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Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat
06.07.2013. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht vor, dass bereits in recht kleinen Betrieben Betriebsräte als örtlich gut erreichbare Vertretungen der Arbeitnehmer zu bilden sind.
Das ist gut für die Demokratie vor Ort, aber schlecht für die Professionalität und Effektivität der Arbeit des Betriebsrats in großen Unternehmen, die in mehreren Städten Betriebe unterhalten und immer öfter wichtige Entscheidungen zentral treffen.
Zwar müssen die verschiedenen örtlichen Betriebsräte eines überörtlichen Unternehmens einen Gesamtbetriebsrat (GBR) bilden, doch hat der GBR als gemeinsamer Ausschuss der örtlichen Betriebsräte nur in seltenen, gesetzlich abschließend geregelten Fällen etwas zu sagen (§ 50 BetrVG).
Daher sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung einen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat zu gründen (§ 3 BetrVG). Dass eine solche Abweichung vom gesetzlichen Vertretungsmodell nicht so einfach möglich ist, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG): BAG, Beschluss vom 24.4.2013, 7 ABR 71/11.
- Wann dient ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat der sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer?
- Der Fall des BAG: Bundesweit tätiges Unternehmen möchte unternehmenseinheitlichen Betriebsrat gründen - der Betriebsrat Süd ist dafür, der Betriebsrat Nord dagegen
- BAG: Bei der Prüfung der Sachdienlichkeit eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats kommt es auch auf die Ortsnähe der Betriebsvertretung an
Wann dient ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat der sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer?
Gemäß § 3 Abs.1 Nr.1 a) BetrVG ist die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung möglich, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert (1. Alternative) oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient (2. Alternative).
Bei der Anwendung dieser Vorschrift stellen sich viele Fragen, die vom Gesetz nicht beantwortet werden:
Wer ist zuständig für eine solche Betriebsvereinbarung - der GBR oder die einzelnen Betriebsräte vor Ort, die mit einer solchen Änderung der Vertretungsstruktur ihre Existenz aufgeben würden?
Falls der GBR zuständig ist - haben dann die betroffenen, vorerst noch bestehenden Betriebsräte ein Vetorecht, d.h. können sie durch ihr "nein" die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats verhindern?
Da die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats nur dann durch Betriebsvereinbarung beschlossen werden kann, wenn im Unternehmen keine Tarifverträge "gelten" (§ 3 Abs.2 BetrVG), fragt sich, wie diese Regelungssperre auszulegen ist: Gilt sie nur bei Tarifbindung des Arbeitgebers oder auch schon dann, wenn im Unternehmen Tarifverträge nur aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme angewandt werden?
Und schließlich: Was heißt eigentlich "sachgerechte Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer"? Dient ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat schon dann einer sachgerechten Interressenvertretung, wenn viele wichtige Entscheidungen des Arbeitgebers auf zentraler Unternehmensebene getroffen werden, oder gehört zur "sachgerechten" Vertretung auch die örtliche Nähe des Betriebsrats und der vertretenen Arbeitnehmer?
Zu diesen Fragen hat das BAG in seinem Beschluss vom 24.4.2013, 7 ABR 71/11 Stellung genommen.
Der Fall des BAG: Bundesweit tätiges Unternehmen möchte unternehmenseinheitlichen Betriebsrat gründen - der Betriebsrat Süd ist dafür, der Betriebsrat Nord dagegen
Im Streitfall gab es in einem deutschland mit mehreren Standorten vertretenen Unternehmen einen Betriebsrat Süd und einen Betriebsrat Nord, die jeweils für mehrere Standorte zuständig waren. Der Betriebsrat Süd vertrat mehr Arbeitnehmer als der Betriebsrat Nord und hatte daher im GBR das Sagen.
Im November 2009 beschloss der GBR mit den Stimmen der vom Betriebsrat Süd entsandten Mitglieder gegen die Stimmen der vom Betriebsrat Nord entsandten Mitglieder den Abschluss der Betriebsvereinbarung (BV) zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats. Trotz dieser Betriebsvereinbarung wurden im im Frühjahr 2010 wieder zwei getrennte Betriebsräte gewählt, nämlich der Betriebsrat Süd und der Betriebsrat Nord.
Der Betriebsrat Nord fühlte sich untergebuttert und vertrat im folgenden die Ansicht, die BV zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats sei unwirksam.
Denn der GBR, so der Betriebsrat Nord, sei für den Abschluss einer solchen BV gar nicht zuständig. Zumindest stehe ihm ein Vetorecht zu, da er bei einer Wahl zu einem unternehmenseinheitlichen Betriebsrat seine Existenz verlieren würde. Außerdem sei eine Betriebsvereinbarung wie die hier streitige nach § 3 Abs.2 BetrVG gar nicht zulässig, da der Arbeitgeber Tarifverträge anwende. Außerdem diene die BV weder einer sachgerechten Vertretung der Arbeitnehmer noch der Erleichterung der Bildung von Betriebsräten.
Daraufhin zog das Unternehmen vor Gericht und beantragte die Feststellung, dass die umstrittene BV wirksam sei. Der Betriebsrat Süd schloss sich diesem Antrag an. Das Arbeitsgericht München hat den Antrag zurückgewiesen (Beschluss vom 26.11.2010, 37 BV 73/10). Das LAG München dagegen entschied zugunsten des Arbeitgebers und des Betriebsrats Süd (Beschluss vom 11.08.2011, 2 TaBV 5/11).
BAG: Bei der Prüfung der Sachdienlichkeit eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats kommt es auch auf die Ortsnähe der Betriebsvertretung an
Das BAG hob die Entscheidung des LAG München auf und verwies den Prozess zurück an das LAG, um dem LAG Gelegenheit zu geben, den Sachverhalt weiter aufzuklären.
Denn ob ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat hier im Streitfall einer sachgerechten Interressenvertretung dient oder nicht, hängt entgegen den Überlegungen des LAG nicht nur von der Frage ab, wo die wesentlichen mitbestimmungspflichten Entscheidungen des Arbeitgebers getroffen werden. Vielmehr kommt es auch darauf an, wie gut bzw. wie schlecht die Arbeitnehmer in den Niederlassungen vor Ort ihre Betriebsräte erreichen können. Die Ortsnähe des Betriebsrats ist demnach Bestandteil einer "sachgerechten" Interessenvertretung, so das BAG.
Abgesehen davon wies das BAG die Rechtsansichten des Betriebsrats Nord zurück:
- Der GBR ist für den Abschluss einer BV zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats zuständig.
- Die infolgedessen künftig nicht mehr existenten alten Betriebsräte haben kein Vetorecht.
- Und für die Regelungssperre des § 3 Abs.2 BetrVG genügt es nicht, wenn der Arbeitgeber aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklauseln Tarifverträge anwendet, sondern er muss aufgrund des Tarifvertragsgesetzes tarifgebunden sein, d.h. als Partei eines Firmentarifs oder als Mitglied eines Arbeitgeberverbandes; das traf auf den hier klagenden Arbeitgeber nicht zu.
Fazit: Zu einer "sachgerechten" Interessenvertretung durch den Betriebsrat gehört nicht nur, dass er in der Unternehmenszentrale tätig ist und dort einen möglichst guten Draht zur Unternehmensleitung hat. Vielmehr müssen Betriebsräte auch vor Ort, d.h. in den einzelnen Niederlassungen eines überörtlichen Unternehmens für die Arbeitnehmer gut erreichbar sein.
Für einen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat sind Sprechstunden vor Ort im Betrieb, die Besichtigung von Arbeitsplätzen und Betriebsversammlungen nur schwer umzusetzen. Und auch das regelmäßige pesönliche Zusammentreffen der Betriebsratsmitglieder ist bei einem Zentral-Betriebsrat erschwert, wenn dessen Mitglieder quer über die Republik verteilt in verschiedenen Standorten arbeiten.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.4.2013, 7 ABR 71/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsratsmitglied
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
Letzte Überarbeitung: 15. September 2014
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