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BSG, Ur­teil vom 07.09.2001, B 11 AL 89/01 R

   
Schlagworte: Arbeitslosengeld, Sperrzeit, Kündigung
   
Gericht: Bundessozialgericht
Aktenzeichen: B 11 AL 89/01 R
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 07.09.2001
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Sozialgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 25.06.1999, S 32/20 AL 3133/97
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 07.09.2001, L 10 AL 1072/99
   

BUN­DESSO­ZIAL­GERICHT

 

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

in dem Rechts­streit  

 

Az: B 11 AL 89/01 R

..........................................................., 

Kläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter, 

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:  

.....................................................,

 

g e g e n

 

Bun­des­an­stalt für Ar­beit,
Re­gens­bur­ger Straße 104, 90478 Nürn­berg, 

 

Be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin. 

 

Der 11. Se­nat des Bun­des­so­zi­al­ge­richts hat am 25. April 2002 oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung durch die Rich­ter L ü d t k e - Vor­sit­zen­der - , V o e l z k e und Dr. L e i t h e r e r , die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter G e h r k e n und H a n e l 

für Recht er­kannt: 

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richts vom 7. Sep­tem­ber 2001 wird zurück­ge­wie­sen. 

Die Be­klag­te hat dem Kläger die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zu er­stat­ten. 

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G r ü n d e :
I
 

Der Rechts­streit be­trifft ei­nen An­spruch auf Ar­beits­lo­sen­geld (Alg) vom 29. Ja­nu­ar bis 22. April 1997; die Be­tei­lig­ten strei­ten darüber, ob der Kläger das Beschäfti­gungs­verhält­nis durch Hin­nah­me ei­ner rechts­wid­ri­gen Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers gelöst hat. 

Der Kläger war seit No­vem­ber 1995 bei der K. GmbH als Flie­sen­le­ger beschäftigt. Mit Schrei­ben vom 28. Ja­nu­ar 1997 teil­te die­se dem Kläger un­ter dem Be­treff "Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses - Win­terkündi­gung" mit: 

"Lei­der müssen wir Ih­nen mit­tei­len, dass das für Sie vor­ge­se­he­ne Bau­vor­ha­ben noch nicht be­gon­nen wer­den kann. Wir kündi­gen das be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis so­mit zum Ab­lauf des 28.1.1997. So­bald die Bau­stel­le be­gon­nen wer­den kann, wer­den wir Sie wie­der zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen und un­ter Auf­recht­er­hal­tung der Rech­te aus dem be­en­de­ten Ar­beits­verhält­nis ein­stel­len. Wir sa­gen Ih­nen hier­mit zu, dass dies spätes­tens am 1.4.1997 der Fall sein wird." 

In ei­nem Schrei­ben des Ar­beit­ge­bers vom 17. März 1998 heißt es, die Kündi­gung sei we­gen wit­te­rungs­be­ding­ten Ar­beits­man­gels er­folgt. Vor der Kündi­gung ha­be ei­ne Ab­spra­che nicht statt­ge­fun­den. Bei Nicht­zu­stan­de­kom­men der frist­lo­sen Kündi­gung hätte das Ar­beits­verhält­nis frist­gemäß gekündigt wer­den müssen.  

Der Kläger mel­de­te sich am 28. Ja­nu­ar 1997 ar­beits­los. In der Ar­beits­be­schei­ni­gung vom 31. Ja­nu­ar 1997 teil­te die GmbH ua mit, das Ar­beits­verhält­nis sei nicht we­gen ver­trags­wid­ri­gen Ver­hal­tens des Klägers be­en­det wor­den. Im April 1997 zeig­te der Kläger dem Ar­beits­amt an, er neh­me ab 2. Mai 1997 die Ar­beit wie­der bei dem frühe­ren Ar­beit­ge­ber auf. 

Die be­klag­te Bun­des­an­stalt (BA) be­wil­lig­te dem Kläger Alg vom 23. April bis 1. Mai 1997; für die Zeit vom 29. Ja­nu­ar bis 22. April 1997 lehn­te sie den An­trag auf Alg we­gen Ein­tritts ei­ner Sperr­zeit ab (Be­schei­de vom 16. Mai und 11. Ju­ni 1997, Wi­der­spruchs­be­scheid vom 27. Au­gust 1997). 

Das So­zi­al­ge­richt (SG) hat den ab­leh­nen­den Be­scheid auf­ge­ho­ben und die Be­klag­te ver­ur­teilt, dem Kläger auch für den Zeit­raum vom 29. Ja­nu­ar 1997 bis 22. April 1997 Alg in ge­setz­li­cher Höhe zu zah­len (Ur­teil vom 25. Ju­ni 1999). Das Lan­des­so­zi­al­ge­richt (LSG) hat die Be­ru­fung der BA zurück­ge­wie­sen (Ur­teil vom 7. Sep­tem­ber 2001). Zur Be­gründung hat es aus­geführt, das SG ha­be mit über­zeu­gen­der Be­gründung dar­ge­legt, dass die Vor­aus­set­zun­gen für den Ein­tritt ei­ner Sperr­zeit nicht erfüllt sei­en. Ins­be­son­de­re lie­ge ein Auf­he­bungs­ver­trag - auch in kon­klu­den­ter Form - nicht vor, denn in dem Ver­hal­ten des

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Klägers sei ei­ne rechts­geschäft­li­che Erklärung zur Lösung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses nicht zu er­ken­nen. Der Ar­beit­ge­ber ha­be erklärt, dass ei­ne Ab­spra­che vor der Kündi­gung nicht statt­ge­fun­den ha­be. Bei die­ser Sach­la­ge führe die Hand­ha­bung der Be­klag­ten letzt­lich da­zu, den Kläger für rechts­wid­ri­ges Ver­hal­ten des Ar­beit­ge­bers ein­tre­ten zu las­sen, ob­wohl er kei­ner­lei Vor­tei­le aus der Hin­nah­me der rechts­wid­ri­gen Kündi­gung, son­dern deut­li­che Ein­kom­mens­ein­bußen ge­habt ha­be.  

Mit der vom LSG zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on rügt die BA die Ver­let­zung des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Ar­beitsförde­rungs­ge­setz (AFG). Sie meint, der Kläger ha­be das Beschäfti­gungs­verhält­nis gelöst. Die bloße Hin­nah­me ei­ner Kündi­gung be­gründe zwar grundsätz­lich nicht den Ein­tritt ei­ner Sperr­zeit. Im Fal­le ei­ner of­fen­sicht­lich rechts­wid­ri­gen frist­lo­sen Kündi­gung, die der Kläger we­gen der Wie­der­ein­stel­lungs­zu­sa­ge nicht an­ge­foch­ten ha­be, sei je­doch ab­wei­chend zu ent­schei­den. Oh­ne den Wil­len des Klägers wäre die Kündi­gung nicht zum glei­chen Zeit­punkt er­folgt. Die Erklärung des Ar­beit­ge­bers, bei Nicht­zu­stan­de­kom­men der frist­lo­sen Kündi­gung hätte er frist­ge­recht gekündigt, be­le­ge die Mit­wir­kung des Klägers an der Be­en­di­gung. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts (BSG) löse der Ar­beit­neh­mer auch durch ei­ne Ver­ein­ba­rung über ei­ne noch aus­zu­spre­chen­de Ar­beit­ge­berkündi­gung und ih­re Fol­gen das Ar­beits­verhält­nis. Ei­ne Ver­ein­ba­rung lie­ge hier dar­in, dass der Kläger die of­fen­sicht­lich rechts­wid­ri­ge Kündi­gung hin­ge­nom­men und dafür ei­ne Wie­der­ein­stel­lungs­zu­sa­ge er­hal­ten ha­be. Da­mit be­tei­li­ge sich der Kläger kon­klu­dent an der Be­en­di­gung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses, weil er sich der Möglich­keit be­ge­be, die Rechts­wid­rig­keit der aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung gel­tend zu ma­chen. Dem Kläger sei nach den Umständen des Fal­les und bei Abwägung sei­ner In­ter­es­sen mit de­nen der Ver­si­cher­ten­ge­mein­schaft ein an­de­res Ver­hal­ten zu­zu­mu­ten. Es sei nicht Sa­che der Ver­si­cher­ten­ge­mein­schaft, die Kos­ten für ei­nen Ar­beits­aus­fall aus Wit­te­rungs­gründen zu über­neh­men.  

Die Be­klag­te be­an­tragt, 

das Ur­teil des So­zi­al­ge­richts Frank­furt am Main vom 25. Ju­ni 1999 und das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richts vom 7. Sep­tem­ber 2001 auf­zu­he­ben und die Kla­ge ab­zu­wei­sen. 

Der Kläger be­an­tragt, 

die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.
 

Er ist der An­sicht, ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag ha­be er auch nicht in kon­klu­den­ter Form ge­schlos­sen. Ein an­de­res Ver­hal­ten sei ihm nicht zu­zu­mu­ten ge­we­sen.  

Die Be­tei­lig­ten ha­ben sich mit ei­ner Ent­schei­dung oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung ein­ver­stan­den erklärt.

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II

Die Re­vi­si­on ist un­be­gründet; die Ent­schei­dung des LSG be­ruht nicht auf ei­ner Ge­set­zes­ver­let­zung (§ 170 Abs 1 So­zi­al­ge­richts­ge­setz <SGG>). Das LSG hat zu­tref­fend ent­schie­den, dass der Kläger vom 29. Ja­nu­ar bis 22. April 1997 Alg be­an­spru­chen kann.  

Nach § 100 Abs 1 AFG hat An­spruch auf Alg, wer ar­beits­los ist, der Ar­beits­ver­mitt­lung zur Verfügung steht, die An­wart­schafts­zeit erfüllt, sich beim Ar­beits­amt ar­beits­los ge­mel­det und Alg be­an­tragt hat. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind dem un­strei­ti­gen Tat­be­stand des LSG-Ur­teils zu ent­neh­men. Zur Fra­ge der Verfügbar­keit (§ 103 AFG) hat das LSG zwar aus­drück­li­che Fest­stel­lun­gen nicht ge­trof­fen; An­halts­punk­te zu Zwei­feln er­ge­ben sich je­doch auch in­so­weit nicht, weil die Be­klag­te dem Kläger ab 23. April 1997 Alg be­wil­ligt hat. 

Ei­ne Sperr­zeit steht dem An­spruch auf Alg vom 29. Ja­nu­ar bis 22. April 1997 nicht ent­ge­gen, denn der Kläger hat kei­nen Sperr­zeit­tat­be­stand des § 119 Abs 1 AFG erfüllt. Das Beschäfti­gungs­verhält­nis des Klägers hat durch die frist­lo­se Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers am 28. Ja­nu­ar 1997 ge­en­det. Nach § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG - die an­de­ren Sperr­zeit­tat­bestände sind hier nicht ein­schlägig - tritt ei­ne Sperr­zeit ein, wenn der Ar­beits­lo­se das Beschäfti­gungs­verhält­nis löst oder durch ein ar­beits­ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten An­lass für die Lösung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses ge­ge­ben und er da­durch vorsätz­lich oder grob fahrlässig die Ar­beits­lo­sig­keit her­bei­geführt hat, oh­ne für sein Ver­hal­ten ei­nen wich­ti­gen Grund zu ha­ben. Nach den mit der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fe­nen und da­mit für den Se­nat bin­den­den Fest­stel­lun­gen des LSG (§ 163 SGG) hat der Kläger sich nicht ar­beits­ver­trags­wid­rig ver­hal­ten. Er hat das Beschäfti­gungs­verhält­nis auch nicht im Sin­ne des Sperr­zeit­tat­be­stan­des gelöst. Nach der Recht­spre­chung des BSG löst ein Ar­beit­neh­mer das Beschäfti­gungs­verhält­nis, wenn er selbst kündigt, was hier nicht ge­sche­hen ist, oder ei­nen zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses führen­den Ver­trag schließt (SozR 4100 § 119 Nr 28 und 33; BS­GE 66, 94, 96 = SozR 4100 § 119 Nr 36; BS­GE 77, 48, 50 = SozR 3-4100 § 119 Nr 9). Die Fra­ge, ob ein Ar­beits­lo­ser das Beschäfti­gungs­verhält­nis durch Ver­trag gelöst hat, ist abhängig von rechts­geschäft­li­chen Erklärun­gen. De­ren Fest­stel­lung fällt in den Auf­ga­ben­be­reich der Tat­sa­chen­ge­rich­te. Die Über­prüfung des Re­vi­si­ons­ge­richts be­zieht sich dar­auf, ob die Fest­stel­lung des In­halts rechts­geschäft­li­cher Wil­lens­erklärun­gen durch das Tat­sa­chen­ge­richt an­er­kann­te Aus­le­gungs­grundsätze oder die Denk­ge­set­ze ver­letzt (BS­GE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10; BS­GE 77, 48, 50 f = SozR 3-4100 § 119 Nr 9; Ur­teil des Se­nats vom 20. Sep­tem­ber 2001 - B 11 AL 30/01 R -).  

Die Ausführun­gen des LSG, der Kläger ha­be ei­ne zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses führen­de Ver­ein­ba­rung mit sei­nem Ar­beit­ge­ber auch nicht durch schlüssi­ges Ver­hal­ten ge­schlos­sen, lässt ei­ne Ver­let­zung von Aus­le­gungs­re­geln (§§ 133, 157 Bürger­li­chen Ge­setz­buch <BGB>) oder der Denk­ge­set­ze nicht er­ken­nen. In­so­weit hat das LSG ei­ne 

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tatsächli­che Fest­stel­lung ge­trof­fen, de­ren Bin­dungs­wir­kung für das BSG (§ 163 SGG) die BA nur durch ei­ne be­gründe­te Pro­zessrüge be­sei­ti­gen könn­te. Da­zu müss­te sie die ver­letz­te Ver­fah­rens­rechts­norm und die Tat­sa­chen be­zeich­nen, die den Man­gel er­ge­ben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Sol­ches ist der Re­vi­si­ons­be­gründung nicht zu ent­neh­men. Sie er­hebt le­dig­lich ei­ne Sachrüge, in­dem sie § 119 Abs 1 Nr 1 AFG als ver­letz­te Rechts­norm nennt. Das Vor­brin­gen, der Kläger ha­be mit sei­nem Ar­beit­ge­ber ei­ne Ver­ein­ba­rung da­hin ge­schlos­sen, er neh­me die rechts­wid­ri­ge Kündi­gung hin und er­hal­te dafür im Ge­gen­zug ei­ne Wie­der­ein­stel­lungs­zu­sa­ge, enthält le­dig­lich ein von den tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen des LSG ab­wei­chen­des tatsächli­ches Vor­brin­gen, nicht aber ei­ne Re­vi­si­onsrüge. Ab­wei- chen­den Sach­vor­trag in der Re­vi­si­ons­in­stanz kann der Se­nat nicht berück­sich­ti­gen (BS­GE 31, 63, 65 = SozR Nr 17 zu § 3 AVG).  

Al­ler­dings hat der Se­nat aus­ge­spro­chen, mit der Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers ver­bun­de­ne Begüns­ti­gun­gen und das vor­aus­ge­hen­de oder nach­ge­hen­de Ver­hal­ten des Klägers könn­ten An­zei­chen dafür sein, dass die an­geb­li­che Kündi­gung ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag und mit­hin ei­ne ein­verständ­li­che Lösung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses ver­de­cke (BS­GE 77, 48, 51 = SozR 3-4100 § 119 Nr 9). Für sol­che Zu­sam­menhänge, die ei­ne Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers als Schein­geschäft (§ 117 Abs 2 BGB) er­schei­nen las­sen, be­ste­hen je­doch hier kei­ne An­halts­punk­te. Die in der Kündi­gung aus­ge­spro­che­ne Wie­der­ein­stel­lungs­zu­sa­ge des Ar­beit­ge­bers hat das LSG oh­ne Rechts­ver­s­toß nicht als An­halts­punkt für ei­ne ein­verständ­li­che Lösung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses gewürdigt. Es hat dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Kläger durch die­se Zu­sa­ge nicht Vor­tei­le er­langt, son­dern durch die Ar­beits­lo­sig­keit fi­nan­zi­el­le Nach­tei­le ha­be hin­neh­men müssen. Nach den tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen des LSG hat der Kläger das Ar­beits­verhält­nis nicht ein­verständ­lich gelöst und sei­ne Ar­beits­lo­sig­keit vom 29. Ja­nu­ar bis 1. Mai 1997 her­bei­geführt, son­dern ei­ne rechts­wid­ri­ge Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers hin­ge­nom­men. Die­ses Ver­hal­ten löst ei­ne Sperr­zeit nach ständi­ger Recht­spre­chung nicht aus (BSG DBlR Nr 2226a zu § 117 AFG; BSG DBlR Nr 2959 zu § 119 AFG; BS­GE 77, 48, 53 = SozR 3-4100 § 119 Nr 9).  

Die in der letzt­ge­nann­ten Ent­schei­dung des Se­nats auf­ge­wor­fe­ne Fra­ge, ob das Recht fort­zu­bil­den sei und ei­ne Sperr­zeit je­den­falls dann ein­tre­te, wenn der Ar­beit­neh­mer ei­ne of­fen­sicht­lich rechts­wid­ri­ge Kündi­gung im Hin­blick auf ei­ne zu­ge­sag­te fi­nan­zi­el­le Vergüns­ti­gung hin­neh­me, ist zu ver­nei­nen. Ei­nen Grund für ei­ne "Rechts­fort­bil­dung im Sin­ne ei­nes of­fe­ne­ren Lösungs­be­griffs" (BS­GE 77, 48, 53 = SozR 3-4100 § 119 Nr 9) sieht der Se­nat nicht mehr. Ge­gen ei­ne Rechts­fort­bil­dung spricht auch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des AFG. Ein § 107 des Re­gie­rungs­ent­wurfs (BT-Drucks V/2291) sah im An­schluss an § 97 Ge­setz über Ar­beits­ver­mitt­lung und Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung (AVAVG) ein Ru­hen des An­spruchs auf Alg vor, "wenn der Ar­beits­lo­se oh­ne trif­ti­gen Grund ei­nen ihm zu­ste­hen­den An­spruch aus dem Ar­beits­verhält­nis auf­gibt oder nicht gel­tend macht". Der Aus­schuss für Ar­beit hat je­doch be­schlos­sen, § 107 des Re­gie­rungs­ent­wurfs zu strei­chen,

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weil § 97 AVAVG in der Pra­xis zu Schwie­rig­kei­ten geführt ha­be. Die Vor­schrift ha­be we­gen der ge­rin­gen Häufig­keit und der Ei­gen­art der mögli­chen An­wen­dungsfälle nur ge­rin­ge Be­deu­tung, so­dass auf sie ver­zich­tet wer­den könne (Schrift­li­cher Be­richt des Aus­schus­ses für Ar­beit zu Drucks V/4110 S 20). Dem hat der Ge­setz­ge­ber Rech­nung ge­tra­gen und sich auf die Ge­setz ge­wor­de­nen Sperr­zeit­tat­bestände be­schränkt. Da­nach tritt ei­ne Sperr­zeit we­gen Ar­beits­auf­ga­be nur ein, wenn der Ar­beits­lo­se sich ar­beits­ver­trags­wid­rig ver­hal­ten oder an der Be­en­di­gung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses mit­ge­wirkt und da­durch die Ar­beits­lo­sig­keit ver­ur­sacht hat. Die Sperr­zeit we­gen Ar­beits­auf­ga­be knüpft al­so an ak­ti­ves Ver­hal­ten des Ver­si­cher­ten, nicht bloße Hin­nah­me ei­ner rechts­wid­ri­gen Kündi­gung an (eben­so Ga­gel/Wink­ler, SGB III, § 144 Rd­Nr 58 f - Stand: März 2001).  

Außer­dem ist zu be­ach­ten, dass der Ge­setz­ge­ber bei Er­lass des § 144 Abs 1 Nr 1 So­zi­al­ge­setz­buchs - Ar­beitsförde­rung (SGB III) die Vor­aus­set­zun­gen der Sperr­zeit we­gen Ar­beits­auf­ga­be nicht ab­wei­chend von der Recht­spre­chung des BSG zu § 119 Abs 1 Nr 1 AFG ge­re­gelt hat. So­weit er­sicht­lich, eröff­net die­se Recht­spre­chung der Pra­xis auch bei der Ver­ein­ba­rung von Vergüns­ti­gun­gen, die mit ei­ner Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers ein­her­ge­hen (Ab­wick­lungs­verträgen), die im Hin­blick auf den Sinn der Sperr­zeit er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen und Fol­ge­run­gen (vgl auch Ur­teil des Se­nats vom 25. April 2002 - B 11 AL 65/01 R -). 

Da die Vor­aus­set­zun­gen des § 119 Abs 1 Nr 1 AFG nicht vor­lie­gen, kommt es auf die in den Vor­in­stan­zen erörter­te Fra­ge ei­nes wich­ti­gen Grun­des nicht an. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten muss er­folg­los blei­ben.

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Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 193 SGG.

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