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Hessisches LAG, Urteil vom 08.02.2010, 16 Sa 1032/09
Schlagworte: | ||
Gericht: | Hessisches Landesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 16 Sa 1032/09 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 08.02.2010 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Kassel, Urteil vom 05.02.2009, 3 Ca 381/08 Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2010, 7 AZN 296/10 |
|
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 05. Februar 2009 – 3 Ca 381/08 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung und einer ordentlichen Kündigung.
Der Beklagte ist die A und betreibt in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins u. a. das Sport-, Natur-und Erlebniscamp am B. Der Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer.
Die am ... geborene, verheiratete Klägerin war zunächst auf Grundlage der "Niederschrift für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis" (Blatt 5 der Akten) vom 1. März 2007 bis 31. Oktober 2007 bei dem Beklagten beschäftigt. Aufgrund eines Telefonats mit der Beklagtenseite vom 15. Februar 2008 verrichtete die Klägerin am 18., 19., 20., 25. und 26. Februar 2008 in dem Erlebniscamp am B Reinigungsarbeiten. Ab 1. März 2008 wurde sie im Dienstplan im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung eingeteilt. Im Mai 2008 unterzeichnete die Klägerin eine ihr von dem Beklagten zugeleitete und für diesen von C unterzeichnete "Niederschrift über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis" für die Zeit vom 1. März 2008 bis 30. November 2008; insoweit wird auf Blatt 9 der Akten verwiesen.
Im Jahr 2008 war das Camp in der Zeit vom 1. März bis 30. November für Gäste geöffnet. Während dieser Zeit wurden sechs Reinigungskräfte und drei befristet Beschäftigte im Küchen-/Versorgungsbereich tätig. In einem unbefristeten Arbeitsverhältnis sind in Vollzeit die Campmanagerin, ein Haustechniker und ein Koch beschäftigt. Ferner gibt es noch eine Beiköchin.
Mit ihrer am 5. September 2008 beim ArbGer eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung geltend gemacht. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2008, der Klägerin zugegangen am 25. Oktober 2008, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. November 2008. Hiergegen hat die Klägerin mit einem am 11. November 2008 beim ArbGer eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen 3 Ca 490/08 beim ArbGer Kassel geführt und mit dem vorliegenden Rechtsstreit verbunden wurde.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam. Zweifelhaft sei, ob die "Niederschrift über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis" als Abschluss eines Arbeitsvertrages ausgelegt werden können. Die Klägerin habe sich zu diesem Zeitpunkt bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden. Ein sachlicher Grund für die Befristung liege nicht vor. Dem Beklagten sei es möglich, durch die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos Zeiten ohne Arbeitsanfall zu überbrücken. Deshalb sei auch die ordentliche Kündigung sozial ungerechtfertigt.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht;
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 16. Oktober 2008, zugegangen am 25. Oktober 2008, nicht zum 30. November 2008 aufgelöst wurde;
den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit den im Feststellungsantrag geregelten Arbeitsbedingungen als Reinigungskraft bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sei nur die Befristung für die Zeit vom 1. März 2008 bis 30. November 2008. Eine Befristung könne wirksam auch nachträglich vereinbart werden. Hier liege ein Saisonarbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG vor. Die ordentliche Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen erfolgt.
Das ArbGer hat mit Urteil vom 5. Februar 2009 festgestellt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, das durch die Kündigung vom 16. Oktober 2008 nicht aufgelöst wurde. Insoweit wird auf Bl. 58-66 d. A. verwiesen. Das Urteil wurde dem Beklagten am 5. Mai 2009 zugestellt, der mit einem am 3. Juni 2009 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 1. Juli 2009 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Beklagte ist der Auffassung, der Befristungskontrolle unterliege nur der zuletzt geschlossener Arbeitsvertrag, d.h. derjenige für die Zeit von März bis November 2008. Auch wenn zuvor ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden haben sollte, sei die nachträgliche Befristung bei Vorliegen eines Sachgrundes zulässig. Dieser ergebe sich hier aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG . Die Möglichkeit der Einrichtung eines Arbeitszeitkontos stehe der Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung sei in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass Saisonarbeitskräften zum Schluss der Saison gekündigt werden könne.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 5. Februar 2009-3 Ca 381/08-abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht im Jahr 2008 sei kein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen worden. Sie behauptet, die Campleiterin D habe anlässlich der Weihnachtsfeier 2007 darauf hingewiesen, dass im Jahr 2008 durchgängig gearbeitet werden soll.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist statthaft, § 8 Abs. 2 ArbGG , §§ 511 Abs. 1 ZPO , § 64 Abs. 2c Arbeitsgerichtsgesetz . Sie ist auch form-und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG , § 519 , § 520 ZPO und damit insgesamt zulässig.
II. Die Berufung ist begründet.
1. Der als Antrag nach § 17 S. 1 TzBfG auszulegende Feststellungsantrag ist nicht begründet.
a) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist ausschließlich der zuletzt geschlossene befristete Vertrag, das heißt derjenige, der für die Zeit vom 1. März bis 30. November 2008 vereinbart wurde. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin gegen die im Jahr 2007 vereinbarte Befristung keine Klage innerhalb der Frist des § 17 TzBfG erhoben hat.
b) Auch wenn durch die Arbeitsaufnahme der Klägerin im Februar 2008 zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet wurde, steht dies der Wirksamkeit einer später vereinbarten Befristung nicht entgegen. Bei Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden sachlichen Grundes kann ein bei Vertragsbeginn nach § 16 S. 1 TzBfG entstandenes unbefristetes Arbeitsverhältnis nachträglich befristet werden ( BAG 16. April 2008 -7 AZR 1048/06 - AP Nr. 46 zu § 14 TzBfG, Rn. 12). Hierzu sind allerdings auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichtete Willenserklärungen der Parteien erforderlich. Daran fehlt es in der Regel, wenn die Parteien nach Vertragsbeginn lediglich eine bereits zuvor mündlich vereinbarte Befristung in einem schriftlichen Arbeitsvertrag niederlegen. Dadurch wollen sie im allgemeinen nur das zuvor Vereinbarte schriftlich festhalten und keine eigenständige vertragsgestaltende Regelung treffen. Anders verhält es sich, wenn die Parteien vor Vertragsbeginn und vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags mündlich keine Befristung vereinbart haben oder wenn sie eine mündliche Befristungsabrede getroffen haben, die inhaltlich mit der in dem später unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrag enthaltenen Befristung nicht übereinstimmt. In diesem Fall wird in dem schriftlichen Arbeitsvertrag nicht lediglich eine zuvor vereinbarte mündliche Befristung schriftlich niedergelegt, sondern eine davon abweichende und damit eigenständige Befristungsabrede getroffen, durch die das zunächst bei Vertragsbeginn unbefristet entstandene Arbeitsverhältnis nachträglich befristet wird. Entspricht die Vertragsurkunde den Voraussetzungen des § 126 BGB , ist die Befristung nicht wegen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam (BAG a.a.O.).
Die Parteien haben im Mai 2008 formwirksam eine eigenständige Befristungsabrede getroffen. Es sollte nicht lediglich eine zuvor getroffene mündliche Vereinbarung bestätigt werden. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass die Parteien mündlich in dem Telefonat vom Februar 2008 eine formunwirksame Befristung vereinbarten. Vielmehr trägt sie noch im Schriftsatz vom 17. November 2009 vor, sie habe bis April 2008 keinerlei Kenntnis davon gehabt, dass der Beklagte erneut das Arbeitsverhältnis befristen will. Die Parteien haben in der "Niederschrift über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis" Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses sowie die wesentlichen Vertragsbedingungen (Arbeitsort, Tätigkeit, Arbeitszeit und Vergütung) geregelt. Daraus, dass beide die Vereinbarung unterzeichneten, ergibt sich, dass es sich nicht lediglich um einen Nachweis im Sinne des Nachweisgesetzes handelt. Für diesen ist kennzeichnend, dass der Arbeitgeber eine mündlich getroffene Vereinbarung schriftlich niederlegt und dem Arbeitnehmer aushändigt. Durch die beiderseitige Unterschrift wurde hier dagegen deutlich, dass mit der Unterzeichnung der "Niederschrift" eine eigenständige Vereinbarung getroffen werden sollte. Dies gilt umso mehr, als zuvor über die Befristung keine Absprache getroffen worden war.
c) Die Befristung des Arbeitsverhältnisses ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, weil der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG . Dies ist bei Saisonbetrieben, in denen die Struktur darin besteht, während einer bestimmten Zeit des Jahres mit mehr Mitarbeitern als der Stammbelegschaft zu arbeiten, der Fall (Dörner, Der befristeter Arbeitsvertrag, 2003, Randnummer 292). Um einen derartigen Betrieb handelt es sich bei dem vom Beklagten betriebenen Camp. Dieses ist nur in der Zeit von März bis November für Gäste geöffnet. Während dieser Zeit ist die Saison. Die Arbeit der Klägerin als Reinigungskraft ist auch saisonbedingt, da sie nur anfällt wenn Gäste die Einrichtung des Beklagten besuchen.
d) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die Befristung nicht deshalb unwirksam, weil eine alternative Vertragsgestaltung vorstellbar ist, nämlich die Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, das während der Winterzeit ruht. Die Befristungskontrolle beschränkt sich darauf zu überprüfen, ob sich der Arbeitgeber auf einen Rechtfertigungsgrund für die gewählte Befristung anstelle eines Dauerarbeitsverhältnisses mit den gleichen Rechten und Pflichten berufen kann oder nicht. Sie dient nicht der Kontrolle, ob und in welcher Form andere vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten denkbar oder sinnvoll gewesen wären ( BAG 11. Februar 2004 - 7 AZR 362/03 - BAGE 109, 339, Rn. 22). Es ist für einen verständig denkenden Arbeitgeber nicht geboten, einem Arbeitnehmer, den er über viele Wochen überhaupt nicht vertraglich beschäftigen kann, den sozialpolitisch wünschenswerten Dauerarbeitsvertrag anzubieten und von der rechtlich statthaften Möglichkeit eines befristeten Arbeitsvertrages abzusehen. Vielmehr steht ihm in diesem Fall der Sachgrund des vorübergehenden Bedarfs einer Arbeitskraft zur Verfügung.
2. Die Berufung ist auch begründet, soweit das ArbGer festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16. Oktober 2008 zum 30. November 2008 nicht aufgelöst wurde.
a) Dies ergibt sich zum einen daraus, dass diese Kündigung erkennbar für den Fall ausgesprochen wurde, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits aufgrund der vereinbarten Befristung zum 30. November 2008 endet. Die vorsorgliche Kündigung steht unter dem Vorbehalt, dass sie gegenstandslos wird, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren (oder demselben) Zeitpunkt endet (KR-Griebeling, 8. Aufl., § 1 KSchG Rn. 169). Dies war hier der Fall, da das Arbeitsverhältnis wirksam zum 30. November 2008 befristet war.
b) Unabhängig hiervon gilt, dass die Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt ist. Der Beklagte hat die unternehmerische Entscheidung getroffen, in dem genannten Camp außerhalb der Saison keine Reinigungskräfte zu beschäftigen und insoweit eine Betriebspause einzulegen. Hierdurch ist das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der Klägerin nach dem 30. November 2008 entfallen (vergleiche zur witterungsbedingten Kündigung: BAG 7. März 1996 - 2 AZR 180/95 - AP Nummer 76 zu § 1 KSchG 1969-betriebsbedingte Kündigung, Randnummer 21ff).
III. Als unterlegene Partei hat die Klägerin gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |