BAG 08.09.1988, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 73; BAG 11.07.1991, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 81; BAG 07.11.2002, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50).
Für die Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses in der Probezeit, die keinen Grund erfordert, gelten die Anforderungen, wie sie bei einer Kündigung in der Wartezeit des § 1 KSchG gelten. Hier ist die Substanziierungspflicht nicht an den objektiven Merkmalen des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG zu messen, sondern allein an den Umständen, aus denen der Arbeitgeber seinen subjektiven Kündigungsentschluss herleitet. Es ist insoweit zu unterscheiden, ob die Kündigung auf substanziierbare Tatsachen gestützt werden soll mit der Folge, dass dann die zu Grunde liegenden Tatsachen geschildert werden müssen, oder auf ein personenbezogenes Werturteil, wobei dann die Mitteilung allein des Werturteils ausreicht. Über konkretisierbare Tatsachen, die dem Werturteil zu Grunde liegen, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht informieren (BAG 12.09.2013, 6 AZR 121/12).
Danach reicht allein die Mitteilung des Werturteils aus, auf das die Beklagte die Kündigung stützen will. Der Mitteilung näherer Gründe, aus denen die Beklagte diese Einschätzung übernommen hat, bedurfte es nicht.
2.
Die Kündigung war auch grundlos möglich, weil die Parteien wirksam eine dreimonatige Probezeit vereinbart haben.
a.
Die dreimonatige Probezeit hält sich innerhalb des zulässigen Zeitraums für eine Probezeit nach § 20 BBiG.
Die Kündigung ist auch innerhalb dieser dreimonatigen Probezeit dem Kläger zugegangen.
b.
Die Vereinbarung einer Probezeit war weder unzulässig, noch ergibt sich aus Gründen von Treu und Glauben nach § 242 BGB eine Reduzierung der Probezeit oder ein gänzlicher Entfall.
aa.
Hinsichtlich der Anrechnung von Zeiten eines Praktikantenverhältnisses werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Zum Teil wird es als eine Umgehung der §§ 20, 25 BBiG gesehen, wenn vor Abschluss des Berufsausbildungsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis ausdrücklich zum Zwecke der Erprobung für das Berufsausbildungsverhältnis geschlossen wird und die Dauer des Probearbeitsverhältnisses und der Probezeit vier Monate überschreiten (Wohlgemuth, BBiG, § 20, Rn 7). Andere wollen eine Anrechnung vorgenommen wissen, wenn die vorherige Tätigkeit und das anschließende Berufsausbildungsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen (Lakies/Malottke, BBiG, § 20 Rn 15; Benecke/Hergenröder, BBIG § 20 Rn 7).
Das LAG Berlin (12.10.1998 LAGE BBiG §13 Nr. 2) will eine Anrechnung eines vorgeschalteten Volontariatsverhältnisses dann vornehmen, wenn der Beginn des Ausbildungsverhältnisses mit allen Konsequenzen in diese Zeit vorverlegt worden ist.
Auch das Arbeitsgericht Wetzlar (24.10.1989, EzA BBiG § 15 Nr. 12) nimmt eine Umgehung der Vorschriften des BBiG an, wenn der Auszubildende bereits im vorgeschalteten Praktikum wie in einem Ausbildungsverhältnis behandelt worden ist.
Das Bundesarbeitsgericht (16.12.2004, EzA BBiG § 15 Nr. 14) lässt unter Hinweis auf unterschiedliche Pflichten auch dann die Vereinbarung einer Probezeit zu, wenn sich das Berufsausbildungsverhältnis an ein Arbeitsverhältnis anschließt.
bb.
Die Kammer hält die Vereinbarung einer Probezeit von drei Monaten auch im Hinblick auf 83 die mehr als viermonatige vorangegangene Praktikantenzeit für zulässig.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass § 20 BBiG zwingend vorsieht, dass ein Berufsausbildungsverhältnis mit einer Probezeit beginnt, die auch dem Auszubildenden eine kurzfristige Trennung gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ermöglicht; lediglich die Dauer der Probezeit ist in die Disposition der Vertragsparteien gestellt.
Anrechnungsvorschriften kennt das BBiG demgegenüber nicht.
Die Prüfungspflicht der Eignung für den vorgesehenen Beruf und die Einordnung in das berufliche Geschehen entfällt nicht aufgrund einer Vorbeschäftigung, selbst wenn dies in einem Arbeitsverhältnis geschehen ist, für das die Verpflichtungen strenger sind als im Praktikantenverhältnis, in dem lediglich die Verpflichtung besteht, Weisungen des Arbeitgebers zu befolgen und sich Erfahrungen und Kenntnisse vermitteln zu lassen.
Ob sich dies anders darstellen kann, wenn die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus einem Ausbildungsverhältnis mit allen Konsequenzen bereits in ein vorgelagertes Vertragsverhältnis verlagert worden sind, kann dahinstehen, da jedenfalls dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen ist, dass eine Ausbildung der Beklagten in einer Weise bereits erfolgt ist, wie sie in einem geordneten Ausbildungsgang vorgesehen ist.
II.
Infolge wirksamer Auflösung des Ausbildungsverhältnisses steht dem Kläger kein Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung zur Seite.
C.
Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestanden nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.
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